Protokoll der Sitzung vom 06.02.2025

(Zuruf Robert Lambrou (AfD))

Wir stehen zu dem Ergebnis, wir stehen beide dazu. Da passt kein Blatt Papier zwischen diese beiden Koalitionsfraktionen. – Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und SPD)

Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt.

Die dritte Lesung wurde von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und von der Fraktion der Freien Demokraten beantragt. Deswegen überweisen wir den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Innenausschuss.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 38:

Zweite Lesung

Gesetzentwurf

Landesregierung

Gesetz zu dem Abkommen über die Errichtung und Finanzierung der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf – Drucks. 21/1596 zu Drucks. 21/1417 –

Wir haben vereinbart, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Netterweise übernimmt der Kollege Ulloth für mich die Berichterstattung. Bitte schön, Herr Ulloth.

(Tobias Eckert (SPD): Wie nett!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der Gesundheits- und Familienpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Ulloth.

Wir kommen dann zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, bei Nichtteilnahme der fraktionslosen Abgeordneten. Ich frage sicherheitshalber: Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 9:

Große Anfrage

Gerhard Bärsch (AfD), Robert Lambrou (AfD), Volker Richter (AfD), Arno Enners (AfD), Sandra Weegels (AfD) , Pascal Schleich (AfD), Bernd Erich Vohl (AfD), Anna Nguyen (AfD)

Zwangs- und Kinderehen im Land Hessen – Drucks. 21/1544 zu Drucks. 21/1135 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 7,5 Minuten je Fraktion. Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Bärsch von der Fraktion der AfD zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt die undankbare Aufgabe, zwischen Ihnen und der Mittagspause zu stehen. Ich werde versuchen, etwas Zeit einzusparen.

Stellen Sie sich vor, ein 16-jähriges Mädchen wird unter dem Vorwand eines Familienurlaubs ins Ausland gelockt. Dort angekommen, nimmt man ihr den Pass ab und zwingt sie zur Ehe mit einem fremden Mann. Oder denken Sie an eine junge Frau, die in Deutschland aufgewachsen ist und plötzlich erfährt, dass ihre Eltern eine Ehe für sie arrangiert haben – ohne ihre Zustimmung. Dies sind keine fiktiven Szenarien, sondern ist traurige Realität für viele junge Menschen in unserem Land.

Zwangsverheiratungen und Kinderehen sind eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der persönlichen Freiheit. Sie sind ein Schatten, der über unserer aufgeklärten Gesellschaft liegt, ein Relikt aus einer Zeit, die wir längst überwunden glaubten.

(Beifall AfD)

Lassen Sie mich die erschreckende Dimension dieses Problems anhand einiger Zahlen verdeutlichen: In Berlin wurden allein im Jahr 2022 496 Fälle von geplanten, befürchteten oder vollzogenen Zwangsverheiratungen bekannt. Dies ergab eine Umfrage des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung. Die Dunkelziffer dürfte Experten zufolge noch deutlich höher ausfallen. Demnach sind 91 % der Betroffenen oder Bedrohten weiblich, 88 % der vollzogenen Zwangsverheiratungen fanden im Ausland statt, größtenteils während der Ferien.

Auch in Hessen, unserem Bundesland, sehen wir uns mit einer beunruhigenden Realität konfrontiert. Erst im Januar sorgte ein Prozess am Landgericht Darmstadt für mediales Aufsehen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ist ein 13-jähriges Mädchen im Jahr 2022 unter dem Vorwand eines Urlaubs dazu gebracht worden, einen Flug in den Nahen Osten anzutreten. In Syrien sei das Mädchen dann zu einer Zwangsheirat genötigt worden, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. Die „FAZ“ berichtete über den Fall. Leider ist dies kein Einzelfall.

(Beifall AfD)

Das Beratungszentrum FIM in Frankfurt berichtet von 100 Fällen von Zwangsverheiratungen allein im Jahr 2023. Auch ein Bericht der „hessenschau“ vom September letzten Jahres müsste aufrütteln. Dort heißt es unter anderem, dass viele Fälle nicht in die Statistik des BKA eingehen, da diese häufig als Delikt gegen die körperliche Selbstbestimmung erfasst würden, jedoch nicht als versuchte Zwangsheirat, so Marion Lusar, Geschäftsführerin der Beratungsstelle VAIA!

Meine Damen und Herren, hinter jeder dieser Zahlen steht ein Schicksal, eine zerbrochene Zukunft, ein junger Mensch, dem die Freiheit der Selbstbestimmung genommen wurde.

(Beifall AfD)

Doch wie reagiert unsere Landesregierung auf diese alarmierenden Fakten? – Mit Schweigen und Unwissenheit.

(Beifall AfD)

Herr Innenminister Poseck, Sie haben versprochen, Hessen sicherer zu machen. Doch wie wollen Sie das erreichen, wenn Sie sich diesem gravierenden Problem verschließen? Auf weite Teile unserer Großen Anfrage antworteten Sie lapidar: „Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor.“

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie Kinder- oder Zwangsehen tolerieren würden, Herr Innenminister. Ich bin mir sogar sicher, dass Sie diese aus tiefer Überzeugung scharf verurteilen. Ihre mangelnde Kenntnis zu diesem Thema erscheint daher umso befremdlicher. Könnte es sein, dass Sie Ihre Erkenntnisse bewusst zurückhalten? Oder liegt es vielleicht daran, dass Sie vermeiden möchten, dass wir mit unserer Anfrage ein Feld beleuchten, auf dem Sie bislang keine Initiative gezeigt haben?

(Zuruf Vanessa Gronemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich frage Sie außerdem: Wie kann es sein, dass Ihre Amtskollegen Strobl und Reul in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen detaillierte Informationen vorlegen können, während Sie offenbar im Dunkeln tappen?

(Beifall AfD)

Einer Ihrer Vorgänger im Amt des Innenministers, Peter Beuth, konnte 2019 ebenfalls konkrete Zahlen zu verheirateten Minderjährigen in Hessen vorlegen. Was hat sich seither geändert?

Die Beantwortung unserer Großen Anfrage reiht sich leider in das Bild einer Landesregierung ein, die die parlamentarischen Fragerechte der Opposition in weiten Teilen offensichtlich nicht so ernst nimmt.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in aller Deutlichkeit sagen: Diese Ignoranz ist nicht nur ein Versäumnis gegenüber den Opfern. Nein, sie tritt auch unsere oft herausgestellten gesellschaftlichen Werte mit Füßen.

(Beifall AfD)

Herr Innenminister, Sie betonen gerne Ihren Kampf gegen den Rechtsextremismus. Hier haben Sie uns sogar an Ihrer Seite; denn jede Form des Extremismus in unserem Land muss entschieden bekämpft werden.

(Beifall AfD)

Doch Ihre Verantwortung für die Sicherheit in unserem Bundesland erschöpft sich nicht allein im Kampf gegen echte oder vermeintliche Rechtsextremisten. Sie müssen auch dort hinschauen, wo es unbequem wird, wo kulturelle Sensibilitäten auf dem Spiel stehen.

(Beifall AfD)

Wir fordern Sie daher auf: Erheben Sie umfassende Daten zur Situation von Zwangs- und Kinderehen in Hessen, oder beschaffen Sie diese bei anderen Behörden. Entwickeln Sie auf Basis dieser Daten effektive Schutzmaßnahmen für die Betroffenen. Setzen Sie sich aktiv und öffentlich gegen diese Menschenrechtsverletzungen ein. Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht, und widmen Sie diesem gravierenden Problem mehr Aufmerksamkeit. – Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Landesregierung spricht der Innenminister Poseck. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kinderehen und Zwangsverheiratungen sind schweres Unrecht. Darüber gibt es nichts zu diskutieren. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass der Staat konsequent gegen solche Erscheinungen vorgeht. Genau das tun wir in Hessen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Freie Demokraten)