Protokoll der Sitzung vom 06.02.2025

Da sind wir gleich wieder bei dem Punkt von eben. Von den Einzelfällen wie Werkschließungen, Arbeitsplatz- und Produktionsverlagerungen und abgesagten Großinvestitionen fange ich lieber gar nicht erst an.

Manchmal bringt ja der Blick aus der Ferne, sozusagen die Weitwinkelperspektive, ein bisschen mehr Klarheit. Das

„Wall Street Journal“ – wahrscheinlich die bedeutendste Wirtschaftszeitung der Welt – hat nicht nur 2019 treffenderweise Deutschland „World’s Dumbest Energy Policy“ bescheinigt – ich glaube, ich muss das nicht übersetzen –, sondern jetzt am 26. Januar gab es auch einen interessanten Bericht: „Germany’s Economic Model Is Broken, and No One Has a Plan B“. Deutschlands Geschäftsmodell ist kaputt und niemand hat einen Plan B.

Da werden noch einmal einige bedeutende Fakten genannt. Ich möchte sie einmal wiedergeben. Seit 2019 hat sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt real nicht erhöht. Die Industrieproduktion ist seit 2018 um 15 % gesunken. Seit 2021 sind über 300 Milliarden Euro Kapital aus Deutschland abgeflossen. Ein Drittel der Industrieunternehmen reduziert Investitionen in Kernprozesse, zwei Drittel sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Das ist natürlich elementar; denn die deutsche Exportabhängigkeit ist legendär. 43 % des BIP hängen mit dem Export zusammen.

Die Folgen sind: ein Investitionsstreik der Unternehmen. Wir bewegen uns auf dem Niveau von 2015. Das sind natürlich Zeichen der Unsicherheit und fehlenden Vertrauens.

Meine Damen und Herren, was tun wir jetzt dagegen? – Zunächst einmal müssen wir wirklich verstehen, dass es sich eben nicht um eine konjunkturelle, sondern um eine strukturelle Krise handelt.

(Beifall AfD)

Diese strukturelle Krise ist eindeutig Folge politischer Fehlentscheidungen. Auf dem Altar ideologischer Großprojekte wie dem sogenannten Klimaschutz, der Dekarbonisierung und dem zum Scheitern verurteilten Versuch einer ökologisch-sozialen Transformation – also in meinen Worten „Planwirtschaft 2.0“ – wurde die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas geopfert. Unsere Antwort muss heißen: mehr Marktwirtschaft und weniger staatlicher Interventionismus.

(Beifall AfD)

Wir müssen uns also auf die Rahmenbedingungen konzentrieren und nicht Mikromanagement betreiben; denn das kann der Staat einfach nicht gut.

Wie könnte so etwas aussehen? Schauen wir uns einmal den Energiemarkt an. Denn eine unserer Forderungen in unserem Antrag lautet ja auch, die Energiekosten zu senken. Wie könnte das gehen?

Das Strommarktdesign gemäß dem Merit-Order-Prinzip funktioniert hervorragend und setzt starke Anreize in die effektivsten Kraftwerkstechnologien und Brennstoffe. Mit dem europäischen Emissionshandel – für diejenigen, die Hass und Hetze gegen CO2 verbreiten wollen – haben wir einen Mechanismus, der eine Lenkungswirkung hin zu CO2-ärmeren Brennstoffen, also beispielsweise Erdgas versus Kohle, setzt. Der immens teure Kohleausstieg ist daher völlig überflüssig. Er gefährdet nur die Versorgungssicherheit, weil keine hinreichenden grundlastfähigen Ersatzkapazitäten in Sicht sind. Das ist ein Faktum.

(Beifall AfD)

Der hoch subventionierte Ausbau der Erneuerbaren ist natürlich, verbunden mit dem Einspeisevorrang, ebenfalls ein schwerer Eingriff in den Markt. Er verhindert damit eben genau diese Investitionen in neue grundlastfähige Kraftwerke. Und was kommt? – Natürlich der Ruf nach einem

Kapazitätsmarkt. Die Interventionsspirale dreht sich also immer weiter und schneller.

Die Stromnetze kommen immer häufiger an ihre Grenzen. Wir konnten die Schlagzeilen auch in den letzten Wochen verfolgen. Deswegen explodieren auch die Netzentgelte – über 40 % allein in den letzten beiden Jahren. Auch das sind politische Fehlentscheidungen, die uns die höchsten Gewerbestrompreise in der industrialisierten Welt beschert haben.

Der Angriff auf die Nord-Stream-Pipeline, bei dem offenbar niemand ein Interesse hat, ihn aufzuklären, hat eine deutsche Energieschlagader durchtrennt. In Verbindung mit den Sanktionen sind wir von relativ günstigem Erdgas abgeschnitten. Wir sind auf außereuropäisches Gas zunehmend angewiesen, und dadurch erlischt auch der CO2-Emissionsvorteil von Erdgas gegenüber Kohle – ein weiteres Argument dagegen.

Was können wir hier in Hessen tun? Sämtliche Förderprogramme, sämtliche Verpflichtungen zum Einsatz erneuerbarer Energien müssen gestrichen werden, um diese Trittbrettfahrerei auf Kosten der Allgemeinheit zu verhindern.

Nächster Punkt: Staatsausgaben priorisieren. Wir müssen, um diese Krise zu meistern, wieder vernünftige staatliche Handlungsfähigkeit erhalten und sicherstellen. Wir müssen endlich wieder in öffentliche Infrastruktur, in die Bildung unserer Jugend, in die Versorgung kranker und alter Menschen investieren. Das bedeutet, dass wir an anderer Stelle kürzen müssen.

Meine Damen und Herren, es ist eine unwiderlegte Wahrheit, dass sich wirtschaftlicher Erfolg nie und nirgends hat herbeisubventionieren lassen. Es geht nicht. Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, helfen die Subventionen nicht. Wenn sie stimmen, braucht es diese Subventionen nicht, weil sie ausschließlich Mitnahmeeffekte erzeugen. Das gilt auch für die Förderprogramme des Landes Hessen, auch für diejenigen an die Kommunen. Sagen wir einmal salopp: Die pfeifen in vielen Fällen aus dem letzten Loch. Deswegen sollte die Finanzkraft der Kommunen direkt gestärkt werden. Den Entscheidern und Gremien vor Ort, die demokratisch legitimiert sind, sollte überlassen werden, wie sie ihre Mittel verwenden.

Meine Damen und Herren, die Schuldenbremse darf auf gar keinen Fall aufgeweicht werden; denn nur sie garantiert die klare Prioritätensetzung und verhindert die Ausplünderung der öffentlichen Haushalte für Partikularinteressen.

(Beifall AfD)

Jetzt müssen wir natürlich über das Thema Bürokratieabbau reden. Wir alle wissen es: Die Unternehmen ächzen unter der Bürokratie. Bürokratieabbau ist die Vokabel du jour, die Vokabel des Tages. Aber es gibt auch eine Zahl des Tages: 1.157. So viele Datenpunkte müssen Unternehmen potenziell im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive – kurz: CSRD – liefern.

Da sind tolle Sachen dabei: klar, der CO2-Ausstoß. Aber: der Beitrag des Unternehmens zur Wüstenbildung? Gibt es Sklaven in der Lieferkette? Der Bedrohungsstatus von Tierarten im Wirkungsbereich des Unternehmens? Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – okay. Aber: die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte indigener Völker? Das kann doch bitte nicht Ihr Ernst sein. Von dieser großartigen Richtlinie – das ist nicht die Lieferket

tenrichtlinie CSDDD, sondern CSRD – sind ab 2026 sogar kleine und mittlere Unternehmen betroffen. Das ist wirklich der Wahnsinn in Tüten. Das muss sich ändern.

(Beifall AfD und Maximilian Müger (fraktionslos))

Es ist nichts gewonnen, wenn Sie nur diese Ausdehnung der Berichtspflichten streichen würden. Nein, denn die Großunternehmen, die diesen Pflichten unterliegen, reichen das natürlich an ihre Lieferanten und Dienstleister weiter. Das heißt, de facto sind die KMU sogar schon heute davon betroffen. Das ist kein Geheimnis. Das hat sogar der CSU-EU-Abgeordnete Andreas Schwab gemerkt. Er fordert nämlich eine vollständige Rücknahme der Berichtspflichten und des Lieferkettengesetzes – recht hat er. Aber von wem stammt denn der Green Deal? Wo kommt der denn her? Wer sitzt denn in der EVP? Das ist die größte Delegation. CDU: Schuld bist du.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, machen wir die Bundestagswahl wirklich zu einer Abstimmung darüber, wie es in Zukunft in unserem Land und vor allem in unserer Wirtschaft weitergehen soll. Wahltag ist Zahltag, und die Glaubwürdigkeit der politischen Parteien ist die Währung, in der abgerechnet wird. Das Lindner-Papier der FDP ist eine wunderbare Blaupause. Es sind sehr viele Aspekte richtig formuliert und adressiert. Aber genauso wie die Union haben Sie sich durch Ihre Koalitionsaussagen mit lauter Brandmäuerchen in einer Sackgasse eingemauert, mit politischen Parteien, mit denen Sie das niemals werden umsetzen können.

(Beifall AfD und Maximilian Müger (fraktionslos))

Daher – damit komme ich zum Schluss –: Dieser Antrag hat auch eine Schwäche. Er hat zu wenige landespolitische Stellschrauben. Aber Sie alle sind doch in Ihren Parteien aktiv, und Sie alle sind deswegen mit schuld, dass unser Land in dieser schweren Wirtschaftskrise steckt. Deswegen, liebe Bürger, Augen auf an der Wahlurne. – Herzlichen Dank.

(Beifall AfD und Maximilian Müger (fraktionslos))

Als nächster Rednerin erteile ich Frau Abgeordneter Barth, Fraktion der Sozialdemokraten, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lichert, weil Sie eben schon so wunderbar viel zitiert haben, schauen wir doch einmal, was die Wirtschaft zur AfD sagt. Im vergangenen Jahr, anlässlich der Europawahl – aus der EU und dem Euro wollen Sie ja auch raus –, haben sich über 30 führende Unternehmen klar gegen Populismus und Extremismus positioniert: die Deutsche Bank, die Allianz, BASF, BMW, Bosch, Beiersdorf, der BDI – von Ihnen eben auch zitiert –, die Bahn, DHL, Dussmann, EnBW, Merck, RWE, Schaeffler, Telefónica, Siemens, Telekom, VW usw.

(Bernd Erich Vohl (AfD): Alles Firmen, die auf dem Weg nach unten sind! – Gegenruf J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Hat er das jetzt ernsthaft gesagt? – Zuruf Gerhard Schenk (Bebra) (AfD))

Alle haben sich in einem Bündnis klar gegen Ihre Politik ausgesprochen. Sie haben Ihre Wirtschaftspolitik analysiert und festgestellt, dass Sie all das gefährden, was in Jahren gemeinsam aufgebaut wurde. Oder, um es mit den Worten des Chefs der Deutschen Bank, Christian Sewing, zu sagen: „Die Ideen von Populisten sind reines Gift für die Wirtschaft.“

(Beifall SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Zuruf Andreas Lichert (AfD))

Wie es der Zufall will: Dieses Bündnis hat gerade heute, wie ich in der Presse las, erneut gewarnt: Ein Rechtsruck bei der Wahl würde das Erreichte in Gefahr bringen. Ihr wirrer und unsortierter Antrag unterstreicht, wie berechtigt diese Vorwürfe sind:

(Beifall SPD und vereinzelt CDU – Zuruf Gerhard Schenk (Bebra) (AfD))

eine wilde Ansammlung von Klischees und Allgemeinplätzen, zum Teil mit Kamikaze-Aktionen, über die man nur den Kopf schütteln kann.

(Bernd Erich Vohl (AfD): Was haben Sie denn erreicht?)

Dass wir Bürokratie abbauen müssen, Berichts- und Dokumentationspflichten reduzieren und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen verbessern müssen, ist längst, gerade in Hessen, in Arbeit. Diese Regierung ist ein starker Partner der Wirtschaft. Wir machen Realpolitik pur.

(Beifall SPD und CDU – Lachen Andreas Lichert (AfD))

Wir haben gemeinsam die Ansiedlung der Europäischen Geldwäschebehörde, AMLA, am Finanzstandort Frankfurt erreicht. Wir, die Demokraten, haben gemeinsam dafür gesorgt,

(Robert Lambrou (AfD): Wir sind auch demokratisch! – Gegenruf J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das glaubt nur keiner! – Robert Lambrou (AfD): 15 Millionen Wähler glauben es!)

dass Aventis in Hessen investiert, vor allem bleibt. Wir bringen jetzt ein neues starkes Förderinstrument, den Hessenfonds, auf den Weg, um Unternehmen bei Transformationsprozessen zu unterstützen. Gut zuhören: In Hessen konnten alleine im letzten Jahr Investitionszusagen der Wirtschaft in Höhe von mehr als 10 Milliarden Euro erreicht werden. Hessen steht wirtschaftlich besser da als andere Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

(Andreas Lichert (AfD): Weil sie weniger Industrie haben!)

Soll das bitte eine Vertrauenskrise sein?

(Andreas Lichert (AfD): Ja! – Robert Lambrou (AfD): Fragen Sie doch einmal die Automobilindustrie! – Zuruf CDU)

Dazu komme ich auch noch. – Überbordender Bürokratie haben wir entschieden den Kampf angesagt

(Robert Lambrou (AfD): Mehr Minister und mehr Staatssekretäre!)