Protokoll der Sitzung vom 06.02.2025

(Heiko Scholz (AfD): Och ja!)

Wir hatten uns einmal darauf geeinigt, dass die Redner ans Rednerpult treten können, ohne dass irgendwelche Äußerungen fallen. Ich bitte alle, das zu berücksichtigen.

(Heiko Scholz (AfD): Es ging mit mir durch!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Stöhnen kann ich verstehen. Es ist für Sie ja immer leidvoll, wenn Sie sich das anhören müssen; daher: Alles ist gut. Stöhnt, wie ihr wollt, es interessiert mich wirklich nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns die Anträge der AfD anschauen und sie lesen – jetzt wollen wir uns doch einmal damit auseinandersetzen –, dann müssen wir feststellen: Da werden viele Probleme aufgezeigt. Da muss man gar nicht drum herumreden.

(Andreas Lichert (AfD): Oh!)

Ja, natürlich. Sie sind Meister darin, Probleme zu suchen und zu finden.

(Zuruf: Aber keine Lösungen!)

Ich habe aber noch nie von Ihnen gehört, was Sie dann mit den Problemen machen wollen.

(Vereinzelter Beifall CDU – Unruhe – Heiko Scholz (AfD): Och nee!)

Wenn wir Sie danach fragen, bekommen wir von Ihnen die Antwort: Ihr seid daran schuld. – Das ist ganz wunderbar. Natürlich sind wir an der Politik schuld: Wir machen sie ja. Wir stellen uns dem Wähler alle vier Jahre und fragen: Seid ihr mit unserer Politik einverstanden oder nicht?

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen – die Kollegin Kinkel hat schon einen Teil vorweggenommen; sie hat das Gleiche gelesen –, will ich Ihnen sagen: Sie machen ja ganz viele „tolle“ Politikvorschläge. Dann wollen wir uns doch mit denen auseinandersetzen, damit die Wählerinnen und Wähler wissen, was sie einkassieren, wenn sie Sie wählen.

Vor allen Dingen betrifft das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Sie übermäßig oft wählen; darum muss man sich kümmern. Deshalb muss man fragen: Was wollen Sie abschaffen? – Sie wollen schlicht und ergreifend das Fachkräfteeinwanderungsgesetz abschaffen. Dann muss man sich mit der Frage auseinandersetzen: Was passiert denn dann? Die Kollegin Kinkel hat ein paar Beispiele angebracht, ich will aber noch ein paar hinzufügen. Vor mehr als elf Jahren, im Jahr 2013, gab es 29.000 Ärzte

in Deutschland, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hatten. Im Jahr 2023 gab es 62.000 Ärzte in Deutschland, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hatten. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen wissen: Arzttermine – das wird in Zukunft mit der AfD schwierig, weil die Ärzte alle aus Deutschland rausmüssen.

(Heiko Scholz (AfD): Unsinn!)

Das ist kein Unsinn. Das ist exakt das, was Ihre Oberspezialisten im Deutschen Bundestag so von sich geben; das muss man dieser Stelle mal so sagen.

(Beifall CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann wollen wir weitersehen, bleiben wir zunächst nur bei der Fachkräftezuwanderung. 53 % der Arbeitnehmer im Bau, die alles für uns errichten und das gut machen, sind keine deutschen Staatsbürger oder haben einen Migrationshintergrund. 44 % der Reinigungskräfte – Sie müssen sich möglicherweise den Schmutz, nicht den verbalen, aber den sonstigen, in Zukunft selbst vom Halse schaffen –, 34 % der Arbeitnehmer in der Gastronomie und 41 % der Menschen, die in der Lebensmittelindustrie arbeiten, haben entweder nicht die deutsche Staatsbürgerschaft oder sind Migranten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Land hat sich immer, seit den Sechzigerjahren, dadurch ausgezeichnet, weltoffen zu sein, Menschen willkommen zu heißen, Menschen, die hier arbeiten. Dass wir uns über Migration unterhalten müssen, ist überhaupt kein Thema, darüber streiten wir ja auch gerade.

(Zuruf Heiko Scholz (AfD))

Aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die hier bei uns arbeiten, sind nicht nur Biodeutsche,

(Heiko Scholz (AfD): Ach, hör auf!)

sondern sie sind Menschen, die aus Europa und aus aller Herren Länder zu uns kommen und deshalb auch wesentlich zu unserem Wohlstand beitragen; das muss an dieser Stelle mal gesagt werden.

(Vereinzelter Beifall CDU – Zuruf Jochen K. Roos (AfD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Vohl hat zum Beispiel vorhin, als es um die Unternehmen ging, gesagt: Das sind alles Unternehmen auf dem absteigenden Ast. – Wir müssen jetzt nicht Höcke und andere „wunderbare“ Menschen zitieren, wir wollen uns nur mit Ihrem Wahlprogramm auseinandersetzen.

Fangen wir mit einem ganz anderen Problem an: Kita-Plätze. Kita-Plätze sind bei Ihnen programmatisch gleichwertig – ich will nichts falsch sagen – zu behandeln, aber in Ihrem weiteren Wahlprogramm zum Familienmodell gehen Sie davon aus, dass die Frauen zu Hause bleiben.

(Zuruf Heiko Scholz (AfD))

Das kann man alles tun. Man muss nur eines wissen: Wenn die Frauen zu Hause bleiben, fehlen uns die Arbeitnehmerinnen,

(Beifall CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und wir haben ein weiteres Problem. Also muss man wissen: Wertschöpfung mit Ihnen: Fehlanzeige – Armut: vorprogrammiert.

(Zuruf Jochen K. Roos (AfD))

Nächster Punkt. Sie sagen ganz klipp und klar: Wir wollen etwas Gutes tun, die Rente muss besser werden. Wir wollen die Rente mit 63 Jahren behalten. – Jeder Volkswirtschaftler und jeder Unternehmer sagt zurzeit: Die Rente mit 63 Jahren ist für die Zukunft unseres Landes hoch gefährlich, weil wir dann die Arbeit, die wir leisten müssen, nicht mehr leisten können.

Ich komme zum Nächsten, bei dem uns die Arbeitnehmer fehlen. Wir kommen der Armutsgrenze immer näher. Diese Partei will alles Mögliche. Das ist ganz spannend. Zahlungen, die die Eltern in die Sozialversicherung leisten, will die AfD ihnen erstatten. Das können Sie machen. Das macht 170 Milliarden Euro. Das ist eine „wunderbare“ Zahl. Die müssen wir dann irgendwoher holen. Das funktioniert nicht. Das wissen Sie auch. Sie wissen, dass das nicht funktionieren wird. Sie wissen, dass für diese Leistung damit die Beiträge für die anderen, die einzahlen müssen, höher werden. Das belastet also die Arbeitnehmer. Damit ist die Armut vorprogrammiert.

Das geht so weiter. Sie sagen, die einheitliche Bürgerversicherung müsse sein. Darüber kann man streiten. Man muss nur eines wissen: Sie sagen, die Beiträge zur einheitlichen Bürgerversicherung würden steigen, damit werde alles billiger. Das ist falsch. Denn auch die Leistungen steigen dann. Wenn man die Leistungen der Bürgerversicherung dem System gegenüberstellt, das wir zurzeit haben, kommt man zu einem neutralen Ergebnis.

Man kann das politisch alles vertreten. Aber Sie würden damit eine Blase erzeugen. Sie sagen: Wenn wir das machen, wird alles besser. – Das ist, volkswirtschaftlich gesehen, falsch.

Sie wollen die Grundsteuer streichen. Das haben Sie diese Woche hier schon einmal erzählt. Die Grundsteuer zu streichen würde bedeuten, dass die Gemeinden ein Viertel ihrer Einnahmen verlieren würden. Wer soll das denn ersetzen? Der Staat – also wir – soll weniger Steuern erheben. Was wird die Folge davon sein? – Die Folge wird sein, dass wir weniger Straßen haben würden. Wir hätten weniger Zugänge und eine weniger gute Infrastruktur für die Wirtschaft. Wir hätten weniger Arbeitnehmer, weil die Wirtschaft nicht mehr produzieren könnte. Damit wäre die Armut vorprogrammiert. Das ist ein „wunderbares“ Konzept.

Sie wollen das Steuerkonzept verändern. Sie wollen die Erbschaftsteuer streichen. Man kann darüber und über alle möglichen Dinge diskutieren. Sie müssen immer sagen, woher was kommt.

Der Fakt ist, dass das undurchdacht ist. Es ist aber das Programm der AfD.

Ich komme jetzt auf die wesentlichen Punkte zu sprechen. Sie wollen aus der Europäischen Union heraus. Das haben Sie auf Ihrem Parteitag in Riesa noch einmal bekräftigt. Sie wollen, dass Deutschland aus der Europäischen Union austritt.

Deutschland, dieses Land, ist seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland die Exportnation dieser Erde. Wir sind mit wenigen Menschen die Exportnation dieser Erde. Was

hat uns dabei immer geholfen? – Uns hat dabei immer der europäische Weg, das Miteinander in Europa, geholfen. Ich würde sagen, dass in meinem Wahlkreis 70 % der Wertschöpfung durch Exporte in europäische Staaten und in Staaten in Übersee erzielt werden.

Was geschieht, wenn man aus der Europäischen Union austritt, haben die Briten gerade erlebt. Die Briten haben keine Wertschöpfung mehr durch Exporte in die Welt. Mit Ausnahme der Dienstleistungen hat das extrem nachgelassen. Industrieproduktionen aus Großbritannien in die Welt: Fehlanzeige.

Das ist Ihr Programm. Ihr Programm heißt übersetzt: aus der Europäischen Union heraus, Armut für Deutschland.

(Beifall CDU)

Schauen wir weiter. Sie sagen klipp und klar: Verträge mit anderen Regionen wollen wir nicht. Wir wollen die Abhängigkeit durch diese bilateralen Handelsvereinbarungen nicht haben. – Bei einem sehr isolierten und kleinen Industriestandort mag das alles funktionieren. Deutschland ist aber eine Exportnation. Es ist abhängig von vernünftigen Verträgen mit den Staaten dieser Welt. Ihre Vorstellung ist: weg mit den Verträgen, die uns schädigen. – Nein, wenn wir sie nicht hätten, würde uns das mehr schädigen. Denn das würde dafür sorgen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht mehr das machen könnten, was sie wollen, nämlich handeln.

Ich muss noch eines sagen, sonst vergesse ich das. Ich habe noch ein wenig Redezeit. Sie wollen das analoge Leben. Der Staat soll die digitalisierte und die analoge Bearbeitung nebeneinanderher laufen lassen. Das können wir Zahl um Zahl wirklich ausrechnen. Die Verwaltungskosten würden sich verdoppeln. Wer muss das dann bezahlen? Kommt das von selbst? Fällt das vom Himmel? Woher soll das kommen? Nach der Vorstellung der AfD werden wir das schon hinbekommen. Das würde schlicht und einfach bedeuten, dass wir in die Zeit vor 30 Jahren zurückgebombt würden.

Das ist die Wirtschaftspolitik der AfD. Die Wirtschaftspolitik der AfD würde bedeuten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland keine Zukunft hätten. Die Unternehmen würden dieses Land verlassen. Letztlich würde dieses Land an Leistungskraft verlieren. Armut würde drohen. Das ist Ihr Programm. Das müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer wissen das. Sie schreiben das nämlich dauernd: Wer AfD wählt, wählt den Abschwung. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt SPD)

Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Rock für die Fraktion der Freien Demokraten das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute die Plattform, über die nationale Ökonomie, über die Weltwirtschaft und über die ganz großen Themen zu sprechen. Sie wurden hier aufgemacht. Auch wenn wir hier im Hessischen Landtag sind, der sich eigentlich um die landespolitischen Themen

kümmert, können wir uns gerne einmal über die allgemeine wirtschaftliche Situation austauschen. Da haben wir heute eine Beschreibung gehört, die leider zutreffend ist. Unsere Wirtschaft hat strukturelle Probleme. Unsere Wirtschaft befindet sich in einer Zeitenwende. Unsere Wirtschaft sucht nach neuen Wegen, um aus dieser Krise herauszukommen. Da müssen wir ihr helfen.