Protokoll der Sitzung vom 06.02.2025

nicht die Aufgaben dieses Landes stellt, sondern die zentrale Frage, die den Ministerpräsidenten dieses Landes bewegt, ein Wahlplakat ist?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Freie De- mokraten – Zuruf Lara Klaes (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Unruhe)

Ich glaube, da ist wirklich einiges bei Ihnen verrückt, Herr Ministerpräsident. Ganz grenzwertig ist – das machen Sie ja nicht zum ersten Mal; beim ersten Mal habe ich nichts dazu gesagt, aber Sie tun das wiederholt –, dass Sie den anderen demokratischen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern absprechen, die Probleme lösen zu wollen.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das ist ja auch vollkommen zutreffend!)

Das haben Sie heute auch wieder getan – und zwar bei einer Frage, die uns alle zutiefst bewegt,

(Unruhe – Zuruf Lara Klaes (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

nämlich, wie wir schwerste Straftaten im Internet verhindern können. Und ja, wir verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze; aber wir sollten uns nicht gegenseitig absprechen, dass wir uns alle bemühen, diese Problematik zu bekämpfen und etwas dagegen zu tun.

(Anhaltende Unruhe)

Hier überschreiten Sie eine Grenze, die ein Ministerpräsident nicht überschreiten sollte.

(Lebhafter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall Freie Demokraten)

Wenn Sie inhaltlich diskutieren wollen: Die Vorschläge von CDU-Bundesinnenministern waren maßgeblich dafür, dass die Speicherung von IP-Daten mehr als ein Jahrzehnt lang verfassungswidrig war und deshalb nicht zur Bekämpfung schlimmster Straftaten im Internet beigetragen hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Freie De- mokraten – Zuruf Ministerpräsident Boris Rhein)

Jetzt gibt es eine neue Initiative, vorgelegt vom hessischen Innenminister; und Sie wissen, Herr Rhein,

(Zurufe Freie Demokraten – Glockenzeichen)

dass meine Fraktion im Landtag diese Initiative im Grundsatz unterstützt. Warum behaupten Sie dann hier im Hessischen Landtag genau das Gegenteil?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fordere Sie auf: Kehren Sie zu einem Umgang mit diesem Haus zurück, der dem Amt eines Ministerpräsidenten tatsächlich angemessen ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall Freie Demokraten)

Vielen Dank, Kollege Wagner. – Das Wort hat die Abgeordnete Wiebke Knell, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade nach einer Woche, wie wir sie letzte Woche im Bundestag erlebt haben – dass man sich wirklich Sorgen um die Demokratie machen muss, dass wir es als demokratische Parteien offenbar nicht mehr schaffen, Probleme zu erkennen und gemeinsam zu lösen –, macht mich das Ende dieser Aktuellen Stunde wirklich betroffen.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn letzten Endes lebt Demokratie davon, dass Probleme erkannt und auch gelöst werden, und zwar durch die politische Mitte, mit Mut zur Veränderung; ich habe das in der letzten Woche schon beschrieben. Aber wenn sich diese politische Mitte selbst zerlegt und gegenseitig beschimpft, wenn notwendige Maßnahmen nicht ergriffen werden, sondern aus parteitaktischen Gründen verweigert werden, dann verlieren viele Menschen das Vertrauen in unser System.

(Andreas Lichert (AfD): Was hat denn die FDPFraktion im Bundestag gemacht? – Zuruf Andreas Lobenstein (AfD))

Damit spielen wir den Menschen in die Hände, die diese Demokratie ablehnen und die wir eigentlich von uns demokratischen Parteien überzeugen wollen.

Deswegen finde ich, das ist ein ganz schlechter Stil. Das ist so, als würden Ex-Freunde hinterher schlecht übereinander reden. Ich bin aus vielen Gründen auch kein Fan von Schwarz-Grün gewesen, aber wenn man nach zehn Jahren so schlecht über seinen Koalitionspartner spricht, dann sagt das mehr über einen selbst aus als über den anderen. Das finde ich wirklich schlimm.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich auch dagegen verwehren, dass Sie eben gesagt haben, es gebe eine Allianz von GRÜNEN, FDP und AfD.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

In welcher Welt leben Sie eigentlich? Was hat Merz denn letzte Woche dazu getrieben, diesen Antrag überhaupt zu stellen? Ich fasse es immer noch nicht. Aber dass Sie uns jetzt eine Allianz mit der AfD unterstellen: Was ist das? Was soll das? Dafür müssen Sie sich entschuldigen; das geht so nicht.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Bernd Erich Vohl (AfD))

Ja, wir sind im Wahlkampf – wir sind übrigens weit weg vom Thema der Aktuellen Stunde –, und ja, es geht um viel, auch für uns,

(Unruhe – Lachen Robert Lambrou (AfD))

aber am Ende geht es doch darum, dieses Land zusammenzuhalten. Das können wir nur aus der demokratischen

Mitte heraus. Darum sollten Sie ein bisschen mehr Landesvater und weniger Landesspalter sein. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall Freie Demokraten und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Kollegin Ines Claus, Fraktionsvorsitzende der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich würde den Mitgliedern einiger Fraktionen dieses Hauses – ich nenne jetzt einmal die Fraktionen der GRÜNEN und der FDP – wirklich nicht raten, jede Sachdebatte zu einer Grundsatzdebatte über die Demokratie zu drehen.

(Beifall CDU)

Das haben wir unserer Betrachtung nach in der letzten Woche im Deutschen Bundestag erlebt. Das erleben wir gerade. Ich halte es auch für möglich bis geboten, dass der Ministerpräsident am Pult dieses Landtags über Inhalte spricht und sagt, wo er Differenzen zu anderen Fraktionen dieses Hauses sieht.

(Beifall CDU – Dr. Matthias Büger (Freie Demokra- ten): In welcher Form?)

Herr Kollege Wagner, Sie hätten als Erwiderung auf Ihre Rede selbst gefragt: Geht es noch ein bisschen größer? – Das hätten Sie von diesem Pult aus gesagt, wenn Sie sich an der Stelle gefragt hätten, was wir überhaupt miteinander besprochen haben. Sie haben gesagt, diese Koalition würde die großen Themen bestreiten. – Diese Koalition kümmert sich um die Sicherheit. Diese Koalition kümmert sich um die Bildung. Zu diesen Themen gehören auch die kleinen mit dazu. Man kann sie dann mit lösen. Man sagt dann: Das ist ein kleines Thema, aber auch das stört die Menschen.

All das macht die Politik aus. Dass es das bei uns gibt, können Sie vom Grundsatz her nicht bestreiten.

(Beifall CDU und vereinzelt SPD)

Der Ministerpräsident hat unsere Haltung verdeutlicht. Sie wissen, wie häufig wir in diesem Haus über das Thema IP-Adressdatenspeicherung gestritten haben.

Auch Sie haben Worte verwendet, zu denen man sagen kann: Na gut, das war im Wesentlichen kein freundlicher parlamentarischer Umgang. – Ich halte es in einer politischen Debatte für geboten und für wichtig, dass man demokratisch streitet. Denn, wenn man das nicht tut, macht man das Geschäft der AfD. Dann macht man das Geschäft der AfD.

(Beifall CDU und vereinzelt SPD)

Ich möchte gar nicht über die Worte des Herr Lambrou nachdenken. Denn er hat einfach bestätigt, was die Mitglieder der AfD die ganze Zeit denken. Sie wollen die CDU zerstören. Das sagt Maximilian Krah. Das schwingt bei Ihnen überall mit. Beruhigen Sie sich. Das ist in Ordnung. Wir wollen gar nichts mit Ihnen zu tun haben. Sie sind antieuropäisch. Sie wollen aus der NATO heraus. Insofern halten wir da größtmöglichen Abstand.

(Beifall CDU)

An der Stelle möchte ich mit Blick auf die FDP-Fraktion etwas sagen. Ich möchte wirklich zur Sachdebatte zurückkehren. Die Mitglieder der FDP-Fraktion, deren Partei auf Bundesebene den Digitalpakt 2.0 nicht auf den Weg gebracht, sondern gestrichen hat, reden von diesem Pult aus über Bildungspolitik. Die Mitglieder der FDP machen sich darüber lustig, dass wir die Schwimmbäder mit „einer lächerlichen Million“ unterstützen würden. Das zeigt, welchen Blick Sie auf die Kommunen haben und welchen wir auf die Kommunen haben. Lassen Sie uns doch über die Sache reden.

(Beifall CDU und vereinzelt SPD)

Wie gesagt, ich freue mich, und ich lasse mir die gute Laune wirklich nicht nehmen. Ich freue mich, wenn wir zusammen bei „Hessen lacht zur Fassenacht“ sind. Sehr geschätzte, liebe Frau Kollegin Knell, Teile Ihrer Rede waren wirklich nur mit Humor zu ertragen.