Ich komme zum Schluss. – Ich kann gut verstehen, dass viele Menschen sich seit letzter Woche Sorgen machen, dass sie auf die Straßen gehen. Gerade als Sozialdemokratin kann ich das besonders gut nachvollziehen. Denn wir sind eine Partei, die in ihren Reihen Mitglieder hatte, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefoltert, verfolgt und ermordet wurden. Deswegen kann ich sehr gut verstehen, dass es eine sehr große Sorge um die Demokratie gibt, sodass viele Menschen auf die Straße gehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Stunde der AfD ist reichlich absurd: „Demokratie in Gefahr – Linksfront greift CDU und AfD in Hessen an“.
Allein, dass Sie sich Sorgen um die Demokratie machen, spricht Bände. Hier wird der Bock zum Gärtner. Sie sind eine Gefahr für unsere Demokratie.
Keine Frage: Es gibt Gefahren für unsere Demokratie, und die extremen Ränder stellen eine solche Gefahr für unsere Demokratie dar. Das gilt für die linksextremen Ränder genauso wie für die rechtsextremen Ränder. Und Sie sind eben eine Gefahr für unsere Demokratie,
weil Sie unsere demokratischen Werte missachten, weil Sie Remigrationsfantasien betreiben und damit Menschen rechtlos stellen wollen,
Wir haben es gestern im Innenausschuss wieder erlebt, als Sie von einem „feststehenden Terroranschlag“ in Hanau gesprochen haben, für den es keine konkreten Anhaltspunkte gab.
So arbeiten Sie: nicht faktenorientiert. Sie wollen Hass und Hetze in unsere Gesellschaft treiben. Sie wollen spalten, und damit missachten Sie unsere demokratischen Werte.
Sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass Abgeordnete hier im Parlament sitzen, die den Eindruck erwecken, man könne Migrationspolitik mit Waffengewalt betreiben. Sie tragen Verantwortung dafür, dass Abgeordnete hier sitzen, die offenkundig mit nationalsozialistischen Organisationen sympathisieren. Tun Sie selbst etwas in Ihren Reihen, dann würden Sie der Demokratie einen Dienst erweisen.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Freie Demokraten – Robert Lambrou (AfD): Das haben wir doch getan! Herr Müger ist nicht mehr in der Partei!)
Auch ich teile die Einschätzung von Frau Gnadl, dass der Begriff der „Linksfront“ den Demonstranten nicht ansatzweise gerecht wird. Es trifft zu, dass es unter den Demonstranten, auch in Neu-Isenburg, linksradikale Kräfte gegeben hat,
Aber im Polizeibericht heißt es auch deutlich, dass es überwiegend ein bürgerliches Publikum gewesen ist, das dort demonstriert hat.
Ich habe Verständnis dafür, dass Menschen auf die Straße gehen, weil sie in Sorge sind vor dem Erstarken rechtsextremer Kräfte in unserem Land. Deshalb lasse ich nicht zu, dass Sie diese Personen pauschal als „Linksfront“ diffamieren.
Außerdem ist Ihre Aktuelle Stunde insoweit absurd, als dass Sie versuchen, die AfD und die CDU in einen Topf zu werfen. Ingo Schon hat es deutlich gemacht: Zwischen Ihnen und uns liegen Welten.
Sie sind eine europafeindliche Partei. Damit würden Sie unser Land in den Abgrund stürzen. Sie sind für Putin, Sie sind für China.
Damit verraten Sie unsere demokratischen Werte. Sie wollen keine Probleme lösen, sondern Sie wollen nur vordergründig von Problemen profitieren.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt Freie Demokraten – Zuruf Heiko Scholz (AfD))
Lassen Sie mich noch etwas zu den Demonstrationen und zu den Versammlungen sagen. Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut in unserem Land. Aber selbstverständlich gibt es Grenzen bei Demonstrationen. Gewaltfreiheit muss unmissverständlich gelten. An dieser Stelle darf es keine Kompromisse geben. Das gilt für jede Demonstration. Das gilt für jede Motivation. Das gilt in jedem Fall auch für alle, gegen die sich die Demonstration richtet. Gewalttätige Übergriffe, die es gegeben hat – das bezweifle ich nicht –, verurteile auch ich auf das Schärfste. Das gilt selbstverständlich auch für Übergriffe, die sich gegen die AfD und gegen AfD-Veranstaltungen richten.
Ich bin der Polizei sehr dankbar, dass sie gerade in den letzten Tagen umfassend im Einsatz gewesen ist und damit die AfD-Veranstaltung geschützt hat, die stattgefunden hat, die viele Veranstaltungen – auch meiner Partei – geschützt hat. Wir sollten gemeinsam den Beamtinnen und Beamten einen Dank dafür aussprechen, dass sie garantieren, dass unsere Rechtsordnung umgesetzt wird.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt Freie Demokraten – Zurufe Andreas Lichert und Jochen K. Roos (AfD))
Ich sehe es auch mit Sorge, dass Gewalttätigkeiten in der politischen Auseinandersetzung zunehmen. Das dürfen wir nicht länger zulassen. Unsere Demokratie lebt vom friedlichen Diskurs. Es ist mehr als problematisch, dass in diesem Bundestagswahlkampf bereits 86 Plakate beschädigt wurden.
Das sind die Informationen, die wir haben. Ich weiß, es gibt darüber hinaus noch eine erhebliche Dunkelziffer. Ich finde es auch hoch problematisch, wenn mit Bengalos vor Geschäftsstellen demonstriert wird; denn wir sollten alles vermeiden, was den Eindruck einer Einschüchterung erweckt. Wir müssen die politische Auseinandersetzung schützen und zulassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten als demokratische Mitte auch unsere Worte sorgfältig wählen. Ich glaube, dass an der einen oder andere Stelle in der politischen Debatte das Maß verloren gegangen ist. Wenn gegen eine demokratische Partei der Mitte, die in diesem Land viele wichtige Weichenstellungen für den Erfolg dieses Landes vorgenommen hat, vorschnell die Nazikeule herausgeholt wird, spaltet auch das das Land. Auch das schürt Hass in der politischen Auseinandersetzung.
Schließlich ist es unsere Aufgabe als Demokratinnen und Demokraten, die Probleme zu lösen, damit die Extremisten keine Chance haben, in unserem Land Verantwortung zu übernehmen. Deshalb appelliere ich bei allen entscheidenden Themen, mit denen wir uns im Moment beschäftigen, auch an die Problemlösungskompetenz und die Konsensfähigkeit der Demokratinnen und Demokraten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Durch die Redezeitüberschreitung ist für jede Fraktion ein Redezeitzuwachs von zwei Minuten entstanden. Als erster Redner hat sich der Fraktionsvorsitzende der AfD zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie haben den Afghanen in Hanau erwähnt. Deswegen möchte ich kurz darauf eingehen. Zuvor noch einmal: Wir reden hier im Grunde genommen über Migrationspolitik, und eine Kehrtwende in der Migrationspolitik wird es nur mit der AfD geben.