Protokoll der Sitzung vom 06.02.2025

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit haben wir diese Aktuelle Stunde besprochen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 37:

Antrag Aktuelle Stunde

Fraktion der Freien Demokraten

Innovative Maßnahmen gegen Lehrermangel in Hessen: Duales Lehramtsstudium einführen – Drucks. 21/1608 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Herr Promny steht schon bereit. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Unruhe – Glockenzeichen)

Die Situation an Hessens Schulen ist alarmierend. Über 1.000 Lehrkraftstellen sind derzeit unbesetzt; das sind 280 mehr als im vorherigen Schuljahr. Die Realität zeigt: Der Lehrkräftemangel verschärft sich weiter, während sich die schwarz-rote Landesregierung in Symbolpolitik verliert.

Wir Freie Demokraten legen heute einen konkreten Lösungsvorschlag für dieses Thema vor, nämlich die Einführung eines dualen Lehramtsstudiums in Hessen. Warum? Weil allgemein bekannt ist, dass bundesweit etwa die Hälfte aller Lehramtsstudierenden ihr Studium abbricht. Wesentliche Punkte für den Abbruch sind zu wenig Praxisbezug,

(Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten): Ja!)

zu späte Konfrontation mit dem Schulalltag, zu spätes tatsächliches Erleben im Klassenraum. Diese hohe Abbrecherquote können wir uns nicht länger leisten – weder gesellschaftlich noch mit Blick auf die wertvollen Ausbildungsressourcen.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, unser duales Modell setzt genau hier an. Wir wollen von Beginn an die Verknüpfung von Theorie mit Praxis. Die Studierenden erhalten früh Einblick in ihren späteren Beruf und können ihre Eignung dann realistisch einschätzen. Andere Bundesländer machen das bereits erfolgreich vor und zeigen uns in Hessen auch, wie es gehen kann. Die Ergebnisse dort sprechen für sich: höhere Zufriedenheit für die Studierenden, deutlich niedrigere Abbrecherquoten, und wir öffnen damit auch – das ist besonders wichtig – neue Wege ins Lehramt. Durch die Vergütung wird der Lehrerberuf auch für Quereinsteiger und Berufstätige zusätzlich attraktiv.

(Beifall Freie Demokraten und Daniel May (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Klar ist, dass diese Menschen wertvolle Lebenserfahrung mitbringen und damit unsere Schulen vor Ort bereichern werden. Die Qualität der Ausbildung muss dabei natürlich auch gewährleistet bleiben. Deshalb fordern wir auch eine enge wissenschaftliche Begleitung und eine systematische Evaluation nach zwei Jahren. Die fachliche Ausbildung und die pädagogische Praxis müssen Hand in Hand gehen.

Meine Damen und Herren, die Zeit drängt. Während sich der Kultusminister mit Symboldebatten und auch mit der Frage beschäftigt, ob die Bundesjugendspiele nun „Wettbewerb“ oder „Wettkampf“ sein sollen,

(Zuruf Minister Armin Schwarz)

warten unsere Schulen auf echte Lösungen. Darum geht es.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Freie Demokraten denken, das duale Lehramtsstudium ist eine Chance, die Lehrerausbildung nicht nur effektiver, sondern auch deutlich attraktiver zu gestalten, den Lehrerberuf damit attraktiver zu gestalten und schließlich mehr qualifizierte Lehrkräfte und damit natürlich auch bessere

Schulen in Hessen zu haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU hat sich der Abgeordnete Göttlicher zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Promny, der Zug ist längst abgefahren. Sie stehen relativ allein am Bahnsteig und rufen dem Zug hinterher. Der aber ist längst abgefahren. Auch wenn Sie wild mit der Fahrkarte winken, ändert das nichts. Aber wir lassen niemanden allein im Regen stehen. Ich helfe Ihnen bei der Reise und beim Fahrplan.

Sie fordern innovative Ansätze in der Lehrerausbildung, neue Zielgruppen für den Lehrerberuf zu gewinnen, insbesondere Berufstätige und Quereinsteiger. Sie fordern enge Abstimmungen von fachlicher Ausbildung und pädagogischer Praxis, die Qualität der Lehrerausbildung auf einem hohen Niveau zu halten und nicht zuletzt dem drohenden Lehrermangel entgegenzuwirken. Sehr geehrter Herr Promny, in der Zielsetzung sind wir uns absolut einig. Der Unterschied ist – das möchte ich an dieser Stelle, mit Verlaub, deutlich sagen –: Wir haben das entsprechende Gesetz bereits verabschiedet. Wie gesagt, der Zug ist abgefahren, Gleis 1, Richtung Lehrergewinnung.

(Zuruf Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Gesetz heißt Lehrergewinnungsgesetz, und wir haben es im Dezember letzten Jahres mit der Mehrheit im Hessischen Landtag verabschiedet.

(Beifall CDU und SPD)

Das Gute: Durch den Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst mit nur einem Fach haben wir den Adressatenkreis deutlich erweitert. Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Bereits ab Mai dieses Jahres können Interessenten den Vorbereitungsdienst mit nur einem Fach beginnen. Das wird viele strahlende Gesichter geben. Selbstverständlich gelten die bewährten und hohen Qualitätsstandards auch für den Quereinstieg wie beim Vorbereitungsdienst mit zwei Fächern.

Zudem führen wir den Quereinstieg in den Schuldienst im Bereich Pädagogik ein. Bewerber werden über drei Jahre berufsbegleitend qualifiziert. Universitäre Lehre, Studienseminare und Ausbildungsschulen werden einbezogen. Sie sehen: alles auf der Schiene, alles läuft.

Und jetzt kommen Sie mit Ihrem dualen Lehramtsstudium. Ein duales Lehramtsstudium wird von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz nicht empfohlen. Auch wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, die Lehrerausbildung mit erster und zweiter Staatsprüfung in jedem Fall beizubehalten.

Und warum? Weil sich das bewährt hat. Die Qualität und die hohen Standards der Lehrkräfteausbildung sind gewährleistet. Die Studenten erproben sich in der Rolle einer Lehrkraft. Sie erhalten so einen vertieften Einblick in die schulische Praxis. Die Übernahme von Sequenzen

im Unterricht erfolgt immer in Anwesenheit eines Klassen- oder Kurslehrers usw. Sie sehen: Die Ziele, die Sie formuliert haben, erreichen wir in Hessen mit den Gesetzen, die wir bereits verabschiedet haben.

(Beifall CDU und SPD)

Ich finde das toll: Die Ziele der Reise sind klar, die Geschwindigkeit stimmt. Bildung hat bei der Hessischen Landesregierung und bei den Abgeordneten der Koalition Priorität, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen wird bei der Bildung in Hessen auch nicht gekürzt, sondern trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten der Bildungsetat um 5,9 % auf einen Rekordwert von 5,8 Milliarden Euro erhöht.

Wir haben in Hessen so viele Lehrerstellen und so viele Lehrkräfte wie noch nie. 67.000 Lehrkräfte arbeiten in den Schulen. Das entspricht einer Steigerung von 16,2 % in den letzten zehn Jahren –

(Beifall CDU und Tobias Eckert (SPD))

und das, obwohl die Schülerzahlen im gleichen Zeitraum nur um 4,6 % gestiegen sind. Das ist beachtlich. Und der große Erfolg: Wir weisen den Schulen in diesem Jahr 38 % mehr Stellen zu, als zur Abdeckung des Grundunterrichts notwendig wären.

(Beifall CDU und SPD)

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Herr Promny, als ehemaliger Lehrer möchte ich Ihnen ausdrücklich danken. Sie haben sich auch bei diesem Thema stets bemüht.

Aber, wie gesagt, es ist alles schon getan, es ist alles längst beschlossen. Wenn man genau zuhört, hören wir, wie der Zug der Lehrergewinnung mehr und mehr Fahrt aufnimmt, und zwar mit viel Kraft in die richtige Richtung. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und SPD)

Der nächste Redner kommt von der AfD. Herr Abgeordneter Lobenstein, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie heißt es im Volksmund doch so schön? Wenn du zwei Hasen jagst, wirst du keinen von beiden fangen. – Diese für die meisten Dinge im Leben geltende Redensart kann man wohl ohne Weiteres auch auf den vorliegenden Antrag der FDP anwenden.

Worum genau geht es? Die Freien Demokraten, in dieser Sache von den GRÜNEN unterstützt, wie man der Presse entnehmen konnte, möchten in Hessen ein duales Bachelor- und Masterstudium für das Lehramt schaffen. Das weckt natürlich schnell Assoziationen mit dem deutschen Erfolgsmodell der dualen Berufsausbildung, für das wir zu Recht in der ganzen Welt große Anerkennung gefunden haben.

Doch lassen Sie mich zu Beginn gleich eines klarstellen: Der Lehrerberuf – das wissen Sie alle natürlich genauso gut wie ich – ist durchaus einzigartig. Das liegt nicht nur darin begründet, dass zukünftige Lehrer bei der Be

schulung und nicht zuletzt auch bei der Erziehung unserer Kinder einer äußerst verantwortlichen Tätigkeit nachgehen. Nein, auch das Lehramtsstudium als solches sticht, was den Aufbau und den Ablauf des eigentlichen Studiums angeht, aus der sonstigen Hochschullandschaft hervor. So umfasst das Studium – auch das wissen Sie alle sehr gut – neben der Pädagogik auch das fachwissenschaftliche Studium mit fachdidaktischen Anteilen für zwei Unterrichtsfächer.

Der Grad, zu welchen Anteilen pädagogische oder fachwissenschaftliche Aspekte im Studium variieren, hängt ganz von der gewählten Schulform ab. So wird es einen nicht unerheblichen Unterschied machen, ob ich Lehramt für Grundschulen, also L1, Lehramt an Gymnasien, also L3, oder vielleicht auch Lehramt für Förderpädagogik, also L5, als Student gewählt habe. Studenten, welche zum Beispiel Musik als Lehrfach studieren, haben wiederum ganz andere Studieninhalte und ohnehin einen größeren Praxisanteil.

Praxisanteile gibt es im Übrigen auch schon jetzt während des Lehramtsstudium. Im Allgemeinen setzen sie sich aus einem Grundpraktikum und einem Praxissemester in der zweiten Hälfte des Studiengangs zusammen. Außerdem ist bereits jetzt ein achtwöchiges Betriebspraktikum verbindlich vorgesehen. Für die Ausweitung dieser in unserem AfD-Konzept im Übrigen bezahlten Praktikumsphasen sprechen auch wir uns aus, nur sollten unsere Studenten durch die Einführung eines de facto dualen Lehramtsstudiums keinesfalls als Lückenbüßer in Zeiten des Lehrermangels eingesetzt werden.

(Beifall AfD)