Deswegen sagt REGENBOGEN, daß innerhalb der nächsten vier Jahre das Platzangebot von derzeit 56 000 Plätze um 50 Prozent auf 85 000 Plätze erweitert werden muß. Dabei müssen insbesondere die teil- und ganztägigen Betreuungsangebote ausgebaut werden, denn sonst ist das, was Sie immer so gerne proklamieren, daß die Berufstätigkeit der Frauen gefördert werden solle, völliger Quatsch. Das geht nicht, wenn sie ihre Kinder nur drei oder vier Stunden betreuen lassen können, denn da bekommen sie keine Teilzeitjobs, für die es sich lohnen würde zu arbeiten.
Um die Qualität in den Kitas ist es in Hamburg auch nicht allzugut bestellt. Wenn Sie sich einmal angucken, in wie vielen Gruppen, in denen 20, 22 oder noch mehr Kinder sind, es eine Betreuung durch zwei Fachkräfte gibt, werden Sie feststellen, daß dies in vielen Gruppen nicht der Fall ist. Deswegen wollen wir, daß in solchen Gruppen mindestens zwei pädagogische Fachkräfte eingesetzt werden. Man muß auch einmal berücksichtigen, daß die pädagogischen Fachkräfte Ansprüche auf Urlaub haben, daß sie auch einmal krank werden, daß sie auch Fortbildung machen; diese Zeiten müssen auch berücksichtigt werden.
Wenn wir aber von der Qualität und Quantität her vielleicht irgendwann zufriedengestellt sein könnten, werden wir einen Punkt noch lange nicht erreicht haben, wenn SPD und auch GAL bei ihrer bisherigen Position bleiben. Im letzten Jahr, als die Elternbeiträge in Hamburg verändert wurden, wurden doch etliche Kinder aus finanziellen Gründen aus der Kindertagesbetreuung abgemeldet, weil zum einen die Eltern, vor allen Dingen die Mütter, gesagt haben, es lohnt sich nicht zu arbeiten für das Geld, das ich in Teilzeit verdiene, das wird von den Kindertagesbetreuungskosten aufgefressen, zum anderen diejenigen, die gar kein Einkommen haben und auf Sozialhilfe angewiesen waren oder sind, gesagt haben, es ist uns zuviel, den Mindestbeitrag zu zahlen. Und viele haben es nicht gewagt, zweimal beim Amt einen Antrag zu stellen, von 75 auf 50 DM oder sogar auf Null herunterzugehen, denn das ist eine Hürde, die nicht jede und jeder nehmen mag.
Kindertagesbetreuung ist genauso ein Bildungsangebot wie Schule, und Schule ist glücklicherweise nicht nur in
Hamburg, sondern in Deutschland ein kostenloses Angebot; deswegen muß auch die Kindertagesbetreuung kostenlos werden.
Weil Sie ja immer gerne versuchen, den REGENBOGEN irgendwelcher Sachen zu überführen, möchte ich einmal offizielle Stellen zitieren, zum Beispiel Familienministerin Bergmann, SPD. Sie hat sich einen wissenschaftlichen Beirat zugelegt, der vor drei Monaten verkündet hat, daß er der Meinung ist...
Daß REGENBOGEN gut ist, konnte er nicht sagen, denn es ist in Berlin noch nicht angekommen, aber in Hamburg würde er das feststellen, Herr Salchow, aber er hat gemerkt, daß die Forderungen, die REGENBOGEN seit langer Zeit aufstellt, gut sind, denn auch dieser Beirat fordert, daß Eltern, die ihre Kinder in eine Tagesstätte geben, finanziell nicht belastet werden, weil nämlich die Startchancengerechtigkeit für Kinder nicht gleich ist, sondern im Gegenteil viele Kinder aufgrund der finanziellen Situation ihrer Familie von Kindertagesbetreuungsangeboten ausgeschlossen sind und sie gar nicht wahrnehmen können. Deswegen sagt auch dieser Beirat, daß Kindertagesbetreuung kostenlos werden muß; insofern haben wir gute Fürsprecher.
Zur Finanzierung: Hamburg zahlt zur Zeit 565 Millionen DM für die Kindertagesbetreuung. Wir haben, um endlich einmal Größenordnungen für Hamburg zu haben, unsere Anträge durchgerechnet und kommen auf Mehrkosten von – jetzt dürfen Sie alle tief Luft holen – rund 800 Millionen DM jährlich. Ich weiß, daß viele von Ihnen jetzt sagen, das ist doch völlig absurd, das kann man nicht finanzieren. Nur, ich möchte Sie alle daran erinnern, was Sie in Hamburg und auch Ihre Parteien in Berlin verkünden. Alle sagen, wir müssen mehr für Kinder tun und wir müssen auch mehr für die benachteiligten Kinder tun. Wenn wir das wirklich tun wollen, müssen wir in Hamburg anfangen.
Ich glaube, die Zeit dafür war noch nie so günstig wie jetzt. Auf Bundesebene antwortet Frau Bergmann, SPD, auf die Frage, ob der Bund sich an der Kindertagesbetreuung finanziell beteiligen würde: „Das müssen wir prüfen.“ Frau Künast, die immer gut für gute Sprüche ist, sagt irgendwie: „Glückliche Eltern produzieren glückliche Kinder, wir müssen mehr für die Finanzen der Eltern tun.“ Vielleicht können glückliche Grüne in Hamburg, wenn sie denn glücklich sein sollten in dieser Koalition, auch etwas für glückliche Eltern tun und auch ein bißchen mehr für die Angebote, denn eines sollte mittlerweile klar sein, was auch in der Anhörung deutlich geworden ist. Es reicht nicht, den Familien über verschlungene Wege Geld zukommen zu lassen. Die Infrastruktur, die Angebote in Kitas, die Angebote im Schulbereich sind entscheidend dafür, ob sich Menschen für Kinder entscheiden, und da ist hier sehr viel zu tun.
Das, Martin Schmidt, mag in deinem Fall nicht stimmen, aber wir hatten verschiedene Experten und Expertinnen hier, die das bestätigt haben; du wirst es auch von anderer Seite hören. Deine Kinder sind vielleicht mit Mitte zwanzig etwas zu alt, aber heute ist es so, daß sich junge Frauen zum Beispiel erst dann für Kinder und für den Beruf entscheiden können, wenn sie die Möglichkeit haben, einen Kindertagesbetreuungsplatz zu haben.
Es gibt viele Möglichkeiten, dieses Geld mit Hamburger und Berliner Hilfe aufzubringen, aber Sie müssen irgendwann Farbe bekennen. Sie können heute das erste Mal Farbe bekennen und mit uns diesen Antrag beschließen, der den Senat auffordert, im Rahmen der Haushaltsberatungen ein Konzept mit diesen Eckpunkten zu entwickeln, um innerhalb der nächsten vier Jahre eine Kindertagesbetreuung in Hamburg zu ermöglichen, die bedarfsgerecht ist, die qualitätsvoll ist und die vor allen Dingen kostenlos und damit sozial gerecht ist.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Sudmann, Sie haben recht, daß man in der Familienpolitik Farbe bekennen muß, und die richtungweisende Farbe in dieser Frage ist rotgrün.
Wenn irgend etwas Wahlkampf im Zusammenhang mit der Familienpolitik gewesen ist, dann ist es Ihr Antrag, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muß. Wir kommen nachher zu den Ansätzen der CDU, aber zunächst einmal zu Ihrem Antrag.
Sie gehen hin und sagen richtigerweise, Familienpolitik habe eine zentrale Bedeutung in dieser Gesellschaft. Da stimmen wir überein, d’accord.
Wir sagen, im Rahmen der Familienpolitik ist die Frage der Kindertagesbetreuung von zentraler Bedeutung in diesem Bereich, da sind wir d’accord. Aber dann verfallen Sie in alte vergangene Zeiten, indem Sie unseriös handeln. Sie gehen hin und fordern 800 Millionen DM für einen Bereich und reihen sich damit sozusagen ohne Not in Edmund Stoibers familienpolitisches Paket von 60 Milliarden DM ein, von Angela Merkel gar nicht zu reden, und sagen dann, das können wir auch noch finanzieren, indem wir im ersten Jahr darauf verzichten, den A 380 zu bauen, im zweiten Jahr darauf verzichten, die Messe zu bauen, und im dritten Jahr fangen wir an, die Gewerbesteuer zu erhöhen.
Kollege Böwer, können Sie mir einfach einmal die Summe nennen, die Hamburg allein in diesem Jahr durch die Steuerreform der rotgrünen Bundesregierung verliert? Wie hoch ist denn die Zahl?
(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke: Dann haben Sie ungefähr 500 Millionen DM ver- gessen, Herr Böwer!)
Aber bleiben wir bei Ihrem Antrag. Sie fordern in diesem Bereich 800 Millionen DM, und was Sie als Finanzierungsvorschlag vorschlagen, hat mit dem Prinzip von Nachhaltigkeit überhaupt nichts zu tun, denn auf Dauer führt dieses in einen Bereich von Verschuldung und heißt im Grunde genommen, die Kosten der heutigen Kindertagesbetreuung in 30 Jahren auf die gleichen Kinder zu verlagern, die dann die entsprechenden Zinsen zahlen müssen.
Kommen wir zur derzeitigen Situation in Hamburg. Wir haben erstens in den letzten Jahren 20 000 zusätzliche Kindertagesplätze geschaffen. Das ist nicht wenig, das war ein Riesenaufbauprogramm. Zweitens darf man im Zusammenhang mit der Kindertagesbetreuung auch die Verläßliche Halbtagsgrundschule nicht vergessen. Sie haben eine EU-Empfehlung zitiert, die sich willkürlicherweise nur auf den Bereich der Null- bis Fünfjährigen bezieht und den Bereich der Grundschulkinder völlig außen vor läßt.
Diese EU-Empfehlung sagt auch, wir brauchen im Bereich der Null- bis Dreijährigen eine fünfzehnprozentige Krippenversorgung. Das ist uns Sozialdemokraten in der Tat zu wenig, denn Ihrem Konzept stellen wir ein solide durchfinanziertes Konzept gegenüber, das wir die Hamburger Garantie im Zusammenhang mit der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nennen. Wir werden an diese Stelle ab 2002 ein Ausbauprogramm in Höhe von 150 Millionen DM setzen, das ist schon sehr ehrgeizig in diesem Bereich. Kinder, deren Eltern berufstätig sind, haben dann einen Anspruch auf Kinderbetreuung, egal ob das Kind nun acht Monate oder zwölf Jahre alt ist.
Der zweite Bereich, den ich an dieser Stelle nicht vergessen möchte, ist der Ausbau der Ganztagsschulen. Beides gehört zusammen, und beides will in dem Punkt verschränkt sein. So weit zu REGENBOGEN.
Die rechte Seite dieses Hauses bezieht in der Familienpolitik gar keine Position. Es ist eine völlige Mogelpackung, denn in der Frage der Standards, die Sie auch im REGENBOGEN-Antrag angepackt haben, sagt die CDU, die überzogenen Standards im Bereich der Kindertagesbetreuung müßten herabgesetzt werden. Von daher würde mich schon interessieren, welches die überzogenen Standards in diesem Bereich sind.
Zweitens ist überall dort, wo die CDU Regierungsverantwortung trägt, die Versorgungsquote miserabel: Bayern 1 Prozent beziehungsweise 3 Prozent für Krippe und Hort, Hessen 1 Prozent beziehungsweise 4,9 Prozent und so weiter und so fort.