Auch wenn wir hier die Senatsmitteilung debattieren und nicht die Änderung des SOG, kann ich trotzdem nicht umhin, noch einmal zu betonen, wie widerwärtig ich es finde, die Gesetzesänderung bezüglich des Wegweisungsrechtes mit der Einrichtung einer Beschwerdeinstanz bei der Ingewahrsamnahme zur präventiven Gefahrenabwehr zu verknüpfen. Die offensive richterliche Beeinflussung in Richtung repressiver Rechtsprechung ist höchst undemokratisch und die Verquickung der Gesetzesänderungen miteinander höchst unmoralisch. Das ist leider sehr bedauerlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über eine Drucksache, die sich mit häuslicher Gewalt beschäftigt. Ich glaube, es ist in dieser Diskussion ganz wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß es nicht die Häuser und Wohnungen sind, die die Gewalt ausüben, sondern Menschen, und zwar meistens Männer, die Frauen und Kinder prügeln. Deshalb ist es wichtig, daß sich Parlament und Landesregierung mit den Möglichkeiten auseinandersetzen, die man hat, etwas dagegen zu unternehmen.
Ich finde, daß die Drucksache auch eine ganze Reihe von Erkenntnissen erzielt hat, die hier wiedergegeben und in der Debatte bereits besprochen wurden; deshalb will ich es nicht wiederholen. Es ist aber auch wichtig zu sagen, daß die Erkenntnisse, die dabei erzielt wurden, bereits zu Umsetzungsschritten geführt haben, wenn es etwa darum geht, daß Strafanzeigen geschrieben werden, die zwar statistische Folgen haben, aber vor allem auch deutlich machen, daß hier etwas geschieht, was von der Gesellschaft nicht hingenommen werden kann. Es ist wichtig, wenn daraus eine Konsequenz erfolgt ist, die zu einer Gesetzesänderung führt, wie etwa beim SOG und der Verweisungsmöglichkeit, die bereits besprochen worden ist.
Ferner ist es wichtig, daß sich die Erkenntnisse in eine bundesweite Aktivität einbetten, nämlich in das Gewaltschutzgesetz, das der Deutsche Bundestag zu befassen und abschließend zu beraten hat. Das führt dazu, daß wir ein Gesamtkonzept haben, das Männergewalt in Häusern und Wohnungen verändern kann. Das ist das, was mir wichtig ist.
Es ist sicher sehr oft so gewesen, daß man die Wirkung von Gesetzen, auch von solchen, die abschreckend wirken sollen, unterschätzt hat. Es ist natürlich ein bedenklicher Vorgang, wenn Dinge, die zu Hause stattfinden, für privat gehalten werden und nicht für den Gegenstand öffentlicher Maßnahmen und öffentlichen Interesses. Darum ist es auch nicht nur eine sprachliche Analogie, zu sagen: Es ist richtig, daß die Staatsanwaltschaft mit zunehmendem Maße öffentliches Interesse annimmt und von sich aus verfolgend tätig wird, weil es in der Tat nicht hingenommen werden kann, was in den Wohnungen und Häusern geschieht.
Wir sind als Gesellschaft dafür verantwortlich, daß wir normverdeutlichend tätig sind. Wir zeigen mit den Dingen, die gesetzgeberisch unternommen werden, daß wir dieses Verhalten für ganz falsch halten, für eines, das die Gesellschaft ächtet. Wir wollen auch die Grundauffassung, die Moral der Gesellschaft verändern. Dies hier ist keine Privatsache, sondern eine Angelegenheit des Staates, des Rechts und der Ordnung. Wenn man so will, gelten Law and order auch in diesem Bereich. Ich finde es wichtig, daß wir das mit den Maßnahmen, die hier erfolgt sind, voranbringen.
Was mir auch wichtig wäre, ist – das soll die Schlußbemerkung sein –, daß auch alle die Sache tatsächlich wichtig nehmen. Da gibt es einige Zweifel. Ich will sagen, daß ich es durchaus als bedrückend empfunden habe, bei einigen Nachfragen mokierend zur Kenntnis zu nehmen, daß es wahrscheinlich nicht ganz geschickt gewesen sei, daß die Polizei nun mehr Anzeigen schriebe, weil man das später wieder registrieren kann. Das drückt aus, daß man noch nicht das richtige Verhältnis zum Thema hat. Das gleiche gilt, wenn einem mit leicht zitterndem Lächeln gesagt wird, ob es wohl richtig sei, sich jetzt mit solchen Themen zu beschäftigen, oder das interessiere ja niemanden, wie es hier im Hause von einem bedeutenden Politiker gesagt wurde. Das sind Dinge, die nicht gehen.
Wenn uns hier, wie auch in der gesamten Gesellschaft, die Gewalt, die in den Wohnungen und Häusern geschieht,
genauso aufregt wie alle andere schreckliche Gewalt in unserer Gesellschaft, dann sind wir erst da angelangt, wo wir hinkommen wollen. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich zunächst über den Überweisungsantrag abstimmen. Wer stimmt der Überweisung der Drucksache 16/6048 federführend an den Innenausschuß und mitberatend an den Gleichstellungsausschuß zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 57 auf, Drucksache 16/6120, Antrag der CDU-Fraktion zum Thema: Bessere Berücksichtigung mittelständischer Unternehmen bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Unternehmen.
[Antrag der Fraktion der CDU: Bessere Berücksichtigung mittelständischer Unternehmen bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Unternehmen – Drucksache 16/6120 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mittelstand und Handwerk sind das Rückgrat der hamburgischen Wirtschaft. Sie stellen die meisten Unternehmen und Arbeitsplätze, sie haben den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen und stellen immerhin die Hälfte der Bruttoinvestitionen.
Die Stadt Hamburg begeht leider den Fehler, diese wichtigen Bereiche der Wirtschaft nicht immer adäquat zu behandeln, und zwar in zwei wesentlichen Bereichen. Erstens: Die Stadt Hamburg gründet immer mehr staatliche Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen – mittlerweile 400 –; in den letzten zehn Jahren haben sich diese Beteiligungen glatt verdoppelt. Die Verlustbringer dieser Staatsunternehmen belasten insgesamt mit einem dreistelligen Millionenbetrag den Haushalt massiv. Öffentliche Unternehmen machen ohne eigenes Risiko, unter dem Schutz der Stadt, der Privatwirtschaft, die dieses Privileg nicht hat, Konkurrenz.
Zweitens: Im Hamburger Handwerk häufen sich in letzter Zeit die Klagen über unkorrekte oder unterbliebene Vergaben öffentlicher Aufträge. Privatwirtschaftliche Betriebe geraten aber in Gefahr, wenn seitens der hamburgischen Verwaltung oder der öffentlichen Unternehmen eine mittelstandsfeindliche Vergabepraxis vorherrscht. Sollte die öffentliche Verwaltung gegen Regelungen des Vergaberechts verstoßen, handelt sie rechtswidrig und macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.
Wenn allerdings öffentliche Unternehmen, die in Hamburg einen immer größeren Umfang annehmen, gegen das Vergaberecht verstoßen, bleibt dies rechtlich ohne Folgen. Hier ist eine Grauzone entstanden, die auch zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit bei vielen Betrieben in Hamburg geführt hat. Hier wollen wir mit unserem Antrag ansetzen.
Die öffentlichen Unternehmen sind gemäß ihrem öffentlichen Auftrag gefordert, bei Auftragsvergaben mittelständische Belange angemessen zu berücksichtigen. Das Hamburger Mittelstandsförderungsgesetz formuliert ganz klar; dort heißt es in Paragraph 15:
„Die Verdingungsunterlagen für Ausschreibungen und freihändige Vergaben sollen so gestaltet werden, daß kleine und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden.“
Da sich die Rahmenbedingungen der staatlichen Aufgabenwahrnehmung geändert haben, muß dieser Grundsatz aus unserer Sicht auch auf die öffentlichen Unternehmen der Stadt in strengerer Form zur Übertragung gebracht werden.
Worum geht es im einzelnen? Das Vergaberecht in Deutschland ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, dem sogenannten Kartellgesetz, und in den Verdingungsordnungen, VOB für Bauleistungen, VOL für sonstige Leistungen und VOF für freiberufliche Leistungen, geregelt. Ziel des Vergaberechts ist es, für ein möglichst wirtschaftliches Beschaffungswesen der öffentlichen Hand zu sorgen. Der Gesetzgeber hat in dem vergaberechtlichen Regelwerk bewußt auf eine angemessene Berücksichtigung gerade mittelständischer Unternehmen Wert gelegt. Dies aus gutem Grund, weil diese das Rückgrat der Wirtschaft bilden.
Anders als die meisten Großunternehmen sind viele mittelständische Betriebe unmittelbar auf die öffentlichen Aufträge angewiesen. Die Nichtbeachtung oder die Verletzung von Regelwerken kann schnell zum Ruin der Betriebe führen. Der Weg, viele kleine oder mittlere Betriebe auch an größeren Auftragsvolumina zu beteiligen, ist die Aufteilung von Aufträgen in Fach- und Teil-Lose. Dieses ist auch in Paragraph 97 Absatz 3 des Kartellgesetzes und in den Normen der VOB und VOL ausdrücklich vorgesehen. Eine strikte Anwendung dieser Verdingungsordnungen führt also dazu, daß sich mittelständische Betriebe um Aufträge bewerben können, die in Teil-Losen unterteilt werden müssen.
Während die öffentliche Verwaltung nach Paragraph 55 Landeshaushaltsordnung an diese Verdingungsordnung gebunden ist, gilt dies für öffentliche Unternehmen nur dann, wenn das Auftragsvolumen über den Schwellenwerten des europäischen Vergaberechts liegt. Das sind bei Bauaufträgen 5 Millionen Euro und 200 000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen.
Zwar gibt es für öffentliche Unternehmen der Stadt die Maßgabe eines Senatsbeschlusses von 1995, wonach Aufträge für Lieferungen und Leistungen grundsätzlich auch dann unter Beachtung der Verdingungsordnungen verteilt werden sollen, wenn dies nicht zwingend vorgeschrieben ist. Dieser Grundsatz wird jedoch im gleichen Beschluß wieder eingeschränkt, indem das Vergaberecht nur dann gelten soll, soweit die öffentlichen Unternehmen dieses für wirtschaftlich vertretbar halten. Genau da liegt die Crux. Den jeweiligen öffentlichen Unternehmen wird hier die zweifelhafte Freiheit gegeben, selbst zu entscheiden, ob die Anwendung des Vergaberechts aus ihrer Sicht wirtschaftlich ist oder nicht. Dabei enthält das Vergaberecht selbst doch gerade die gesetzlichen Konkretisierungen für das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Erst im Rahmen der Anwendung von Gesetz und Verdingungsordnung wird die Wirtschaftlichkeit geprüft, und zwar an Hand der dort enthaltenen Regelungen. Die Entscheidung muß also lauten: ob eine Auftragsvergabe insgesamt wirtschaftlich ist, nicht ob die Anwendung des Vergaberechts wirtschaftlich ist.
Die Frage der Anwendbarkeit des Vergaberechts darf schon gar nicht den öffentlichen Unternehmen im Einzel
fall selbst überlassen werden. Dieses führt dann wiederum genau zu der Situation, daß die Ausnahmemöglichkeit praktisch die Regel und nicht die Ausnahme bildet, also weil es angeblich nicht wirtschaftlich ist, die mittelständischen Betriebe nicht beteiligt werden. Daß aber gerade auch freihändige Vergaben, wie sie vorherrschen, ohne Ausschreibung nicht ungedingt immer zum besseren Ergebnis führen, ist längst nachgewiesen und gehört zu den Erkenntnissen der Wirtschafts-, Rechts- und Organisationswissenschaften.
Wir fordern daher in unserem Antrag, daß die öffentlichen Unternehmen verpflichtend an die Verdingungsordnungen VOB, VOL und VOF auch unterhalb der EU-Schwellenwerte gebunden sind. Wir fordern den Senat in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Staatsunternehmen auf, darauf hinzuwirken, daß die mittelstandsfördernden Grundwerte des Vergaberechts, insbesondere der Aufteilung in Teil- und Fach-Lose, in den öffentlichen Unternehmen konsequent eingehalten werden.
Mit unserem Vorschlag werden somit zwei wirtschaftspolitische Kernanliegen miteinander verbunden: Die konsequente, kostensparende und transparente Ausschreibung von Leistungen und die bessere Berücksichtigung von mittelständischen Betrieben. Damit wäre Hamburg, nach Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg, ein weiteres Bundesland, das den Anwendungsbereich der Verdingungsordnungen auf privatwirtschaftlich organisierte öffentliche Unternehmen ausdehnt. Es kommt also nicht auf die politische Couleur an, wie wir an diesen Beispielen sehen, sondern auf die Einsicht, den Mittelstand zu fördern. Mittelstandspolitik, meine Damen und Herren, ist Kern der Wirtschafts- und Finanzpolitik, denn Mittelstandspolitik ist auch immer Beschäftigungspolitik, und dafür sind nur die gefüllten Auftragsbücher der mittelständischen Betriebe relevant, und dies wollen wir fördern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute gibt es also einen erneuten Vorstoß von seiten der CDU mit der Kernforderung, bei der Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Unternehmen ohne Ausnahme die Verdingungsordnung anzuwenden. Die letzte Debatte zu diesem Thema haben wir 1999 anläßlich Ihrer Großen Anfrage geführt. Natürlich verfolgen wir auch, mit welcher Vehemenz von seiten der Handwerkskammer immer wieder die Forderung nach strikter Anwendung von VOB und VOL auch durch öffentliche Unternehmen gefordert wird.
Ja, bei uns, über Ihre Initiative. Immer wieder wird behauptet, daß sich aus Sicht des Handwerks die Vergabepraxis zu seinen Ungunsten verschlechtert hat. Senatsmitglieder, die SPD-Bürgerschaftsfraktion, unser Arbeitskreis „Wirtschaft“, der Abgeordnete Schmidt der SPDFraktion bieten immer wieder Gespräche an, damit wir anhand von konkreten Verstößen gegen das Vergaberecht