Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Mit einem Bundesergänzungsgesetz wäre das hamburgische Ausführungsgesetz überflüssig. Zur Zeit dokumentiert es vor allem eines: Die Weigerung der Ministerpräsidenten Stoiber, Teufel, Biedenkopf und Vogel zeigt, daß sie die Veränderungen der Gesellschaft gar nicht mehr wahrnehmen.

(Beifall bei Wolf-Dieter Scheurell SPD)

Das ist eigentlich unverständlich, da sich doch auch in ihren Reihen – auch an prominenter Stelle – viele Homosexuelle befinden. Der Mut eines Klaus Wowereit hätte ihnen einmal gutgetan, da sie doch schon lange einen schwulen Ministerpräsidenten haben, und zwar viel länger als jetzt die SPD ihren Ersten Bürgermeister in Berlin.

Schauen Sie einmal nach links und rechts – wenn die Abgeordneten anwesend wären – und über den Tellerrand hinaus. Es gibt genügend Schwule und Lesben in Ihrer Partei, die sich aus ihren Ecken und Nestern heraustrauen sollten.

(Hartmut Engels CDU: Aus Ecken und Nestern! Was ist denn das für eine Sprache?)

Lassen Sie mich festhalten: Die CDU, CSU und die FDP verweigern sich. Deshalb sind wir froh, daß wir einen Bürgermeister Ortwin Runde haben, der keine Berührungsängste hat, der die CSD-Parade anführt und der offensiv für die Lesben und Schwulen eintritt.

(Lachen bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Lutz Kretschmann SPD)

Das ist der Bürgermeister, den wir brauchen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Ulrich Kar- pen CDU: Damit haben Sie sich keinen Gefallen ge- tan!)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Koop.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Herr Kretschmann, ich wünschte mir, daß Sie die Wowereit-Arie hier nicht gesungen hätten. Ich halte Sie mit diesem Thema zwar verbunden, aber eines muß ich Ihnen sagen: Einer der Vorzüge unserer demokratischen Grundordnung ist, daß das Privatleben geschützt ist.

(Beifall bei der CDU und bei Andrea Franken GAL)

Was privat ist, das bestimmt jeder für sich. Das bestimme ich für mich. Ob ich mit einem Mann oder einer Frau zusammenlebe, ob ich mich einmal hier oder da tummele, das ist für niemanden interessant, außer für mich selbst.

(Beifall bei der CDU)

Was Sie mit dieser Debatte lostreten,

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Wollen wir doch mal ehrlich sein!)

ist eine Schwulenhatz. Sie wird nicht mit dem Schlagstock oder der Faust geführt, sondern mit dem Zeigefinger und dem Bleistift. Ich frage mich wirklich, ob Sie das verantworten wollen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist schon erstaunlich, in welcher Geschwindigkeit oder hastigen Art und Weise Sie die Gleichstellungsgesetze durchprügeln. Das gilt nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder. Es läßt, wie schon so oft, auf Ihre Arroganz der Macht schließen oder aber – als neue Variante –, daß Sie vielleicht Angst haben, sie zu verlieren, und deshalb müssen Sie die Gesetze so forcieren.

Ich halte es für überaus leichtfertig, was hier geschieht. Sie sagen, die Debatte sei im Gange, unsere Eckwerte und Konstanten in unserer Vorstellung und im Miteinander fangen an, zu bröckeln. Darüber müssen wir diskutieren. Wir können nicht einfach darüber hinweggehen und sagen: Alle diejenigen, die nicht meiner Meinung sind, seien hinterwäldlerisch oder zu spät gekommen.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Auf Bundesebene sind Fakten geschaffen worden, die es gilt, auf Landesebene umzusetzen. Die Ausführungsbestimmungen zum Lebenspartnerschaftsgesetz gehören in den Rechtsausschuß.

Ich will hier keine neue inhaltliche Debatte anfangen. Wir haben die Argumente ausgetauscht, Sie kennen unsere Einstellung. Darauf will ich nicht weiter eingehen. Aber ich sehe auch keinen Grund zur Hektik. Es steht immerhin noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus.

(Britta Ernst SPD: Da können Sie froh sein!)

Wenn Sie keine Möglichkeit zur Mitwirkung geben wollen, dann sehe ich es als Mißachtung des Parlaments an, so daß wir den Antrag nur ablehnen können.

(Beifall bei der CDU)

Senator Scholz bekommt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Zuruf von Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Gesetz, das wir heute zu beraten haben, ist aus meiner Sicht wichtig, weil es zu den Dingen gehört, die in der Bundesrepublik Deutschland diskutiert werden. Wir haben auf Bundesebene ein Gesetz, das die Möglichkeit der Lebenspartnerschaft geschaffen hat. Ich glaube, das ist ein wichtiger Fortschritt.

Wenn jetzt auf allen Ebenen versucht wird, dieser Sache noch auszuweichen und eine Situation herzustellen, in der man vermeiden will, was längst überfällig ist, dann handelt es sich dabei letztlich um einen großen Irrtum.

Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht länger prüft, als man es sich wünscht, dann wird es so sein, daß diese Gesetzgebung am Ende zustande kommen wird. Deshalb wünsche ich mir, daß alle den hier stattfindenden notwendigen Prozeß unterstützen. Wir legen ein Gesetz vor, das es möglich macht, daß in Hamburg die Bundesgesetze in Kraft treten können.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich will mir auch gern einen Hinweis darauf erlauben, wie absurd es ist, sich einer solchen Gesetzgebung zu verweigern. Die Bundesländer, die andere Wege beschreiten und zum Beispiel nicht das Standesamt für die Eintragung verantwortlich machen wollen, werden sich grausige Wirklichkeiten und teure Bürokratien organisieren, weil sie einem ideologischen Vorbehalt Rechnung tragen wollen. Dann muß möglicherweise das Handelsregister Auskünfte beim Standesamt einholen, weil Auskünfte erforderlich bleiben. Denn es ist weiterhin nicht zulässig, mehrere Ehen einzugehen und auch eine Ehe und eine Lebenspartnerschaft miteinander zu kombinieren.

In Bayern fragt dann das Handelsregister beim Standesamt an, ob etwa eine solche Gefahr existiert.

(Unruhe im Hause – Glocke)

So etwas zu vermeiden...

Herr Senator, wenn ich klingele, bitte ich, daß auch Sie Ihr Wort unterbrechen.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dem Senator lauschen und ansonsten Ihre Gespräche zumindest leise führen würden.

Vielen Dank für die Unterstützung. Ich hatte aber den Eindruck, daß es leise war.

Meine Damen und Herren! Es besteht also eine Situation, in der in Bayern aus ideologischen Gründen Handelsregister und andere zuständige Institutionen Auskünfte beim Standesamt einholen müssen, um die notwendige Ordnung zu organisieren.

Ich glaube, das offene Hamburg sollte sich so etwas ersparen. Dazu dient das Gesetz. Es ist gut, wenn es schnell beschlossen werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen dann zunächst zur Abstimmung über den Antrag der GAL- und der SPD-Fraktion aus

(Lutz Kretschmann SPD)

A C

B D

der Drucksache 16/6294. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses mehrheitlich so beschlossen.

Wer stimmt einer Überweisung des Senatsantrags, Drucksache 16/6145, federführend an den Rechtsausschuß und mitberatend an den Gleichstellungsausschuß zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses so abgelehnt.

Ich lasse dann über den Senatsantrag abstimmen. Wer möchte das Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses mehrheitlich so beschlossen.