Protocol of the Session on July 11, 2001

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Sie sagen, es sind so viele geworden und das ist per se etwas Schlechtes. Sie müssen doch sehen, wie sich die Organisation der Verwaltung des öffentlichen Sektors über den Hamburger Tellerrand hinaus weiterentwickelt hat und welche Noten Hamburg für Ausgliederungen bekommt.

(Dr. Michael Freytag CDU: Von der Bremer Univer- sität!)

Das können Sie doch nicht weglassen und sagen, das wird immer mehr. Sie behaupten ja sogar, das sei eine Ausbreitung des staatlichen Sektors.

(Barbara Ahrons CDU: Ist es ja auch!)

Das ist falsch. Das ist in der Regel Ausgliederung. Öffentliche Aufgaben werden in einer anderen Organisationsform wahrgenommen. Das müßte doch eigentlich im Sinne von Effizienzsteigerung auch in Ihrem Interesse liegen.

(Beifall bei der GAL)

Deswegen möchte ich noch einmal einen Punkt sagen, der wichtig ist. Die Hamburger öffentlichen Unternehmen haben durch das Konsolidierungsprogramm, das wir von 1997 bis 2001 gemacht und auch schon vorher begonnen haben, mit den 300 Millionen DM Einsparungen jährlich einen immens großen Teil bis zu einem Drittel in den Sonderbereichen erbracht. Das heißt, dort wurden Einsparungen durch Effizienzsteigerungen erbracht, und dadurch mußten wir diese Einsparungen nicht in anderen Bereichen erbringen, die insgesamt gesehen auch Förderungen ermöglichen, die dem Bürger zugute kommen. Sie müssen das anerkennen, welche Konsolidierungsleistung auch in diesem Sektor steckt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann möchte ich Sie auffordern, sich Ihren Satz zu überlegen, wir kümmerten uns nur um die Daseinsvorsorge für die Bürger. Ich muß Ihnen einmal ein bißchen polemisch sagen: Das ist wirklich ein dickes Ding, daß Sie da „nur“ sagen, nur über die TexiG zu reden. Das ist schon ein etwas anderer Maßstab. Das ist angreifbar, auch wenn ich sonst für Einzelfälle etwas übrig habe, aber daß Sie die TexiG hier zum Inhalt Ihrer Rede machen und die Daseinsvorsorge für die Bürger hinten anstehen lassen wollen, das ist politisch wirklich ziemlich lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte gerne, daß ein Redner aus Ihrer Partei einmal dazu Stellung nimmt, daß Sie immer wieder behaupten, Private seien besser – und wir gucken ja gerne über den Tellerrand hinaus –, Sie aber noch nichts dazu gesagt haben, daß das größte innenpolitische Problem – Innenpolitik, ein Thema, das so wichtig für Sie ist – für London dort der öffentliche Nahverkehr ist. Und wissen Sie warum? Weil die nicht gescheit investieren. Die öffentlichen Unternehmen in Hamburg haben ein Investitionsvolumen, das enorm ist. Auch das wissen Sie, daß das richtig ist. Also nehmen Sie bitte einmal Stellung dazu, warum und wie Private gerade bei solchen großen öffentlichen Aufgaben – wir reden jetzt nicht von den kleinen – für die Sicherheit, für die ökologische Verantwortung und auch für die Belastungen der Bürger besser sind. Wieder Fehlanzeige.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir hat sich noch nicht ganz erschlossen, was an dieser Debatte so aktuell ist,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Die ist grundsätzlich ak- tuell!)

um das zur Aktuellen Stunde anzumelden, aber wir hoffen, daß wir die nächste Debatte trotzdem noch bekommen werden.

Zwei wichtige Anmerkungen dazu. Erstens: Frau Ahrons, Sie irren sich – und das sollte man auch nicht falsch darstellen –: Der öffentliche Bereich in dieser Stadt wird eher kleiner. Mehr und mehr ist privatisiert worden. Auch wenn man mehr Unternehmen hat, ist aber insgesamt der öffentliche Bereich, und zwar sowohl öffentliche Unternehmen wie Behörden, kleiner geworden. Das hat auch etliche Probleme mit sich gebracht.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das ist neu jetzt!)

Dementsprechend sollte das dabei berücksichtigt werden.

Zweitens: Wir beanspruchen aber, daß ein öffentlicher Sektor gewisse Standards einhält. Da stimme ich mit der Handwerkskammer überein, daß es notwendig ist, dort nach VOL und VOB auszuschreiben, das heißt Standards auch einzuhalten. Ich verstehe nicht, warum das in dieser Stadt nicht geschieht. Genauso ist es notwendig, dort vernünftige Tarife zu garantieren. Einer der wichtigen Vorteile, die Sie eben genannt haben, sind die Billigtarife, die gerade in öffentlichen Unternehmen in der letzten Zeit Mode geworden sind aufgrund dessen, daß es dort auch so günstig geworden ist. Das sollte aus sozialen Gründen doch auch ein wichtiger Standard sein, daß das im öffentlichen Bereich keinen Platz hat und daß dafür der öffentliche Bereich auch erhalten werden soll.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Eine dritte Anmerkung dazu. Ich hoffe, daß alles, was die Sozialdemokraten hier aufgezählt haben und so kräftig verteidigen wollen, auch in der nächsten Legislatur noch Bestand hat. Wir haben die Erfahrung aus Berlin, daß sie dort Hunderttausende von Wohnungen verkauft haben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Aber hier ist Hamburg!)

Das ist auch Ihre Sozialdemokratische Partei, und wir wollen mal nach draußen gucken. Wir wissen, wie das ist mit

(Barbara Ahrons CDU)

A C

B D

Ihren Tabus. Da kommt plötzlich ein Scholz um die Ecke, und alle bisherigen Prinzipien werden über den Haufen geschmissen, und ich hoffe, daß das in diesem Fall nicht so sein wird.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Dr. Roland Salchow CDU: Das ist wahr!)

Das Wort hat Senator Wagner.

(Rolf Kruse CDU: Was wollen Sie denn da?)

Das werden Sie gleich hören, Herr Kruse.

Frau Präsidentin, ich bitte um Verständnis. Vielleicht werde ich meine Redezeit etwas überziehen, aber vielleicht auch nicht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der SPD-Fraktion außerordentlich dankbar, daß sie dieses Thema zur heutigen Aktuellen Stunde angemeldet hat, weil es nämlich für Klarheit sorgt. Die CDU hat – vor allen Dingen durch Ihren Fraktionsvorsitzenden – in der Öffentlichkeit bekundet, daß sie alle öffentlichen Unternehmen nach und nach verkaufen will, versilbern will.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das hat keiner gesagt!)

Das hat er gesagt. Gucken Sie doch mal nach. „Bild“-Zeitung vom 8. Juni:

„Was Ole von Beust nach der Wahl ändern will: Die 400 Staatsbetriebe werden nach und nach privatisiert.“

(Frank-Thorsten Schira CDU: Da sind Sie nicht mehr da!)

In der „Bild“-Zeitung vom 25. Juni hat er das gleiche gesagt, nur mit mehr Worten. Das nimmt ein bißchen mehr Platz ein.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Mehlfeldt CDU: Lesen Sie doch einmal, was die Handelskammer dazu sagt!)

Meine Damen und Herren! Das ist der Sachverhalt. Ich finde, es ist die Pflicht, zum jetzigen Zeitpunkt darauf hinzuweisen, weil wir uns nämlich vor Augen führen müssen, was das für diese Stadt und unsere Bürger bedeutet.

(Beifall bei der SPD)

Hier soll aus Gründen, die nicht nachvollziehbar sind, das Sozialkapital dieser Stadt verschleudert werden. Das ist die Sachlage. Wenn ich an die beiden großen Wohnungsgesellschaften SAGA und GWG denke, die – ohne dem Staat zur Last zu fallen – Mieten bieten, wovon Private sogar träumen, um das einmal mit aller Deutlichkeit zu sagen, und Wohnungen in einer Qualität anbieten, die sich auch sehen lassen kann, und Sie das den Leuten vor die Füße werfen und verschleudern wollen, dann muß ich Ihnen dazu folgendes sagen: Meine Damen und Herren, es kommt mir so vor, als würde sich die CDU von einer Partei in eine Piraterie verwandeln wollen, und der Piratenhäuptling heißt Ole von Beust, um das einmal mit aller Klarheit zu sagen. Das ist die Sachlage.

(Beifall bei der SPD – Dr. Roland Salchow CDU: Von den Augen her würde das zu Frau Sager heute bes- ser passen!)

Allein die Überlegung, die Stadtentwässerung oder die Stadtreinigung Privaten zu überführen, in welche Abhän

gigkeit wollen Sie denn diese Bürger bringen? Oder wenn ich mir überlege – was hier schon gesagt worden ist –, daß die Wasserwerke auch privatisiert werden sollen. Wenn ich das richtig weiß, ist Wasser ein Lebensbestandteil, ohne den wir schlecht auskommen können.

Der Punkt ist, daß die öffentlichen Unternehmen in dieser Freien und Hansestadt eines erreicht haben: Sie arbeiten effektiv und für das Gemeinwohl dieser Stadt. Egal, was ich nehme, ob es die Wohnungsbaugesellschaften sind, ob es die Stadtreinigung, die Stadtentwässerung sind, die in Betriebsformen überführt worden sind, indem sie nämlich beide Zwecke erfüllen, nämlich einmal arbeiten sie effektiv, betriebswirtschaftlich vernünftig, und darüber hinaus sorgen sie für das Wohl der Bürger. Wenn ich mir andere Bereiche ansehe, sagen Sie mir einen Bereich, wo ein öffentlicher Betrieb einen privaten Betrieb kaputtgemacht hat. Das ist doch Unsinn. Alleine, wenn ich über diese Wäschereiarie nachdenke. Welche private Wäscherei gibt es denn in Hamburg? Welche denn? Ich habe gehört, daß der Herr Wulf in Mecklenburg-Vorpommern waschen läßt. Das ist doch Unsinn, was Sie da erzählen, und so ist das mit allen Dingen. Deswegen ist das mit dem Verkauf von städtischen Unternehmen an Private ein solch wunderbares Beispiel, um die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, in welches Risiko sich diese Stadt begibt, wenn sie die Verantwortung in Ihre Hände legt, um das einmal mit aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Aber wir haben noch einen weiteren Punkt. Es wird vom Mittelstand beklagt – und Sie sind ja vom Mittelstand, wenn ich das richtig weiß –, daß im Moment das Baugewerbe große Schwierigkeiten hat. Das stimmt. Nun sage ich Ihnen einmal, daß die Stadt selber und auch wir von den städtischen Betrieben – gerade in meinem Ressort – sich anschicken, die Aufträge nach VOB und VOL, also auch mit Tariftreueerklärungen, zu vergeben. Nun stellen Sie sich einmal vor, verehrteste Herren von der CDU,

(Ole von Beust CDU: Damen auch!)