Protocol of the Session on July 11, 2001

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die Sie sich das Handwerk und den Mittelstand auf Ihre Fahnen geschrieben haben, wir würden diese Unternehmen verkaufen, dann ist das nichts mehr mit VOL und VOB und Tariftreueerklärungen, sondern dann ist das so, wie es bei den privaten Auftraggebern heute schon ist – sie haben das Nachsehen. Und das kommt mit uns überhaupt nicht in Frage, damit Sie das einmal gehört haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren! Hamburg hat es immer wieder verstanden, sowohl mit den Privaten als auch mit den städtischen Unternehmen vernünftig zu kooperieren. Ich kenne keine Geschäftsbeziehung, wo das nicht der Fall ist. Ausnahmen mag es vielleicht geben, aber die sind mir nicht bekannt. Ich sage Ihnen dazu: Diese städtischen Unternehmen müssen städtisch bleiben. Es kann doch wohl nicht sein, daß wir mit großem Aufwand vor ungefähr zehn oder zwölf Jahren die Neue-Heimat-Wohnungen übernommen haben, um sie jetzt Privaten anzubieten. Wir haben sie damals übernommen, um den Mietern Sicherheit zu bieten, und das muß so bleiben, meine Damen und Herren. Das darf nicht in Frage gestellt werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das gilt genauso für die Bürger, die auf den ÖPNV angewiesen sind. Das bedeutet auch, daß die Bürger sich darauf verlassen können, daß zum Beispiel der Müll richtig

(Anja Hajduk GAL)

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entsorgt wird, daß die Stadtentwässerung vorgesehen wird

(Ole von Beust CDU: Und die Bäckereien verstaat- lichen, damit das Brot sicher ist!)

und daß sauberes und gesundes Wasser angeliefert wird, Herr von Beust.

Diese Piraterie – das rufe ich den Bürgern draußen zu – darf hier in Hamburg nicht stattfinden, und der Piratenhäuptling soll das bleiben, was er ist – Oppositionsführer. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man Sie so reden hört, meine Damen und Herren von der SPD,

(Dr. Holger Christier SPD: Kann man neidisch wer- den! – Barbara Duden SPD: Nichts begriffen!)

dann müssen Sie jetzt mit Feuer und Flamme fordern, daß der Lebensmittelhandel verstaatlicht wird. Nur so kann die Bevölkerung vor dem Verhungern bewahrt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, es ist wirklich ein starkes Stück, Herr Senator, was Sie sich hier leisten.

Der Senat hat von 1992 bis 2000 städtisches Tafelsilber im Volumen von 8 Milliarden DM verkauft. Das prominenteste ist das von der HEW, an der die Stadt früher mit 71 Prozent beteiligt war, jetzt noch mit 25 Prozent beteiligt ist. Sie haben staatliches Tafelsilber verkauft, auch Unternehmensanteile, aus denen anschließend weniger Gewinne in den Haushalt fließen. Aber wenn die CDU so etwas vorschlägt, dann ist das Piraterie, wenn Sie das tun, ist es gut für die kleinen Leute. Das ist lächerlich und unredlich, was Sie hier machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte eines klar sagen: Es ist falsch, wenn hier behauptet wird, wir würden sagen, Privat ist immer besser, Staat ist immer schlecht.

(Ingrid Cords SPD: Ist aber gesagt worden!)

Niemand sagt das. Ich kann hier ganz klar sagen, daß es sehr viele gute Mitarbeiter in den öffentlichen Unternehmen gibt und wir froh sein können, daß wir sie haben.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich gibt es auch gute öffentliche Unternehmen in dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben auch nicht gesagt, daß wir verramschen wollen und daß alle Unternehmen sofort verkauft werden sollen, sondern wir wollen überlegen, mit dem städtischen Tafelsilber noch Besseres machen zu können, weil es dem Haushalt schlechtgeht. Wir wollen mit dem Kapital der Stadt Umschichtungen vornehmen. Hamburg muß nicht einen Mehrheitsanteil am Flughafen haben, Hamburg muß nicht einen Mehrheitsanteil an einer staatlichen Bank haben.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wer hat denn damit ange- fangen!)

Glauben Sie im Ernst, ein privater Investor beim Flughafen würde anschließend den Flughafen dichtmachen? Glauben Sie im Ernst, der Hafen würde zugeschüttet werden, wenn wir Anteile der HHLA verkaufen würden? Glauben Sie im Ernst, die Alster würde zugeschüttet werden, wenn wir die Alster-Touristik verkaufen würden? Das ist Unsinn. Das wissen Sie auch genau. Wir wollen aber Geld akquirieren, um mit diesem Geld für diesen Haushalt etwas zu tun, nämlich für die schwachen Menschen dieser Stadt. Die brauchen mehr Polizei und mehr Innere Sicherheit, und die wollen wir finanzieren.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde es wirklich absurd, wenn von Ihnen diese Schwarzweiß-Positionen aufgestellt werden. Wir haben gesagt, daß wir eine ganz differenzierte Politik machen. Nichts wird verramscht, nichts wird verschleudert, sondern es wird sehr systematisch überlegt, was staatlich bleiben muß. Und wenn etwas staatlich bleiben muß, dann wird gefragt, mit welchem Anteil, in welcher Höhe, zu wieviel Prozent. Nur wenn wir uns ganz trennen wollen, können auch Komplettverkäufe in Frage kommen. Mit den Mehrerlösen würden wir zum einen Teil die Staatsverschuldung zurückschrauben, um mit den Zinsersparnissen effektive Spielräume für den Haushalt zu gewinnen und für die Menschen etwas zu tun, auch für die Verkehrsinfrastruktur, auch für die Bildung. Für die Zukunftsbereiche wollen wir den Bürgern keine Sparmaßnahmen aufzwingen, sondern aktive Gestaltung anbieten. Das können wir nur machen, indem wir den Haushalt umschichten. Wir wollen, daß die öffentlichen Unternehmen entflochten werden, und wir wollen vor allen Dingen, Herr Bausenator, daß sich nicht der SAGA-Aufsichtsratsvorsitzende hier hinstellt und Reden in eigener Sache hält. Wir wollen auch den Postenverschiebebahnhof in öffentlichen Unternehmen beenden.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, wir werden es so praktizieren wie andere Bundesländer, übrigens auch Bremen und Berlin, wo sozialdemokratische Senatoren beispielsweise im Abwasser- und Wasserbereich mitbeschlossen haben, daß dort 49 Prozent Staatsanteile verkauft werden. Ich wiederhole: In Bremen ist der Abwasserbereich zu 49 Prozent verkauft worden. In Berlin Wasser und Abwasser zu 49 Prozent mit sozialdemokratischer Zustimmung. Dort ist es richtig, hier soll es falsch sein. Das ist unredlich, meine Damen und Herren. Wir werden das tun, was andere Bundesländer mit Erfolg praktizieren.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Zuckerer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, Sie haben eigentlich aus einem Gesetz zitiert. Die Grundlage eines öffentlichen Unternehmens ist ein staatliches Interesse oder/und die Tatsache, daß eine Aufgabe nicht anders, besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Das ist die Grundlage, und sie ist gesetzlich festgelegt.

Wenn Sie hier behaupten, daß gegen diese Grundsätze verstoßen wird, behaupten Sie, daß der Senat gegen die Landeshaushaltsordnung verstößt, dann müssen Sie es belegen, Frau Ahrons.

(Beifall bei der SPD)

(Senator Eugen Wagner)

Wir können uns darüber streiten, was ein öffentliches Interesse ist. Darüber bin ich gerne bereit, mit Herrn Dr. Freytag zu streiten. Also, wo liegt der Unterschied? Sie wollen die HHLA verkaufen, und wir sagen, daß wir sie als Instrument der Hafenpolitik weiter benötigen. Darüber kann man streiten, Herr Dr. Freytag, man kann uns aber nicht vorwerfen, daß wir ein öffentliches Interesse sehen, und bisher haben Sie nichts belegt. Sie haben eine Polemik gefahren, daß der Hamburger Hafen nicht zugeschüttet wird, wenn die HHLA nicht mehr da ist. Sie haben keinen Beweis geführt, daß dieses Unternehmen nicht strategisch für Hamburger Hafenpolitik eingesetzt werden kann.

(Zuruf von Dr. Michael Freytag CDU)

Ach, Sie wollen sie nur noch teilweise verkaufen?

(Zuruf von Dr. Michael Freytag CDU)

Ich differenziere sehr wohl.

Wir kommen zu Ihrem nächsten Beispiel, zum Flughafen. Wir haben nur noch einen Teil des Flughafens. Ist Ihnen nicht die Diskussion in der ganzen Republik über die Verteilung von Flughäfen bekannt? Ist Ihnen das strategische Interesse, daß wir einen Flughafen halten müssen und nicht von Frankfurt abhängig sein dürfen, nicht gegenwärtig? Ist es also falsch, wenn wir einen Flughafen unterhalten, oder ist es richtig?