Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

Viertens: Entgegen ersten Befürchtungen werden die Hochschulen nicht zur Allmacht der Präsidentinnen und Präsidenten führen. Auch der Hochschulsenat wird ein eigenes Vorschlagsrecht für die Vizepräsidenten erhalten. In ersten Entwürfen hatte man fast noch den Verdacht, daß Hochschulpräsidenten künftig mehr Macht als der Senatspräsident haben sollten. So wird es nicht sein.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das ist auch in Ord- nung!)

Es wird künftig ein Gleichgewicht der Kräfte an den Hochschulen geben, ohne daß Handlungsunfähigkeit zu befürchten ist.

Fünftens: In Hamburg werden künftig Studiengebühren an staatlichen Hochschulen verboten sein. Das gilt im übrigen nicht nur für das grundständige Studium, sondern auch für das Promotionsstudium. Eine so weit reichende Regelung gibt es in keinem anderen Bundesland.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Die wird auch nicht sehr lange halten!)

Sechstens: Die Internationalisierung der Hamburger Hochschulen wird konsequent fortgesetzt. Durch die vereinfachte Anrechnung anderswo erworbener Studienleistungen wird es für die Studierenden sehr viel leichter als bisher sein, einen Teil des Studiums im Ausland zu verbringen und diese Studienleistungen dann auch hier in Hamburg anerkannt zu bekommen. Das gilt natürlich entsprechend auch für ausländische Studierende, die nach Hamburg kommen und ihre Studienzeiten, die sie zuvor im Ausland absolviert haben, anerkannt bekommen möchten.

Siebtens: Die Frauenförderung hat ein noch stärkeres Gewicht bekommen als bisher. Gerade bei dem anstehenden Generationswechsel muß an den Hochschulen dann aber auch die Chance genutzt werden, den Frauenanteil an den Professuren auf ein überall vorzeigbares Maß zu erhöhen.

Achtens: Ombudsleute für Studierende werden künftig bei Beschwerden in Prüfungsfragen zuständig sein. Das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt. Wir hatten hier bereits einmal die Debatte über Scheinprüfungen, die es am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften gegeben hat.

Abschließend bleibt die Frage, warum die CDU dieses schöne Gesetz nachher vermutlich ablehnen will. Das Hamburger Hochschulgesetz ist die Anpassung an das Hochschulrahmengesetz, das übrigens noch unter der Kohl-Regierung in Bonn beschlossen wurde. Demnach müßte die CDU doch das Ganze unterstützen. Aber weit gefehlt. Die CDU hat in ihrem Änderungsantrag im Ausschuß begehrt, die Gültigkeit des Gesetzes auf das Ende des Jahres 2006 zu befristen. Verstanden habe ich das nicht, ehrlich gesagt. Auch wenn in Hamburg manchmal öfter gewählt wird, ist das Jahr 2006 dabei aus heutiger Sicht nicht zwingend. Bleibt also die Bundespolitik, dann

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

wird es ein wenig klarer, denn es wird im Jahr 2002 und dann wieder 2006 gewählt. Da die Union für 2002 keinen Kanzlerkandidaten findet, wird sie davon ausgehen, daß es 2006 die Möglichkeit gibt, in Berlin das Hochschulrahmengesetz abzuschaffen.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Sehr hoch aufgehängt, Herr Marx!)

Ich bitte Sie daher, dem Gesetzentwurf und den Änderungen des Wissenschafts- und Forschungsausschusses zuzustimmen.

Abschließend möchte ich aber noch auf einen Punkt hinweisen, den Ihnen Herr Salchow sicher gleich beleuchten will. Im Änderungsantrag der CDU wird erwähnt, daß Hochschulräte eingeführt werden sollen. Das, was die CDU dort vorschlägt, ist letztlich nichts anderes als Etikettenschwindel. Anderswo haben Hochschulräte die Funktionen, wie es künftig das Kuratorium beim UKE haben wird. Die Hochschulräte der CDU sind eben jene Hochschulbeiräte, die der Gesetzentwurf des Senats vorschlägt. Daher möchte ich auch in diesem Fall sagen: Stimmen Sie dem Bericht des Wissenschafts- und Forschungsausschusses zu. Springen Sie über Ihren Schatten, Herr Salchow, und überzeugen Sie die CDU-Fraktion davon, daß dem gesamten Gesetz zugestimmt werden kann. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Professor Dr. Salchow.

Monsieur le President! Da die Loblieder auf die Wege des neuen Hochschulgesetzes bereits gesungen worden sind, im Tenor- und im Baßregister, werde ich mich auf die Punkte konzentrieren, deretwegen wir nicht zustimmen.

Im Grundsatz ist die Verstärkung der Autonomie der Hochschulen eine richtige Sache, da haben Sie recht, wir begrüßen es, denn eine ganze Reihe der Regelungen ist auch akzeptabel, daran gibt es keinen Zweifel.

Von unseren 16 Änderungsanträgen, zumeist entstanden aus der großen Anhörung zu diesem Gesetz, haben Sie jedoch 15 verworfen.

(Jan Peter Riecken SPD: Ja, weil sie schlecht wa- ren!)

Deshalb können wir am Ende zu diesem Gesetz nur unser Nein geben.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Schade!)

Ach, wir werden uns alle in ein paar Monaten wieder sehen! Einige allerdings nicht, wie ich gelesen habe, Herr de Lorent. Es ist schade, ich werde es vermissen. Sorry, sehr traurig.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Ist die Frage, für wen!)

Wenn wir Hochschulen aus der staatlichen Detailsteuerung herausnehmen, wird sofort die Debatte beginnen, wie weit man gehen kann. Immerhin werden die Hochschulen vom Staat finanziert, und da kann man beispielsweise das Parlament nicht ganz herauslassen, weil das Haushaltsrecht ein Recht der Legislative ist.

Das Gesetz ist also in dieser Frage nicht konsistent. Zwar wird Autonomie gewährt, aber wenn Sie in den Paragra

phen 48 hineingucken, wird sie zum Teil gleich wieder zurückgeholt, weil sich dort der Senat das Recht gibt, alle Daten allein festzulegen, mit einer senatlichen Verordnung; alle Daten vom Studienvolumina über den Aufbau des Studiums bis zur Zahl der Prüfungsleistungen. Da sehen Sie, wie inkonsistent es ist, von mehr Autonomie zu reden, aber gleichzeitig bestimmt der Senat über alles. Das ist eins dieser typischen Dinge.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dr. Ulrich Karpen CDU: Das ist wie bei der Evokation!)

Das konterkariert die Autonomie. In Übereinstimmung mit den Hochschulen haben wir übrigens die Streichung dieses Paragraphen 48 beantragt, und Rotgrün hat das abgelehnt. Wenn Herr de Lorent eben gesagt hat, wir hätten keine wichtigen Anträge gestellt, haben wir hier doch mit Übereinstimmung der Hochschulen gefordert, den Paragraphen 48 zu streichen. Und Sie haben es verhindert, Herr de Lorent.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das kann er?)

Um dabei zu bleiben, was das Verhältnis zum Staat betrifft, wollen wir wie Rotgrün – da stimmen wir im Grundsatz wieder zu – eine Regelung in Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Wir haben bei deren Ausarbeitung aber beantragt, Staat und Hochschulen ins Boot zu ziehen; das ist anders. Wir haben in der Anhörung allesamt Klagen gehört und wollen daher den Staat und die Hochschulen daran beteiligen.

Wir haben ferner beantragt, festzulegen, was genau Gegenstand dieser Ziel- und Leistungsvereinbarungen sein sollte. Sie müssen eine gewisse Präzision haben, und dazu müssen gewisse Dinge geregelt werden. Das haben wir konkret hineingeschrieben, während Sie es nicht drin haben.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Müssen Sie mal lesen!)

Wir wollen die Vereinbarung zu den Ziel- und Leistungsvereinbarungen in der Bürgerschaft haben, weil es immerhin darum geht, einen beachtlichen Batzen Geld – und wir haben das Etatrecht – an diese Hochschulen zu geben. Wir möchten gern – damit das Parlament nicht gänzlich außen vor steht – wenigsten die Vorlage der Ziel- und Leistungsvereinbarungen haben.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das kriegen wir ja auch!)

Dieses ist in meinen Augen auch ein demokratischer Punkt, und Sie haben auch diesen Antrag abgelehnt.

Es geht um mehr Autonomie. Das bedeutet Stärkung der Selbststeuerung in einer Hochschule. Das ist richtig. Dort muß es Effizienz und Entscheidungskompetenzen geben, damit wir kein Vakuum an Entscheidungen haben.

Wenn wir aber auf die unmittelbare Steuerung durch die Exekutive verzichten, dann muß natürlich irgendwo ein Controlling installiert werden. Wo wird es nun installiert? Ich meine jetzt das Controlling innerhalb der Hochschule. Das verlangt eine konsequente Trennung der Leitungsund Kontrollfunktionen in der Hochschule.

(Jan Peter Riecken SPD: Controlling ist auch mehr als das! Dies liefert aber das Gesetz nicht. Wenn Sie sich den Pa- ragraph 86 angucken, sehen Sie, daß die Präsidentin oder der Präsident einer Hochschule den Vorsitz genau in den (Wolfgang Marx SPD)

Gremien führt, die die Kontrolle auszuführen haben. Das ist doch nicht Kontrolle, und es ist auch nicht demokratisch. Das ist einfach weggebügelt worden.

Hochschulsenat und Großer Senat haben als Vorsitz den Präsidenten, sollen aber prüfen, wie das Ganze läuft. Darum haben wir beantragt, den Präsidentinnen oder Präsidenten nicht den Vorsitz in diesen Gremien zu geben. Und was haben die Superdemokraten von Rotgrün getan? Sie haben es wieder abgelehnt.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! – Gegenruf von Dr. Martin Schmidt GAL: Abwarten, Herr Karpen!)

Genau, Herr Schmidt, einer Ihrer letzten Zwischenrufe, muß ins Protokoll; bei euch ist ja ganz schön Aderlaß, das weiß ich.

Bedenken Sie, die Präsidentinnen und Präsidenten erhalten Richtlinienkompetenz; ein hehres Wort. Man kann die Vizepräsidenten vorschlagen, man leitet – man sollte ich jetzt nicht sagen –, Mensch leitet den Hochschulsenat und den Großen Senat. Da besteht in der Tat ein klarer Druck für die Präsidentschaft. Jeder gremienerfahrene Mensch hier bei uns – sind wir doch, nicht? – weiß, welche Macht die Vorsitzführung in einem Gremium hat. Darum haben wir beantragt, den Präsidenten die Vorsitzführung wegzunehmen. Aber dieses demokratische Gedankengut haben Sie offenbar nicht.

Sie haben gesagt, die Präsidenten waren alle dafür, wie Herr Lüthje; das ist vollkommen klar, er ist immer dafür, was hier so passiert. Die Präsidentinnen und Präsidenten Hamburgs haben über dieses Gesetz ihr „Glück“ gezeigt, das ist klar, weil es sie so stärkt, daß sie alles machen können, was sie wollen. Darüber freuen sie sich natürlich.

(Beifall bei der CDU – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Ja! – Jan Peter Riecken SPD: Das ist doch Quatsch!)

Das ist keine Kunst.

Ganz anders und lang wurden die Gesichter bei denen, die nicht in der Präsidialebene der Hochschule sind. Erinnern Sie sich doch mal an die Anhörung, die wir mit Vertretern aus den Fachbereichen hatten. Deren Gesichter wurden lang, denn sie leisten die eigentliche Kernaufgabe der Universität.

(Anja Hajduk GAL: Kommt drauf an, was die wol- len!)