Alarmschrei ist, wenn dann eine Psychiatrieeinweisung erfolgt, und das kommt häufiger vor. Und gut ist es, wenn da die richtigen Fachleute kommen, und aus meiner Sicht ist das insbesondere das Werner-Otto-Institut. Dort werden Testbatterien bei den Kindern mit erstaunlichen Ergebnissen durchgeführt. Diese zeigen, daß die Kinder oftmals eine große Intelligenz haben, die sich aber im täglichen Unterricht überhaupt nicht darstellt. Die Kinder werden im Werner-Otto-Institut so behandelt, daß mit Ritalin nicht drauf losgeballert wird, sondern es wird sich, wie man das so schön nennt, eingeschlichen. Man erhöht die Dosis und guckt, ob das zu einer Verhaltensänderung führt. Dabei wird ein enger Kontakt zu Elternhaus und Schule gesucht.
Es gibt also Fälle, wo Ritalin wirklich angezeigt ist und wo den Kindern damit wirklich geholfen wird, aber das muß sehr differenziert angeguckt werden. Wichtig ist, daß das Verhalten unter Ritalin stabilisiert wird, und ich habe gerade einen Fall erlebt, wo bei einem Kind im Rahmen dieser Therapie das Ritalin wieder abgesetzt wurde, weil die Persönlichkeit so stabilisiert war, daß es ein vernünftiges weiteres Leben ohne Medikament führen konnte; das ist dann auch ein Erfolg.
Im Grunde ist der vorliegende Antrag berechtigt. Ich glaube zwar auch nicht, daß Hamburg der Nabel der Welt ist. Deswegen wollen wir diesen Antrag an den Ausschuß überweisen, um in Ruhe darüber zu reden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! ADS und Ritalin sind auf jeden Fall ein wichtiges Problem, das wir nicht einfach nur im Gesundheitsausschuß behandeln sollten, sondern zusammen mit den Kollegen und Kolleginnen vom Jugend- und Schulausschuß, und das ist auch das Interessante an der Geschichte. Ritalin hilft gegen das Symptom der Zappelei, der Aufmerksamkeitsstörung im Zusammenhang mit über
mäßiger motorischer Aktivität, aber nur gegen das Symptom, denn das ADS ist eine Anpassungsstörung und zeigt, daß sich die Kinder nicht an vorgegebene Verhältnisse anpassen können. Wir dürfen nicht einfach das Symptom kurieren und sehen, daß die Kinder ruhiger werden. Wir müssen vielmehr überlegen, ob die Verhältnisse in Ordnung sind, von denen wir verlangen, daß sich die Kinder an sie anpassen, oder was bei den Kindern vorliegt, daß sie dazu nicht in der Lage sind. Es ist auf keinen Fall richtig, jetzt zu sagen, wir haben ein Medikament, das in vielen Fällen hilft, und damit gut. Sondern wir müssen erfassen, was hinter der Zunahme dieser Störungen steckt und was wir tun können, um den Kindern und Familien gerecht zu werden.
Ich finde es richtig, diesen Antrag zu überweisen und uns in der nächsten Legislatur bald damit zu befassen, möchte dies aber auf keinen Fall nur unter uns Medizinern abhandeln, denn dann werden wir der Sache bestimmt nicht gerecht. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die jetzt in Gang gekommene öffentliche Diskussion ist zu begrüßen, denn sie schafft Aufmerksamkeit für eine Entwicklung, die viele Eltern besorgt und verunsichert. Durch die Gegenüberstellung von Pro und Kontra der Ritalin-Vergabe und die zum Teil sehr unterschiedlichen Aussagen von Fachärzten hat sich auch gezeigt, daß die Frage nach den Folgen bisher aus medizinischer Sicht keineswegs eindeutig zu beantworten ist. Aufgabe meiner Behörde kann es aber nicht sein, die medizinische Fachdiskussion zu führen. Die muß schon dort geführt werden, wo sie wirklich hingehört. Aufgabe meiner Behörde ist es vielmehr, die Fachdiskussion zu verfolgen und die Ergebnisse kritisch zu bewerten und verantwortungsvoll in bezug auf die Möglichkeiten schulischen Handelns zu setzen. Insofern gebe ich Frau Dr. Freudenberg vollkommen recht, daß es wichtig ist, diese Diskussion gemeinsam zu führen, und die Zuordnung zu dem einen oder anderen Ausschuß würde ich auch für falsch halten. Da gibt es unterschiedliche Anteile, und wichtig ist, gemeinsam diese Diskussion zu führen.
Hier ist schon darauf hingewiesen worden, wie Ritalin wirkt, daß es nämlich nicht eine Krankheit heilt, aber Symptome lindern kann. Wichtig ist deswegen, es nicht isoliert zu verabreichen, sondern im Rahmen einer multimodalen Therapie, um die Aufnahmefähigkeit der Kinder für geeignete pädagogische, psychologische und sozialtherapeutische Maßnahmen zu erhöhen. Deswegen sollten auch Lehrerinnen und Lehrer in der Schule Kenntnis davon haben, wenn Kinder ihrer Klasse sich in einer solchen Therapie befinden.
Hier ist schon darauf hingewiesen worden, daß die für die Behandlung erforderliche ärztliche Diagnose des sogenannten Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms ADS nur dann erstellt werden darf, wenn Verhaltensweisen wie erhöhte Ablenkbarkeit, Impulsivität und in vielen Fällen Hyperaktivität dauerhaft und in den verschiedenen sozialen Situationen auftreten. Gerade hat Herr Beuß plastisch dargestellt, daß häufig aggressives Verhalten und Lernschwierigkeiten zusätzlich auftreten. Aber es kommt natürlich immer darauf an, eine intensive Differentialdiagnose durch
zuführen, denn solche Auffälligkeiten können auch durch viele andere Faktoren wie emotionale, familiäre und soziale Belastungen hervorgerufen werden. Und nicht in allen Fällen, wo man das Gefühl hat, das Kind sei unruhig, darf ein entsprechendes Präparat verordnet werden.
Das Amt für Schule beschäftigt sich seit längerem mit der Frage des angemessenen pädagogischen Umgangs mit ADS. Das Amt für Schule hat sich aber nicht an dem beteiligt, was im nachhinein Arbeitsgruppe genannt worden ist. Es sind vielmehr zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem Gesprächskreis eingeladen worden, und diese haben den wahrgenommen. Das ist dann später als Gruppe definiert worden. Aber als bekannt wurde, daß die Zusammenkünfte in diesem Zusammenhang zu sehen sind und von der Firma gesponsert werden, was diesen Mitarbeiterinnen vorher nicht bekannt war, haben wir nicht mehr mitgemacht.
Die Beratungslehrer erhalten im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung Informationen zum Umgang mit ADS. Auch die regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Schulen im Umgang mit unaufmerksamen und impulsiven Kindern unterstützen, und es gibt eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe, die sich mit Fragen des pädagogischen Umgangs mit Schülerinnen und Schülern mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten beschäftigt.
Geplant ist weiterhin eine interdisziplinäre Fachtagung, die medizinische, therapeutische und pädagogische Aspekte einer wirksamen Prävention thematisieren soll. Außerdem wird zur Zeit ein Auftrag zur Erstellung eines Leitfadens zur pädagogischen Diagnostik vorbereitet, der auch eine Beschreibung der notwendigen schulischen und außerschulischen Maßnahmen bei ADS-Kindern enthalten soll.
Meine Damen und Herren! Es gibt keine Patentrezepte im Umgang mit Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen, und deswegen müssen sich Eltern und Schule den pädagogischen Herausforderungen stellen und nach Antworten suchen. Die jetzt begonnene Diskussion halte ich in diesem Zusammenhang für hilfreich und hoffe sehr, daß sie uns voranbringen wird. Den Vorschlag, den Antrag an den Gesundheitsausschuß zu überweisen, halte ich auch für sinnvoll, denn dort wird man in Ruhe prüfen können, ob der Vorschlag, eine hamburgspezifische Untersuchung anzustellen, Sinn macht. Ich kann es nicht beurteilen, darüber kann man in Ruhe noch einmal reden, und deswegen halte ich das auch für einen guten Vorschlag. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 16/6639 federführend an den Gesundheitsausschuß und mitberatend an den Schulausschuß zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dies ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 48, Drucksache 16/6316: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Neustrukturierung des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf.
[Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drucksache 16/5760: Neustrukturierung des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (UKE) (Senatsvorlage) – Drucksache 16/6316 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Neustrukturierung des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (Drucksache 16/5760) – Drucksache 16/6643 –]
Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung vom 12. Juli 2001 das Gesetz zur Neustrukturierung des UKE mit den vom Wissenschaftsausschuß vorgeschlagenen Änderungen sowie die übrigen vom Senat in der Drucksache 16/5760 beantragten Maßnahmen bereits in erster Lesung beschlossen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das UKE steht heute vor einem entscheidenden Schritt seiner Verselbständigung vom staatlichen Regiebetrieb zur Selbstverantwortung. Das ist ein dringend notwendiger Schritt, um das UKE vorzubereiten auf die ökonomischen Herausforderungen der nächsten Jahre, auf die diagnosebezogenen Abrechnungsgruppen und um letztlich beim Wettbewerb in der Krankenversorgung mit anderen Hamburger und norddeutschen Krankenhäusern wirklich konkurrenzfähig zu sein und zu bleiben. Wir haben das UKE über die Jahre im Wissenschaftsausschuß mehr als kritisch begleiten müssen, und mir ist klar, daß mit diesem Gesetz allenfalls wichtige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, daß wir uns hoffentlich in Zukunft weniger mit dem UKE werden beschäftigen müssen. Es hängt vom UKE ab, von den dort arbeitenden Wissenschaftlern, aber letztlich von allen Mitarbeitern, ob das UKE die Chancen, die dieses Gesetz bietet, nutzt, um seinem eigenen Anspruch, in Zukunft im ersten Drittel aller medizinischen Fakultäten der Republik qualitätsmäßig vertreten zu sein, wirklich gerecht zu werden.
Dieses Gesetz – ich fasse noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen – sorgt dafür, daß der Anregung des Wissenschaftsrats gefolgt wird, Forschung und Lehre in der Universität verbleiben zu lassen und die Krankenversorgung davon zu trennen, was auch dazu führt, daß Dekan und Ärztlicher Direktor nicht mehr ein und dieselbe Person sein werden; ein sehr wichtiger Punkt.
Außerdem ermöglicht das neue Gesetz die Zentrenbildung innerhalb des UKE mit der Möglichkeit, kollegiale Leitungen zu installieren und damit auch etwas zur Enthierarchisierung beizutragen; es ist eine Chance. Ein Abteilungsleiter einer medizinischen Abteilung muß nicht unbedingt gleichzeitig C4-Professor, das heißt Lehrstuhlinhaber, sein. Auch das ist ein Schritt in Richtung Arbeitsteilung und kollegialer Leitung.
Ein weiterer Punkt, der hier immer strittig diskutiert wurde, ist die Zusammenführung der Personalräte in einen Personalrat. Ich weiß, daß das ein Punkt gewesen ist, der besonders hart und widersprüchlich innerhalb des UKE, aber natürlich auch bei uns im Ausschuß und im Parlament diskutiert wurde. Die Beibehaltung eines nichtwissenschaftlichen und eines wissenschaftlichen Personalrats damit zu begründen, daß es den wissenschaftlichen Mitarbeitern zeitlich nicht zumutbar sei, sich um die Belange der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter zu kümmern, halte ich für nicht akzeptabel.
(Dietrich Wersich CDU: Malen Sie doch keine Ge- spenster an die Wand! – Susanne Uhl REGENBO- GEN – für eine neue Linke: Wer sagt das denn?)
Wenn es den wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht einmal gelingt, die basisdemokratischen und gewerkschaftlichen Rechte gegenüber ihren Vorgesetzten durchzusetzen, stellt sich für mich die Frage, wie sie überhaupt Mitarbeiterinteressen vertreten wollen.
Wenn die Besitzstandswahrung für die momentanen Arbeits- und Entgeltbedingungen abgesichert ist, und das ist sie, dann ist ein Widerspruchsrecht in der Form nicht nötig. Es wird dann nötig, wenn vollständig privatisiert wird. Im LBK, das möchte ich einmal als Vergleichsbeispiel nennen, sind 22 Gesellschaften ausgegliedert worden, ohne daß es irgendein Problem mit dem Personalrat gegeben hat. Man hat sich geeinigt und das tarifrechtlich entsprechend verhandelt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die finanzielle Absicherung des UKE durch die Übereignung der Grundstücke. Ein Punkt, der auch in der Debatte in der letzten Zeit wichtig geworden ist, ist, daß alle Beschäftigten des UKE demnächst der personalärztlichen Untersuchung des UKE unterstehen. Da gibt es nicht mehr den Unterschied zwischen beamteten Ärzten oder Gastärzten oder nichtbeamteten Mitarbeitern.
Das Gesetz leistet die Rahmenbedingungen für die Umsetzung des General- und Masterplans des UKE. Und gerade weil wir uns über acht Jahre im Wissenschaftsausschuß von allen Universitätsteilen am meisten mit dem UKE aus den leidlich bekannten Gründen beschäftigt haben, ist es um so wichtiger, deutlich zu machen, worauf es jetzt in der Umsetzung dieses Gesetzes im UKE selber ankommt. Da ist es wenig hilfreich, wenn Herr von Beust in seinem Zehn-Punkte-Programm darauf rekurriert, daß ein Hauptgrund für die Novellierung des Gesetzes nach einer beabsichtigten Übernahme des Senats sein soll, ärztlichen Sachverstand im Kuratorium einzuführen. Herr von Beust ist leider nicht hier, aber ich sage es auch noch einmal an die Adresse der CDU gerichtet:
Ein paar mehr. – Ärztlichen Sachverstand gibt es im UKE genug, und jeder Wissenschaftssenator oder jede -senatorin der Zukunft kann in das Kuratorium selbstverständlich auch Ärzte berufen. Aber was das UKE im Moment braucht, ist psychologische und kommunikationswissenschaftliche Beratung und Sachkompetenz, denn in der letzten Wissenschaftsausschußsitzung hat der Kaufmännische Direktor deutlich gemacht, daß dort die schlimmsten Defizite des UKE liegen. Die Hierarchien, die einzelnen Berufsgruppen reden kaum miteinander, und wenn es dem UKE nicht gelingt, das grundlegend auf allen Ebenen zu verändern, werden sie ihre selbstgesteckten Ziele nicht erreichen. Eine neue Unternehmenskultur ist notwendig, und deshalb ist es wichtig, in den jetzt folgenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen Senat und UKE Patientenschutz und Qualitätssicherung zu einem der zentralen Punkte zu machen. Patientenschutz, Patienteninteressen müssen im UKE weiter umgesetzt und durchgesetzt