Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zur ersten Sitzung im neuen Jahr und in diesem Fall auch im neuen Jahrhundert, im neuen Jahrtausend.
Ich beginne damit, daß Herr Dr. Sieghard-Carsten Kampf infolge seiner Berufung zum Ärztlichen Direktor des Marienkrankenhauses sein Bürgerschaftsmandat zum 1. Januar 2000 niedergelegt hat. Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, ihm zu seinem beruflichen Aufstieg im Namen der Bürgerschaft sehr herzlich zu gratulieren.
Mit Herrn Dr.Kampf scheidet ein Abgeordneter aus, der der Bürgerschaft über 21 Jahre angehört hat und somit zu den langjährigen Mitgliedern zählte.Vor seiner Wahl in die Bürgerschaft war er bereits vier Jahre Deputierter der Gesundheitsbehörde. Seine Interessenschwerpunkte lassen sich auch daraus ablesen, daß er bereits...
(Aus einer der Bürgerschaftslogen wird ein Trans- parent entrollt; es werden von dort Flugblätter ins Plenum geworfen und Zurufe skandiert)
Ich fordere Sie auf:Rollen Sie sofort dieses Transparent zusammen, hören Sie sofort auf, in den Saal zu reden, und verlassen Sie den Raum, anderenfalls bin ich leider gezwungen, Sie entfernen zu lassen. –
Ich bitte die Ratsdiener, die Störer zu entfernen, und die Polizei, die Personalien der Störer aufzunehmen. Ich stelle fest, daß die Sitzung gestört ist, und unterbreche sie für den Zeitraum der Störung.
Herr Dr. Kampf ist immer im Bereich der Gesundheitspolitik tätig gewesen. Seine Interessenschwerpunkte lassen sich auch daraus ablesen, daß er bereits 1978 Mitglied im Gesundheitsausschuß und im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung wurde.Diese Mitgliedschaften behielt er bis zu seinem Ausscheiden aus der Bürgerschaft bei.In beiden Ausschüssen bekleidete er das Amt des Schriftführers; im Gesundheitsausschuß über zehn Jahre und im Wissenschaftsausschuß seit dieser Wahlperiode.
Neben den genannten Fachausschüssen gehörte er auch zwei Untersuchungsausschüssen an, dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß „Orthopädie AK Barmbek“ als Vorsitzender. In der Enquete-Kommission „Drogen“ wirkte er als deren Schriftführer mit.Die Bürgerschaft dankt Herrn Dr. Kampf für die geleistete Arbeit. Er hat sich für das Gemeinwohl Hamburgs verdient gemacht. Herzlichen Dank und alles Gute weiterhin.
Nach Mitteilung des Landeswahlleiters ist auf der Liste der CDU Frau Vera Jürs nachgerückt. Frau Jürs, ich begrüße
Meine Damen und Herren, last, but not least haben wir auch ein Geburtstagskind in unseren Reihen. Ganz herzliche Glückwünsche gelten heute meiner geschätzten Vorgängerin, der Abgeordneten Frau Elisabeth Kiausch. Herzlichen Glückwunsch.
Nun folgt eine Bemerkung zur Tagesordnung. In Abstimmung zwischen den Fraktionen wurde die Tagesordnung um die Punkte 2a und b ergänzt. Die dazugehörigen Unterlagen sind Ihnen zugegangen.
Ich rufe zunächst das von der SPD angemeldete Thema auf und frage: Wer wünscht das Wort? – Das Wort hat Frau Brinkmann.
Frau Präsidentin, gestatten Sie mir zunächst außerhalb der Tagesordnung und außerhalb meiner Redezeit eine wichtige Bemerkung.Sie haben ganz richtig gesagt, daß dies die erste Sitzung in dem neuen Jahrhundert ist. Es ist die erste Sitzung in diesem Jahrhundert, die von einer Frau geleitet wird, und die Debatte wird von einer Frau eröffnet. Ich denke, die Zeiten haben sich geändert.
Nun zur Debatte. Ein dreiundvierzigjähriger asylberechtigter Iraner lebt seit 1980, also seit 20 Jahren, in Hamburg. Nach einem Studium in Deutschland ist er integriert und jetzt berufstätig und hat seit 1993 zum ersten Mal die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Da die iranische Botschaft keine Entlassung aus der iranischen Staatsbürgerschaft signalisieren konnte, wurde der Antrag immer wieder abgelehnt. Der Iraner stellte frustriert und enttäuscht seine Bemühungen ein.Vor 19 Tagen hatten wir den 1. Januar 2000; in der nächsten Woche wird dieser Mann eingebürgert.
Ein anderes Beispiel. Immer wieder mußte sich der Eingabenausschuß mit nichterteilten Genehmigungen für Auslandsklassenreisen für Schülerinnen und Schüler asylberechtigter ausländischer Eltern befassen. Dieses Problem wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Wie ist das möglich?
Seit dem 1.Januar 2000 haben wir in Deutschland dank der Koalitionsregierung der SPD und der Grünen ein neues
Staatsbürgerrecht. Nach fast 100 Jahren, nämlich seit 1913, ist das die größte Gesetzesänderung, die in diesem Bereich stattgefunden hat.Der letzte Innenminister und gewesene Ministerpräsident von Hessen, Herr Kanther, hat in seinen Regierungserklärungen zweimal die längst überfälligen Reformen angekündigt und versprochen, doch umgesetzt hat er nie etwas.
Erstmalig tritt heute neben das Jus sanguinis das Jus soli, das heißt, daß neben dem Abstammungsprinzip der Geburtsort eine entscheidende Rolle spielt. Das ist ein Prozeß, der unumkehrbar ist. Ausländer und Ausländerinnen, die einen rechtlich gesicherten Mindestaufenthalt von acht Jahren nachweisen können, können zukünftig ihre Einbürgerung beantragen; bisher war ein Mindestaufenthalt von 15 Jahren die Voraussetzung.
Eine Bedingung für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft ist allerdings geblieben: Die ursprüngliche Staatsbürgerschaft muß grundsätzlich aufgegeben werden. Nach Paragraph 87 Absatz 1 Ausländergesetz ist die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit allerdings dann gegeben, wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin keine Chance auf eine Entlassung aus der ersten Staatsbürgerschaft hat. Damit bin ich wieder bei meinem Beispiel, dem Iraner, dessen Lebenssituation ich eingangs geschildert hatte.
Was hat dieser Mensch nun von seiner neuen Staatsbürgerschaft? Zunächst einmal ist er allen Deutschen gleichgestellt. Er kann zukünftig wählen und gewählt werden, und ich denke, für einen politisch interessierten Menschen ist das ein wichtiges Argument. Er wird zukünftig weniger Probleme an den Grenzen oder bei Paßkontrollen haben. Eine automatische gesellschaftliche Integration wird allerdings durch diesen neuen Paß nicht mitgegeben. Hierzu sind natürlich auch wir Deutsche gefragt.Wir tun gut daran, an dieser Frage konstruktiv zu arbeiten.Wir dürfen nicht zulassen, daß es künftig zweierlei Gruppen von Deutschen in Hamburg gibt, die einen, die deutsch sprechen, und die anderen, die sich nur türkisch oder iranisch verständigen können.
Ein zentrales Element für die Integration ist die Sprache. Wir müssen zukünftig noch gezielter Kurse anbieten, denn die Integration ist bisher nur bei denen gelungen, die eine gute Schul- und Berufsausbildung oder ein Studium und damit einen Platz in dieser Gesellschaft gefunden haben.
16 Prozent der hamburgischen Bevölkerung sind zur Zeit Ausländer, und täglich werden es in den Kreißsälen mehr. Es war kein Zufall, daß das erste Kind, das in diesem Jahrhundert in Hamburg geboren wurde, ein Kind türkischer Eltern mit deutschem Paß ist. Die in den letzten zehn Jahren hier geborenen Kinder, die einen Elternteil haben, der seit drei Jahren über einen unbefristeten Aufenthalt in Deutschland verfügt, sind zunächst Deutsche. Zwischen ihrem 18. und 23. Lebensjahr müssen sich diese Kinder für die eine oder andere Staatsbürgerschaft entscheiden. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, daß es etwa in zehn Jahren, wenn die ersten Entscheidungen anstehen, für diese Kinder keine Probleme gibt.Die Lösung muß entweder eine stattgefundene Integration oder die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft sein. – Vielen Dank.