„Nach Auskunft von pflegen & wohnen verfügt jede der in Frage stehenden Stationen, die sich über zwei Etagen erstrecken,“
Die Probleme, die wir gehabt haben, sind angesprochen und teilweise abgearbeitet. Die Ausstattung mit Personal liegt auch uns am Herzen, und das werden wir weiter beobachten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich sehe die beiden Schwerpunkte Personalkürzungen und Kinder- und Jugendpsychiatrie, habe aber noch einen zusätzlichen Schwerpunkt, Frau Brinkmann.
Frau Freudenberg sprach eben von den merkwürdigen 43 Minuten. Wenn man die Ergänzung in diesem berühmten Eckpunktepapier vom Juli liest, dann ist das eine rechnerische Größe, aufgestockt auf den Durchschnitt des Personals beim damaligen Übergang von der hiesigen Pflegestufe zu den Pflegestufen des Pflegeversicherungsgesetzes. Und 76 Durchschnittsminuten plus 43 sind natürlich
immer noch nicht viel, wenn Sie bedenken, daß das Pflegeversicherungsgesetz für Pflegestufe III, die für schwerst demenzkranke Pflegebedürftige in Frage kommt, 300 Minuten vorsieht. Das ist für uns einfach nicht nachvollziehbar.
Um so fataler wirken sich unverhältnismäßige Personalkürzungen aus. Nachdem wir wissen, welche guten Erfahrungen mit intensiver Betreuung gerade von Schwerstdementen gemacht worden sind – es gibt internationale Studien, nach denen man viele der besonders großen Störungen abbauen kann –, sollten wir uns alle intensiv dafür einsetzen, daß die Personalausstattung stimmt.
Bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie sagten Sie, Frau Brinkmann, gebe es einen Mangel, das müsse in Hamburg noch ausgebaut werden. Vom Senat wurde das Wilhelmstift erwähnt, das zusätzliche Plätze einrichten soll. Aber der Hauptmangel sind Plätze für psychisch kranke Kinder und Jugendliche, die geschlossen untergebracht werden müssen, und das ist besonders schwierig. Da hat die SPD in Hamburg ein bißchen das Problem mit geschlossener Unterbringung für Kinder und Jugendliche. Sie versündigen sich wirklich an diesen Kranken.
Heute weist man, Frau Brinkmann, Kinder und Jugendliche im Alter von 13, 15, 16 Jahren in die Erwachsenenpsychiatrie im Klinikum Nord ein, das dafür überhaupt keinen Versorgungsauftrag hat. Das bedeutet dann auch, daß dort für diese Kinder und Jugendlichen keine Jugendpsychiater tätig sind. Beispielsweise kommt ein suizidgefährdetes sechzehnjähriges Mädchen erst in Eppendorf in die Jugendpsychiatrie, die nicht geschlossen ist. Weil man sie sonst nicht versorgen kann,kommt sie in die geschlossene Station nach Ochsenzoll. Die haben gar keine Versorgungsmöglichkeiten für schwerst persönlichkeitsgestörte und suizidgefährdete Jugendliche, so daß die dann sagen, dann kommt sie eben nach Schleswig. Schleswig ist aber nicht bereit, für Hamburg diese Dienste zu übernehmen.
Es gibt kein anderes Bundesland, das sich hier so borniert zeigt, und zwar aus ideologischen Gründen. Die geschlossene Unterbringung für Kinder und Jugendliche ist bei Ihnen so stigmatisiert, daß Sie nicht einmal im Zusammenhang mit dem Gesetz für Hilfe und Maßnahmen für psychisch Kranke bereit sind, für Kinder und Jugendliche eine solche Station in Hamburg einzurichten. Gerade nach dem, was wir von Dr. Seeler im Januar hörten, sollten wir uns wirklich zusammentun. Es ist unverantwortlich, diese Kin
der und Jugendlichen von Psychiatern, die für Erwachsenenpsychiatrie und nicht für Jugendpsychiatrie ausgebildet sind, therapieren zu lassen. Man geht von einer notwendigen Station mit zehn Plätzen aus, und dafür sollte langsam in Hamburg Gelegenheit gegeben werden.
Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich gedacht, zu diesem Bericht nichts sagen zu können. Dieser Bericht ist mit Datum vom 10.Februar heute morgen bei der Bürgerschaftskanzlei eingegangen. Heute mittag konnte ich per Fax diesen Bericht bekommen und mich eben noch damit befassen. Es ist kein vernünftiger Umgang mit dem Parlament, so kurze Vorbereitungszeiten auf nicht unwichtige Debatten zu gewähren.
Ich will einen Punkt aus der Ausschußberatung, auf den die anderen noch nicht eingegangen sind, hervorheben. Mit der Psychiatrie-Personalverordnung haben wir uns sehr lange befaßt. Die Psychiatrie-Personalverordnung – wer es noch nicht gehört hat – regelt die Besetzung der psychiatrischen Abteilungen in den Krankenhäusern. Wir mußten hören, daß diese Psychiatrie-Personalverordnung in einigen Krankenhäusern unterlaufen wird, und zwar um 15 Prozent und mehr, und dagegen kann nichts gemacht werden. Diese Psychiatrie-Personalverordnung – PsychPV – ist also nichts weiter als eine Nebelkerze. Vor ein paar Jahren haben wir noch alle gemeinsam den Durchbruch zur Gleichstellung der psychiatrischen mit den medizinischen Abteilungen gefeiert. Jetzt müssen wir feststellen, daß diese Verordnung offenbar nichts taugt, wenn es darauf ankommt. Nachdem wir uns da einig waren, gehe ich davon aus, daß wir uns auch einig sind, wenn wir darangehen müssen, dafür zu sorgen, diese Verordnung so zu verändern, daß sie Wirkungen erzielen kann, daß sie tatsächlich die psychiatrischen Abteilungen an den Krankenhäusern auch mit anderen Abteilungen gleichstellt.
Frau Freudenberg hat gerade eine ganze Menge über die Situation von pflegen & wohnen, über die Personalreduzierungen in den Heimen, berichtet. Frau Brinkmann, ich hatte nicht viel Zeit, das zu lesen, aber auf Seite 8 – es geht um die Stationen über zwei Etagen – haben Sie pflegen & wohnen nicht richtig zitiert, denn da steht:
„Nach Auskunft von pflegen & wohnen verfügt jede der in Frage stehenden Stationen, die sich über zwei Etagen erstrecken, über eine eigene Nachtwache.“
Das heißt, diese Station, die sich über zwei Etagen erstreckt, wo also zwei geschlossene Türen sind, verfügt nur über eine Nachtwache. Und das sind Verhältnisse, die in einem Betrieb wie pflegen & wohnen nicht angehen können, weil da viele Menschen ohne Hilfsangebot die ganze Nacht allein gelassen werden. Da ist Betreuungspersonal in eine Situation versetzt worden, in der sie der Verantwortung, die sie eigentlich tragen, nicht mehr gerecht werden. Das sind Verhältnisse, die in pflegen & wohnen genauso wie anderswo abgestellt gehören.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Tat diesen Bericht sehr ausführlich im Ausschuß diskutiert. Deshalb möchte ich nur einige Punkte aufgreifen, die auch hier in der Diskussion eine Rolle gespielt haben.
Das erste Thema ist die Situation in den geschlossenen Heimbereichen; da hat sich etwas verbessert. Frau Freudenberg, Sie haben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im Bereich der Pflege mehr Pflegeminuten für diesen Teil der Unterbringung vorgesehen sind, und es ist auch richtig, daß das notwendig ist.
Frau Rudolph, Sie haben noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig im Rahmen dieser Pflege aktivierende Pflege ist; deshalb auch die besonderen Pflegeminuten. Ich stimme mit Ihnen auch darin überein, daß, wenn wir diesen Personalschlüssel verabreden und das auch so bezahlt wird – darauf lege ich Wert –, dann auch das Personal vorhanden sein muß, denn Soll muß dann auch Ist sein. Da gibt es zwischen mir und Ihnen überhaupt keine Diskrepanz. Deshalb werden wir das Thema Realisierung des Personalpflegeschlüssels in den einzelnen Heimen und nicht nur bei pflegen & wohnen auf die Tagesordnung setzen, denn ich habe den Eindruck, daß offensichtlich in einigen dieser Bereiche der Personalpflegeschlüssel zwar im Soll ist, aber nicht im Ist ist, und deshalb gehört das geprüft; das zunächst zum Thema Personalschlüssel und Finanzierung.
Das steht sowieso fest, das steht auch in der Verabredung, wenn Sie die Protokollnotiz lesen. Es geht mir aber darum – das ist auch ein Anliegen von uns allen –, daß das, was wir bezahlen, dann auch tatsächlich erfolgt. Darum geht es nicht nur in den geschlossenen Heimbereichen, aber dort auch, da wir eine besondere Aufsichtspflicht haben.
Nun zum Thema Überwachung durch Videokameras: Es gibt in einigen Heimen – nicht nur bei pflegen & wohnen – solche Videokameras. Es ist keine ideologische Debatte, ob man das zulassen soll oder nicht, sondern es kommt darauf an, ob eine Videoüberwachung für bestimmte Bereiche oder den Eingangsbereich sinnvoll ist. Daß die Betreuer einverstanden sein müssen, wenn das außerhalb des Eingangsbereichs ist, ist klar, Frau Freudenberg. Deshalb ist auch pflegen & wohnen mit den Betreuern, der Heimaufsicht beziehungsweise dem Heimbeirat in Kontakt, um diese Ermächtigung zu erhalten.
Allerdings kann das kein Ersatz für Personal sein. Und – Frau Freudenberg, ich will das noch einmal betonen, weil ich mich für diese Debatte vorbereitet habe – Nachtwachen auf den Stationen müssen gewährleistet sein, und pflegen & wohnen hat dies zugesagt. Wir werden das prüfen, und wenn wir diesen Personalschlüssel haben, dann muß er auch eingehalten werden, nicht nur bei pflegen & wohnen, aber auch und gerade in den geschlossenen Bereichen.
Zum Thema Psychiatrie: Wir hatten eine große Debatte darüber, wie es mit der Verweildauer aussieht. In der Psychiatrie ist die Verweildauer heute geringer als früher; das wirkt sich auch im Bereich des Personals aus. Wir sind uns im Ausschuß einig gewesen, daß sich die dezentrale Psychiatriereform bewährt hat, daß die Verbindung von klinischer und außerklinischer Betreuung sehr vernünftig or
ganisiert ist und wir alles tun, um diesen Standard zu halten. Deshalb haben wir Gespräche mit den Krankenkassen zum Thema Psychiatrie geführt, aber auch mit den Krankenhäusern, die Psychiatrie durchführen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf Sie, Frau Rudolph, eingehen. Das Thema Kinder- und Jugendpsychiatrie steht auf unserem Zettel, das ist gar keine Frage. Der Antwort des Senats ist zu entnehmen, daß wir im Wilhelmstift zehn Betten einrichten. Wir wissen, daß das nicht ausreichend ist, ich will das hier erklären. Wir haben im Rahmen der Krankenhausplanung 2005 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die Bedarfe zu formulieren. In diesem Zusammenhang – Frau Rudolph, das ist etwas anderes als geschlossene Heime für Jugendliche – wird auch geprüft
(Eleonore Rudolph CDU: Natürlich ist es etwas an- deres! Aber eine geschlossene Station für die psy- chisch kranken Jugendlichen brauchen wir!)
einverstanden –, ob ein Bedarf für medizinisch notwendige geschlossene Bereiche der Kinder- und Jugendpsychiatrie besteht. Ich sage Ihnen zu, auf dieser Grundlage die fachliche Debatte zu führen, und hoffe, daß dann auch die Krankenkassen den von uns festgestellten Bedarf im Rahmen der Budgetverhandlung finanzieren, denn das eine ist die Planung und das andere ist der entsprechende Versorgungsvertrag mit den Krankenhäusern.
Das Schreiben, das nach der Januar-Anhörung aus dem Klinikum Nord an Dr. Petersen gegangen ist, macht noch einmal sehr deutlich, daß diese Fälle vorhanden sind und ungefähr zehn Plätze gebraucht werden. Sie oder Vertreter des Senats haben zumindest in der Ausschußberatung gesagt, daß geschlossen unterzubringende Jugendliche auch weiterhin in die Erwachsenenpsychiatrie eingewiesen werden müßten; da sind Sie also zu keiner Konzession bereit?
Es ist zwar keine Frage, aber ich antworte trotzdem. Frau Rudolph, wir haben das Problem erkannt und prüfen das. Im Moment haben wir für diese Jugendlichen in der Tat nur die Möglichkeit, sie in den Erwachsenenstationen unterzubringen. Und weil wir sehen, daß das ein Defizit ist, wollen wir das im Zusammenhang mit dem Krankenhausplan 2005 prüfen. Wir haben das nicht nur auf dem Zettel, sondern sehen den Bedarf und werden gemeinsam zu einer Lösung kommen, um eine vernünftige medizinische Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Psychiatrie in Hamburg zu erreichen.