gegeben, aber das sind zum Teil sehr brisante Akten, wo es zum Beispiel um Adoptionsverfahren oder Betreuungsverfahren geht. Und diese Akten gehen aus dem Gericht. Sobald sie aus dem Gericht sind, weiß eigentlich keiner mehr, wer denn alles Einsicht nehmen kann, und es besteht auch immer noch die große Gefahr, daß solch eine Akte auch einmal verlorengeht. Da muß eine Regelung getroffen werden, daß nicht die ganze Akte aus dem Gericht gegeben wird. Im Rahmen meines Referendariats durfte ich bestimmte Akten selbst als Referendar, also als Beamter auf Widerruf, nicht mit nach Hause nehmen. Ich weiß nicht, ob man unbedenklich einer Schreibkraft diese Akte mit nach Hause geben kann.
Aber ein besonders eklatanter Verstoß gegen das Datenschutzrecht ist der Transport der Akten bei den Gerichten. Herr Mahr hat das schon angesprochen. Akten mit sehr persönlichem Inhalt werden offen verschickt und stehen auf Aktenwagen in den Gängen oder liegen in den Adressatenfächern, und jeder kann Einsicht in diese Akten nehmen. Da geht es zum Teil um Haftanträge, Verdienstbescheinigungen und Auszüge aus dem Strafregister. Das sind schon sehr persönliche Sachen, die man niemandem offenlegen möchte.
Der Datenschutzbeauftragte hat diesen Mißstand schon Anfang 1999 bei der Justizbehörde gerügt. Es hat sich dann nichts geändert. Im November hat er noch einmal die Akten überprüft und festgestellt, daß die immer noch offen in den Gerichten herumliegen. Er hat das dann noch einmal gerügt und sah sich genötigt, diesen Mißstand durch eine Presseerklärung publik zu machen. Gleichzeitig hat er dann die Justizbehörde aufgefordert, diesen Mißstand durch ein Gesamtkonzept möglichst bis zum Ende des Jahres – das Gesamtkonzept sollte bis Ende des Jahres vorgelegt werden – zu beheben. Ich habe Mitte Januar in einer Anfrage nachgefragt, wie der Stand ist und ob es das Gesamtkonzept schon gibt. Der Senat hat geantwortet, nein, da sind wir noch in der Entwicklung, wir beraten noch, das kommt irgendwann. Ich habe gefragt, wie die Versendungspraxis geändert worden ist, um erst einmal vorläufigen Schutz zu finden. Da hat der Senat dann ganz blumig geantwortet:
„Die tatsächlichen Abläufe im Post- und Aktenaustausch – insbesondere bei der Weiterleitung von Akten und Schriftstücken an justizfremde Dienststellen – haben Anlaß gegeben, die Versendungspraxis bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften einer kritischen Prüfung zu unterziehen...“
Ich meine, vier Monate lang hat Ihnen der Datenschutzbeauftragte gesagt, was nicht richtig ist, und da sagen Sie nach vier Monaten, sie haben Anlaß zu einer kritischen Prüfung gehabt. Was wollen Sie denn da noch kritisch prüfen? Das ist alles klar, was verkehrt läuft. Sie müssen nur was ändern.
„Zusätzlich wurden bisher offene Transportbehältnisse durch die Anschaffung von entsprechenden Deckeln ausgestattet, so daß Schriftstücke mit sensiblen Daten jetzt in geschlossener Form transportiert werden.“
Auf deutsch: Es ist alles geregelt, es kommt alles in verschlossene Behältnisse, niemand kann mehr Einsicht nehmen, es ist alles in Ordnung, das Problem ist gelöst. Das haben Sie Mitte Januar gesagt. Der Datenschutzbeauftragte hat aber im Januar und im Februar, also durchaus nach der Antwort, festgestellt, daß gerade im Familiengericht immer noch Akten offen versandt werden. Im Familiengericht ist es besonders dramatisch, denn da geht es um Scheidungsurteile, da werden Schriftsätze mit Angaben zu sexuellem Mißbrauch, psychiatrischen Behandlungen, Alkoholproblemen, Schulden, Haftaufenthalten bis hin zum Umfang des Geschlechtsverkehrs offen verschickt, so daß jeder Einsicht nehmen kann. Dieser Bereich ist besonders sensibel, und da sollte als erstes etwas gemacht werden. Das ist noch Mitte Februar festgestellt worden, obwohl sie im Januar auf meine Anfrage gesagt haben, es wird alles geschlossen verschickt. Da hat der Senat schlichtweg die Unwahrheit gesagt.
Um zum Schluß zu kommen, Frau Senatorin, Sie haben in einem „Mopo“-Interview vor kurzer Zeit gesagt, Ihr Job sei nichts für Leute mit schwachen Nerven und Sie würden sich durch fernöstliche Meditation beruhigen. Da kann ich nur sagen: Hören Sie auf zu meditieren, sondern sorgen Sie für Datenschutz beim Familiengericht.
Wer möchte die Vorlage an den Rechtsausschuß überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist diese einstimmig überwiesen.