Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

Wer möchte das Gesetz über die Errichtung der Stiftung Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv unter Berücksichtigung der soeben beschlossenen Änderung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung ist das einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung.Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu? –

(Zweite Bürgermeisterin Krista Sager gibt ihre Zu- stimmung zu erkennen.)

Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer das in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung ist das einstimmig so beschlossen.

Damit ist das Gesetz auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen. Im übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf: Drucksache 4236: Antrag der CDU zur Hundeverordnung.

[Antrag der Fraktion der CDU: Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden und über das Halten von Hunden (Hundeverordnung) vom 14. Dezember 1993, geändert am 14. März 2000 – Drucksache 16/4236 –]

Hierzu ist Ihnen als Drucksache 16/4289 ein Antrag der SPD-Fraktion zugegangen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden – Drucksache 16/4289 –]

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Beide Anträge möchte die GAL-Fraktion an den Gesundheitsausschuß überweisen.Wer wünscht das Wort? – Herr Fuchs erhält es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema beschäftigt uns schon seit geraumer Zeit; nunmehr, so hat es den Anschein, mit positivem Ausgang.

Manchmal ist es gut, wenn man sich an die Vergangenheit erinnert. Als ich klein war, hatte ich Gelegenheit, mehrere Jahre an der Hoheluftchaussee zu wohnen. Wohin sie gespuckt haben, haben Sie eine Kneipe getroffen. Da wurde natürlich immer kräftig Skat gedroschen, am Tisch wurden Kontra und Re gebrüllt und auch über Stalingrad und Sepp Herberger diskutiert. Unterm Tisch lag Harras, reiner deutscher Schäferhund, der immer nur darauf gewartet hat, daß wir Kinder ihn abgeholt haben. Die Weisung des Halters war dann immer: Aber geht nicht mit ihm auf den Victoria-Sportplatz, der Hund mag den Platzwart nicht. Wir sind natürlich trotzdem immer mit ihm auf den Sportplatz gegangen. Leider war der Platzwart nie da. Für kleine Kinder gab es natürlich keine solchen Beschränkungen. Dies ist lange vorbei.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Wo ist der Platzwart jetzt?)

Den gibt es nicht mehr, Herr Schmidt. Er ist nicht an einer Hundeattacke gestorben.

Die im März dieses Jahres vorgenommene Änderung der Hundeverordnung ist nicht weitreichend genug, um der Gefährlichkeit bestimmter Hunde gerecht zu werden. Nicht nur die Zahl der gefährlichen Attacken von Hund auf Mensch oder von Hund auf Hund hat erheblich zugenommen, sondern auch die Formen der Übergriffe sind erschreckend und teilweise sogar schockierend. Nun wird niemand ernsthaft annehmen, daß es gelingen könnte, Zwischenfälle unter Mensch und Hund auszuschließen. Gleichwohl stellt die CDU fest, daß es an der Zeit ist, Menschen mit einer falschen und unsinnigen Vorstellung vom Hund streng entgegenzutreten und jenen, die das vielleicht noch unterstützen beziehungsweise Geld daran verdienen, strikt das Handwerk zu legen.

(Beifall bei der CDU)

Wir alle wissen sehr genau, daß es nicht irgendwann begann, gefährliche Kampfhunde zu regnen, sondern diese Entwicklung hat Jahre oder sogar Jahrzehnte gedauert.Wir haben uns schon sehr daran gewöhnt, daß wir beispielsweise über genmanipuliertes Gemüse diskutieren. Über manipulierte Hunde wird erst seit einiger Zeit diskutiert. Oder anders gesagt: Wenn wir hier nicht Einhalt gebieten, dann wird es irgendwann einmal so sein – gestatten Sie mir diesen Vergleich zur Autoindustrie –, daß zum Beispiel die Hundekampfarena für den Züchter so wichtig ist wie Formel 1 für den Autobauer. Dieses können und wollen wir nicht hinnehmen.

Kein Zweifel, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Mensch bestimmt, sie sollen immer schärfer und immer aggressiver sein, immer mehr Beißkraft und mehr Angriffslust besitzen. Der Hund als Hund spielt sehr häufig gar keine Rolle mehr. Vor dem Hintergrund ständig neuer Wünsche, die an unseriöse Züchter herangetragen werden, macht man aus einigen Hunden beißfreudige Kampfmaschinen. Unter dem Aspekt der Tierliebe sind das bedauernswerte Kreaturen. Auch dies ist für uns nicht länger hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU)

Viele von Ihnen aus der SPD-, der GAL-Fraktion und der REGENBOGEN-Gruppe haben sich die Mühe gemacht und sind zu Herrn Poggendorf ins Tierheim gegangen.Dort finden Sie 90 Hunde einer Rasse vor, die in teilweise schizophrener und nicht mehr nachvollziehbarer Art und Weise durch die Zwinger taumeln. Man mag das im Moment belächeln, aber wenn nur ein Funken Tierliebe in uns ist – ich gehe davon aus, daß diejenigen in der Mehrheit sind –, muß man das bedauern und sagen, wie weit ist das hier schon gekommen. Es gibt ganz sicher sehr viele Hundehalter, die sehr gut mit ihrem Hund umgehen können, auch mit den von uns gemeinten Rassen. Diese Menschen möchten wir auf unsere Seite holen und sagen, die Erlaubnis ist wichtig. Wer mit seinem Hund noch nie auffällig geworden ist, noch nichts Negatives mit ihm erlebt und ihn immer im Griff gehabt hat, dem kann man den Wunsch nach einem Hund seiner Rasse nicht ernsthaft versagen.

Der Ihnen vorliegende Antrag der CDU zum Schutz vor gefährlichen Hunden hat viele Elemente des bayerischen Verordnungsgesetzes übernommen.Das liegt nicht daran, daß wir in der CDU alles toll finden, was aus Bayern kommt.

(Uwe Grund SPD: Das kommt ins Protokoll!)

Das liegt vielmehr daran, daß Bayern bereits 1992 den Schritt gewagt und etwas unternommen hat.Heute kann es bereits von sich sagen, daß die hier in Rede stehenden Probleme, die wir hier diskutieren, dort so nicht mehr auftauchen. Dies hat in Bayern ohne irgendwelche Brachialgewalt funktioniert. Man mußte dort zum Beispiel keine Hunde einschläfern oder eine Zucht verbieten.

Der wesentlichste Akzent liegt bereits darin, daß für bestimmte Hunderassen eine Erlaubnis zum Kauf beziehungsweise Besitz notwendig ist. Denjenigen, die schon jetzt meinen, das sei im Grunde genommen undurchführbar, sei als Beispiel die Einführung – jetzt lachen Sie nicht – des Angelscheins genannt. Früher konnten Sie in Hamburg überall angeln.Dann sagte jemand, das ginge aus Naturschutzgründen nicht weiter.Dann hat man sich einen Angelschein geholt. Heute kann man erst angeln, wenn man sich durch eine entsprechende Prüfung den Bundesfischereischein erworben hat.

Der vorliegende Antrag orientiert sich an der aktuellen Situation, die alles andere als erfreulich ist. 1999 gab es 596 Übergriffe, das sind 100 Übergriffe mehr als bereits 1998. Wer sich die Mühe macht und sich die Art der Attacken und die Form dieser Übergriffe anschaut, der wird nicht umhinkönnen und Handlungsbedarf signalisieren müssen.

Eine Bemerkung zur sogenannten Hundeausbildung, die ganz sicher ihren Sinn beim Katastrophenschutz und bei der Polizei macht. Allerdings geht mir das Platz- und SitzGeschreie vieler Herrchen und Frauchen ganz schön auf die Nerven.Auch hier gehört ein bißchen Information dazu, um den Hundebesitzern klar zu sagen, daß das auch nicht das Miteinander von Hund und Mensch ist, wie wir uns das vorstellen.

Die Sozialdemokraten haben ebenfalls einen Antrag zu diesem Thema eingebracht.Wir freuen uns darüber, daß er fast deckungsgleich mit unserem Antrag ist.Gleichwohl gestatten Sie mir zu sagen, daß die Frist Oktober dieses Jahres ein wenig spät ist.Aber dennoch, zu spät ist nie zu spät. Wenn es etwas bringt und wir den Erfolg gemeinsam erzielen wollen, freuen wir uns sehr darüber. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Das Wort hat Frau Walther.

Ich muß deutlich klarstellen, daß die SPD-Fraktion dieses Thema aufgegriffen

(Zurufe von der CDU: Ja, ja!)

und die Hundeverordnung geändert hat.Wir haben gesagt, wir warten, was bei der Innenministerkonferenz im Mai herauskommt. Jetzt stellen Sie schon einen Antrag. Daraufhin haben wir natürlich einen Zusatzantrag gestellt. Ich will Ihnen auch erklären, warum.Wie Sie wissen, werden wir ihn nicht ablehnen, wir werden beide Anträge an den Ausschuß überweisen.Aber dazu muß ich noch ein paar Worte sagen.Es ist schön, was Sie von Bayern sagen und daß wir angeblich die gleichen Sachen fordern. Aber das ist nicht so. In unserem Antrag steht faktisch das, was auf der Innenministerkonferenz gefordert wurde. Da paßt noch sehr viel mehr hinein, als in Ihrem Antrag steht.

(Carsten Lüdemann CDU: Das ist alles auf Ihrem Mist gewachsen oder auf unserem?)

Hören Sie doch erst einmal zu, Herr Lüdemann.

In Ihrem Antrag stehen nur Teile. Wenn wir das jetzt beschließen, können wir in drei Wochen vielleicht schon wieder die Hundeverordnung ändern. Das kann auch nicht der Sinn sein.

Ich gehe auf ein paar Punkte ein. Zu den Rassen gab es am Freitag bereits einen Bundesratsbeschluß mit der Empfehlung, drei dieser Hundesorten zu verbieten. Das ist Ihnen vielleicht auch schon bekannt.

(Andrea Franken GAL: Ich kann das nicht hören!)

Das ist einmal der Pitbull, der Staffordshire Terrier und der Bullterrier. Diese drei Hundesorten sollen nach Bundesratsbeschluß, an dem Hamburg maßgeblich mitgewirkt hat, in die Hundezuchtverordnung mit aufgenommen werden. Sie haben allerdings einen Bandog im Antrag stehen. Den müßten Sie in der Ausschußbesprechung streichen, weil dieser Hund weder in Hamburg noch in der gesamten Bundesrepublik in irgendeiner Liste von Beißvorfällen vorkommt.

(Michael Fuchs CDU: Sie können das streichen!)

Darüber müßte man diskutieren, denn bei den 596 Fällen, von denen Sie reden, steht der Pitbull an dritter und die anderen an fünfter Stelle. Aber es gibt in der bundesweiten Statistik eine Vielzahl anderer Hunde mit Hunderten von Beißvorfällen.

Damit nicht immer so getan wird, als seien die Hunde, die angeblich unter Kampfhunde fallen, beißwütig, weise ich darauf hin, daß der Mastino zum Beispiel in der bundesweiten Statistik an dreißigster Stelle steht.Davor gibt es nur den Pitbull, den Bullterrier und den dritten Hund, den wir eben genannt haben. Ansonsten sind dazwischen die Riesenschnauzer, die Pudel, die Cockerspaniel, die Neufundländer, die Dobermänner, die alle viel mehr beißen.

(Unruhe im Hause)

Ich habe auch schon Schäferhundbisse gesehen, Frau Blumenthal, und das sind über 2000, aber bei Schäferhunden geht keiner ran.

(Rolf Harlinghausen CDU: Yorkshire-Terrier!)

Fangen wir doch damit an.

Ich hätte gerne noch einen weiteren Punkt Ihres Antrages angesprochen.Wir haben ja gefährliche Hunde in der Hun