Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

(Dr. Monika Schaal SPD: Das dauert immer neun Monate!)

um eine Aufenthaltsverlängerung erreichen zu können.Das kann man nicht von der Hand weisen, und wir wissen, daß das durchaus Praxis ist.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Erzähl! Wie geht das?)

Doch, das kann man, lieber Martin Schmidt. Auch lassen sich Väter natürlich sehr viel leichter ausgrenzen, wenn sie vorher nicht in dem Sinne zur Familie gehört haben und sie vielleicht durch ihre besondere Erscheinungsform auch lästig geworden sind. Es bedarf dabei einer sehr sorgfältigen und einfühlsamen Einzelfallprüfung. Ich möchte da eigentlich nicht zwischen ausländischen und inländischen Vätern unterscheiden, denn Väter sind Väter, egal, aus welchem Land sie kommen.

(Mahmut Erdem GAL: Aber es geht um auslän- dische Väter!)

Ja, das ist natürlich richtig, wenn man damit in Konflikte kommt.Herr Pumm hat das ja sehr deutlich gezeigt, wie das ist, also brauche ich das nicht noch einmal zu sagen.

Ich sehe diesem Bericht mit sehr großem Interesse entgegen. Mich würde schon interessieren, in welchem Maße ausländische Väter davon betroffen sind, und wir stimmen dem Berichtsersuchen zu.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Uhl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es scheint, daß ich mal wieder die einzige bin, die in diesen vielstimmigen Chor nicht einstimmen kann.

(Michael Dose SPD: Dann sollten Sie darüber nachdenken!)

Ich finde den Antrag weder interessant noch weitreichend, sondern extrem ärgerlich. Allein in den letzten drei Monaten gab es im Eingabenausschuß rund 16 Anliegen von binationalen Familien. Die Mehrheit davon hätte nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, das immerhin schon ein halbes Jahr alt ist, hierbleiben können. Das ist nicht passiert, sondern mit Zustimmung der GAL mußten die Väter ausreisen.Das zeigt mir, daß es nicht darum geht, in einem halben Jahr einen Bericht darüber zu bekommen, wie mit Gesetzen in Hamburg umgegangen wird, sondern daß es heute darum geht, dafür zu streiten, daß die Auslegung und die Spielräume, die diese Gesetzesänderungen geboten haben, auch angewandt werden

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

und nicht erneut wieder ein halbes Jahr verstreichen soll und die GAL zustimmt, daß die Leute abgeschoben werden können und laufend diese Dinge passieren. Ich finde, das ist absurd und wirft auch ein ärgerliches Bild auf das, wie die GAL sich Flüchtlingspolitik in Hamburg vorstellt. Man redet, man läßt Berichte schreiben, und derweil wird die Flüchtlingspolitik verschärft. Ihr bekommt das selber mit. Allein in der letzten Zeit wieder elf Trennungen von Familien,

(Erhard Pumm SPD: Lassen Sie mal die GAL in Ruhe!)

die getrennt abgeschoben worden sind. All diese Verschärfungen, die mittlerweile mit dem Gestus stattfinden, die sind ja auch getrennt eingereist, also können sie auch getrennt wieder ausreisen, finden statt. Was wollt ihr eigentlich noch mehr als eine gesetzliche Grundlage, Verfassungsgerichtsurteile, auf deren Grundlage heute schon etwas anderes stattfinden kann und nicht in einem halben Jahr. Das wird immer nur noch schlimmer, weil man es immer weiter vor sich her trägt und nichts passiert.Deswegen finde ich den Antrag nicht erfreulich, sondern extrem ärgerlich. Wir werden ihm dieses Mal auch nicht zustimmen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich über den Antrag abstimmen.

Wer möchte demselben seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mit großer Mehrheit angenommen.

(Karen Koop CDU)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 54 auf: Drucksache 16/4412: Antrag der CDU zur Abschiebehaftabteilung der JVA Glasmoor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Abschiebehaftabteilung in der JVA III – Glasmoor – – Drucksache 16/4412 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 16/4535 ein Antrag der Gruppe REGENBOGEN vor.

[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Abschiebehaftabteilung in der JVA III – Glasmoor – – Drucksache 16/4535 –]

Die SPD-Fraktion möchte beide Drucksachen an den Rechtsausschuß überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Ploog bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausgang dieses Antrages war ein Besuch des Eingabenausschusses im Haus III der Vollzugsanstalt Glasmoor, das ist das sogenannte Abschiebehafthaus. Das war für uns im Eingabenausschuß wichtig, weil wir uns jede Woche am Montag mit einer Vielzahl von Fällen beschäftigen, von Menschen, denen ein endgültiges Bleiben bei uns nicht erlaubt ist, die abgeschoben werden müssen – welch schreckliches Wort eigentlich –, und einige von diesen sitzen eben auch in der sogenannten Abschiebehaft in Glasmoor. Deshalb war es für den Ausschuß natürlich besonders wichtig, einmal zu sehen, unter welchen Verhältnissen diese Menschen, die unter einem starken seelischen Druck stehen, dort die Zeit verbringen müssen, die ihnen noch bleibt, damit sie nach Hause gebracht werden, weil sie nicht bereit waren, vorher freiwillig auszureisen.

Nun sind die Zeiten, die dort in aller Regel verbracht werden, für diese Menschen nicht sehr lang.Aber wer sich einmal vorstellen kann, nur einen Tag ausschließlich fremdbestimmt zu sein, dadurch, daß man ihm alle Freiheiten nimmt, der kann sich vielleicht auch in die Lage hineinversetzen, wie es aussieht, vier Wochen lang so etwas ertragen zu müssen, und das ist auch für uns ganz besonders wichtig gewesen.

Was wir dort festgestellt und gesehen haben, ist auch im Vorspann zum Antrag geschrieben. Ich will hier nicht alles wiederholen, aber die Bedingungen dort sind rechtsstaatlich natürlich einwandfrei. Daran gibt es gar keinen Zweifel. Aber wenn Sie sich vorstellen, daß dort nicht überwiegend alte Personen sind, die auch nicht mehr mobil sind, sondern in aller Regel, jedenfalls in der Momentaufnahme, die wir Ihnen schildern können, waren es mehr oder weniger junge Männer in einem Alter, in dem man nach Bewegung drängt, wo man sich ausarbeiten oder austoben möchte, und die dann zu sechst in seelenlosen Räumen untergebracht sind. Ich weiß, daß es dort kein Vollzug, sondern eine Sicherungshaft ist.Man kann auch nicht zuviel machen, aber das bißchen, das man vielleicht machen könnte, ist uns in Gedanken aufgekommen.

Das ist auch für mich ein zentraler Punkt, gehört zu haben, daß diese Menschen von den 24 Stunden, die der Tag nun mal bietet, abzüglich der Ruhepausen maximal zwei Stunden Freigang haben. Wenn man dann bedenkt, daß das junge Leute sind, die vielleicht sonst in der Freizeit rumtoben oder zumindest Sport machen, sich dort aber nur auf einem relativ begrenzten Gebiet bewegen können.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Aber warum sind die da?)

Weil sie nicht freiwillig ausgereist sind, aber darum geht es nicht, sondern es geht darum, daß wir für die Bedingungen, unter denen sie hier bei uns die letzten Wochen verbringen, verantwortlich sind.

(Peter Zamory GAL: Hören Sie mal zu, Herr Ehlers! Sie können von Ihrem eigenen Abgeordneten et- was lernen! – Gegenruf von Karl-Heinz Ehlers CDU: Ich höre genau zu!)

Ich finde, es ist nicht zuviel verlangt, wenn wir diesen Leuten zumindest auch die Möglichkeit bieten, sich sportlich zu betätigen, einmal abgesehen von dieser Form der Haft. Aber ich beklage sowieso seit langem mit meiner Fraktion, daß auch in den anderen Anstalten die Gefangenen abends eher vom Kartenspielen und Fernsehen müde ins Bett fallen als von der Arbeit oder sonstiger körperlicher Betätigung. Ich finde, man muß diesem Bewegungsdrang auch einen Raum geben. Das war für mich persönlich jedenfalls ein ganz wichtiger Punkt, daß sie sich auch einmal austoben können, und zwar sportlich betätigen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Hören Sie gut zu, Herr Za- mory! Hören Sie zu! – Glocke)

Meine Damen und Herren! Wenn der eine oder andere Abgeordnete solch einen intensiven gegenseitigen Austauschbedarf hat, dann sollte er das vielleicht so tun, daß wir hier weitermachen können.

Der zweite Punkt ist, daß diese Menschen, die dort sind, natürlich immer noch eine Reihe von Fragen haben. Nun bin ich nicht so blauäugig, um zu glauben, daß sie all diese Fragen vorher nicht auch schon einmal gestellt haben. Aber wer sich in eine solche Situation hineinversetzen kann oder zumindest versucht, das zu tun, der weiß, daß diese Fragen immer wieder hochkommen, weil bei diesen Menschen natürlich auch Unsicherheiten vorhanden sind. Bei uns ist die Sicherheit gegeben, daß sie nach Hause müssen, aber die haben etwas anderes, und für sie ist immer noch viel zu regeln. Da bedarf es schon einer vernünftigen Betreuung. Es muß nicht alles sozialpädagogische Betreuung sein, es genügen auch Gespräche mit den vorhandenen Bediensteten dort, aber daran mangelt es in zweierlei Hinsicht.

Der Sozialpädagoge dort hat uns gesagt, er habe nur eine befristete und dann nur eine Teilzeitstelle, also eine halbe Stelle. Er könnte gut und gerne einen ganzen Tag dort arbeiten und wäre dann immer noch nicht fertig, jedenfalls nicht so, wie er sich eine Aufgabenerledigung vorstellt. An einer halben Stelle, finde ich, sollte es eigentlich nicht mangeln. Ich weiß, daß alles teuer bei uns ist, aber ich finde, darüber sollten wir einmal nachdenken.

Der zweite Punkt ist, daß wir seinerzeit haben mitbekommen müssen, daß bei Einrichtung der Abschiebehaft dort nicht ausschließlich voll ausgebildete Vollzugskräfte eingesetzt wurden, sondern daß man dort auch einen privaten Sicherheitsdienst zur Aufgabenerledigung mit herangezogen hat. Dagegen habe ich im Prinzip auch gar nichts.Was ich aber bei dieser Gelegenheit dort gehört habe, ist, daß möglicherweise die Qualifikation dieser Menschen, die vom Sicherheits- oder Wachdienst dorthin abgeordnet werden, nicht so ausgestaltet ist, daß sie vielleicht auch ein Gespräch mit diesen Menschen führen könnten. Die könnten dann, wenn wir schon nicht überall ausgebildete Vollzugs

(Vizepräsident Berndt Röder)

kräfte haben, einen Teil einer solchen Begleitung mit übernehmen.Vielleicht ist es auch von mir ein bißchen blauäugig, aber ich glaube nicht. Manchmal ist es auch nur wichtig, ein vernünftiges Gespräch angeboten zu bekommen. Wir kommen bei dem nächsten Tagesordnungspunkt noch darauf, daß bei den Wachdiensten eine Qualitätssicherung gegeben sein muß.

Ich weiß aus dem Land Nordrhein-Westfalen, die eine große Abschiebehaftanstalt in Düren haben, daß der dortige Unternehmer, der die Wachdienste stellt, eine solche Schule ins Leben gerufen hat, jedenfalls bietet er Fortbildungsmöglichkeiten an. Die Männer, die vom Wachdienst dort hinkommen, bekommen eine Unterweisung und, wenn es erforderlich ist, auch eine Nachschulung. Auch darüber könnte man zumindest nachdenken. Deswegen haben wir auch in unserem Antrag gefordert, daß es sich um ausgebildetes Personal handeln sollte. Das heißt aber nicht – damit wir nicht mißverstanden werden –, daß wir jetzt voll ausgebildete Vollzugskräfte haben wollen. Das tut wahrscheinlich gar nicht nötig.

Das Weitere lesen Sie in dem Antrag. Wieweit es möglich ist, die Saalbelegungen zu reduzieren, kann vielleicht auch von der Behörde oder dem Senat geprüft werden. Sechs Personen in einem relativ kleinen Raum, das ist nicht die Erfüllung aller Träume. Es soll dort kein Knast de Luxe gebaut werden, aber wenn man statt sechs Personen vielleicht vier Personen in diesen kleinen bescheidenen Räumen unterbringt, wäre das ein Fortschritt. Ich weiß zwar nicht, welche Kosten dort entstehen und ob wir mehr Personal brauchen, aber es muß zumindest geprüft werden. Zu den Möglichkeiten der sportlichen oder körperlichen Betätigung hatte ich schon etwas gesagt.

Als wir dort vom Hof fuhren, hatte ich die Möglichkeit, zwei Frauen mitzunehmen, die dort ihre Freunde oder Bekannten besucht und sich beklagt hatten, daß die Besuchsmöglichkeiten nicht ausreichend wären. Jetzt haben die Angehörigen oder Freunde die Möglichkeit, alle zwei Wochen drei Stunden Besuch zu bekommen. Das könnte man vielleicht auch einmal prüfen, ob das noch mehr sein kann.

Zu dem Antrag der Gruppe REGENBOGEN möchte ich einige wenige Worte sagen. Sie möchten, daß auch für Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen weitere Besuchsrechte eingeräumt werden. Wir haben hier an Angehörige gedacht. Ob Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen nun diejenigen sind, die diese Leute so intensiv betreut haben, um sie dort zu besuchen, weiß ich nicht. Vielleicht könnte es hilfreich sein, daß sie dort eine begleitende oder betreuende Arbeit aufnehmen. Aber zunächst einmal paßt das nicht zu meinem Antrag. Ich will mich dem aber nicht versagen. Oftmals sind solche Initiativen auch hilfreich für das Personal. Das müßte aber untersucht werden.

Ihren weiteren Punkt möchte ich nicht mit aufnehmen, weil der mit dem Antrag rein gar nichts zu tun hat. Ob nun eine Abschiebehaft beantragt oder darauf verzichtet wird, das ist nicht mein Ding. Das lehnen wir deshalb auch ab.

Meine Damen und Herren, ich darf das noch einmal zusammenfassen. Es kommt uns bei der Betreuung während dieser kurzen Aufenthaltszeit auf mehr Professionalität an. Es geht aber auch darum, einiges vielleicht sinnvoller zu machen. Ich will aber nicht sagen, daß das, was dort gemacht wird, unsinnig wäre, sondern ich glaube, daß dort mit Engagement gearbeitet wird.Das ist auch kein Vollzug, wie wir ihn sonst bieten, aber die Besichtigung und die Ge

spräche, auch die Auskunft der Anstaltsleitung, haben gezeigt, daß man in einem bestimmten Rahmen über Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken kann. Insofern bitte ich um die Annahme des Antrages, wobei ich weiß, daß der Antrag an den Rechtsausschuß überwiesen werden soll. Dem stimme ich dann auch zu.

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der SPD)