Ich möchte nun einen Blick auf den Haushaltsplan selbst richten. Der Haushalt 2000 im Bereich der Justiz ist gekennzeichnet von wichtigen Zukunftssignalen für die Erneuerung von Justiz und Strafvollzug. Nach Abschluß des Reformprozesses „Justiz 2000“ leistet der Haushalt damit auch einen Beitrag zur Vorbereitung von weiteren Reformschritten, über die in der Hamburger Justiz schon eine Zukunftsdebatte unter dem Stichwort „Justiz 2010“ angelaufen ist.
Der Haushalt 2000 im Bereich der Justiz ist – und das wollen wir nicht bestreiten – allerdings auch gekennzeichnet von unverzichtbaren Einsparzwängen. Die Justiz ist sich dabei ihrer Gesamtverantwortung für die Sanierung des Hamburger Haushaltes bewußt und trägt die notwendige Konsolidierung weiterhin mit.
Zum Thema Stellenabbau, das Sie nur kurz gestreift haben, will ich Ihnen folgendes sagen: Bei der Staatsanwaltschaft ist die Konsolidierungsverpflichtung geringer geworden. Es ist eine Wiederbesetzung von 3,5 Staatsanwälten vorgesehen. Die Vakanzrate liegt bei 2 Prozent bei 156 Stellen, und – ganz wichtig – es hat eine Modernisierung, eine Reorganisation im Bereich der Staatsanwaltschaft stattgefunden und dauert an, die die Leistungen der Staatsanwaltschaft weiter steigert. Ich finde es ungeheuerlich, Herr Professor Karpen, daß Sie hier in den Raum stellen, als würde die Staatsanwaltschaft ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht. Das Gegenteil ist der Fall.
Ich gebe zu, daß wir im Bereich der Gerichtsvollzieher eine Mangelsituation haben. Wir haben darüber im Rechtsausschuß beraten. Die Justizbehörde hat ein Konzept vorgestellt. Daraufhin haben auch Sie mit Ihrer Fraktion Ihren Antrag für erledigt erklärt. Es hat sich gezeigt, daß es an Gründen gehakt hat, für die die Justizbehörde nichts kann. Man muß jetzt weitersehen. Wir werden das im Ausschuß beraten.
Sicher wird auch in Zukunft die Belastung der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und des Strafvollzuges hoch sein. Um so erfreulicher ist es aber, daß die Justiz wegen ihrer besonderen Situation nicht dieselbe Sparquote wie andere Behörden erfüllen muß. Der Haushaltsplan-Entwurf sieht für die Justiz Ausgaben in Höhe von rund 746,5 Millionen DM gegenüber rund 717,1 Millionen DM des Vorjahres vor. Das entspricht einer Steigerung von 4,1 Prozent, und das ist angesichts der Rahmenbedingungen sehr beachtlich.
Insbesondere im Personalkostenbereich sind klare Tendenzen der Abmilderung der Konsolidierung erkennbar. Das Marschgepäck, wie die Senatorin es immer nennt, ist für die Justiz viel leichter geworden. Ihre Konsolidierungsquote ist um knapp 1,7 Millionen DM abgesenkt worden, und das ist der Gegenwert von 22 Stellen.
Bereiche, die im rechtspolitischen Brennpunkt stehen und deren reibungsloses Funktionieren für den Standort Hamburg von herausgehobener Bedeutung sind, zum Beispiel das Bezirksjugendgericht, das Hanseatische Oberlandesgericht, das Finanzgericht, werden von der Absenkung profitieren, und das begrüßen wir ausdrücklich.
Ergänzt wird dies noch durch die erweiterten Maßnahmen im Bereich Jugenddelinquenz. Damit haben wir einen wirk
lich verantwortungsvollen, verantwortbaren Kompromiß zwischen den rechtspolitischen Herausforderungen und Bedarfen sowie den zwingenden Haushaltsaspekten hinbekommen. Ich bin mir sicher, daß dieser Haushaltsplan nach wie vor nicht nur die Funktionsfähigkeit der Justiz als unabdingbare Voraussetzung eines funktionierenden Rechtsstaates gewährleistet, sondern auch Raum für Innovationen und Investitionen schafft. Wer das Gegenteil behauptet, der soll hier konkrete Belege liefern, aber nicht ständig mit den gleichen abgegriffenen Behauptungen aufwarten.
Angesichts Ihrer Stellenerhöhungsanträge fragt man sich allerdings, ob wir nun schon wieder beim Weihnachtswunschkonzert angekommen sind. Es glaubt Ihnen doch niemand, daß dieses eben mal zusammengeflickte Konzept der Gegenfinanzierung stimmig ist. Was Sie da vorlegen, ist unseriös und abstrus. Die Finanzsenatorin und der Vorsitzende des Haushaltsausschusses haben dazu gestern deutliche Worte gesagt.
Interessant ist auch, daß Ihnen außer Stellenerhöhungen nichts Grundlegendes eingefallen ist. Insofern gehe ich doch davon aus, daß Sie mit den Kernbotschaften des Justizhaushaltes im Bereich von Innovation und Investition sehr einverstanden sind.
Mit diesem Haushalt, dem ersten nach Ablauf des Projekts „Justiz 2000“ wird in der Tat ein weiterer Zukunftsschritt Richtung „Justiz 2010“ getan. Die Schwerpunkte sind unter anderem der bis zum Jahr 2005 laufende bundesweit beachtete Modellversuch zum professionellen Justizmanagement, die Forcierung der Aktivitäten zur Personalentwicklung, Fortbildung und Qualifizierung, der weitere Ausbau der EDV-Technik mit dem Ziel einer Vollausstattung, einem umfassenden Internet-Angebot der Hamburger Justiz und dem Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs, die Umsetzung des Projekts „Segmentierung des Amtsgerichts“ mit der Vollautomation des Handelsregisters sowie der angestrebten Gründung zweier neuer Stadtteilgerichte und des Justizforums Ost.
In diesem Zusammenhang will ich eine kleine Fußnote machen. Wir haben das Problem des Familiengerichts Hamburg-Mitte. Die Familienrichter haben den Wunsch geäußert, zusammen an einem Ort zu bleiben. Das ist menschlich verständlich, ist aber nicht unbedingt zwingend. Eines ist gewiß falsch: Man kann nicht annehmen, daß die Stadtteilgerichte in Blankenese, in Harburg, in Bergedorf, in Wandsbek oder wo auch immer familienrechtlich schlechter urteilen als die Richter in Hamburg-Mitte. Das ist sicherlich falsch.
Aber es kann natürlich einen Grund geben, daß man die Richter nicht auf drei, sondern vielleicht nur auf zwei Standorte verteilt. Darüber kann man nachdenken. Ob es richtig ist, den Senat dazu aufzufordern, Einfluß zu nehmen, wo doch in diesem Fall die Richter selbst eine hohe Eigenverantwortung haben, das muß man mal sehen. Wir werden das beraten.
Die Steigerung des Justizhaushaltes von 4 Prozent ermöglicht uns insbesondere auch den Bau zweier Vollzugsanstalten. Mit dem Bau der neuen geschlossenen Männervollzugsanstalt und Ersetzung der offenen Män
nervollzugsanstalt Vierlande durch eine neue größere Anstalt in Billwerder setzt Hamburg dringend notwendige Meilensteine für die Gewährleistung eines gesetzmäßigen und auf die Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft ausgerichteten Strafvollzuges.
Damit stellen wir uns der Verantwortung, die unter anderem wegen einer verschärften Gesetzgebung und einer strenger gewordenen Rechtsprechung angestiegene Zahl der Gefangenen auch menschenwürdig und sicher unterzubringen. Der früher viel gescholtene Hamburger Strafvollzug nimmt damit die Herausforderungen der Zukunft an. Gerade diese Gesichtspunkte unterstützt die SPDFraktion mit Nachdruck.
Mit ihren justizpolitischen Initiativen beweist die Justizsenatorin auch, daß Rechtspolitik und Rechtsstaatlichkeit im 21. Jahrhundert mehr sein muß als die Diskussion um Stellen bei der Justiz, um Plätze im Strafvollzug, um Effizienzsteigerung und Modernisierung. Die SPD-Fraktion unterstützt die Senatorin, die rechtspolitischen Schwerpunkte weiter konsequent anzugehen.
Die Stärkung der Position der Verletzten nach einer Straftat, insbesondere in einem anschließenden Strafverfahren, ist eines der zentralen rechtspolitischen Anliegen. Die verfassungsmäßige Ordnung verpflichtet staatliche Stellen, neben der Strafverfolgung auch sich schützend und fördernd vor die Opfer und Verletzten nach Straftaten zu stellen.
Daß Hamburg an der Spitze entsprechender Reformen steht, beweist, daß Vorwürfe, Hamburg betreibe mehr Täter- als Opferschutz, wirklich dumme Polemik sind.
Die Neuregelung der Sanktionsformen und die Bekämpfung häuslicher Gewalt sind neben anderem weitere zentrale rechtspolitische Vorhaben.
Unsere Damen und Herren von der Opposition haben bei soviel Substanz eigentlich nur Polemik entgegenzusetzen. Sie haben uns wieder eindrucksvoll ihre fehlende rechtspolitische Zukunftsfähigkeit vor Augen geführt, verlieren sich – das gilt vor allem für den justizpolitischen Sprecher – in persönlichen Scharmützeln – Stichwort Maulkorberlaß – und bekommen keine inhaltlichen Forderungen mehr hin.
Der Haushalt 2001 beweist dagegen, daß die Justizbehörde mit ihren Richtern und Mitarbeitern an einer Justiz baut, die auch vor den Herausforderungen der Zukunft bestehen kann. Geben Sie bitte dem vorgelegten Entwurf des Einzelplans 2 Ihre Stimme. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Vorbereitung für meine Rede habe ich heute mittag noch einmal meine Reden zu den Haushalten der vergangenen Jahre gelesen.
Der rote Faden – vielleicht sollte ich sagen, der grüne Faden –, der in allen Reden der letzten Jahre erkennbar war, ist die Aussage: Es muß gespart werden, aber es läßt sich viel Vernünftiges verwirklichen. Ich halte diese Aus
Ich möchte kurz Revue passieren lassen, was in den letzten drei, vier Jahren im Bereich der Justiz passiert ist:
Das Projekt „Justiz 2000“ ist erfolgreich zu Ende gebracht worden mit der Option, daß es weitergeht. Obwohl es formal abgeschlossen ist, sollen die Ideen, die dahinterstecken, weitergeführt werden.
Zum Modellversuch „Gerichtsmanager“: Dieser Versuch ist bislang einmalig in der Bundesrepublik. Zwei Personen werden in Kürze ihre Arbeit aufnehmen. Die Zeugenbetreuung wurde ausgeweitet; der Spritzentausch in den Gefängnissen wurde auf die geschlossenen Abteilungen ausgedehnt; im Bereich der Schnellverfahren wurden Verfahren gestrafft; nicht zuletzt gab es Initiativen zur Stärkung der Verletztenrechte, die auch Herr Klooß erwähnt hat. Das war ein kleiner Überblick über das, was im Bereich der Justiz passiert ist.
Wenn Sie die Schwerpunktsetzung auf die Stärkung der Verletztenrechte betrachten, dann wird ziemlich schnell klar, daß von Täterschutz statt Opferschutz keine Rede sein kann; auch das wurde von Herrn Klooß erwähnt.
Im übrigen lege ich Wert auf die Feststellung, daß das Sich-Kümmern um die Täter letztlich indirekt zum Schutz der Opfer beiträgt.
Rotgrün setzt deshalb im Bereich des Strafvollzuges auf die Erhöhung der Anzahl derer, die im Gefängnis eine Ausbildung machen. Denn wenn wir für Resozialisierung eintreten, müssen wir in erster Linie dafür sorgen, daß die Entlassenen eine bessere Chance auf dem Weg in die Freiheit haben; dazu gehört unter anderem eine gute Ausbildung. In diesem Bereich sind deutliche Fortschritte erkennbar.
Wir unterstützen auch das Bemühen der gefängniseigenen Betriebe, im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit weiterzukommen. Wir stehen hier noch am Anfang, aber wir denken, daß die Weichen in die richtige Richtung gestellt wurden.
An diesen Beispielen erkennen Sie, daß Sparen und Fortschritt nicht zwingend ein Widerspruch sind. Gerade das Projekt „Justiz 2000“ hat gezeigt, daß in gewisser Weise der Sparzwang auch sein Gutes hatte, insofern als er einen schwerfälligen Apparat in der Justiz nachhaltig in Bewegung brachte.