Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

rungen, Planungssicherheit für Hochschulen bei gleichzeitiger deutlicher Akzentsetzung durch die Kultusministerien. Das wird mittlerweile in allen Ländern kopiert.

(Zuruf von Dr. Ulrich Karpen CDU)

Ja, was es schon alles gab, Herr Karpen, darauf kommen wir noch einmal zurück.

Ein zweiter Punkt: Die Dienstrechtsreform, um ein anderes Stichwort zu nennen. Wichtige Impulse kommen in dieser Frage aus Hamburg von Krista Sager und Marlis Dürkop. Die Dienstrechtsreform an den Hochschulen könnte das Vorbild für die Neuordnung im öffentlichen Dienst insgesamt werden. Wir brauchen im Hochschulbereich eine andere Gehaltsstruktur mit deutlichem Spielraum für leistungsbezogene Akzente. Wir brauchen eine bessere Nachwuchsförderung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Da ist die Einführung der Juniorprofessur, die auf die international unübliche Habilitation verzichtet, ein wesentlicher Punkt. Uns Grünen wäre es lieb, wenn man auf den Beamtenstatus im Hochschulbereich verzichten könnte, damit man beim Generationswechsel nicht wieder für 30 Jahre die Hochschulen zuzementiert.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL und der CDU)

Von der CDU höre ich in dieser Frage überhaupt nichts. Hier hat Rotgrün etwas vorgelegt. 16 Jahre CDU-Regierung haben das nicht zustande gebracht. Das liegt daran, daß Sie konzeptionslos und an der Verkrustung des Berufsbeamtentums klebengeblieben sind.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir zum dritten Feld, bei dem ich auch sage, daß Krista Sager etwas Positives geleistet hat, nämlich in der Haushaltspolitik für den Wissenschaftsbereich. Meine Damen und Herren von der CDU, hier sind Sie wirklich zutiefst unseriös. Zu den Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuß am 26. September gab es den ersten Versuch eines CDU-Deputierten – das ist das Trainee-Programm der CDU, ihre jungen Leute in die Deputation zu schicken –, der eine Erklärung abgegeben hat, die auch noch von einer Hamburger BoulevardZeitung kolportiert wird. In der steht etwas von einer Liste zusätzlicher Einsparungen im Wissenschaftsbereich. Die Senatorin könne sich im Senat nicht durchsetzen, es sei ihr alles gestrichen worden. Am selben Abend fragt der Haushaltsexperte der CDU, Herr Freytag, noch einmal ein bißchen nach im Haushaltsausschuß, und es konnte kurz und deutlich erklärt werden, daß an all dem überhaupt nichts dran ist. Ich hätte jetzt wirklich Lust, Ihnen vieles im einzelnen darzulegen.

(Zurufe: Nein, nein!)

Ich wollte zumindest meine Lust und Leidenschaft zum Ausdruck bringen,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja, gut!)

aber ich gehe davon aus, daß die eine Seite dieses Parlaments ohnehin informiert ist und die andere Seite des Parlaments bildungsresistent ist. Deshalb verzichte ich darauf. Aber Tatsache ist, daß sich der Wissenschaftsetat in diesen drei Jahren deutlich gesteigert hat, daß er ausgenommen gewesen ist, Herr Kollege Salchow, von Einsparungen. Das ist vor drei Jahren im Koalitionsvertrag verabredet worden, weil Bildung für diese rotgrüne Koalition ein deutlicher Akzent in dieser Stadt ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es würde mir großen Spaß machen, Ihnen das zahlenmäßig vorzuzeigen,

(Zurufe: Nein, nein!)

die Investitionsmittel zu nennen, aber ich merke, daß das Vertrauen in meine Rede so groß ist, daß ich es durch konkrete Beispiele nicht unterstützen muß.

Und was macht der Kollege Salchow angesichts dieser erdrückenden Zahlen? Er gibt vor drei Tagen eine Presseerklärung heraus, aus der er eben vorgelesen hat. Das ist eigentlich ganz untypisch für ihn, denn er ist ja ein guter Redner, ein Meister der freien Rede. Hier hat er aber aus der Pressemitteilung vorgelesen, und was dort steht, ist wirklich beschämend. Es wird davon geredet, die Hochschulen würden finanziell erdrosselt werden. Er geht auf die Erklärung der Dekane ein, die wir hier schon diskutiert haben. Die Dekane wollen zu Recht, daß es zusätzliche Akzente durch Haushaltsmittel gibt, aber die Dekane wissen genau, daß die rotgrüne Koalition die Haushaltskonsolidierung beschlossen hat, daß es Planungssicherheit gibt, daß bis zum Haushalt 2001 alles verabredet ist, und sie wollen, daß es in der nächsten Legislaturperiode deutliche Akzente gibt. Das haben Ihnen sowohl die Roten als auch die Grünen zugesagt. Die Haushaltskonsolidierung wäre mit Ihnen in der Koalition überhaupt nicht abgeschlossen gewesen nach den Anträgen, die Sie hier gestellt haben. Eine große Koalition wäre ein richtiges Desaster gewesen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Es wird Akzente geben, darüber haben viele von uns schon geredet, und ich bin sicher, daß wir in der nächsten Legislaturperiode, wenn wir befreit

(Rolf Harlinghausen CDU: – von der Regierungs- verantwortung!)

von diesen wirklich undimensionierten Einsparnotwendigkeiten sind, dazu kommen. Zum Glück wird es auch in der nächsten Legislaturperiode eine rotgrüne Koalition geben.

(Rolf Harlinghausen CDU: Nicht in Hamburg! – Ole von Beust CDU: In Berlin!)

Da bin ich ganz sicher. Sie werden da nicht mitzubestimmen haben. Eigentlich könnte man sagen, so ist die Lage.

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL und der SPD)

Lassen Sie mich noch einen Hinweis auf das geben, was Rotgrün auf Bundesebene macht. Das unterscheidet sich nämlich ganz massiv von der vorigen Politik der CDU/ F.D.P. Ich will das nur beim Beispiel BAföG an drei, vier Punkten benennen. Ab 2001 wird es jährlich 1 Milliarde DM zusätzlich für die Reform der Ausbildungsförderung geben.

Meine Damen und Herren! Seit Ablösung der CDU/F.D.P.Regierung sind die Ausgaben um fast 50 Prozent erhöht worden. 80 000 junge Leute werden zusätzlich durch die Ausbildungsförderung gefördert. In den Jahren 1993 bis 1998 sind die BAföG-Empfänger von 408 000 auf 225 000 zurückgegangen. Dies ist ein Beleg dafür, wer sich wirklich um die einkommensschwachen Familien kümmert und für die Kinder der einkommensschwachen Familien tatsächlich etwas tut.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich könnte im einzelnen sagen, was in der BAföG-Reform beschlossen wird. Das spare ich mir. Aber ich möchte

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Ihnen zumindest noch einmal zwei Zahlen nennen. Nach der kürzlich veröffentlichten OECD-Studie liegt Deutschland mit 28 Prozent Studienanfängern deutlich hinter dem Durchschnitt anderer europäischer und überseeischer Länder. 40 Prozent Studienanfänger sind dort im Durchschnitt festzustellen. Das heißt, wenn Herr Beuß gestern davon sprach, daß wir hier eine Bildungsinflation haben, dann liegt er völlig daneben. Was wir brauchen, ist eine Bildungsoffensive. Wir brauchen eine Qualifizierungsoffensive, und wir können nicht genügend Abiturienten und Studienanfänger haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Eine zweite Zahl ist wichtig. 72 Prozent aller Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern studieren und machen Abitur, aber nur 7 Prozent aus den sogenannten bildungsfernen Schichten gehen an die Universität. Das sind doch wirklich schlagende Beispiele dafür, daß hier etwas gemacht werden muß, daß hier einkommensschwache Familien und Kinder deutlich unterstützt werden müssen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich frage mich, warum die CDU nicht klatscht. Gestern hatte sie noch das Herz für die Kleinen, für die Einkommensschwachen, und heute hat sie das schon wieder vergessen.

(Dr. Holger Christier SPD: War alles heiße Luft!)

Okay, meine Damen und Herren.

(Erhard Pumm SPD und Ole von Beust CDU: So ist die Lage!)

Eigentlich habe ich mich immer darüber geärgert, daß die Regierungsparteien in der Bildungspolitik den Eindruck hinterlassen, als gäbe es keine Probleme. Ich wollte Ihnen einige Probleme nennen

(Günter Frank SPD: Nein, danke!)

das wollen Sie nicht hören zum Schluß –, die zum Teil mit Massenuniversität und auch Managementfehlern zusammenhängen, auch objektive und subjektive Faktoren. Es gibt nach wie vor einiges an der Universität Hamburg zu tun. Es gibt in der Frage, Informationstechnologien einzusetzen, eine Menge zu tun. Das will ich mir ersparen, aber ich möchte jetzt zum Schluß zur CDU noch etwas sagen.

Ich habe mir als letzter Koalitionsredner zum Ende der Haushaltsberatungen überlegt, was eigentlich das Dilemma der CDU ist. Ein Dilemma, aber nicht das größte, ist, daß Sie Bildungspolitik zum Megathema im Wahlkampf machen wollen, aber überhaupt keine konzeptionelle Vorstellung haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Uwe Grund SPD: So ist es!)

Das zweite Dilemma hat die CDU gemeinsam mit dem REGENBOGEN: Sie pendeln zwischen einem alten Schlager und der Margarine-halbfett-Reklame, sie pendeln zwischen dem Schlager „Ich will alles, ich will alles, und zwar sofort“ und der Reklame „Ich will so bleiben, wie ich bin“, und von uns erwarten Sie, daß wir Ihnen zuflöten: Du darfst, du darfst, du darfst.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist das zweite Dilemma, aber das wahre Dilemma der CDU ist, daß Sie als Koalitionspartner abhanden gekommen sind. Mit Ihnen wäre die Haushaltskonsolidierung nicht möglich gewesen, mit Ihnen hätte es keinen einzigen

vorwärtsweisenden Akzent in der Bildungspolitik, in der Hochschulpolitik gegeben.

(Dietrich Wersich CDU: de Lo, das glaubst du doch selber nicht!)