Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Innerstädtische Verdichtung. Über diesen Begriff haben die Regierungskoalition, die CDU und die Gruppe REGENBOGEN immer wieder strittig diskutiert. Die innerstädtische Verdichtung bedeutet aus unserer Sicht einerseits die Verdichtung in Volksdorf, andererseits auch in Klein Borstel und selbstverständlich auch dort, was üblicherweise als Innenstadt bezeichnet wird. Alle Quartiere dieser Stadt sollen die gleichen Entwicklungschancen und -möglichkeiten bekommen; das ist die Idee der sozialen Stadtteilentwicklung, aber nicht nur.

Ich freue mich darüber, daß das Bundesprogramm „Soziale Stadt“ sehr viele Elemente der hier in Hamburg seit vielen Jahren praktizierten Politik aufgenommen hat. Auch in diesem Programm geht es nicht nur um bauliche Sanierung, sondern um Quartiersentwicklung, um das Einbeziehen der Gesamtsituation der Quartiere in den Maßnahmenkatalog. Die Mittel werden nicht nur für bauliche und investive Maßnahmen, sondern eben auch für die Steuerung zur Verfügung gestellt. Das macht Hamburg aus unserer Sicht schon lange mit Erfolg. Es ist erfreulich, daß diese Maßnahmen auch in das Bundesprogramm übernommen wurden.

Das dritte, längst bekannte Problem – trotzdem spreche ich es noch einmal an – ist die Tatsache, daß wir in Hamburg eine Flächenknappheit haben; die Fläche ist – eine schlichte, banale Weisheit – nicht vermehrbar. Das führt zu Nutzungskonkurrenzen und unter anderem auch zu der Notwendigkeit, daß sich die vielen Behörden und Interessenvertreterinnen und -vertreter darüber verständigen müssen, welche Nutzung für welche Fläche vorgesehen werden soll.

Man kommt dann aufgrund von finanzpolitischen Denkansätzen und Notwendigkeiten – Frau Sudmann hat das angesprochen – auch sehr schnell zu einer Vergabe nach dem Höchstgebot, wie zum Beispiel bei der HafenCity, aber auch in Falkenried, die sich aus Notwendigkeiten des HVV ergeben hat. Die Schule an der Koppel ist auch ein Beispiel, wo sich die hochpreisige Vergabe aus der Notwendigkeit der Sanierung der Volkshochschule ergeben hat.

Darüber kann man lange streiten. Die Projekte sind in sich in der Regel richtig und schlüssig begründet. Die Schwierigkeit und im Grunde auch die Aufgabe der Stadtentwicklungsbehörde, aber genauso auch die der Bezirke, ist, diesen Konflikt so zu lösen, daß wir in den betroffenen Quartieren immerhin noch eine Nutzungsvielfalt und eine Urbanität erhalten können, daß Wohnen und Arbeiten möglich ist, daß das Handwerk auch in der Stadt seinen Raum findet

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Bravo!)

ja, danke –, aber trotzdem die finanzpolitischen Notwendigkeiten berücksichtigt werden können.

Das ist eine der größten Aufgaben, die wir für die Stadtteilentwicklung und für die Stadtentwicklung insgesamt in Hamburg haben. Sie werden uns noch in den nächsten Legislaturperioden und wahrscheinlich noch weit über die Jahre 2010, 2015 hinaus begleiten.

Im übrigen ist das Projekt HafenCity auch so angelegt. Der Antrag der Gruppe REGENBOGEN ist überwiesen worden, weil es einfach spannend ist, noch einmal darüber zu diskutieren, welche Möglichkeiten es in dem Bereich gibt und wie weit die Konzepte der Stadtentwicklungsbehörde oder von beauftragten Institutionen vorliegen.

Im Umweltausschuß haben wir lange über das Energieversorgungskonzept für die HafenCity diskutiert. Wir werden auch – soweit ich es weiß – eine Diskussion im Kulturausschuß zur Kunst und Kultur in der HafenCity führen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, möglichst viele Ausschüsse immer wieder mit der Entwicklung der HafenCity zu befassen, sie zu begleiten und sich vor allem im Parlament immer wieder dazu zu äußern. So kann man tatsächlich davon reden, daß diese Stadt die Entwicklung insgesamt mitträgt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte noch einiges zu dem Antrag der SPD und der GAL zum Zukunftskongreß Wilhelmsburg loswerden, weil dieser einen etwas schiefen Klang bekommen hatte.

Der Zukunftskongreß in Wilhelmsburg soll stattfinden; das sagen wir alle. Es war kein Runder Tisch, der in Wilhelmsburg stattgefunden hat, sondern ein vorbereitender Workshop, der dazu diente, die Grundzüge der geplanten Konferenzen festzuzurren.

Es war ein spannender Workshop, es sind sehr viele Interessengebiete und Themenschwerpunkte formuliert worden. Wir haben bewußt in dem gemeinsamen Antrag darauf verzichtet, die Liste von Themenschwerpunkten aufzuführen, die sich im Antrag der Gruppe REGENBOGEN, aber auch in dem von der CDU wiederfinden, weil alle Teilnehmer dieses Workshops genau wissen, daß sie nicht abschließend ist. Das erschien uns als Einschränkung in bezug auf die sich noch erweiternden Vorbereitungsgruppen für diesen Zukunftskongreß, und genau das wollten wir nicht.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal und Wolfgang Marx, beide SPD)

Da Sie aus unserer Pressemitteilung zitierten, möchte ich das auch tun. Das mag vielleicht langweilen, weil sie bestimmt von allen hier Anwesenden gelesen worden ist. Als Einleitung zum Vorhaben in Wilhelmsburg steht:

„Um auf möglichst breiter Basis die weitere Entwicklung des Stadtteils planen zu können, nimmt die Bürger

(Antje Möller GAL)

schaft die Initiative aus dem Quartier auf, einen Zukunftskongreß abzuhalten. An diesem Kongreß sollen sich alle Teile der Wilhelmsburger Bevölkerung, Deutsche und Ausländer, beteiligen.

Neben Initiativen und Verbänden sollen auch die Wohnungsbaugesellschaften eingeladen werden, weil sie zum Beispiel bei der Belegungspraxis eine wichtige Rolle spielen.“

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das ist ja super!)

Das sind die entscheidenden Sätze. Das Ziel ist, zu einer integrativen Entwicklungsstrategie für Wilhelmsburg zu kommen. Auf der Basis dieser Kongreßergebnisse – das ist vielleicht dreist von uns,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Genau!)

aber dahinter steht der politische Wille – hat sich die Regierungskoalition vorbehalten, bestimmte strukturelle Eckpunkte zu formulieren. Das ist keine Festlegung, daß der Senat dies oder das machen soll, sondern in der Presseerklärung steht:

„Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Konferenz sollen auch folgende Eckpunkte berücksichtigt werden:“,

nicht mehr und nicht weniger. Ich hoffe auf einen guten Erfolg dieser Konferenz in Wilhelmsburg.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schulz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Stadtentwicklungspolitik umfaßt viele Facetten, zu denen man in der Kürze der Zeit nicht alles ausführen kann. Lassen Sie mich deshalb zum Schwerpunkt des heute zur Abstimmung stehenden Einzelplans 5, zur sozialen Stadterneuerung, kommen.

Herr Dobritz, aber auch Frau Möller haben die Grundsätze von sozialer Stadtteilerneuerung im Grunde richtig aufgeführt. Über diese Richtung sind wir uns – so denke ich – alle einig. Die Frage ist aber: Wie klappt die Umsetzung? Damit hapert es.

Lassen Sie mich im Anschluß einen Punkt anführen, zu dem Frau Möller etwas gesagt hat. Es besteht Einigkeit, daß in der Stadt mehr Eigentum zu schaffen ist, um auch die finanziellen Probleme der Abwanderung zu bekämpfen; darüber haben wir schon diskutiert. Herr Senator Maier sagt dazu, daß nicht überall nur Einfamilienhäuser, sondern kompaktere, intelligentere Wohnformen gebaut werden sollten.

Beim Einzelplan 5 bieten wir Ihnen genau das. Gerade auch in den Quartieren der sozialen Stadterneuerung wird viel saniert und gebaut, so daß es dort durchaus möglich ist, bei der Aufstockung von Gebäuden zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und diesen als Eigentumsmaßnahme anzubieten.

Damit wäre es möglich, Menschen in den Quartieren zu halten, so daß sie Hamburg nicht verlassen. Das hätte zwei Vorteile: Es würden erstens finanzielle Abwanderungsverluste vermieden und zweitens zu einer sozialen Stabilität

dieser Quartiere beigetragen werden. Diese Forderungen stellen wir doch alle.

Für solche Maßnahmen besteht durchaus ein Bedarf. Insofern verstehe ich nicht, warum Sie im letzten Jahr unseren Antrag abgelehnt haben, denn genau diese kompakte und intelligente Verdichtung wurde auch von Frau Möller beschrieben. Daher geben wir Ihnen noch einmal die Chance, unserem Antrag hier und heute zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Ein zweiter Punkt des Haushaltes ist der Einsatz der Mittel. Im Prinzip wird das Geld von Herrn Senator Maier insgesamt für die soziale Stadtteilerneuerung ausgegeben. Alles andere ist erforderliches bürokratisches Beiwerk. Hierzu sind drei Aspekte anzumerken:

Erstens: Es kann eigentlich nicht angehen, daß Sie in Ihrem Haushalt einen Titel über 6000 DM für Dienstkleidung, Dienstfahrzeuge und so weiter ausweisen – das ist auch Vorschrift –, die beiden entscheidenden Titel in Höhe von 19 beziehungsweise 20,4 Millionen DM werden aber lediglich mit Stadterneuerung in Sanierungs- und STEB-Gebieten beschrieben.

Der Haushaltsausschuß hat auch schon gesagt, daß dies nicht dem Etatrecht des Parlaments entspricht. Das Parlament gibt Geld und möchte gerne wissen, wozu es verwandt wird. Wenn das entscheidende Geld der Behörde nach Art eines Blankoschecks vergeben wird, entspricht das nicht dem Verständnis des Parlaments.

Der Senat ist der Meinung, daß das nichts ausmache, denn jedes Jahr werde in einer Drucksache darüber berichtet, was mit dem Geld gemacht worden sei und was in Zukunft damit getan werden solle. Aber die Drucksache ist hinsichtlich aller Mittel nicht vollständig, und zudem ist es etwas anderes, wenn vorher gefragt und genehmigt oder nachher nur berichtet wird.

Der zweite Punkt ist die Vernetzung. Wir alle wollen überall einen ganzheitlichen Ansatz, insbesondere auch bei der Mittelvergabe. Hierzu hat die Opposition eine kleine Bitte: Sagen Sie uns für jeden Stadtteil, wer von der Freien und Hansestadt Geld erhält und welche Ziele damit verfolgt werden, um Doppelförderung oder Förderchaos zu vermeiden und den Mittelansatz zu optimieren. Das tun Sie aber leider nicht.

(Zuruf von Senator Dr. Willfried Maier)

Doch, Herr Maier, im Protokoll steht, daß Sie das zur Kenntnis nehmen, aber Sie meinen, daß das zuviel Arbeit sei.

Es ist aber nicht zuviel Arbeit, wenn für den Stadtteil X ausgewiesen wird, daß zum Beispiel die Kulturbehörde ein Stadtteilkulturzentrum fördert, nach dem Bezirksjugendplan die Einrichtungen A, B und C Geld bekommen, daß von Bezirksmitteln soziale Einrichtungen gefördert werden und von der STEB und aus dem Einzelplan 6 Geld fließen. Jeder soll sagen, welche Ziele mit welchem Einsatz verfolgt werden. Das ist die erste Basis, um die Stadtteilerneuerungsaufgabe als Querschnittsaufgabe wahrzunehmen, sich Stadtteile anzusehen und mit anderen Behörden in Kontakt zu treten. Deshalb müssen Sie diese Basisarbeit für die nächste Haushaltsdebatte leisten und für jeden Stadtteil aufschreiben, wer von wem wieviel Geld erhält.

(Beifall bei der CDU)

Das sagt zwar nicht aus, wie das Geld ausgegeben wird, aber dies ist die erforderliche Basis, um überhaupt Quer

(Antje Möller GAL)

schnittsaufgaben leisten zu können. Man könnte dann darüber diskutieren, ob in dem Stadtteil X die Kulturbehörde ein Stadtteilzentrum errichtet, so daß es vielleicht nicht aus den Mitteln der STEB finanziert werden muß, weil eine Teilidentität der Ziele besteht.

Mein letzter Punkt ist die Evaluation. Hier hapert es nach wie vor. Sie versprechen Besserung; wir glauben es.