Das hat im übrigen auch den Vorteil gehabt, daß wir auf diese Art und Weise eine Steuerreform durchsetzen konnten. Ohne diese Bündnisbemühung der Stadtstaaten wäre auch das nicht möglich gewesen.
Wir befinden uns auch in einem Bündnis mit den umliegenden norddeutschen Ländern. Das ist auch eine bewußte Entscheidung gewesen, denn die Südschiene hat immer argumentiert, daß wir auch die Einwohnerwertung so regeln können wie die bayerischen Umlandgemeinden von München, die in den kommunalen Finanzausgleich einzahlen: Niedersachsen und Schleswig-Holstein könne diese Stadtstaatenbewertung für Hamburg und Bremen erbringen, die sonstige norddeutsche Tiefebene möge dieses dann für Berlin leisten.
Das ist immer ihr Angriffsziel und eine andere Argumentationslinie gewesen. Dem haben wir das Bündnis mit den Nachbarländern entgegengestellt. Ich glaube, wir sind gut beraten, in diesem Bündnis verläßlich zu bleiben.
Gerade die letzten Tage haben gezeigt, wie sinnvoll dieses ist. Es war zu erwarten, daß der Angriff der Südschiene erst jetzt erfolgen würde. Ich habe viele Ratschläge von sehr klugen Modellbauern dahin gehend bekommen, daß sich
Hamburg auf die Seite der Zahlerländer begeben sollte. Man muß es sich vorstellen, wie das honoriert worden wäre. Deswegen halte ich das für richtig.
Was die Frage der Grundargumentation angeht, hat dazu Herr Ehlers schon etwas gesagt. Den Wettbewerbsföderalismus in dieser Zeit auszurufen, hat zwei Aspekte.
Einmal hat es den Aspekt, wie wir mit der Einbeziehung der neuen Bundesländer in unser föderatives System umgehen. Dazu hat Herr Ehlers schon hinreichend etwas gesagt. In dieser Phase und auch noch in den nächsten zehn, 20 Jahren wird gerade mit den finanz- und strukturschwachen neuen Ländern eine Solidarität erforderlich sein – die auch von der Bevölkerung abgefordert werden wird –, wenn wir nicht zu tiefen Spaltungen oder zu raumordnungspolitisch unsinnigen Wanderungsbewegungen kommen wollen. Daß man das gesamte System des Aufbaus Ost ein bißchen effizienter gestalten kann, ist sicherlich richtig. Aber wir werden im föderativen System in den nächsten zehn, 20 Jahren fundamental auf die Solidarität angewiesen sein.
Der zweite Punkt – das ist die Ironie der ganzen Geschichte –: Wir Hamburger haben in der gesamten Nachkriegszeit immer hohe Bündnissolidarität gezeigt. Wir zeigen diese auch heute gegenüber den anderen Stadtstaaten. Diejenigen, die davon profitierten, waren unter anderem die Bayern. In einem nicht unerheblichem Umfang haben wir ihnen den Weg zu einem wirtschaftlichen Aufbau und einer wirtschaftlichen Erstarkung geebnet und bezahlt. Daß diese nun in dem Moment gleich anfangen, frech rumzurotzen, wenn sie mit dem Kopf aus dem Dreck heraus sind, das ist der andere Aspekt des Wettbewerbsföderalismus, der sehr kurz gegriffen ist.
Von der Seite wird auch argumentiert, daß wir mit dem Länderfinanzausgleich gleichzeitig die Fragen der Mischfinanzierung abbauen müssen. Das klingt richtig gut und systematisch. Ich bin auch dafür, daß man den verschiedenen Ebenen zuweist, aber man muß sich ansehen, wie sich die Mischfinanzierung verteilt und wie die Finanzströme verlaufen.
Herr Kruse hat ein Wort dazu gesagt, wie es sich mit den Finanzströmen in Richtung Nordrhein-Westfalen verhält. Wir haben für die Bewältigung der Schiffbaukrisen wenig Unterstützung erhalten und mußten diese aus eigener Kraft bewältigen. Bei der Kohle wird aber etwas anderes eingefordert; wir waren da als Hamburger mit den Nordrhein-Westfalen immer sehr solidarisch, und das aus guten Gründen.
Wenn man sich unsere Finanzströme weiter ansieht, sollten auch die der EU nicht außer Betracht bleiben. Die 7 Milliarden DM, die die bayerische Landwirtschaft von der EU erhalten hat, ist auch eine schöne Subvention für einen bestimmten Wirtschaftszweig. Das gehört auch in diese Betrachtung.
Wenn man die auf dem heutigen Niveau basierende Mischfinanzierung den einzelnen Ebenen zuteilt, würde dieses die Festschreibung von vorherigen Verteilungsungerechtigkeiten bedeuten. Die Sehnsucht der Südschiene, aber auch die Nordrhein-Westfalens, die Mischfinanzierung auch jetzt schnell zu lösen, macht im Grunde genommen die Aufgabe in dieser Legislaturperiode unlösbar. Wir werden schon sehr viel damit zu tun haben, ein Maßstäbege
setz, den Länderfinanzausgleich und den Solidarpakt II bis zur Sommerpause unter Dach und Fach zu bringen.
Hier spielen einige Länder, mit welcher Hoffnung auch immer, auf Zeit. Wahrscheinlich hoffen sie, daß Bündnisse nicht so lange halten, sondern daß die Partner irgendwann auseinandergetrieben werden oder auseinanderzutreiben sind. Deswegen ist dieses eine komplexe Angelegenheit, bei der man auch handlungsfähig sein muß.
Ich stimme jedem zu, der sagt, daß es nicht auf die Einwohnerwertung, sondern entscheidend auf die Frage der Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft ankommt. Denn einige hundert Millionen DM sind für Hamburg von entscheidender Bedeutung. Es geht darum, ein System zu gestalten, das langfristig haltbar ist.
Es ist richtig, daß wir in den Vorstufen des Finanzausgleichs sowohl bei der Umsatz- als auch bei der Einkommensteuer ungerecht behandelt werden. Wenn wir dies aber zum Hauptthema machen, sagen uns alle anderen Länder: Thema verfehlt, das steht jetzt nicht auf der Tagesordnung.
Zweifeln Sie nicht an meiner oder an der Phantasie der Finanzbehörde, daß wir uns hier modellklempnerisch etwas Schönes vorstellen könnten. Wir haben genug Phantasie. Aber Modelle zu klempnern ist das eine, Mehrheiten zu finden und die eigene Position abzusichern, ist das andere. Das ist die hohe Kunst, auf die es hier ankommt. Im übrigen sehe ich nicht, daß wir am nächsten Wochenende gleich freundliche Ergebnisse erzielen können. Der Teufel steckt nicht nur im Detail, sondern auch in Wahlen. Deswegen ist am nächsten Sonnabend und Sonntag relativ wenig zu erwarten. – Schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Durch den Wortbeitrag des Ersten Bürgermeisters haben alle Fraktionen und die Gruppe noch einmal die Gelegenheit, das Wort zu nehmen. – Herr Dr. Salchow, Sie haben das Wort.
Herr Bürgermeister, Sie sprechen von einer existentiellen Frage. Dann sind Sie als Bürgermeister und somit Repräsentant dieser Stadt verpflichtet, die Erfolge für diese Stadt zu bringen und das umzusetzen, wovon Sie hier in langen Reden sprechen. Das ist im Moment nicht gewährleistet, das muß man auch sagen.
Wir müssen etwas vorsichtig sein mit der Darstellung, es sei nicht das Problem der Parteien, sondern des Egoismus der anderen Bundesländer. Bei der letztjährigen Debatte wurde bei diesem Punkt immer nur über die bösen, unionsgeführten Länder des Südens gesprochen, und auch Sie haben die ganze Zeit von den Südländern gesprochen.
Wir haben aber doch in den letzten Tagen über das Gutachten gelesen. Das bevölkerungsreichste Land der Bundesrepublik Deutschland – das rotgrün regierte NordrheinWestfalen – ist kein Land der Südschiene und trotzdem dieser Allianz gegen Hamburg beigetreten. Wir hätten erwartet, daß Sie auf den Kanälen, die Ihnen als Repräsentant dieser Stadt zugänglich sein müßten, Mittel und Wege finden, dieser Malaise mehr entgegenzuwirken, als Sie das bisher getan haben.
Solange es um eine reine Südschienenargumentation ging, hätte es vielleicht mit dieser Allianz von acht oder mehr Ländern
funktioniert. Aber jetzt geht es darum, daß Sie – als Repräsentant der SPD – und die Zweite Bürgermeisterin – als Repräsentantin der GAL – die vielen Kanäle benutzen, um zu verhindern, daß Nordrhein-Westfalen sich endgültig auf die Seite der Südländer stellt und sich gegen Hamburg engagiert. Das ist viel wichtiger als die Allianz innerhalb Hamburgs, die Sie mit großen Fototerminen installieren. Die Allianz in Hamburg ist zwar schön, aber nicht entscheidend. Entscheidend ist die Größe der Allianz, die Sie im Interesse unserer Stadt auf Bundesebene zustande bringen. Darin waren Sie bisher noch nicht sehr erfolgreich, Herr Bürgermeister.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir brauchen in der Sache nicht noch einmal einzusteigen, zumal dies vollkommen hoffnungslos erscheint. Denn die Ausführungen, die in der Sache gemacht wurden, sind an Herrn Professor Salchow total vorbeigegangen.
Man hat ja den Eindruck, er habe absichtlich fest geschlafen, um die hier gefallenen Argumentationen nicht wahrzunehmen.
Das ist im Zusammenhang mit diesem existentiellen Thema, das alle Fraktionen und auch die Gruppe bewegt, ein falscher Ansatz. Wenn Sie unter Politik verstehen, daß unberechtigt und unwissend bei jedem Thema die Konfrontation herausgekehrt werden muß, dann sind Sie auf einem ganz falschen Dampfer. Ich kann Ihnen da nur abraten, denn es nützt niemandem.
Meine Damen und Herren! Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
In Abstimmung mit den Fraktionen rufe ich jetzt aus Gründen der Praktikabilität während der Wahlauszählung den Tagesordnungspunkt 3 auf: Wahl eines Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts.
[Senatsmitteilung: Wahl eines Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts – Drucksache 16/5347 –]
Da das Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht in Paragraph 4 eine geheime Wahl vorschreibt, findet die Wahl in Wahlkabinen statt. Wir verfahren so, daß Frau Pawlowski, Frau Vogel und Frau Rudolph abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie, dann zur Kanzleibank zu gehen und von Frau Cornell ihren Stimmzettel entgegenzunehmen. Jeder Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung,
Ablehnung und Wahlenthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie bitte in eine der Wahlkabinen und nehmen Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte, die Stimmzettel jeweils nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Zusätze enthalten, sind ungültig. Nach der Wahlhandlung stecken Sie bitte Ihren Stimmzettel in den Wahlumschlag und begeben sich zu Herrn Witte, bei dem die Wahlurne steht. Dann stecken Sie bitte den Umschlag in die Wahlurne.
Meine Damen und Herren! Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? – Ich stelle fest, daß alle Abgeordneten aufgerufen worden sind und damit die Stimmabgabe abgeschlossen ist.
Damit erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen. Ich bitte, die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Stimmenauszählung ist die Sitzung unterbrochen.