Deswegen müssen Regelungen geschaffen werden, die der Verfassung zur Wirklichkeit verhelfen, und dazu sind zwei Dinge notwendig.
Erstens: Hamburg muß, wie der Bund und andere Länder, ein Gremiengesetz haben. Das Senatsamt hat es versucht, aber es ist an Behörden, die das nicht wollten, gescheitert. Wenn der Senat es dieses Mal trotz des Beschlusses der Bürgerschaft wieder nicht schafft, können wir es auch selbst formulieren. Die Vorbilder der Bundes- und Ländergesetze sind leicht umzusetzen. Juristisch ist das keine schwere Aufgabe. Wir könnten es im Verfassungsausschuß selbst zustande bringen und beschließen es ohne langwierige Senatsbeteiligung.
Es hat sich aber folgendes herausgestellt. In all den Gremien, in denen im Spezialgesetz schon eine Vorschrift über geschlechterförmige Zusammensetzung von Gremien vorhanden ist, wird es auch umgesetzt. So gibt es im Staatsvertrag über den NDR und im Hamburgischen Mediengesetz eine entsprechende Vorschrift, wie auch im Landesverband der Krankenhäuser. Deshalb ist es dort auch anders. Das heißt, es müssen auch Einzelgesetze geändert werden. Das Gesetz, das als erstes zu ändern wäre, ist nach unserer Erfahrung das Hamburgische Richtergesetz. Da kann man hineinschreiben, daß auch der Richterwahlausschuß so oder so zusammengesetzt sein muß, und dann werden sich die Vorschlagenden schon überlegen, wie sie zu ihren Mitgliedern kommen. Auch hier gilt, daß es eigentlich Aufgabe des Senats und vielleicht der Justizbehörde ist – vielleicht schaffen sie es –, und wenn nicht, muß die Bürgerschaft selbst tätig werden. Jedenfalls sollten wir – wie die Verfassung so schön sagt – darauf hinwirken.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema ist in der Tat nicht neu, Herr Schmidt hat es dargestellt, und deshalb um so ärgerlicher.
Wir haben eine mehrjährige Vorgeschichte, die eben dargestellt wurde, mit dem Bemühen, den Anteil von Frauen in den vielen Hamburger Gremien zu erhöhen, und stellen doch fest, daß es – wie es so schön heißt – der Diskontinuität anheimgefallen ist. Der Parlamentsbeschluß hat sich irgendwo verflüchtigt, und das Senatsamt für die Gleichstellung ist mit einer Gesetzesinitiative wohl doch auf härteren Widerstand gestoßen, als wir als Abgeordnete erwartet haben. Das ist jedenfalls meine Wahrnehmung. Es zeigt, daß der Weg von einem Gebot der Verfassung zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen doch ein sehr mühsamer ist.
Wir müssen daher ganz selbstkritisch auch als Parlament feststellen, daß wir bei der Erhöhung des Frauenanteils in Gremien zwar ein wenig vorangekommen sind, aber die Schritte doch eher klein sind.
Die Ausweisung des Frauenanteils im Beteiligungsbericht über die öffentlichen Unternehmen, die wir in der Tat haben, gibt nur einen kleinen Einblick in die Vielzahl der Gremien, die von Hamburger Behörden, Senat und Parlament besetzt werden. Wenn wir ehrlich sind, ist dieser Beteiligungsbericht kein Anlaß zu intensiver Beratung dieser Frage, und wir verwenden ihn auch nicht dafür, um auf eine Erhöhung des Frauenanteils hinzuwirken.
Des weiteren fehlt uns ein Überblick über die Vielzahl der Gremien; ich schätze die Zahl auf über hundert. Ich glaube auch, daß wir einmal ein wenig Licht in das Dunkel bringen müssen und uns damit beschäftigen sollten, wer im NDRLandesrundfunkrat sitzt, wie das Kuratorium des Technologie-Beratungszentrums zusammengesetzt ist oder wie viele Frauen eigentlich im Verwaltungsrat der Stiftung Hamburger Öffentlicher Bücherhallen sind, um nur einige der vielen Gremien zu nennen, die es gibt.
Das größte Problem stellt sich – das hat Herr Schmidt auch dargestellt –, wenn wir nicht selbst Personen benennen, sondern anderen ein Vorschlagsrecht einräumen. Das ist auch in der Debatte um den Richterwahlausschuß deutlich geworden. Die Spitzen der meisten Verbände und Institutionen sind nach wie vor männlich, und die Überrepräsentanz von Männern in diesen Gremien setzt sich automatisch fort und damit auch die damit verbundene Diskriminierung.
Ich glaube, daß die Debatte um den Richterwahlausschuß gezeigt hat, daß eine hanseatisch freundliche Art, wie wir sie praktiziert haben, nicht zu realen Veränderungen führt. Die Verbände waren noch einmal aufgefordert worden, ihren Personalvorschlag zu überdenken. Das ist kein Affront, sondern eine angemessene Forderung oder Bitte gewesen, und keiner dieser Verbände ist auf diese Initiative der Bürgerschaft eingegangen. Für uns ist klar, daß wir gleichstellungspolitische Ziele verfolgen wollen, genauso wie die Einbindung von Interessenverbänden. Wir müssen nur das Verhältnis abwägen. Vielleicht werden wir in der Zukunft nun zu anderen Entscheidungen kommen.
Der Antrag dokumentiert daher eine gewisse gleichstellungspolitische Ungeduld. Es wird deutlich, daß wir weitergehende Regelungen brauchen, und ich persönlich bin, wie Herr Dr. Schmidt, der Auffassung, daß wir ein Gesetz benötigen. Vielleicht erreicht der Richterwahlausschuß so noch eine initiierende Berühmtheit, wenn dieses Gremium dazu geführt hat, daß wir durch eine Gesetzgebung Abhilfe schaffen.
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt. Wir nähern uns dem Ende einer Legislaturperiode, und da ist es wichtig, darauf zu achten, daß diese Initiative nicht wiederum durch Diskontinuität nicht weiter verfolgt wird. Das kann ich zumindest für meine Fraktion erklären.
Damit ist auch ein anderes Thema verbunden, und zwar die Frage, wie sich die Bürgerschaft selbst bei den Gremien verhält, die wir besetzen. Unser Antrag fordert den Senat auf, tätig zu werden. Selbstbewußte Abgeordnete, die wir sind, sollten klarmachen, daß bei den Gremien, die wir besetzen, auch unsere Maßstäbe zu gelten haben.
Wir haben in dieser Legislaturperiode wiederholt Gremien mit einem relativ hohen Männeranteil besetzt. Wenn man sich das ansieht, fällt auf, daß die Fraktionen für dieses Ungleichgewicht etwas unterschiedlich verantwortlich sind. Die von mir aus gesehen rechte Seite des Hauses hat sich in der Vergangenheit eher damit profiliert, beispielsweise bei den Deputationen ein sehr unausgewogenes Verhält
nis von Männern und Frauen vorzuschlagen. Das hat hier auch zu Unmut und Verzögerungen bei Wahlgängen geführt.
Wir müssen die Praxis überdenken, daß wir im Prinzip aufgrund der Pluralität und aus Respekt vor Entscheidungen anderer nicht in Personalentscheidungen eingreifen. Spätestens in der nächsten Legislaturperiode sollten wir keine Ausnahme mehr machen, wenn es darum geht, das verfassungsrechtliche Gebot umzusetzen. Wir können das fairerweise rechtzeitig ankündigen und sagen – Herr Karpen, Sie sind damit auch angesprochen –, daß wir der Verfassung gemäß keine übermächtigen Besetzung von Männern mehr unterstützen werden.
Im Kern geht es um die Frage von Demokratie und Legitimität. Das Interessante ist – Herr Schmidt hat das gesagt –, daß das Thema Qualität immer ins Spiel gebracht wird, sobald ein Frauenanteil erhöht wird. Fakt ist aber, daß bei der Auswahl geeigneter Personen schlechtere Männer besseren Frauen vorgezogen werden. Das ist das Ergebnis von Diskriminierung. Das heißt, es sitzen weniger geeignete Männer in diesen Gremien und verhindern sicherlich auch die Qualität mancher Entscheidungen. Im Sinne einer guten Demokratie sollten wir uns das nicht länger leisten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie werden sich wundern – und das möchte ich kurz begründen –, warum wir nicht mit Ihnen gemeinsam auf diesen Antrag gegangen sind und ihn damit zu einem interfraktionellen Antrag gemacht haben. Wir sind nämlich ein wenig selbstkritisch und wissen sehr wohl um die Probleme, die auch von Frau Ernst am Rande umrissen wurden. Ich glaube aber, die CDU steht nicht allein da mit den Problemen in der Benennung, sondern wenn die Gleichberechtigung per Gesetz zu verordnen ist, dann hätten wir eigentlich schon fünfzig Jahre weiter sein und alles vollendet haben müssen. Dann hätten wir uns auch nicht trotz der zwanzig Jahre eines Senatsamtes heute noch mit der Kritik von Herrn Schmidt auseinandersetzen müssen, der hier den warnenden Finger erhebt und sagt, wenn der Senat nicht so richtig spurt, wird ein eigenes Gesetz eingebracht. Vielleicht wäre es richtiger gewesen, wenn die Bürgerschaft die Initiative ergriffen hätte und wir miteinander ein eigenes Gesetz hätten diskutieren und die Rahmenbedingungen selbst setzen können.
Hier liegt heute ein Ersuchensauftrag vor, und der ist auch nicht befristet. Das heißt, Frau Ernst, daß gar nicht sicher ist, daß er auch bis zum Ende der Legislaturperiode beendet wird. Deswegen stehe ich hier für meine Fraktion. Wir haben gesagt, daß wir diesen Antrag unterstützen, möchten aber nicht selbst auf diesem Antrag stehen, weil wir den Inhalt zwar für richtig halten, das Ersuchen aber eine sehr lose Formulierung ist. Wir müssen alle daran arbeiten, daß sich nach wie vor in den Köpfen etwas ändert. Wir müssen auch kritisch und warnend den Finger erheben, nicht immer nur gegen die eigenen Parteien gerichtet oder gegen Vertreter des öffentlichen Lebens, sondern wir müssen uns auch angucken, was in der Verwaltung oder vom Senat geändert werden kann. Hier haben wir die Möglichkeit, sehr gezielt nachzufragen. Daher bitte ich darum, unseren Antrag nachträglich an den Verfassungsausschuß zu
Wie ist es beispielsweise in den öffentlichen Unternehmen, die nicht durch den Artikel 3 Absatz 2 abgedeckt sind? Dort sind 90 Prozent, Herr Schmidt – ich hatte vorhin nach den Zahlen aus dem Beteiligungsbericht gefragt –, der Geschäftsführer und Vorstände männlichen Geschlechts. Hier hat der Senat das unmittelbare Eingriffsrecht, und hier findet nachher natürlich auch das entscheidende Handeln statt. Wenn sich in den öffentlichen Unternehmen dieser Stadt nichts ändert, können wir einpacken, denn das sind die Vorzeigeunternehmen. Hier müssen wir genauso anfangen.
Frau Mandel, das hat nicht die Fraktion zu verantworten. Sie selbst haben hier warnend den Finger erhoben und drohen dem Senatsamt. Das Senatsamt existiert aber meines Wissens seit zwanzig Jahren. Sie selbst haben die Regierungsverantwortung. Statten Sie das Senatsamt mit mehr Einflußmöglichkeiten aus, und lassen Sie nicht zu, daß entsprechende Initiativen der dort aktiven Bearbeiter im Senat selbst scheitern.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in politischen Entscheidungsprozessen ist zwar unser aller erklärtes Ziel, wird in der Regel aber meistens nicht umgesetzt. Das ist kein Geheimnis, gucken Sie in die Deputationen oder auf das jüngste Beispiel des Richterwahlausschusses, das haben meine Vorredner auch bereits erwähnt.
Es ist schlicht so, daß Frauen entweder gezielt verhindert werden und/oder nicht gefördert. Am einfachsten ist es dementsprechend, wenn wir bei uns selbst anfangen. Alle Parteien haben genug qualifizierte Frauen, und es sollte wohl überhaupt keine Schwierigkeit sein, auch für die CDU nicht, zukünftig Frauen und Männer gleichberechtigt beispielsweise für die Deputationen vorzuschlagen.
Der Wille muß vorhanden sein. Es geht nicht an, daß zum Beispiel bei der Besetzung des Richterwahlausschusses sowohl Parteien als auch diverse Organisationen, wie zum Beispiel die Gewerkschaften, immer wieder behaupten und sich damit herausreden, sie hätten keine qualifizierten Frauen. Das ist billiger Unsinn und beweist nur, daß Frauen in diesen Organisationen ausgebootet und/oder kleingehalten werden.
Der vorliegende Antrag – das muß man natürlich sagen – befaßt sich nicht explizit mit dieser Thematik der ihm zugrundeliegenden Frauenförderung, sondern nur mit einem Teilaspekt dieses Gesamtproblems, nämlich mit dem der Besetzungsregeln für Gremien. Wir, REGENBOGEN – für eine neue Linke, erhoffen uns von diesem Antrag vor allem, daß der Senat rechtliche Möglichkeiten aufzeigt, um der Verhinderung von qualifizierten Frauen und von Gleichberechtigung ein Ende zu bereiten. Die Notwendigkeit einer forcierten Frauenförderung ist uns Antragstellerinnen bewußt. Möglicherweise ist auch das Gender-mainstreaming
Der vorliegende Antrag ist für uns nur ein kleiner Schritt, der zeigt, daß wir eine tatsächlich realisierte Gleichberechtigung ernst nehmen. Es gilt natürlich auch hier, weiter zu denken und weiter zu verändern; die verbaselte Novelle des Gleichstellungsgesetzes wurde hier bereits angesprochen.
Ich habe aber auch noch ein zweites Beispiel – ein bißchen mehr Ruhe wäre dem Thema auch zuträglich.
Meine Damen und Herren, die Rednerin hat schon recht, es ist relativ unruhig im Raum, und ich bitte Sie, das Reden einzustellen, etwas ruhiger zu sein und der Debatte zu folgen.
Abgesehen von der verbaselten Gleichstellungsnovelle habe ich noch ein zweites Beispiel, bei dem weiter verändert werden muß. Es existiert derzeit zum Beispiel keine aktuelle, endgültig erarbeitete Aufstellung aller öffentlichrechtlichen Beschluß- und Beratungsgremien, also derjenigen, für die unser Antrag gilt. Das wird natürlich nachgeholt und erscheint möglicherweise nicht gravierend.