Bereits mehr als ein viertel Jahr ist es her, da flitzte der CDU-Spurrillenforscher, der Abgeordnete Reinert, mit seinem blauen Polo durch die Stadt, um gefährliche Spurrillen zu finden. Die CDU hat damals einen netten Artikel darüber geschrieben, in dem es hieß – ich zitiere –:
„Auf allerlei Asphaltadern legte der Bergedorfer Lehrer sein meterlanges Meßgerät und entlarvte: Hamburgs Hauptstraßen sind hubbelig. Die Beweisfotos, siebenmal Reinerts Wasserwaage auf leerer Straße, präsentierte der CDU-Plattdeutschbeauftragte (...) einer erschütterten Öffentlichkeit.“
Wer nach diesem Medienecho nun geglaubt hatte, die Große Anfrage der CDU würde in der Ablage verschwinden, sieht sich getäuscht, wir haben es heute gehört.
Am Beispiel der Spurrillen – ich habe es befürchtet – möchte die CDU die erfolgreiche Verkehrspolitik unseres Senators Wagner schlechtreden. Fällt Ihnen eigentlich nichts anderes ein? Wollen Sie mit Spurrillen Ihren Wahlkampf bestreiten? Glauben Sie etwa, daß die Spurrillen Ihre einseitige, ideologisch auf das Auto fixierte Verkehrspolitik mehrheitsfähig machen kann? Ich glaube es nicht.
Dabei schreibt doch der Senat in seiner Antwort auf die Große Anfrage – Herr Reinert hat es auch schon zitiert –, daß sich die zuständige Fachbehörde seit 1984 des Themas Spurrillen angenommen hat. Wenn das nichts ist!
„... in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (...) gewonnene Erkenntnisse führten zur Konzeption besonders verformungsbeständiger Asphaltschichten, deren Verarbeitung im Straßenbau in das Hamburger Regelwerk übernommen wurde.“
Am Material kann es also nicht liegen, Herr Reinert, daß Sie sich über Spurrillen ärgern. Ich gebe Ihnen mal ein ande
res Ziel: Vielleicht ist die Europäische Union daran schuld. Ein Lkw, der über unsere Straßen brettert, darf inzwischen 44 Tonnen wiegen, und damit fährt er die Spurrillen in die Straßendecken.
Wie zu vernehmen ist, versuchen die Lobbyisten beständig, weitere Erhöhungen der Gesamttonnage zu erreichen, was unsere Vertreter bisher zum Glück verhindert haben.
Das haben Sie nun nicht zitiert. Ich möchte es aber tun, weil wir jetzt wenigstens wissen, daß, wenn jemand bei Regenwetter die Straße überquert und nasse Füße bekommt, die Spurrillen und damit der Hamburger Senat schuld sind. Wenn Sie das damit nachweisen wollten, dann haben Sie es geschafft.
So fragt sich der aufgeweckte Zeitgenosse, warum die CDU diese Große Anfrage zur Debatte angemeldet hat. Ich möchte Ihnen ein paar andere Vorschläge machen und wundere mich, warum Sie die nicht angenommen haben: den CDU-Antrag zu „Patenschaften der Generationen“; oder die Großen Anfragen zu „Jugendlichen Intensiv- und Mehrfachtätern“, wie ferner die 75 Seiten starke Große Anfrage der CDU mit Antwort „Zuwendungen des Amtes für Jugend“. Warum debattieren Sie nicht darüber? Ich glaube, dafür interessieren sich ein paar mehr Leute als für Spurrillen.
Die Antwort liegt nahe: Wenn man den Artikel im „Hamburger Abendblatt“ vom 9. Dezember 2000 aufmerksam liest, kann man feststellen: Der CDU-Spurrillenforscher Reinert hätte dann nicht eine erneute Möglichkeit gehabt, sich die große Verdienstmedaille des ADAC zu erwerben.
Gönnen wir ihm, zusammen mit dem „Hamburger Abendblatt“, diese Medaille und die Gelegenheit, hier noch einmal auf die Spurrillen einzugehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich hörte, daß der Abgeordnete Reinert sich mit Spurillen beschäftigt, dachte ich mir, das sei bestimmt eine schöne Beerensorte, denn er hat mir schon einmal einen Beerenstrauch aus seinem Garten geschenkt. Aber es sind keine Marillen und keine Spurillen,
Seit heute weiß ich, daß es folgende Sorten Spurrillen gibt. Erstens welche, die dem Senat bekannt sind und in Druck
sachen aufgelistet werden. Zweitens welche, die dem Senat bekannt sind, aber nicht in Drucksachen aufgelistet werden. Drittens: Es gibt welche, die dem Senat nicht bekannt sind und infolge dessen auch nicht aufgelistet werden; also erstens alle die mit Schild. Dieselben drei Sorten gibt es noch einmal ohne Schild,
Zweitens: Die Spurrillen müssen beseitigt werden. Das ist wahrscheinlich in diesem Hause Konsens. Vielleicht sollten wir einfach einen Beschluß fassen, daß alle Spurrillen beseitigt werden sollen.
Strittig ist nur die Frage, erstens: Wer ist schuld an den Spurrillen? Das ist aus Sicht der CDU Herr Senator Wagner, der Spurrillenproduzent der Stadt. Zweitens: Ich habe eine andere Theorie. Ich behaupte, die schweren Lkws sind schuld an den Spurrillen.
Zur Unterstützung habe ich mir dazu aus dem Blättchen des ADAC eine Aussage des jetzigen Bundesverkehrsministers geholt, der uns belehrt, daß die Achslast eines 40-Tonners eine etwa 55 000fach höhere Druckwirkung auf die Straßen hat als ein Pkw. Die Universität Cambridge geht sogar von der 160 000fachen Druckwirkung aus. Also würde ich sagen, nicht Eugen Wagner, sondern die Lkws sind schuld. – Vielen Dank.