Die Hamburger Hauptschulen haben in den letzten Jahren nie von einer Bildungsreform profitiert; dadurch sind sie leider Gottes zur Restschule mutiert. Für die Union bedeutet aber, daß nur ein dreigliedriges Schulsystem mit einer funktionierenden Hauptschule der differenzierten Realität der Gesellschaft am besten gerecht wird. Deswegen setzen wir uns insbesondere für eine Stärkung der Hauptschulen ein.
Nicht die insbesondere von linken Bildungspolitikern in den sechziger und siebziger Jahren geforderten Quadratköpfe, die als Ergebnis von Gesamtschulpolitik produziert wurden, sind der Weisheit letzter Schluß, sondern die individuelle Förderung in den entsprechenden Schulformen.
Ziel der Hauptschule war und muß die Förderung der praktischen Begabungen auf dem Wege zur Berufs- und zur Lebensfähigkeit bleiben. Das geht nicht nur mit dem Gymnasium und der Realschule allein, geschweige denn mit der Gesamtschule.
Fazit der Entwicklung: Erstens: Aus verquasten bildungspolitischen Vorstellungen heraus hat die SPD in den sechziger Jahren die Hauptschulen in Hamburg systematisch verkommen lassen.
Zweitens: Die Realität der Hauptschulen im Jahre 2001 zeigt, daß am Ende des letzten Schuljahres jeder vierte Hauptschüler keinen Abschluß erreicht hat. Das ist eine alarmierende Entwicklung!
Die meisten Hauptschüler kommen aus schwierigen Elternhäusern; sie weisen Sozialisationsdefizite auf, haben Verhaltens- und Lernprobleme sowie weitere schwierige Voraussetzungen, mit denen die Lehrer umgehen müssen. Der Ausländeranteil an den Hauptschulen beträgt 32 Prozent. Gezogene Konsequenzen oder andere Ausstattungen? – Fehlanzeige.
Spezifische Medien, Bildungspläne für die Hauptschulen? – Fehlanzeige. Eine andere Pädagogik? – Nichts. Entsprechend ausgebildete Lehrer für Hauptschüler? – Wozu? Zusätzliche Fachkräfte an Hauptschulen? – Mangelware.
Das Handwerk ist bemüht, insbesondere durch Nachholkurse parallel zur Ausbildung Lehrstoffe der Klassen 8 und 9 aufzuarbeiten, damit die aus der Schule entlassenen Jugendlichen das nachholen können, was sie bisher in der erforderlichen Form nicht präsent hatten. Wenn das so ist, stimmt doch am System etwas nicht.
Grundvoraussetzung für den Beruf ist die Entwicklung einer Lern- und Lebenskultur und wie wir miteinander umgehen. Das ist die Basis, um Berufsfähigkeit zu entwickeln, die nur sehr schwer nachgearbeitet werden kann. 15 Prozent von allen im Handwerk ausgebildeten Jugendlichen beenden ihre Ausbildung nicht, weil ihnen letztlich das entsprechende Rüstzeug fehlt.
Die Perspektivlosigkeit, die sich aus abgebrochenen Ausbildungen entwickelt, ist alarmierend. Der Weg in die Sozialhilfe ist vorgezeichnet, denn die Nachbereitung durch bestimmte Kurse kostet sehr viel Geld, abgesehen vom persönlichen Schicksal. Deswegen will die CDU, daß vorher in die Bildung investiert wird, damit später nicht Sozialhilfe oder Nachschulungsmaßnahmen bezahlt werden müssen.
Die Hauptschule in Hamburg ist nach wie vor die billigste Schulform; das ist Fakt. Für die Gymnasien werden pro Schüler 11101 DM, für die Gesamtschulen 12 930 DM und für die Haupt- und Realschulen der klägliche Rest von 10 942 DM ausgegeben.
Die Personalausstattung in den Hauptschulen ist mangelhaft. Es gibt angesichts der großen Probleme, die in diesem Schulbereich schlummern, weder Funktions- noch Abteilungsleiterstellen. Obwohl dies seit Jahren bekannt ist, ist nichts getan worden.
Fazit: Angesichts der schwierigen Klientel an den Hauptschulen ist eine besondere Pädagogik speziell ausgebildeter Lehrer und ein großer Praxisanteil im Unterricht ein unbedingtes Muß.
Drittens: Ausnahmen bestätigen jedoch nicht die Regeln. Die CDU-Fraktion hat eine Anhörung mit unterschiedlichsten Fachleuten zum Thema „Perspektive von Hauptschule“ durchgeführt. Insbesondere wurde dabei die schlechte Ausstattung und die fehlende politische Förderung und Unterstützung dieser Schulen bemängelt. Andererseits konnten wir ein großes Engagement vieler Lehrer feststellen, die in diesem wichtigen und zugleich schwierigen Arbeitsbereich tätig sind.
Aber das ist Gott sei Dank nicht die Regel, die zum Beispiel bei dem Modellversuch der Schule Richard-Linde-Weg funktioniert. Man möge es sich wünschen, daß dieser Anschub dort wirklich zum Erfolg führt und nicht nur ab Klasse 9, sondern später auch ab den Klassen 7 und 8 durchgeführt wird. Das ist eine gute Sache.
Die Schüler dieser Schule befinden sich zwei Tage in einem Betrieb und drei Tage in der Schule. Sie begreifen dann erst, wofür es so bitter notwendig ist, zum Beispiel den Dreisatz zu lernen. Sie haben gemerkt, daß diese mathematische Voraussetzung im Beruf plötzlich gefordert wird,
und möchten das noch einmal erklärt bekommen, weil sie das nicht so richtig drauf haben. Dieses Modell ist handlungsorientiert. Dies scheint mir ein guter, nicht ausschließlicher Weg zu sein, wie man die Hauptschule mit einer stärkeren Verzahnung zwischen Schule und Betrieb wieder auf den Weg bringen kann.
Fazit: Gut funktionierende Hauptschulen arbeiten nur erfolgreich, nicht weil sie in dieser Stadt politisch gefördert werden, sondern im Gegenteil, weil engagierte Lehrer gegen den SPD-Schulzeitgeist gute Hauptschulpädagogik anwenden und nicht resignieren, sondern agieren.
Viertens: Für die aktive Förderung und Unterstützung ist ein politisches Bekenntnis zur Hauptschule erforderlich. Hier sind der Lippenbekenntnisse genug gesprochen, und ich hoffe, daß ich gleich keine weiteren hören werde. Wir brauchen ein engagiertes Handeln und eine engagierte Förderung für diesen Schultyp. Es wird endlich Zeit, daß der Hauptschulabschluß aufgewertet wird. Er muß ein geschütztes Markenzeichen werden und darf nicht dazu führen, daß, wer am Ende der Klasse 9 in der Realschule oder im Gymnasium – ich sage das einmal salopp – keinen Bock mehr hat, einen Hauptschulabschluß nach dem Motto hinterhergeworfen bekommt: Das ist ja egal. So geht das nicht, denn es ist eine Diskriminierung derjenigen, die in der neunten Klasse der Hauptschule ackern, um einen vernünftigen Hauptschulabschluß zu erhalten.
Bei den Lehrern, die an Hauptschulen arbeiten, müssen wir nachqualifizieren. Es wird endlich Zeit, daß schon im Studium entsprechend ausgebildet wird und dort explizit Dinge aus dem Berufsschulbereich, der Sozialarbeit und auch Sonderschulelemente mit einfließen. Das gilt selbstverständlich auch für die zweite und dritte Phase, von denen in letzter Zeit vom Senat angekündigt wurde, daß sie stärker verzahnt werden sollen.
Es wird endlich Zeit, daß mehr Lehrer in den Hauptschulen arbeiten, um die Schüler-Lehrer-Relation angesichts der großen Probleme in dieser Schulform vernünftiger bewältigen zu können. Wir brauchen aufgrund des hohen Ausländeranteils mehr Teilungsstunden und den verstärkten Einsatz von Sozialarbeitern sowie, um den handwerklichen und praktischen Aspekt bei der Handlungsorientierung zu betonen, ein stärkeres Engagement von Menschen, die vom Fach kommen. Es wird endlich Zeit, daß gezielte Bildungspläne für die Hauptschulen mit entsprechender Medienunterstützung herausgebracht werden, die sich an Handlungen orientieren, die für die Schüler praktisch, einsichtig und nachvollziehbar sind und insbesondere Bestandteile wie Festigung und Wiederholung von Lernstoffen – Rechtschreibung, Lesen und die Grundrechenarten – beinhalten.
Es wird endlich Zeit, daß Hauptschulstandorte dort, wo es gewünscht wird und unter sozialpolitischen Aspekten nötig ist, zu Ganztagsschulangeboten umgewidmet werden. Nur darin liegt die Chance, daß die Schüler auch am Nachmittag eine entsprechende Betreuung erhalten und befähigt werden, um später eine vernünftige und gute Berufsausbildung zu erhalten sowie auch Lebensfähigkeit zu erlernen.
Fazit: Schluß mit der jahrelangen Vernachlässigung dieser Schulform! Frau Pape, übernehmen Sie, denn in den Hauptschulen ist Hamburg alles andere als Spitze.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Beuß, es enttäuscht mich, daß Sie so wenig über die neuen Programme in den Hauptschulen wissen.
Das bestärkt mich in meinem Gefühl, das ich auch beim Lesen Ihres Antrages hatte: Es geht Ihnen im Grunde nur um die Stärkung des dreigliedrigen Schulsystems und nicht um die Schülerinnen und Schüler.
Wie Sie alle wissen, schlägt mein Herz für eine andere Schulform. Ich bin nach wie vor der Ansicht, daß die Integration starker und schwacher Schülerinnen und Schüler der bessere Weg ist als Auslese und Ausgrenzung. Diese Aufgaben erfüllen besonders die integrierten Gesamtschulen. Das muß ich noch einmal deutlich machen.
Aber auch im Verbund von Haupt- und Realschulen – das war in Hamburg übrigens schon immer selbstverständlich – wird ein großer Teil von Schülerinnen und Schülern mit Hauptschulstatus gemeinsam mit denen unterrichtet, die einen höherwertigen Abschluß anstreben. Die schwächeren Schüler werden so durch gleichaltrige Mitzieher in ihrer sozialen Einbindung gefestigt und in ihrer Lern-, Arbeitsund Leistungsbereitschaft unterstützt. Das ist einer der vielen Vorteile des integrativen Unterrichts.
Wer die Begründung zu Ihrem Antrag liest, dem fällt auf, daß auch Sie erkannt haben, daß es eine Vielzahl von Ursachen für die Probleme der Hauptschule gibt. In unserer Gesellschaft – das sehen wir schon lange – gibt es Brüche: Defizite bei der Erziehung im Elternhaus, einen großen Anteil von Jugendlichen unterschiedlicher kultureller Herkunft, verschiedene Muttersprachen und eine große Bandbreite unterschiedlicher Begabungen und Interessen der Schülerinnen und Schüler. Das alles macht eine besondere Anstrengung notwendig, Kindern und Jugendlichen Orientierung und Hilfen auf ihrem Weg ins Berufsleben zu geben, obwohl – das sei hier auch gesagt – Schule nicht alles heilen kann. Die BSJB hat im Bereich der Hauptschule bereits eine Vielzahl entsprechend differenzierter Maßnahmen eingeleitet, auf die ich gleich noch zurückkomme.
Unsere Position unterscheidet sich von der der CDU wie folgt: Sie wollen die Hauptschulen, wir aber wollen die Hauptschülerinnen und -schüler stärken,
damit sie die notwendigen Kenntnisse und Abschlüsse erhalten, die sie für eine erfolgreiche Suche nach einem Ausbildungsplatz brauchen. Das bedeutet, daß wir neben den Kulturtechniken ihre Selbständigkeit, ihr Selbstwertgefühl und ihre Motivation stärken wollen.
Ihr Vorschlag, den Hauptschulabschluß durch ein Zusatzzertifikat aufzuwerten, das den Schülern die erbrachten praxis- und berufsorientierten Qualifikationen bescheinigt, ist nicht so verkehrt. Das gibt es, meine Damen und Her