Generell wird der Eindruck erweckt, daß die Entwicklung so richtig besorgniserregend nicht ist. Das widerspricht ein wenig der Stimmung, dem Tenor aller Rednerinnen der Debatte von vor vierzehn Tagen, aber auch dem Tenor der einen oder anderen Rednerin von eben. Dieser Tenor zeichnet sich zur Zeit im Hamburger Senat nicht ab, wenn das tatsächlich immer noch der aktuelle Stand der Debatte ist. Das finde ich wiederum eher besorgniserregend.
Ein anderer Aspekt, der mir aufgefallen ist, ist, daß der Biotechnologie-Standort gefeiert wird, obwohl überhaupt nicht einmal auf den Prüfstand gestellt wird, was da eigentlich in der Vergangenheit gefördert worden ist. Allein bei der Vorzeigefirma EVOTEC gibt es eine Aussage darüber, wieviel Arbeitsplätze es gegeben hat. Alles andere bleibt im Nebel. Da gibt es keinen Prüfstand, der überprüft, ob
die Firma zu Recht gefördert wird und ob sie Arbeitsplätze schafft. Es gibt aus meiner Sicht auch keinen wirklichen Prüfstand, auf dem einmal getestet wird, was macht eigentlich jede Firma, was sind die Arbeitsplätze, was wird produziert, ist das eigentlich vertretbar? Diese Prüfung ist in Hamburg viel zu schlapp bei solch einer wichtigen Frage.
Im Gegenteil. Bei anderen wichtigen Fragen setzt der Senat vielmehr auf die Selbstverpflichtung derer, die so etwas möglicherweise anwenden. Das Beispiel Landwirtschaft haben wir schon gehört. Andere Städte haben begriffen, daß sie so damit nicht umgehen können.
Zum Beispiel München. Die haben durchgesetzt, daß die Verpflichtung, keine transgenen Saatgute zu verwenden, Bestandteil der Pachtverträge mit den Landwirten geworden ist. All die Skandale in der letzten Zeit machen deutlich, daß dies auch das richtige Umgehen mit Landwirten ist, weil viel zuwenig darauf geachtet wird, was tatsächlich gut für Mensch und Tier ist. Wenn sie die Möglichkeit haben, darüber bessere Erträge zu bekommen, dann sinkt die Bereitschaft, sich tatsächlich zu beschränken, sehr schnell. Um so unverständlicher finde ich, daß ausgerechnet Hamburg nun glaubt, eine Empfehlung der Landwirtschaftskammer reicht aus und alle Bauern lassen die Finger von genmanipuliertem Saat- und Pflanzgut. Offensichtlich haben Sie nicht wirklich aus der Landwirtschaftskrise gelernt, denn, wenn Sie den Bauern einmal auf die Füße treten müßten, und das müssen Sie offenbar in diesem Fall, dann kneifen Sie. Ich finde, das kann so nicht bleiben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in Wirklichkeit eine relativ schwierige Debatte, die man führen muß, wenn man sich darüber unterhält, wo eigentlich die Grenzen zwischen attraktiven Chancen und nicht hinnehmbaren Risiken der Gentechnik liegen. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür gewesen, daß es etwas länger gedauert hat, bis wir mit der Antwort rübergekommen sind. Die Kritik ist angekommen, aber ich glaube, das sollte nicht dagegen sprechen, daß man trotzdem die Debatte ernsthaft führt.
Herr Professor Salchow hat ein schönes Beispiel gebracht, bei dem meines Erachtens aber auch erkennbar ist, wo die Risiken, die immer mit Gentechnik verbunden sind, hinnehmbar sind. Wenn es darum geht, schwere Krankheiten zu bekämpfen, dann ist ein möglicherweise nur noch sehr kleines Restrisiko bei dem Betroffenen sehr viel eher hinnehmbar, weil für ihn ja die Chance ganz überwiegt.
Für jemanden, der sterbenskrank ist, wird natürlich ein Medikament, das ihm eine neue Chance eröffnet, ein Riesenvorteil sein. Deswegen glaube ich zum Beispiel, daß dieser Bereich der Gentechnik, bei dem es um die Entwicklung von Medikamenten geht, ein Bereich ist, der viel eher auch mit positiven Effekten versehen ist als die eben als „grüne Gentechnik“ bezeichnete Gentechnik in der Landwirtschaft, in der es in erster Linie um die Erträge und eine andere Art der Schädlingsbekämpfung geht. Diesen Fragen muß man sich aber stellen, und das ist insofern kompliziert – für mich hat diese Debatte eine gewisse Ähnlichkeit zu der ganzen Debatte um die Nutzung der Atom
energie –, weil man bei vielen der Informationen, die es zu bewerten gibt, tatsächlich auf Expertenwissen angewiesen ist. Wenn man mit den Gentechnikforschern diskutiert – mir geht es jedenfalls so, und ich habe versucht, mich intensiv damit zu beschäftigen –, dann stößt man relativ schnell an den Punkt, an dem man nicht mehr versteht, wovon die reden. Insofern ist man natürlich ein bißchen der Expertenszene ausgeliefert, die sich selbst auch gerne mal die Frage stellt, ob nicht das Erkenntnisinteresse bei denjenigen, die sich da zum Beispiel in der Forschung betätigen, zum Teil größer ist als der Blick für das, was sie alles ungewollt mit auslösen können. Das ist das Problem, wenn man auf Expertenwissen angewiesen ist. Ich glaube, das macht auch eine der Schwierigkeiten aus, damit einen angemessenen Umgang zu finden. Aber ich finde bestimmte Dinge relativ einfach.
Ich bin der Meinung, wenn man sich die Grundlinie gibt, daß man diese Techniken nutzen möchte, um Krankheiten zu bekämpfen, aber nicht, um in irgendeiner Weise Menschen zu züchten, dann hat man eine relativ einfache Grundlinie gefunden, denn das, was wir doch an der Präimplantationsdiagnostik nicht wollen, ist, daß quasi vorweg einmal gescreent wird, welches Embryo hätten sie denn gerne, oder daß Embryonen als Ersatzteillager gezüchtet werden. All das sind doch Elemente, die, meine ich, eher in Richtung Frankenstein führen als in Richtung einer Gesellschaft, in der ich mich wohl fühlen würde.
Diese Scheidelinie zu finden und im Einzelfall zu definieren, dafür haben Sie ein sehr schönes Beispiel gebracht, das Beispiel des Screenings. Wenn es jetzt wirklich gelingt, durch die Entwicklung von Screening-Methoden bestimmte Erbkrankheiten zu identifizieren, die man dadurch etwas früher behandeln kann, dann ist das die positive Seite. Die negative Seite könnte sein, daß bei einem Einstellungstest in einer Firma mal eben dieses Screening im Hintergrund läuft und die betreffende Person dann leider, weil sie eine Risikoperson ist, bei dem Einstellungsverfahren durchfällt und vielleicht selbst nie davon erfährt – weil das sicherlich nicht legal ist –, daß sie eine solche Erbkrankheit hat, und in solch einer Weise für ihre Gesundheit Vorsorge treffen kann. Deswegen liegen nicht nur in dieser Technik Chance und Risiko dicht beieinander, sondern es wird vor allen Dingen darauf ankommen, sie gesellschaftlich richtig zu handhaben. Ich glaube, so wie wir versuchen, es in Hamburg zu machen – und das bedeutet natürlich immer, Chancen und Risiken im Konflikt zu erkennen und auszutragen –, haben wir im Prinzip einen richtigen Weg. Die Suche, die Chancen zu erschließen, sich des Risikos aber bewußt zu sein und instrumentell, auch institutionell, wie zum Beispiel mit BIOGUM, Institute zu schaffen, die sich systematisch auch immer der Risikoseite widmen, ist, glaube ich, der richtige Weg in die zukunftsfähige Nutzung solcher Techniken.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 16/5531 zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuß und mitberatend an den Gesundheitsausschuß, den Wissenschaftsausschuß sowie den Umweltausschuß zu? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist dieses einstimmig beschlossen.
Ich rufe sodann den letzten hier zu besprechenden Tagesordnungspunkt 27 auf: Drucksache 16/5596: Antrag der CDU-Fraktion zur Erhaltung der Hamburger Panzergrenadierbrigade „Hansestadt Hamburg“ am Standort RöttigerKaserne.
[Antrag der Fraktion der CDU: Erhaltung der Hamburger Panzergrenadierbrigade „Hansestadt Hamburg“ am Standort Röttiger-Kaserne – Drucksache 16/5596 –]
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich an dieser Stelle bei allen aktiven und ausgeschiedenen Soldaten und zivilen Beschäftigten der Hamburger Hausbrigade, der Brigade 7, für den Einsatz, den sie für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und zur Erhaltung des Friedens geleistet haben, bedanken.
Die Brigade 7 war in Hamburg für die umliegenden Gemeinden in der Vergangenheit ein elementarer Bestandteil im Katastrophenschutz.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an die Flutkatastrophe von 1962 erinnern, deren Auswirkungen in der Harburger Kommunalpolitik mit Recht immer noch zugegen sind. Aber auch andere Bundesländer konnten von der guten Ausbildung und Ausrüstung der Soldaten in der Röttiger-Kaserne profitieren: Während der Schneekatastrophe im Winter 1978/1979 Schleswig-Holstein und Niedersachsen, und im Sommer 1997 sind Soldaten aus dieser Brigade aus Fischbek an der Oder in Brandenburg eingesetzt worden. Ich könnte weitere Beispiele nennen. Ich glaube, für diese Einsätze schulden wir den Soldaten und Zivilbeschäftigten der Röttiger-Kaserne Dank und Anerkennung. Aber auch in der Zeit nach dem Ende des kalten Krieges ist es der Brigade sehr schnell gelungen, sich der veränderten Situation anzupassen. Für den humanitären Einsatz sind Hunderte von Soldaten aus der Röttiger-Kaserne bei SFOR und KFOR unter der Führung der NATO eingesetzt gewesen und auf dem Balkan noch heute tätig. Es ist schon bedauerlich, daß die SPD und auch die Grünen auf Bundesebene dieses Know-how, das sich die Brigade 7 in mehr als 40 Jahren im Rahmen von vielfältigen Hilfseinsätzen angeeignet hat, nunmehr aufgeben wird.
Von der Schließung des Standortes sind mehr als 1500 Soldaten und Zivilbeschäftigte betroffen. Die Zeit- und Berufssoldaten in der Röttiger-Kaserne sind zum Teil, bedingt durch die Neuorganisation der Bundeswehr, drei oder mehrere Male in neun Jahren umgezogen.
Diese permanenten Umzüge stellen für die Soldaten, aber vor allem für deren Familien eine erhebliche Belastung dar. Zum anderen kommt die Unsicherheit hinzu, da derzeit niemand weiß, wie lange man an dem jeweiligen Standort eingesetzt bleibt. Diese soziale Orientierungslosigkeit bis zum heutigen Tage
habe ich vor einigen Tage bei einem Besuch in der Röttiger-Kaserne spüren können. Niemand weiß, wie es die
nächsten drei Jahre bis zur Standortschließung weitergehen soll, welche Einheiten bereits vorher aufgelöst oder umgesetzt werden.
Auch die Zivilbeschäftigten in der Kaserne wissen nicht, wie es weitergehen soll. Von einem Beschäftigungsplan oder einem Sozialpakt ist ihnen bis heute nichts bekannt.
Es ist bezeichnend, daß sowohl Soldaten als auch das zivile Personal und wir Politiker aus den Medien die Todesliste der Standortschließungen erfahren mußten und nicht aus der Hand des Bundesverteidigungsministers der SPD.
Mit unserem Antrag wollen wir den politischen Willen, den Standort Hamburg zu erhalten, deutlich machen.