Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates sind die Fraktionen übereingekommen, daß die ursprünglich für morgen vorgesehenen Abstimmungen über die Berichte des Verfassungsausschusses, die Drucksachen 16/5716 und 16/5717, das sind die Tagesordnungspunkte 27 und 28, bereits heute nach der Wahl vorgenommen werden sollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Leider kann ich nicht langsamer reden, damit vielleicht noch jemand kommt, während ich rede, weil die fünf Minuten ja nicht verlängert werden, wenn niemand da ist.
Nun zum Thema „Frischer Wind für Wilhelmsburg: Neue Impulse durch die Zukunftskonferenz“. Aber Sie, die hier sind, sollten wenigstens zuhören und nicht quatschen.
Herr Dr. Schmidt, wir bitten die Technik, die Mikrofone noch einmal so auszufahren, daß wir besser zu verstehen sind. Probieren Sie es doch bitte noch einmal.
Es ist nämlich hier so geschaltet, daß die Opposition nie versteht, was die Regierungsvertreter sagen. Das liegt aber daran, daß Sie nie zugehört haben.
Ich bin Vertreter der Regierungsfraktion. Das ist richtig. Aber leider geht das vermutlich alles von der Zeit ab. Können Sie mich jetzt alle hören?
Warum ist es einer Rede wert, über den Zukunftskongreß zu reden, nachdem über 300 Leute in Wilhelmsburg darüber diskutiert haben, wie es weitergehen soll, denn etwas Handfestes ist dabei noch gar nicht herausgekommen. Am Schluß gab es auch noch eine richtige Organisa
tionsdebatte, die genauso in der Bürgerschaft hätte stattfinden können. Die Zukunft wird also erst noch entwickelt.
Ich finde es dennoch einer Rede wert, schon um hervorzuheben, daß der Senat einen Bürgerschaftsbeschluß vom Dezember in wenigen Monaten angefangen hat umzusetzen, ohne daß der Bürgerschaftsbeschluß ein Datum enthielt, an dem das alles fertig sein soll. Oder um hervorzuheben, daß in Wilhelmsburg auf der Konferenz auch eine ganze Reihe von türkischen Wilhelmsburgerinnen teilgenommen haben und daß die höchst unterschiedliche Ansichten hatten. Aber hauptsächlich aus zwei Gründen.
Dieser Stadtteil, der erst vor ungefähr 100 Jahren aus einem Dorf zum Industriestandort und Arbeiterwohnviertel geworden ist, enthält in sich alle typischen Konflikte, die gegenwärtig am Ende der Industriekultur in einer Großstadt entstehen: Hohe Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, hoher Ausländeranteil mit durchaus deutlichen Integrationsproblemen, Wegzug der aufsteigenden Mittelschicht, steigende Verkehrsbelastungen – Autobahnen und andere breite Straßen –, große Industriebrachen, aber entgegen landläufigem Vorurteil keine höhere Kriminalität.
Gegen all diese Dinge muß nun von seiten der Regierung, von seiten der Behörden, viel getan werden, und es passiert auch einiges. Das führe ich aber nicht aus. Darüber kann vielleicht ein Senator reden. Was aber entscheidend für den Erfolg allen behördlichen Handelns ist, daß es nicht immer nur Reparatur sein darf. Die Behörden dürfen nicht – jede für sich, von den Problemen getrieben – einfach immer weiter wurschteln, sondern es muß eine Zukunftsvorstellung da sein. Das Bild – Bild übersetzt man lateinisch mit Vision – des Stadtteils der nächsten Jahrzehnte muß entwickelt werden, und daraus muß sich eine Stadtteilpolitik entwickeln, die auf neue Weise das staatliche Handeln integriert. Der Kongreß hat es geschafft, von dieser Sicht her zu diskutieren. Man konnte hören, welch Potential der scheinbar heruntergekommene Arbeiterstadtteil und sein ländlicher östlicher Teil haben, wohin es gehen kann und wohin es gehen könnte.
Das reicht aber noch nicht, um zu wissen, ob die Krise Wilhelmsburgs eine Krise zum Leben oder eine Krise zum Tod ist, denn wenn nicht eine größere Zahl von Menschen aus Wilhelmsburg das Schicksal des Stadtteils in die Hand nimmt und dabei das Gefühl hat, es lohne sich, dann kann der Staat auch nichts machen. Dann bleibt eine Krise eine Krise.
Auf die Dauer tun das auch die engagiertesten Menschen nur, wenn sie eine Perspektive sehen, die ihnen erlaubt, mit dem Jammern aufzuhören und statt dessen ein gemeinsames Ziel anzusteuern, und wenn sie merken, daß es etwas bringt, sich zu engagieren. Also muß zu dem, was die Regierung sowieso zu tun hat und was an Beteiligungsund Mitspracheformen, die zum Teil gesetzlich geregelt sind, schon alles praktiziert wird, noch etwas dazu kommen. Die Regierung und die Behörden müssen sich noch weit mehr als bisher unter das Volk mischen und den Leuten aufs Maul schauen.
Der Senat hat durch seinen Beschluß, daß alle Behörden, die irgend etwas mit Wilhelmsburg zu tun haben, sich an der Zukunftskonferenz beteiligen müssen, hierfür neue Maßstäbe gesetzt und sich selbst hohen Zukunftserwartungen ausgesetzt. Das war ein guter Anfang. Ich hoffe, es geht so und noch besser weiter, denn es geht dabei um viel mehr als nur um Wilhelmsburg. Vielleicht kann eines Tages
ganz Hamburg von Wilhelmsburg lernen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die praktische Bewährungsprobe eines demokratischen Gemeinwesens, die Legitimation der Regierung in ihren Entscheidungen und die aktuelle Aneignung der Demokratie durch das Volk. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe feststellen dürfen, daß Herr Schmidt nicht nur ein Verkehrskenner und Baupolitiker ist, sondern auch ein großer Wilhelmsburg-Kenner. Das freut mich sehr. Wohl wissend, daß ich ein parlamentarisches Auslaufmodell bin, möchte ich heute dennoch einige Sätze zum...
Herr Abgeordneter, darf ich Sie kurz unterbrechen. Das wird nicht zu Ihrem Nachteil sein. Ich empfange Signale aus dem Plenum, daß nach wie vor die Akustik nicht gut ist und Sie nicht gut zu verstehen sind. Deswegen bitte ich die Technik noch einmal, die Anlage am Rednerpult so auszusteuern, daß der Redner besser zu verstehen ist. Bitte, Sie haben das Wort.
Zweiter Versuch. Herrn Schmidt lobe ich jetzt kein zweites Mal, aber wohl wissend, daß ich ein parlamentarisches Auslaufmodell bin, möchte ich heute dennoch einige Sätze zum Zukunftskongreß in Wilhelmsburg sagen und auch zur Wilhelmsburger Zukunft.
Die erste Runde der Wilhelmsburger Zukunftskonferenz hat am vergangenen Wochenende gezeigt, daß der Stadtteil so viele Zukunftschancen wie kaum ein anderer Hamburger Stadtteil hat. Trotz großer gegenwärtiger Probleme hat Wilhelmsburg gute Entwicklungsperspektiven. Der Dialog von Bewohnerinnen und Bewohnern, Behördenbediensteten, Stadtteilaktivisten und externen Sachverständigen hat in vielen Bereichen deutlich gemacht, wie die Probleme des Stadtteils gelöst werden können. Wichtig ist, daß die Lösungsansätze in den nächsten acht Monaten bis zur Abschlußkonferenz in den Arbeitsgruppen detailliert und seriös weiterverfolgt werden, da mit den Worten dann auch weitere Taten folgen können. Wichtig ist schließlich nicht nur, was diskutiert wird, sondern viel entscheidender ist dann, was hinten herauskommt. Wenn allerdings den Worten nicht auch Taten folgen, wird Politik in Stadtteilen wie Wilhelmsburg noch größere Akzeptanzprobleme haben als bisher. Die Legitimationsprobleme von Demokratie und politischen Entscheidungen werden dann in Stadtteilen wie Wilhelmsburg noch sehr viel größer sein als bisher. Auf der größten Flußinsel Europas, zwischen HafenCity und Channel Harburg gelegen, muß in Wilhelmsburg von den Bewohnerinnen und Bewohnern gemeinsam mit der Politik und der Wirtschaft dafür Sorge getragen werden, daß die dynamische Entwicklung des nördlichen und des südlichen Hafenrandes auf Wilhelmsburg überspringt. Die Bewerbung des Senats um die IGA 2013 ist dabei ein wichtiger Schritt, um die Elbinsel aufzuwerten.
Von den Ängsten der Menschen in Wilhelmsburg wollen natürlich die CDU und auch die Schill-Partei profitieren.
Besonders schamlos ist dabei die CDU. Im Wahlprogramm fordert zum Beispiel die Hamburger CDU, den Ausländeranteil auf 30 Prozent zu begrenzen. In Wilhelmsburg beträgt der 34 Prozent. Also was soll Politik machen: Zwangsabschiebung nach Blankenese für 2000 Menschen oder dann doch das Mittel der Zwangseinbürgerung?
Ihre Vorschläge an Realpolitik für Stadtteile wie Wilhelmsburg sind so inhaltsvoll wie ein Vakuum. Die SPD-Fraktion wird sich weiterhin darum kümmern, daß es eine Zukunft für Wilhelmsburg gibt, frischer Wind durch den Stadtteil weht und Wilhelmsburg weiterhin schöne Aussichten in Hamburg hat. – Danke.