Ich beginne mit der zweiten Frage. Ich darf daran erinnern, daß wir es hier mit einem Rechtshilfeersuchen zu tun hatten und daß der Beschuldigte Engel bereit war, auszusagen, daß er aber von seinem selbstverständlichen Recht Gebrauch gemacht hat, Akteneinsicht zu verlangen. Darüber befanden die italienischen Behörden nicht und gaben uns keine Auskunft und keine Antwort. Das führt natürlich nicht dazu, daß dann ein Staatsanwalt von uns nach Italien fährt.
Zu Ihrer Frage, warum man nicht 1997 in Ludwigsburg nachgefragt habe, gilt dieselbe Antwort. Es war ein Rechtshilfeersuchen. Es ging nicht darum, daß wir hier Kenntnis davon hatten, was Engel wirklich vorgeworfen wurde.
Frau Senatorin! Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie mit dem Hinweis auf das Rechtshilfeersuchen der italienischen Seite der Ansicht sind, daß die Hamburger Behörden nicht schon 1997 hätten erwägen sollen, eigene Ermittlungen aufzunehmen?
Ich will es noch einmal wiederholen. Vielleicht sind solche Abläufe auch nicht bekannt. Ein Rechtshilfeersuchen läuft über eine völlig andere Schiene als etwa ein staatsanwaltschaftliches Verfahren. Das mögen sich viele von Ihnen vielleicht nicht vorstellen können, aber – das nur als Anmerkung – das läuft auf Rechtspflegerebene. Davon erfährt weder die Behördenleitung noch die Staatsanwaltschaft zwingend. Das mag Ihnen merkwürdig vorkommen, aber das ist im gesamten internationalen Rechtsverkehr so üblich.
Meine Zusatzfrage bezieht sich darauf, daß Sie dargelegt haben, im Frühjahr 2000 seien aufgrund der Tätigkeit der hamburgischen Behörden Unterlagen aus Italien in Hamburg angekommen. Gibt es eine Erklärung dafür, daß dann erst im September ein Übersetzungsauftrag an das qualifizierte Büro ergangen ist? Dazwischen liegen ja etwa fünf Monate.
Eine Erklärung, die Sie zufriedenstellen wird, kann ich nicht geben. Ich kann nur so viel sagen, man hat bei der Staatsanwaltschaft zunächst versucht – so lautet der Bericht der Staatsanwaltschaft –, mit diesen Unterlagen im Wege der Vorprüfung soweit klarzukommen, um nicht jedes einzelne Blatt übersetzen zu müssen. Ich nenne Beispiele wie Zustellungsurkunden und ähnliches. Dann hat man aber nach der Sommerpause gesehen, daß man so nicht weiterkommt, und hat sodann das Dolmetscherbüro beauftragt.
Vor dem Hintergrund, daß Herr Engel 92 Jahre alt ist und auch Menschen mit dem Namen Engel nicht ewig leben, möchte ich folgendes nachfragen: Haben Sie nachgefragt, nachdem Sie den Auftrag September 2000 an das qualifizierte Übersetzungsbüro in Bremen gegeben haben, wann die 200 Seiten übersetzt sind? Sie sagten uns eben, daß die Übersetzungen erst vor sechs Tagen eingegangen sind. Auch diese Zeit ist ungewöhnlich lang für die Übersetzung einer wichtigen Akte.
dieser Überlegung in der Tat erst im September gegeben worden, und es hat sich herausgestellt, daß das Übersetzungsbüro nicht so schnell gearbeitet hat, wie sich das die Staatsanwaltschaft vorgestellt hat. Sie hat wiederholt nachgefragt und schließlich – aber alles ohne diese Presseveröffentlichung, sondern von sich aus – im März 2001 ganz erheblichen Druck gemacht. Daraufhin liegen nun die gesamten Übersetzungen vor.
Ich habe noch einmal die Frage nach dem Oktober 1997. Herr Engel ist im Rahmen des Rechtshilfeersuchens aus Italien in der Staatsanwaltschaft gewesen, wo man den Versuch gemacht hat, ihn zur Sache zu vernehmen. Warum ist nicht gleich im Oktober 1997 begonnen worden, gegen ihn zu ermitteln, und warum hat man zu dem Zeitpunkt nur erst einmal das Rechtshilfeersuchen bearbeitet? Gibt es dafür einen vernünftigen Grund.
Frau Senatorin! Wenn es ein rechtskräftiges italienisches Urteil gibt, interessiert mich, welche Auswirkungen das für uns hat. Kann das auch von Deutschland aus in irgendeiner Form vollstreckt werden?
Meine zweite Frage: Sie haben dargestellt, daß es einige objektive Schwierigkeiten gegeben hat. Hat sich der Senat darüber Gedanken gemacht, wie er öffentlich sein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen will, daß ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher relativ unbehelligt 30 Jahre lang in Hamburg leben kann?
Die erste Frage ist klar erkennbar eine Rechtsfrage. Sie fragen, ob ein ausländisches Strafurteil, das von einem Militärstrafgericht in Abwesenheit des Angeklagten ergangen ist, in Deutschland vollstreckt werden kann. Solche Urteile gibt es noch nicht viele. Wir sind dabei, dieses zu klären. Das kann man nicht von heute auf morgen herausbekommen. Wir haben selbstverständlich entsprechende Verbindungen aufgenommen, auch zum Bundesjustizministerium und zu ähnlichen Stellen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Das ist der erste Punkt. Solange wir nicht wissen, ob aus dem Urteil vollstreckt werden kann, ist der Abschluß eigener Ermittlungen gehindert. Das hindert uns nicht zu ermitteln, aber wir könnten zum Beispiel nicht zu einer eigenen Anklage kommen, solange aus dem italienischen Urteil vollstreckt werden könnte. Das muß natürlich vorrangig feststehen.
Zur zweiten Frage, Herr Abgeordneter de Lorent: Ich verstehe, daß Sie meinen, es sei an der Zeit, daß deutsche
Behörden ihr Bedauern ausdrücken. Ich würde auch keine Minute zögern, denn natürlich muß jeder Kriegsverbrecher, wenn er einer ist, zur Verantwortung gezogen werden, auch wenn er 92 Jahre alt ist. Ich bitte aber sehr zu bedenken, daß hier diese unendlich verzögerte Verfolgung dieser Verbrechen nicht an uns lag. Das ist allerdings, bis vor zwei Tagen, an keiner Stelle in der Hamburger Presse zu lesen gewesen. Die gesamte überörtliche Presse und auch Magazine haben es gebracht. Das heißt, die Italiener sitzen 50 Jahre auf den Akten, und kaum ist dieser Aktenschrank geöffnet, erklären sie ihre Empörung darüber, daß Deutschland nicht zügiger ermittelt. Das kann man – vorsichtig ausgedrückt – nur mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Ich persönlich stehe nicht an, hier zu erklären, selbstverständlich wird gegen Engel in aller Zügigkeit ermittelt.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2000 des Landesamts für Verfassungsschutz finden sich, wie bereits im Verfassungsschutzbericht 1999, keine Darstellungen und auch keine Einschätzungen zu den sogenannten Neuen Rechten in Hamburg, die allerdings im Bericht des Jahres 1998 noch kurz umrissen wurden.
Erstens: Warum findet die Hamburger „Neue Rechte“ – konkret die Deutsch-Europäische Studiengesellschaft, der Lesekreis der Jungen Freiheit und die deutsche Sektion von den Europäischen Synergien – in den letzten Jahren keine Beachtung mehr?
Zweitens: Welche Erkenntnisse liegen der Behörde für Inneres über rechtsextreme Bestrebungen bei den Hamburger Burschenschaften, wie der ausgewiesen rechtsextremen Burschenschaft Germania Hamburg, vor?
Frau Abgeordnete Koppke! Der Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz kann die gesamte Tätigkeit des Landesamtes nicht abbilden, sondern muß Schwerpunkte setzen. Er setzt diese Schwerpunkte in jedem Jahr entsprechend den aktuellen Entwicklungen und reagiert flexibel auf diese Entwicklungen. Die Entwicklungen der letzten beiden Jahre waren dadurch gekennzeichnet, daß wir im Bereich der aktionistischen, gewalttätigen rechtsextremen Seite neue Entwicklungen hatten – Skins als Beispiel. Dies findet zunehmenden Ausdruck auch im Bericht des Landesamtes.
Vor diesem Hintergrund ist auch darauf hinzuweisen, daß im Bereich der „Neuen Rechten“, die Sie ansprechen, eine gewisse Stagnation festzustellen war, wie sie auch in den Berichten des Landesamtes zum Ausdruck gekommen ist. Die Berichte über die „Neue Rechte“ finden sich über die Jahre auch mit dieser Entwicklung. Ich verweise insbesondere auf die Berichte 1996, 1997 und 1998. Im Bericht 1999 und 2000 – beide Berichte haben Sie angesprochen – ist die „Neue Rechte“ zwar nicht mehr ausdrücklich im
Inhaltsverzeichnis genannt, aber im Textteil ist zu lesen, daß dieses Thema gleichwohl Berücksichtigung findet. Insbesondere betrifft dies die Erwähnung und Tätigkeit von Herrn Dr. Oberlercher, der als eine handelnde Person in diesem Spektrum tätig ist. Im Bericht 1999 findet sich das auf den Seiten 25 und 26 und im Bericht 2000 auf den Seiten 20 bis 24. Insofern ist das Thema genannt. Aber nicht alles, was im Bericht des Landesamtes nicht erwähnt wird oder nicht ausdrücklich im Inhaltsverzeichnis erwähnt wird, wird deshalb vom Landesamt nicht beachtet. Umgekehrt kann man sagen, nicht alles, was beachtet oder auch beobachtet wird, findet deswegen automatisch schon Erwähnung im Bericht. Soweit zu Ihrer ersten Frage.
Zu der zweiten Frage weise ich darauf hin, daß die Erkenntnisse des Landesamtes über rechtsextremistische Bestrebungen innerhalb einzelner Burschenschaften in mehreren Jahresberichten zum Ausdruck gebracht worden sind – zuletzt 1997. Auf diese Erkenntnisse nimmt auch das von Ihnen in Ihrer Frage zitierte Buch Bezug. Es heißt im Bericht und dementsprechend zitiert auch im Buch, daß sich in diesem Bereich bei einigen Burschenschaften rechtsextremistisches Gedankengut mit studentischer Brauchtumspflege und burschenschaftlichen Idealen zu einer insgesamt nationalistisch orientierten Gemeinschaft verschmilzt. Derartige Tendenzen waren auch 1996 bei einzelnen Hamburger Burschenschaften festzustellen. 1997 findet sich eine ähnliche Formulierung. An dieser Bewertung hat sich nichts geändert. Im übrigen gibt der Senat, gibt das Landesamt, zu einzelnen Erkenntnissen keine Auskunft. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage, Drucksache 15/6094, vom 1. Oktober 1996.
Meine erste Nachfrage lautet: Warum werden die Erkenntnisse, speziell über Burschenschaften, nicht veröffentlicht, weder im Verfassungsschutzbericht noch in der Großen Anfrage, auf die Sie eben gerade verwiesen haben?
Die zweite Frage bezieht sich auf die eben von Ihnen postulierte Stagnation. Die Vereinigung Synagon, der deutsche Ableger des europäischen Netzwerkes „Synergies-Européennes“, ist gerade sehr aktiv und hat sich beispielsweise mit ihrer neu herausgegebenen Zeitung „Synagon Forum“ strukturell gestärkt. Ihr Präsident Lüdders ist Hamburger. Des weiteren gibt es eine neue Entwicklung hinsichtlich der Burschenschaft Germania. Die NPD empfiehlt den Studenten bei einem Studium in Hamburg, in die Germania einzutreten.
Wenn ich Sie unterbreche, bitte ich Sie, einen Moment innezuhalten. Sie kennen unsere Regeln, Sie müssen unverzüglich zu einer Zusatzfrage kommen und diese bitte nicht noch mit einem Text einleiten. Ich bitte auch die Technik, etwas schneller zu reagieren, sonst verstehen die Mitglieder des Hauses überhaupt nichts. Bitte fragen Sie jetzt.