Protocol of the Session on May 10, 2001

Login to download PDF

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Das Wort hat Frau Sudmann.

Ich kann den Worten meiner beiden Vorredner zu Ihrem Antrag Tour de France eigentlich nicht viel hinzufügen, möchte aber gerne Ihr Engagement weiter nutzen, da Sie jetzt entdeckt haben, daß man das Fahrrad durchaus auch für Image- und Sympathiegewinne für diese Stadt nutzen kann.

Herr Warnholz hat eben schon die Stadt Freiburg angesprochen. Wenn wir uns einig sind, die 5 Millionen DM nicht in die Tour de France zu verpulvern, wäre es wesentlich sinnvoller, diese 5 Millionen DM, die Sie jetzt bereit sind zu investieren, in die Förderung des Fahrradverkehrs allgemein zu investieren.

Ich will noch einmal auf Freiburg und auch auf Münster verweisen. Diese beiden Städte haben einen sehr hohen Image- und Sympathiewert bei Radfahrern und Radfahrerinnen, weil sie sehr fortschrittlich sind und wirklich gute Radfahrbedingungen anbieten. Das wäre der richtige Ansatz, wo wir dann ausnahmsweise einmal gemeinsam etwas für den Radverkehr tun könnten.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Bettina Kähler und Dr. Dorothee Freu- denberg, beide GAL)

(Jürgen Schmidt SPD)

A

B

C

D

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Das Wort hat Frau Senatorin Nümann-Seidewinkel.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Sportsenatorin! – Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Inline-Skaten und Fahrradfahren, voll sport- lich!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich rede jetzt als Sportsenatorin, aber vorweg wollte ich noch etwas als Finanzsenatorin sagen: Es geht nicht an, daß 5 Millionen DM, die es noch gar nicht gibt, jetzt schon wieder neu verteilt werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herr Warnholz, Sie haben gesagt, dieser Prolog sei eine einmalige Chance für die Hansestadt. Einmalig ist es, darauf hat Herr de Lorent schon hingewiesen, und genau das ist der Punkt, denn einmalige, kostenintensive, finanziell ungesicherte und kurzfristige Ereignisse bringen wenig. Zudem ist der Anteil derjenigen, die sich im Fernsehen den Prolog angucken, auch relativ gering, denn so richtig spannend wird es erst, wenn die Etappen in den Bergen gefahren werden.

Herr de Lorent hat auf die Erfahrungen von Berlin hingewiesen. Ich möchte von Freiburg im Breisgau sprechen, weil das auch angesprochen worden ist. Laut Medienberichten haben an zwei Veranstaltungstagen insgesamt 400 000 Menschen zugeschaut. Die Stadt Freiburg hat keine genauen Zuschauerzahlen erhoben. Im Vergleich dazu: Beim Hansaplast-Marathon hatten wir 700 000 Zuschauer und 20 000 Aktive.

(Hartmut Engels CDU: Im Breisgau kann man kei- nen Hanse-Marathon machen!)

An den HEW-Cyclassics nehmen 12 000 Radsportler teil und ungefähr eine gleiche Anzahl von Zuschauern wie beim Marathon, also exzeptionell mehr, als es zumindest in Freiburg waren. Freiburg sagt, sie hätten 1,3 Millionen DM aufgewendet; dieses sei kostendeckend gewesen. Sie, Herr Warnholz, wollen 5 Millionen DM ausgeben. Unsere Linie ist es, nur regelmäßige Veranstaltungen, immer möglichst zum gleichen Termin, stattfinden zu lassen, um daraus ein „Event“ zu machen. Wir wollen organisatorische Nachhaltigkeit, seriösen Imagegewinn und solide Finanzierung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Herr Warnholz wünscht noch einmal das Wort; Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens: Warum wird das Berliner Beispiel hier angeführt? Ich habe das Freiburger Beispiel angeführt und von 5 Millionen DM gesprochen. Ich habe auch nicht gesagt, daß diese 5 Millionen DM aus dem Staatshaushalt verwirtschaftet werden. Die werden doch durch Werbeeinnahmen und so weiter wieder hereinkommen. Man muß natürlich ein kleines Risiko, wie bei jeder Veranstaltung, eingehen.

(Jürgen Schmidt SPD: So steht das nicht in Ihrem Antrag!)

Lassen Sie mich doch ausreden, ich habe Sie doch auch ausreden lassen.

Zweitens: Das französische Konsulat – die CDU hat einen regen Schriftverkehr durchgeführt – und auch die Veranstalter in Paris würden es wirklich sehr begrüßen, wenn wir in Hamburg eine derartige Veranstaltung durchführten. Es würde uns gut stehen, und es wäre eine einmalige Veranstaltung.

Drittens: Hamburg ist sportbegeistert. Es wurde gesagt, wir haben zwei tolle Veranstaltungen; das ist auch gut. Warum sagen wir nicht, aller guten Dinge sind drei? Aber ich versichere Ihnen, da Sie zur Zeit noch die Mehrheit haben, wenn Ole von Beust Bürgermeister wird, dann werden wir die Tour de France nach Hamburg bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Lachen bei der SPD und der GAL)

Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Weiter wird das Wort nicht gewünscht. – Wir kommen zur Abstimmung. Wer möchte der Ausschußempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Ausschußempfehlung ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 11, Drucksache 16/5738: Große Anfrage der GAL-Fraktion zu Autonomieverlust alter und behinderter Menschen durch Reduzierung personengestützter Dienstleistungen der Sparkassen und Banken.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Autonomieverlust alter und behinderter Menschen durch Reduzierung personengestützter Dienstleistungen der Sparkassen und Banken – Drucksache 16/5738 –]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Wirtschaftsausschuß überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schneider schaut immer nach, ob mit dem Konto alles in Ordnung ist und ob sie das überweisen soll. Aber wenn Frau Schneider plötzlich weg ist und so ein junger Schnösel unverständliche und unakzeptable Tips gibt, geht oft gar nichts mehr. „Da gehe ich nicht mehr hin“, sagt die alte Dame. Es kommt zum ängstlichen Rückzug, zum Liegenlassen von Rechnungen. Das kann zum Beispiel zum Abstellen des Telefons führen, denn aus Angst vor Kontrollverlust geben viele ältere Menschen auch keine Einzugsermächtigungen. Der Wegfall der vertrauten Bankangestellten kann im Einzelfall dazu führen, daß eine Betreuerbestellung erforderlich wird; ich habe schon solche Fälle erlebt.

Bei der Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten sind viele ältere und behinderte Menschen auf die Dienstleistungen ihrer Bank- und Sparkassenfiliale angewiesen. Viele benötigen zum Beispiel beim Ausfüllen von Überweisungen die Unterstützung der ihnen vertrauten Bankangestellten, und sie kommen mit deren Hilfe auch ganz gut zurecht. Die gut erreichbare Sparkassenfiliale hat eine wichtige Funktion im nachbarschaftlichen Sozialnetz. Für die Selbständigkeit vieler älterer Menschen, die ohne alltägliche familiäre Unterstützung leben, haben der persönliche Kontakt, die Unterstützung durch vertraute Bankange

stellte eine zentrale Bedeutung, und der Wegfall dieser Unterstützung kann rasch zur Dekompensation führen.

Die Erhaltung der Selbständigkeit auch bei abnehmender Leistungsfähigkeit ist also vom Vorhandensein bestimmter Strukturen abhängig, und unsere politische Aufgabe ist es, für solche Strukturen zu sorgen. Das gilt ganz besonders im finanziellen Bereich und auch angesichts der demographischen Entwicklung. Die Bedeutung eines flächendekkenden Netzes von gut erreichbaren Bank- und Sparkassenfilialen mit dem Angebot der persönlichen Beratung und Assistenz wird also weiter zunehmen. Wahrscheinlich werden sich die Geldinstitute auf die Bedürfnisse ihrer immer älter werdenden Klientel einstellen. Aber es ist zu befürchten, daß sie das vor allem in den Gegenden tun, wo das Geld gehäuft herumliegt. Wichtig ist aber ein flächendeckendes Netz in ganz Hamburg, also auch dort, wo weniger Geld ist.

Der Antwort des Senates auf unsere Große Anfrage ist zu entnehmen, daß die Hamburger Sparkasse an der Größenordnung ihres jetzigen Filialnetzes in absehbarer Zukunft festhalten werde. Das hören wir gerne, denn der Antwort des Senates auf unsere Anfrage ist auch zu entnehmen, daß zwischen 1996 und 2000 immerhin 9 Prozent der Bankfilialen, also fast jede zehnte, geschlossen wurde. Wir hören auch gerne, daß die Haspa auf die Strategie des „menschlichen Bankings“ setze. Das klingt gut, ist aber wenig konkret.

In den beiden letzten Geschäftsberichten der Haspa, die im Internet stehen, ist von dieser Strategie des „menschlichen Bankings“ allerdings nichts zu lesen. Betont wird vielmehr die zunehmende Bedeutung der neuen Technologien, das sogenannte Multichannel-Banking – was immer das sein mag – und der Aufwärtstrend des OnlineBanking. Als Zukunftsstrategie wird das konsequente Kostenmanagement genannt, das in einer Doppelstrategie bestehe, nämlich die Erlöse zu steigern und die Kosten zu reduzieren.

Kostenreduktion wird überall in erster Linie durch Personalabbau erreicht. Das gilt in nächster Zeit ganz besonders für das Bankgewerbe – das können wir immer wieder lesen –, und das wird auch bei der Hamburger Sparkasse nicht anders sein.

Ich will hier nicht in Frage stellen, daß Wirtschaftlichkeit und gewissenhafte kaufmännische Sorgfalt in der Führung der Geschäfte eine wichtige Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit und damit die Sicherung der Hamburger Sparkasse sind. Diese gehören laut Satzung auch zu den Aufgaben der Haspa. Aber die Hamburger Sparkasse hat einen besonderen Status. Sie ist eine juristische Person alten hamburgischen Rechts und nach heutiger Rechtsauffassung als Stiftung anzusehen. Sie ist deshalb auch an die in ihrer Satzung definierte Gemeinnützigkeit gebunden. Die Gemeinnützigkeit der Haspa bezieht sich auf ihre in Paragraph 2 der Satzung festgelegten Aufgaben, deren erste lautet:

„Die Sparkasse hat die Aufgabe, in ihrem Wirkungsbereich den Sparsinn der Bevölkerung zu wecken und zu fördern. Zu diesem Zwecke trifft sie alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen, um möglichst weite Kreise der Bevölkerung für den Spargedanken zu gewinnen.“

Diese schöne Definition von 1972 klingt nicht mehr zeitgemäß. Als 1972 die Hamburger Sparkasse durch Verschmelzung der beiden Institutionen Hamburger Sparcasse von 1827 und Neue Sparkasse von 1864 entstand,

war es unter sozialen Gesichtspunkten nicht mehr ganz so dringlich, möglichst viele Menschen zur Einrichtung eines Sparbuches zu motivieren. Diese Dringlichkeit bestand jedoch sicherlich im Jahr der Neugründung der Hamburger Sparcasse von 1827, denn damals gab es – wie wir wissen – noch kein soziales Sicherungssystem und mit der Förderung des Sparens sollten die ärmeren Schichten der Bevölkerung in die Lage versetzt werden, sich gegen wirtschaftliche Not zu wappnen.

Angesichts der anfangs geschilderten Probleme halte ich es für notwendig, die Aufgaben der Hamburger Sparkasse neu zu definieren und die Gemeinnützigkeit an diese neue Definition zu binden. Sinnvoller wäre eine Formulierung, wie zum Beispiel: Die Sparkasse hat die Aufgabe, durch ein flächendeckendes Filialnetz mit dem Angebot persönlicher Beratung und Assistenz die Selbständigkeit möglichst weiter Kreise der Bevölkerung bei der Erledigung ihrer finanziellen Angelegenheiten zu fördern und zu erhalten.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und bei REGEN- BOGEN – für eine neue Linke)

Nicht zufrieden bin ich mit der lapidaren und viel zu abstrakten Antwort des Senates auf die Frage nach der Möglichkeit seiner Einwirkung auf die Haspa, um die Berücksichtigung der Belange älterer und behinderter Menschen zu erreichen. Es wird uns gesagt, daß die Rechtsaufsicht nur auf die Einhaltung der Satzung und den Erhalt des Stiftungsvermögens gerichtet sei. Abstrus finde ich die Antwort des Senates auf die Frage, welche Möglichkeiten er sehe, auch im Hinblick auf das im Grundgesetz verankerte Benachteiligungsverbot alter und behinderter Menschen bei der Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten wirksam zu sein. Da werden wir auf das Modellprogramm „Hamburger Senioren ins Internet“ verwiesen, im Rahmen dessen immerhin zehn Altentagesstätten mit Internetanschlüssen ausgestattet werden. Ich denke, das kann hier nicht alles gewesen sein.

(Beifall bei der GAL, bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU)

Die Hamburger Sparkasse, meine Damen und Herren, hat eine komplizierte Struktur. Sie ist – wie gesagt – als Stiftung anzusehen und an die Gemeinnützigkeit gebunden. Ihr höchstes Gremium ist das Kuratorium. Die Zusammensetzung ihres Kuratoriums liest sich wie ein „Who is who“ der hamburgischen Gesellschaft. Außerdem ist dort auch der Mittelstand gut vertreten. Vom Senat sitzen im Kuratorium die Justizsenatorin und der Staatsrat der Finanzbehörde. Auch unsere CDU-Kollegin, Frau Ahrons, ist dort als Vorsitzende des Hamburger Landesverbandes des Verbandes deutscher Unternehmerinnen vertreten.

Das Kuratorium beschließt unter anderem über die Verwendung des Bilanzgewinnes und über Satzungsänderungen. Der Senat hat wiederum im Rahmen seiner Aufsichtspflicht die Einhaltung der Satzung zu überwachen und eventuellen Satzungsänderungen zuzustimmen. Ich denke, wir sollten im Wirtschaftsausschuß darüber nachdenken, welche Möglichkeiten der politischen Einflußnahmen gegeben sind, um die Selbständigkeit der Bürger und Bürgerinnen bei der Erledigung ihrer Bankgeschäfte auch in Zeiten zunehmender Technisierung zu erhalten. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL, bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Frank-Thorsten Schira CDU)