Meine Damen und Herren! Es ist übereinstimmend festgestellt worden, dass alle 121 Mitglieder der neuen Bürgerschaft anwesend sind. Ich erkläre die Bürgerschaft damit für konstituiert.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3 a. Es handelt sich um einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP zur Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft.
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Geschäftsordnung der Bürgerschaft – Drucksache 17/7 –]
[Antrag der Fraktion der SPD zur Drucksache 17/7: Geschäftsordnung der Bürgerschaft – Drucksache 17/10 –]
zur Änderung der Geschäftsordnung eingebracht mit dem Ziel, einerseits die Zusammensetzung des Präsidiums zu verändern und zweitens – nach unserer Auffassung – die Stellung der Präsidentin abzuwerten. Beide Anträge sind in der vorgelegten Form für uns nicht akzeptabel.
Ich mache zuvor eine Bemerkung zum Verfahren. Bisher ist es immer üblich gewesen, in Geschäftsordnungsfragen zu versuchen, zu einem Einvernehmen zu kommen. Geschäftsordnungsentscheidungen sollten schon gar nicht am Beginn einer Legislaturperiode ohne den Versuch einer Konsensbildung durchgesetzt werden. Das halten wir auch zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich für richtig.
Dieses sind keine Kleinigkeiten, sondern erhebliche Veränderungen. Ich darf auf zwei Dinge aus der Vergangenheit hinweisen:
Erstens: Zweimal haben wir einen Präsidenten gehabt, der der CDU angehörte, weil sie zweimal stärkste Fraktion war. Das war Herr Dr. Willich. Ich darf daran erinnern, dass es zu den Zeiten von unserer Seite keinerlei Versuch gegeben hat, etwa die Zusammensetzung oder die Kompetenz im Präsidium zu verändern. Das ist der eine Punkt.
Es ist auch 1987 und 1988 schon über die Geschäftsordnung diskutiert worden, auch über die Zusammensetzung des Präsidiums. Auch damals gab es Parallelen zu heute, nämlich den Wunsch der FDP, dort vertreten zu sein. Damals hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Professor Hajen, ausgeführt, wir wären bereit gewesen, dass in der Repräsentation der hohen Bank hinter mir alle Parteien vertreten sind. Das war aber mit der großen Oppositionspartei nicht mehrheitsfähig. So etwas möchten wir ungern mit Mehrheit entscheiden, deshalb sind wir bei der alten Konstruktion geblieben. Ich glaube, das ist ein angemessener Umgang mit einem solchen Thema.
Dieses Mal hat es keinen Versuch gegeben, zu einem Konsens zu kommen, und ich sage – mit Verlaub –, der Wechsel, der sich jetzt abzeichnet, kommt natürlich aufgrund von Wahlen demokratisch völlig korrekt zustande. Darüber reden wir gar nicht.
Er kann aber nicht als Begründung dafür herhalten, die einfachsten parlamentarischen Umgangsformen außer Kraft zu setzen, und das geschieht hier.
Ein zentraler Punkt ist die Aufblähung des Präsidiums von zwei auf vier Vizepräsidenten, die überhaupt nicht in die Landschaft passt. Ich möchte keine Diskussionen über Verkleinerungen führen, die es an anderer Stelle gibt. Ich greife zurück auf einen Ländervergleich, in dem wir feststellen, wenn wir die Zusammensetzung des Präsidiums ändern, haben wir das aufwendigste Präsidium aller Landtage und das kann nicht vernünftig sein.
Es ist nicht in Ordnung, dass Sie diesem Parlament in der Presse zur ersten Sitzung ansatzweise eine Diätendebatte bescheren. So etwas brauchen wir an dieser Stelle überhaupt nicht.
Eine Begründung hat es im Ältestenrat nicht gegeben. Fehlanzeige. Heute habe ich in der „Welt“ den Ansatz einer Begründung gelesen. Dort hieß es, die FDP habe ein Personalproblem, das auf diese Weise entsorgt werden solle. Da muss es auch andere Möglichkeiten geben, als die Geschäftsordnung zu ändern.
Ich will den Punkt gar nicht überziehen, aber immerhin schaffen Sie es, mit sechs Abgeordneten auf zehn Diäten zu kommen. Das ist ein Landtagsrekord; herzlichen Glückwunsch.
Obwohl es mir ein bisschen schwer gefallen ist, habe ich im Parteiprogramm der FDP geblättert. Da steht an prominenter Stelle auf Seite 1:
Das alles fängt schön an und dann kommt die Sache mit der Präsidentin. Ich hoffe, die Ansage der CDU steht noch, dass darüber im Ausschuss geredet werden kann. Was hier vorgelegt worden ist, ist eindeutig ein Misstrauensantrag gegen die Präsidentin. Auch hier die Begründung: Es liegt nicht an ihrer Amtsführung.
Ich lese aus dem Bericht der Enquete-Kommission „Parlamentsreform“ vor, die in der Zeit von 1991 bis 1993 getagt hat. An ihr haben von der CDU Herr Ehlers und von der FDP Herr Dr. Wiegand teilgenommen. Dort heißt es zur Stellung der Präsidentin:
„repräsentiert die Bürgerschaft jenseits von Mehrheitsoder Minderheitsinteressen. Ihm obliegt es, die Abgeordneten in ihren verfassungsmäßigen Rechten zu schützen... Als Repräsentant des gesamten Parlaments ist er in besonderer Weise zu politischer Ausgewogenheit und unparteiischer Amtsführung verpflichtet. Ein aus mehreren Mitgliedern bestehendes Parlamentspräsidium, das nach Mehrheitsgrundsätzen zusammengesetzt sein müsste, könnte hingegen einem stärkeren parteipolitischen Druck ausgesetzt werden als der zur Objektivität verpflichtete Präsident der Bürgerschaft.“
Ich wiederhole: Irgendeine Begründung, irgendeine Kritik an der Amtsführung habe ich nicht vernommen. Nein, Sie wollen die in der Geschäftsordnung festgeschriebene unparteiische Amtsführung der Präsidentin durch ein von Mehrheitsprinzipien dominiertes Kollektivorgan ersetzen.
Übrigens geschieht das in der Realität mit richtigen Slapstickzügen. Das hätte ich vielleicht nicht sagen dürfen, weil ich mich auf einen ernsten Anlass beziehen will. Soll die Präsidentin, wenn es ernste Termine gibt – wie beispielsweise anlässlich des 11. September auf dem Rathausmarkt –, zukünftig das Präsidium zusammenrufen und nachfragen, ob sie reden darf? So wollen Sie das regeln. Man kann die Außenvertretung eines Parlaments, so wie es in jeder anderen Geschäftsordnung zweifelsfrei geregelt ist, nicht durch ein Kollektivorgan ersetzen.