Protokoll der Sitzung vom 10.10.2001

(Günter Frank SPD: Das hat es bisher nicht gege- ben!)

Eine so herabgewürdigte Stellung der Präsidentin, wie Sie sie vorhaben – ich hoffe, man kann darüber noch reden –, gibt es in keinem anderen Bundesland und sie steht nach unser Überzeugung auch im Widerspruch zu Artikel 18 unserer Verfassung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Fazit: Die Mischung aus völlig unnötiger Aufblähung einerseits und Reduzierung des Amtes andererseits schadet dem Ansehen der Bürgerschaft insgesamt. Es ist ein würdeloses Stück aus dem Tollhaus.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Da wir uns in der Vergangenheit dafür ausgesprochen haben, alle Fraktionen im Präsidium durchaus vertreten sein zu lassen, haben wir einen Antrag eingebracht, der es ermöglichen würde, dass auch die kleinste Fraktion im Präsidium vertreten sein könnte. Das halten wir für einen angemessenen Weg und wir bitten um Unterstützung dieses Antrags.

Da Sie immer das bayerische Modell als Politikimitationsanlass nehmen, haben wir die bayerische Lösung vorgeschlagen. Das sollte es Ihrer Partei ermöglichen, Herr Schill, hier vielleicht zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich hätte mir gewünscht, dass wir gerade am Beginn einer Legislaturperiode bei der Frage, die unsere Selbstorganisation betrifft – es geht nicht um die großen politischen Fragen, da können Sie Ihre Mehrheit noch, solange der Wähler Ihnen das Mandat gibt, auskosten –, zu einer gemeinsamen Regelung gekommen wären, die nicht von vornherein das Klima beeinträchtigt, die die Kasse schont und das Ansehen des Parlaments nicht beschädigt. Dass das jetzt zum Teil anders ist, fällt in die Verantwortung der neuen Mehrheit. – Vielen Dank.

(Langanhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Röder.

Frau Alterspräsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einen Glückwunsch an meinen Vorredner. Sie haben als Führer der Opposition deutlich an Sprachwitz gewonnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe gerade lernen müssen, dass Sie seit dem 23. September dieses Jahres Ihre große Liebe zu der

(Dr. Holger Christier SPD)

Enquete-Kommission entdeckt haben. Das nehme ich zur Kenntnis. Wir haben dann noch eine Menge Punkte, über die wir uns austauschen können.

(Werner Dobritz SPD: Komm mal zur Sache! Du musst wohl eine FDP-Position vertreten!)

Die bisherige Geschäftsordnung geht erkennbar von einer anderen Zusammensetzung der Bürgerschaft aus. In der letzten Legislaturperiode waren drei Fraktionen vertreten und seit der Entscheidung der Wähler am 23. September 2001 sind es nunmehr fünf. Eine derartige neue Zusammensetzung muss in der Geschäftsordnung berücksichtigt werden – darüber kann man gar nicht lange diskutieren –, schon von daher ist sie überarbeitungsbedürftig.

(Anja Hajduk GAL: Im Alleingang!)

Die bisherige Geschäftsordnung sieht eine umfassende ausschließliche Entscheidungsbefugnis des Präsidenten vor. Die Fraktionen wirken in Hamburg lediglich im Ältestenrat beratend mit. Ein Entscheidungsrecht hat der Ältestenrat nicht. Diese Regelung findet kaum in einem anderen Landtag dieser Bundesrepublik Deutschland ihre Entsprechung. Diese gehen überwiegend von kollegial entscheidenden Gremien – wie Vorständen oder Präsidien – aus.

(Dr. Holger Christier SPD: Aber in einer ganz ande- ren Balance!)

Herr Dr. Christier, ich habe Ihnen doch, wenn auch erfreut, jedenfalls in dem Part des Vortrags, zugehört. Tun Sie das bitte auch.

(Dr. Holger Christier SPD: Das will ich versuchen!)

In dem Gremium spiegelt sich überwiegend die Zusammensetzung des gesamten Parlaments wider. Und das mit gutem Grund.

Die Überlegungen zur Überarbeitung der Geschäftsordnung sind im Übrigen – Herr Dr. Christier, Ihre entsprechenden Vermutungen lagen völlig daneben – vollkommen personenunabhängig. Sie sind ausschließlich auf die Sache gerichtet, nämlich auf das reibungslose und effiziente Miteinander in unserem Parlament.

Jegliche Spekulation über eine angebliche Unzufriedenheit mit der bisherigen und auch wieder designierten Präsidentin liegen neben der Sache.

Wir haben bereits am Tage nach der Wahlentscheidung, dem 23. September, erklärt, dass nach gutem alten parlamentarischen Brauch der SPD-Fraktion, als stärkster Fraktion, der Vorschlag für das Präsidentenamt zukommt,

(Rolf Polle SPD: Danke!)

und sie hat erwartungsgemäß Frau Dr. Stapelfeldt wieder nominiert. Was meinen Sie, warum ich Ihnen das sage? Ich will an dieser Stelle ausdrücklich anmerken, dass ich keinerlei Verständnis für Überlegungen habe, dass in zumindest einer Bezirksversammlung dieser gute Brauch gebrochen werden soll, um mit der Stimmenmehrheit von Rotgrün dort die Partei Rechtsstaatlicher Offensive auszugrenzen und den ihr eigentlich im Präsidium zustehenden Sitz stattdessen der GAL zuzuschlagen. So sollte man nicht miteinander umgehen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die vorgelegten Änderungen der Geschäftsordnung regeln die Aufgaben des neuen Präsidiums. Dabei wahren sie die

verfassungsmäßigen Rechte des Präsidenten. Auch die gegenteilige, durch nichts untermauerte Behauptung von Dr. Christier steht dem nicht entgegen.

Die drei antragstellenden Fraktionen wollen das Kollegialgremium Präsidium, das seine Entsprechung nicht nur im Bundestag, sondern auch in den meisten Landesvertretungen hat, weil es fair und gerecht ist, alle Fraktionen gemeinsam an der Verwaltung des Parlaments zu beteiligen. Wir wollen dabei keine Fraktion ausgrenzen.

Es ist fair und gerecht, alle Fraktionen auch an der Sitzungsleitung teilhaben zu lassen. Dies hat auch der Deutsche Bundestag aus gutem Grunde so geregelt und das, was die SPD eben vorgelegt hat, würde genau dieses hier ausgrenzen. Das wollen wir nicht.

Es ist fair und gerecht, alle Fraktionen an der Außenvertretung der Bürgerschaft zu beteiligen, und zwar für das Parlament insgesamt, für alle Abgeordneten und ihre Fraktionen. Wir wollen keine Fraktion des Hauses ausschließen. Auch das sähe der Vorschlag der SPD-Fraktion vor. Auch hier sollte uns der Deutsche Bundestag mit einem guten Beispiel vorangehen.

Es ist fair und gerecht, alle Fraktionen in dem neuen Kollegialgremium auch über die Zusammensetzung der Bürgerschaftskanzlei mit entscheiden zu lassen. Die Bürgerschaftskanzlei ist Dienstleister für das gesamte Parlament, für alle Abgeordneten, und zwar ohne Ansehen, ob die Fraktionen den Senat tragen oder ob sie in der Opposition stehen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die vorgelegten Regelungen sind nicht nur fair und gerecht, sie sind auch sach- und zweckdienlich. Wir haben mit der Hamburger Bürgerschaft bei vergleichbarer Leistung und Effizienz bundesweit eines der preiswertesten Parlamente.

(Unmutsbekundungen bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ihre Höflichkeit und Ihren Benimm haben Sie offenbar verloren. Auch wenn man in der Opposition ist, muss man zuhören. Sie haben gesehen, wir haben das getan, haben dazu argumentiert. Hören Sie doch wenigstens still nicht zu.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Wir alle beginnen die Legislaturperiode wahrscheinlich mit einem Riesenberg guter Vorsätze. Einer davon ist mit Sicherheit, den Argumenten der anderen zuzuhören. Nun könnten wir das gleich am ersten Tag praktizieren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir haben in Hamburg – bei vergleichbarer Leistung und Effizienz – bundesweit eines der preiswertesten Parlamente. So wird es auch nach der Neufassung der Geschäftsordnung bleiben. Dem stehen auch die gefälligen Äußerungen von Dr. Christier nicht entgegen.

Die drei antragstellenden Fraktionen sind selbstverständlich bereit, über die Ausgestaltung der Aufgaben des Präsidiums im Einzelnen im zuständigen Verfassungsausschuss zu diskutieren. Wir werden dem Überweisungs

(Berndt Röder CDU)

antrag daher im Wesentlichen zustimmen. Der SPD-Zusatzantrag allerdings ist mit Ausnahme des von Ihnen so gesehenen Problems – der Bildung eines neuen Gremiums Präsidium, das wir für notwendig und erforderlich halten – identisch. Mit anderen Worten: Es bedarf Ihres Antrags gar nicht.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Nicht genau gelesen!)

Wir werden uns aber über Ihre Punkte, da sie weitestgehend mit unseren identisch sind, im Verfassungsausschuss zu unterhalten haben und werden dies auch tun.