Damit verbietet sich auch Ihr gern bemühter Hinweis darauf, Hamburgs Finanzprobleme seien durch die Steuerreform der Bundesregierung verursacht.
Sie wollten doch mehr Entlastung, lenken Sie deshalb nicht ab, sondern lösen die Probleme, das ist Ihre Aufgabe.
Wir gestehen allerdings zu, dass es für die CDU im Allgemeinen und für Sie, Herr Peiner, im Besonderen nicht leicht ist, finanzpolitische Kompetenz glaubwürdig darzustellen.
Schließlich steht die Union für Billionen von Schulden unter Helmut Kohl im Bund, für Milliarden von Schulden unter Herrn Eberhard Diepgen in Berlin, die Kirch-Pleite unter Edmund Stoiber in Bayern und die Pleite der Berliner Bankgesellschaft im Aufsichtsrat mit Ihnen, Herr Peiner.
Herr Peiner, Sie müssen erst noch beweisen, dass Ihnen das Kostüm des seriösen Finanzpolitikers nicht wirklich zu groß ist.
Zu einem Schritt in die richtige Richtung geben wir Ihnen heute Gelegenheit. Mit unseren Anträgen zum Haushalt wollen wir einige Fehler in Ihrer Vorlage korrigieren: Weniger Neuverschuldung und eine solide Finanzierung der Investitionen durch Umschichtungen sind gefragt. 311 Millionen Euro weniger an neuen Schulden in diesem Jahr ist unsere Forderung und zugleich unser Angebot an Sie. Heute können Sie zeigen, wie ernst es Ihnen mit dem Schuldenabbau wirklich ist.
So wie Sie ihn vorgelegt haben, ist der Haushaltsplan-Entwurf finanzpolitisch unseriös und nicht nur das, er ist auch unsozial, und zwar wegen der kopflosen Kürzungen, die er enthält.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sind nicht gegen Kürzungen an sich, wir erkennen die Notwendigkeit, Geld einzusparen. Schließlich haben die SPD-geführten Regierungen in den vergangenen Jahren viele schmerzhafte Einschnitte vorgenommen, um Hamburgs Haushalt zu konsolidieren. Wir stehen auch zu einer genauen Aufgabenkritik und zur Überprüfung der staatlichen Ausgaben, zum Beispiel bei den Zuwendungen. All das haben Sie in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Ihre Kürzungen aber haben damit nichts zu tun. Sie betreiben einen Kahlschlag ohne Konzept, Sie sparen vor allem bei den Armen, denen Sie wichtige Hilfsangebote wegnehmen.
Für Ihr Kürzungsprogramm steht offenbar ein anderer Theatertitel Pate. Mir fällt dazu ein: „Die Räuber“. Sie nehmen den Frauen die Beratung und Hilfsbedürftigen die soziale Hilfe weg, weil Sie die Angebote streichen. Die Menschen, die Hilfe brauchen, bleiben, um es mit einem anderen Bühnenstück zu formulieren, „Draußen vor der Tür“.
Sie, Herr von Beust, und Ihre Regierung grenzen aus, treiben soziale Spaltung voran und lassen die außen vor, die die Hilfe am nötigsten brauchen; das ist Fakt.
Ihre Politik hat neben vielen anderen auch Hamburgs Bischöfe auf den Plan gerufen. Was da ist, muss gerecht verteilt werden, heißt der Appell von Bischöfin Maria Jepsen.
(Rolf Kruse CDU: Lass die Kirche im Dorf! Wenigs- tens die Mahnung der Kirche sollten Sie ernst neh- men!)
Eine andere Kirchenfrau, die Landespastorin Annegrethe Stoltenberg, hat vor ein paar Tagen unter Protest den Aufsichtsrat der Beschäftigungsgesellschaft Hamburger Arbeit verlassen, weil Sie, Frau Schnieber-Jastram, die Löhne der Arbeitslosen im Beschäftigungsprojekt auf 1000 Euro kürzen. Das bundesweite Vorzeigemodell Tariflohn statt Sozialhilfe haben Sie damit beerdigt. So treiben Sie die Arbeitslosen dieser Stadt in die Sozialhilfe.
Welche Perspektiven bieten Sie stattdessen den Menschen, die ihre Arbeit verloren oder erst gar keine gefunden haben?
Die Antwort sind Sie, Frau Schnieber-Jastram und Herr Uldall, bisher schuldig geblieben. Sie zerschlagen das, was da ist, ohne etwas Neues aufzubauen, ja sogar, ohne sich anzusehen, was vielleicht auch in Ihrem Sinne erfolgreich ist.
Wie kopflos Sie bei den Kürzungen vorgehen, zeigen die Entscheidungen, die Sie inzwischen zurücknehmen mussten. Amnesty for Women, das Jugendprojekt KIDS, die Drogenhilfeeinrichtung Subway sind nur Beispiele. Erst nach heftigem Protest haben Sie eingesehen, dass überall dort gute Arbeit für Menschen in Not geleistet wird und dass diese Menschen diese Hilfe nicht so ohne weiteres woanders finden.
Gut ist, dass Sie in diesen Fällen Ihre Fehlentscheidung korrigiert haben, schlimm ist, dass Sie all die anderen Hilfsangebote, unter anderem für Opfer von sexuellem Missbrauch, trotzdem streichen, ohne sich die Mühe zu machen, genauer hinzuschauen.
Sie gefährden nicht nur den sozialen Frieden in dieser Stadt, meine Damen und Herren vom Senat, Sie haben ihn einseitig aufgekündigt.
Und Sie setzen die Zukunft Hamburgs aufs Spiel, denn zur Zukunft dieser Stadt gehört auch eine Perspektive für die Menschen, vor allem für die jungen Menschen, Arbeit zu finden.
Sie, Herr Uldall, wollen dies der Wirtschaft überlassen. Aber ich sage Ihnen, das reicht nicht aus. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten brauchen die Unternehmen und die Menschen, die Arbeit suchen, die Hilfe der Politik. Da ist es schon sehr dünn, was Sie bisher angeboten haben. Das Hamburger Modell, nicht einmal aus Ihrer Feder, sondern vom Arbeitsamt, kommt nur für eine kleine Gruppe von Arbeitslosen infrage, das wissen Sie ganz genau. Statt eigener Ideen verkünden Sie allmonatlich zur Veröffentlichung der neuen Arbeitslosenzahlen, wie schlecht die Bundesregierung aus Ihrer Sicht alles mache.
Der letzte Termin Ihrer Standardpresseerklärung fiel zusammen mit der Nachricht der Kirch-Pleite. Herr Uldall, darum sollten Sie sich kümmern. Tun Sie etwas, um Arbeitsplätze in Hamburg zu erhalten und neue zu schaffen, das ist Ihr Job.
Wenn Sie Ihre Scheuklappen einmal ablegen würden, könnten Sie auch erkennen, welche hervorragenden Instrumente die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung Ihnen in die Hände gegeben hat. Nutzen Sie das Job-AQTIVGesetz, werden Sie aktiv für Jobs, sonst sind Sie Ihren bald los.
„Draußen vor der Tür“ hat sich offenbar auch Schulsenator Rudolf Lange als Motto vorgenommen. Sie, Herr Lange, wollen mehr als 600 Jugendliche aussperren, die sich schon auf eine Berufsfachschule oder Fachoberschule angemeldet hatten. Plötzlich bekamen diese einen Brief von Ihnen, in dem stand, ihre Schule wird geschlossen oder, wie Sie es lieber formulieren, ihr Bildungsgang wird nicht mehr angeboten. Stattdessen sollen die jungen Leute eine Lehre machen
und, wenn es sein muss, eben auch in einem anderen Bereich, als sie es sich vorgestellt haben. So groß ist aber die Auswahl der freien Lehrstellen in der Tat nicht und Sie wissen das auch. Herr Lange, was muten Sie eigentlich jungen Menschen zu, die ihr Leben organisieren? Sie greifen ein und mit einem Strich werden die ganzen Planungen von Familien weggewischt.
Auf der Demonstration wegen ihren Schulschließungen vor einigen Wochen stand auf einem Transparent: Statt Schulsenator Schuldiktator Lange. Und einer der Jugendlichen sagte: Lange will mir vorschreiben, was ich lernen soll, das ist ja wie in der DDR. Ist das die liberale Handschrift des Schulsenators, Herr Lange?