Protocol of the Session on May 30, 2002

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Die Bundesregierung ist dabei, die Bildungs- und Familienpolitik auf eine qualitativ neue, höhere Stufe zu heben.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Wolfgang Drews CDU: Warum sagen Sie Gesamtschule?)

Sie wird ein bundesweites Programm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ mit einem Volumen 4 Milliarden Euro auflegen und unterstützt damit Länder und Kommunen, die Ganztagsschulen auszubauen.

(Beifall bei der SPD)

Sie zieht damit die richtigen Konsequenzen aus dem PISASchock und setzt gleichzeitig ein eindeutiges Zeichen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die SPD-geführten Senate haben trotz der Haushaltskonsolidierung in Hamburg schon seit 1988 mindestens eine Schule jedes Jahr in eine Ganztagsschule umgewandelt. Herr Lange, ich möchte an dieser Stelle sagen, das ist nicht jämmerlich, denn wir haben versucht, diese auch solide zu finanzieren.

(Heiterkeit bei der CDU, der Partei Rechtsstaat- licher Offensive und der FDP – Dr. Michael Freytag CDU: Hat aber nicht geklappt!)

Wir begrüßen daher besonders die Absicht, pro Jahr künftig drei Ganztagsschulen zu schaffen, auch wenn beim Hin und Her der Bildungspolitik dieser Koalition wenigstens Zweifel an der Machbarkeit bestehen dürfen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Machen Sie sich keine Sorgen!)

Die Vorteile der Ganztagsschule liegen auf der Hand.

Unterrichten und Lernen lassen sich besser verteilen, Arbeits- und Erholungsphasen können sich besser ab

wechseln, Hausaufgaben effektiv und kompetent betreut werden.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das wissen wir doch alles!)

Sie öffnet neue Möglichkeiten für die individuelle Förderung von Schülern. Mehr Zeit bietet auch die Möglichkeit für neue Unterrichtsformen, wie zum Beispiel für fächerübergreifende Unterrichtsmaßnahmen, Projektarbeit, Öffnung zum Stadtteil, stärkere Betonung des Musischen, Sport und Kreativität. Darüber hinaus haben Ganztagsschulen eine immanente familien- und sozialpolitische Bedeutung. Das ist für uns sehr wichtig. Wir brauchen mehr verlässliche Betreuung über den Vormittag hinaus.

Tatsache ist, dass die europäischen Nachbarländer mit besseren Betreuungsangeboten sowohl eine höhere Frauenerwerbsquote als auch eine höhere Geburtenrate nachzuweisen haben.

(Beifall bei der SPD)

Berufstätige Mütter dürfen nicht länger als pädagogisch verdächtig gelten.

(Beifall bei der SPD)

Viele Frauen wünschen, dass sie wegen der Versorgung der Kinder nicht auf die Berufstätigkeit verzichten müssen. Viele Betriebe wollen nicht auf ihre hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen verzichten, weil sie ihre Kinder zu Hause versorgen müssen. Deshalb ist das Programm der Bundesregierung die richtige Antwort, die richtige Politik für Familien und keine Luftnummer.

Der jetzige Senat lässt dagegen Familien und Alleinerziehende bei der Organisation Kind, Beruf und Schule im Regen stehen.

(Zuruf von Karen Koop CDU)

Das hat auch die gestrige Debatte, Frau Koop, um das Abitur nach zwölf Schuljahren gezeigt. Es gibt hinsichtlich der Mittagessenversorgung zehn Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres noch kein Konzept. Die Schüler können zwar in der Mittagszeit allein Spaghetti in den Topf werfen, aber sonst müssen sie warten, bis die Mütter abends nach Hause kommen.

Es ist aber unerlässlich, gerade für Hamburg den Ausbau von Ganztagsschulen als familien- und sozialpolitische Chance zu nutzen und zu erkennen,

(Beifall bei der SPD)

denn die Rolle der Familie in der modernen Gesellschaft ist einem Wandel unterworfen und darf nicht länger idealisiert werden. Ihr pädagogischer Wirkungsradius ist nun einmal begrenzt und bedarf der Ergänzung nicht nur durch die Schule, sondern durch vernünftige und sinnvolle außerschulische Angebote.

Bei der Einrichtung neuer Ganztagsschulen ist es für uns selbstverständlich, dass in erster Linie soziale Brennpunkte berücksichtigt werden, denn Kinder aus unterprivilegierten Elternhäusern haben zuerst ein Recht darauf, dass häusliche Defizite kompensiert werden. Bei Familien mit Migrationhintergrund ist es außerdem enorm wichtig, dass durch die zusätzliche Zeit auch die sprachlichen Defizite verbessert werden können.

Die Ganztagsschule ist ein pragmatischer Pfad. Sie bietet die Möglichkeit, sinnvolle Handlungsperspektiven in den Schulen einzuführen und die Schüler auf das Leben in der

(Senator Rudolf Lange)

Zivilgesellschaft besser vorzubereiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Pramann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es muss klar ausgedrückt werden: Wir brauchen die jetzigen Lehrer. Alle werden die Unterstützung bekommen, die ihnen zusteht. Aber Lehrer sind nur so gut wie die Politik.

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL – Uwe Grund SPD: Das wäre fatal!)

Das ist das Entscheidende. Was ich hier heute erlebt habe, spiegelt genau das wider, was wir in den Schulen erleben. Wenn nämlich die Zeugnisse vorgestellt werden und diese einem nicht passen, dann läuft man weg. Das ist die heutige Situation in den Schulen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich werde Ihnen auch einige Ergebnisse nennen, die aus Ihrer Zeit stammen.

Hamburg hat immer mehr Schulabbrecher. Wir stehen hinter Thüringen somit an zweiter Stelle in der Bundesrepublik. Da in diesem Plenum überwiegend Lehrer sitzen, frage ich mich, ob Sie das nicht erkannt haben.

Wir können in einem halben Jahr nicht alles ändern, aber die Lehrerschaft muss wieder motiviert werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Andrea Hil- gers SPD: Sagen sie das mal Ihrem Senator!)

Meine Damen und Herren! Sie wird wieder motiviert.

(Gelächter bei der SPD und der GAL)

Darauf können Sie sich verlassen, weil wir unsere Standards für sie erklärbar machen. Das heißt, der Lehrer weiß, was er zu unterrichten hat. – Danke.

(Gelächter bei der SPD und der GAL – Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Sager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit einem Bildungssenator, der so erkennbar und in vielerlei Hinsicht überfordert ist, kann die Bildungspolitik in Hamburg nicht mehr auf einen guten Weg gebracht werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Das ist doch langweilig!)