Protokoll der Sitzung vom 26.06.2002

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Verena Lappe GAL)

Das Wort hat Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir stimmen dieser Änderung der Tagesordnung nicht zu. Es geht hier um zwei wichtige Gesetzentwürfe des Senats mit weitreichenden Konsequenzen, nämlich im Hochschulgesetz und in der Juristenausbildungsverordnung und jetzt – wie wir gehört haben – die G10-Nachwahl.

Die Gesetzentwürfe sind den Bürgerschaftsabgeordneten vor 14 Tagen zugegangen. Wie es sich gehört, sind sie auch im Vorwege dem Ausschuss überwiesen worden. Dort sollte man auch über den Inhalt dieser Gesetzentwürfe und die weitreichenden Konsequenzen, die diese Gesetze hervorrufen werden, beraten, so wie es für Gesetzentwürfe üblich ist und wie es sich gehört.

Anstelle dessen wollen Sie jetzt diese Gesetzentwürfe aus den Ausschüssen herauszerren, um sie hier im Schnelldurchgang abzunicken. Das ist ein Gesetzgebungsverfahren, das diesen Namen eigentlich nicht wirklich verdient hat.

(Beifall bei der GAL und bei Jan Ehlers SPD)

Es sollen wichtige Gesetzentwürfe, von denen die Abgeordneten erst vor kurzem Kenntnis erlangt haben, in zwei Lesungen innerhalb von zwei Tagen durchgepeitscht werden, ohne dass überhaupt die Möglichkeit besteht, sich ernsthaft mit diesen Gesetzen auseinander zu setzen. Auch die Nachwahl des G10-Ausschusses sehe ich so, dass hier eine Filzentscheidung im Schnelldurchgang durchgepeitscht werden soll.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich halte das Vorgehen für vollkommen verfehlt, denn normalerweise gilt der Grundsatz, dass ein Gesetz, das der Senat oder eine Regierung einbringt, niemals so das Parlament verlässt, weil man im Ausschuss immer noch Verbesserungsmöglichkeiten findet. In den Ausschussberatungen wäre es eigentlich auch üblich und notwendig gewesen, tatsächlich einmal die Betroffenen anzuhören, in diesem Fall die Studenten und Referendare. All das wird jetzt unmöglich, weil Sie die Gesetzentwürfe aus den Ausschüssen herausziehen. Die Bürgerschaft degradiert sich mit diesem Verhalten zu einem bloßen Abnickverein des Senates.

(Beifall bei der GAL)

Für mich reiht sich das in eine ganze Kette von Missachtung des Parlamentes ein. Sie verweigern Ausschussanhörungen, wo sich diese aufdrängen – ich erinnere an die Lex Airbus –,

(Wolfhard Ploog CDU: Zur Geschäftsordnung!)

der Senat veranstaltet Pressekonferenzen, während die Bürgerschaft tagt.

(Glocke)

Herr Maaß, Ihre Redezeit ist beendet.

All dies macht deutlich, dass dieses Parlament für Sie nicht mehr als eine Quasselbude ist.

(Beifall bei der GAL)

Herr Maaß, für das Wort Quasselbude rufe ich Sie zur Ordnung.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen über die beantragten Ergänzungen der Tagesordnung.

Wer die Tagesordnung um die Drucksache 17/1058, den Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes, ergänzen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Es gab keine Enthaltungen. Die Tagesordnung ist mit großer Mehrheit so ergänzt worden. Der Ausschussbericht wird dann als Tagesordnungspunkt 36a in die Tagesordnung aufgenommen und anstelle von Drucksache 17/868 debattiert.

Nächste Abstimmung. Wer möchte, dass der unter „nachrichtlich“ mitgeteilte Punkt, Drucksache 17/901: Entwurf des Zwölften Gesetzes zur Änderung der Juristenausbildungsordnung, in die Tagesordnung aufgenommen wird, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Ent

haltungen? – Bei einigen Gegenstimmen und einer Enthaltung ist das mit Mehrheit so erfolgt. Diese Drucksache wird dann als Tagesordnungspunkt 18a in die Tagesordnung eingestellt.

Wer darüber hinaus die Tagesordnung um die Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft zur Wahl eines Mitglieds für die Kommission zur Durchführung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, Drucksache 17/1077, ergänzen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einigen wenigen Gegenstimmen ist das mit großer Mehrheit so beschlossen worden. Die Drucksache wird als Tagesordnungspunkt 2b in die Tagesordnung aufgenommen. Die Wahl wird morgen im Anschluss an die Fragestunde durchgeführt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind fünf Themen angemeldet worden, und zwar von der FDP-Fraktion

Dramatische Steuereinnahmeausfälle bei der Freien und Hansestadt Hamburg aufgrund der verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung

von der SPD-Fraktion

Halbe Betreuung oder volle Bezahlung: Kinderbetreuung nur noch für Hausfrauen?

von der CDU-Fraktion

Pleitenrekord durch rotgrüne Wirtschaftspolitik

von der Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive

Neue Wege der Graffiti-Bekämpfung

und von der GAL-Fraktion

Poller-Schill missachtet historische Bedeutung des Joseph-Carlebach-Platzes

Zunächst zum ersten Thema. Das Wort hat Frau Pauly.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Seit Amtsantritt im vergangenen Oktober muss der Senat die Erwartungen hinsichtlich der Steuereinnahmen laufend nach unten korrigieren. Die MaiSteuerschätzung 2001, also im vorigen Jahr, hatte den Abwärtstrend bereits angekündigt, doch angesichts der Wahl sah sich der rotgrüne Senat keineswegs veranlasst, auf die Ausgabenbremse zu treten, nein, bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2002 vor einem Jahr verkündete man noch frohgemut das Ende des Sparkurses.

Mit dem Kassensturz im Herbst nach der Wahl kam die wahre Wahrheit ans Tageslicht. Insgesamt fehlten am Jahresende im Vergleich zum Vorjahr rund 630 Millionen Euro Steuereinnahmen in der Hamburger Kasse und in der Zukunft ist leider keine Besserung zu erwarten. Das ergibt die mittelfristige Finanzplanung. Zwischen den beiden Mai-Steuerschätzungen 2001 und 2002 wird es bei den für Hamburg verbleibenden Steuereinnahmen in den einzelnen Jahren zu einer Niveauverschiebung von minus 400 Millionen Euro in jedem Jahr kommen. Sollte dann noch die letzte Stufe der Eichel´schen Steuerreform im Jahr 2005 in Kraft treten, werden wir noch mal ein Minus von 100 Millionen Euro Steuermindereinnahmen zu verkraften haben.

(Christian Maaß GAL)

Was sind die Ursachen? Ursache Nummer eins ist die verfehlte Finanzpolitik. Die Steuerreform ist gründlich misslungen, ihre Auswirkungen auf das Steueraufkommen sind völlig falsch eingeschätzt worden und außerdem ist sie extrem mittelstandsfeindlich. Man sieht die Mittelstandsfeindlichkeit sehr gut beim Steueraufkommen. Die Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer und bei der Lohnsteuer sind relativ moderat, aber die Körperschaftsteuereinnahmen sind fast auf Null zurückgegangen. Wir haben hier eine gigantische Umverteilung. Vor allen Dingen wurde die Steuerreform auch nicht durch Aufgabenkritik und Einsparungen finanziert, sondern durch die so genannte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, an der alle Unternehmen beteiligt sind, sowohl die großen als auch die kleinen, dass aber die ertragssteuerliche Entlastung nur bei den Großen stattfand, nämlich bei den Kapitalgesellschaften. Dazu gehört auch noch das schöne Thema Betriebsveräußerung. Auch da haben die Kapitalgesellschaften null Steuern zu zahlen. Bei den Ein-Personen-bezogenen Gesellschaften sind dann, wenn auch mit einigen Freibeträgen verbunden, doch wieder die Steuern zu zahlen.

Wenn das so weitergeht, meine Damen und Herren – wir haben die Entlastung in den unteren Einkommensbereichen und praktisch in den oberen Großunternehmen, in den großen Kapitalgesellschaften –, dann wird auf Dauer gesehen dieser Staat nur noch vom Mittelstand finanziert werden. Das ist eine wirklich gefährliche Entwicklung. Wir sehen auch an der wirtschaftlichen Entwicklung, wozu das führt.

Die Haushaltskonsolidierung ist Herrn Eichel eben überhaupt nicht gelungen. Wir haben auch noch eine zweite Ursache für die Entwicklung: Das ist eine Wirtschaftspolitik, die quasi nicht vorhanden ist, und eine Arbeitsmarktpolitik, die völlig verfehlt ist.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Auch wenn wir uns von der Weltkonjunktur nicht abkoppeln können, so sind doch die Wirtschaftsprobleme in unserem Land zu einem großen Teil hausgemacht. Mit der Überregulierung des Arbeitsmarktes betreibt Rotgrün seit vier Jahren ein gigantisches Beschäftigungsverhinderungsprogramm. Das Gesetz zur Scheinselbstständigkeit blockiert Wege in die Existenzgründungen. Jede neue so genannte Reform ist mit einem Wust von Bürokratie verbunden, Beispiel Riester-Rente, die deshalb auch niemand annehmen mag. Die Lohnnebenkosten wurden nicht gesenkt, wie versprochen. Man hat die Steigerung nur mit einem neuen Steuermäntelchen verdeckt und verkleidet, nämlich der Ökosteuer. Mit zahlreichen Steuererhöhungen, wie zum Beispiel Öko-, Tabak- und Versicherungssteuer – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin –, hat man den Verbrauch auch noch abgewürgt, weil die Leute weniger Geld in den Taschen haben. Wer will es also den Verbrauchern verdenken, dass sie sich zurückhalten, und wer will es den Unternehmen verdenken, dass sie keine Leute einstellen. Solange die Wirtschaft nicht in Fahrt kommt, können die Steuerquellen auch nicht sprudeln.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Pauly, dass Sie hier sagen, die