Meine Kollegin Ernst hat bereits vom Unterrichtsausfall bis hin zur Abschaffung guter Schulversuche alles ausgeführt. Sie handeln nach dem Motto: Alles, was mit i anfängt, ist igitt. Sie kürzen die Mittel für Gesamtschulen mit der Absicht, Herr Drews, durch Qualitätsverschlechterung die Elternwahl zu beeinflussen. Sie kürzen die Ausgaben für Unterrichtsmittel, ohne ein Konzept vorzulegen. Außerdem ist Ihre Bildungspolitik zutiefst ideologisch motiviert. Ausgrenzung, Reduzierung und Kappung von Durchlässigkeit und zweiten Chancen sind die herausragenden Kennzeichen Ihrer Bildungspolitik.
Beim Thema „Verkammerung der Berufschulen“ mussten Sie schon zurückrudern; das ist die Wahrheit. Hoffentlich tun Sie es auch noch bei der Abschaffung der integrativen Regelklassen und der Fachoberschulen.
Schüler, Eltern und Lehrer sind zu Recht erbost und demonstrieren permanent gegen diese Maßnahmen des Bildungssenators. Über 40 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben dies zusätzlich durch ihre Unterschrift bekräftigt. Das ist ein Armutszeugnis und keine Unterstüt
zung für Ihre Politik. Es deutet aber – das können Sie sich vielleicht einmal an den Spiegel heften – darauf hin, dass es in dieser Stadt ein hohes Interesse an Schul- und Bildungspolitik gibt. Das sollten Sie bei der Beratung der Schulgesetznovelle bedenken. Sorgfalt, Zeit und Beratungsoffenheit sind gefordert. Von alledem gab es bisher noch nichts.
Zum Beispiel gibt Ihre Behörde eine Broschüre „Den richtigen Weg wählen“ heraus, in der Sie die Ergebnisse der Schulgesetznovelle präsentieren, als seien Beratungen überhaupt nicht notwendig. Das ist nicht beratungsoffen, Herr Senator.
Sie sind – das sage ich noch einmal, das kann man nicht oft genug wiederholen – kein Bildungssenator, Sie haben keinen Esprit, Sie sind ein Bildungsabwicklungssenator!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Woestmeyer, es ist einfach nicht zu fassen! Sie behaupten, dass Sie die Bildung als erste Priorität auf Ihre Fahne geschrieben haben. Das ist einfach maßlos. Sie wissen genau – das kann man schallplatten- oder CD-artig wiederholen –,
Damit geben Sie es gerade zu. Und dann können Sie doch nicht sagen, dass Sie den Bildungsetat ausgeweitet haben. Das ist doch absoluter Kokolores.
Das 100-Junglehrerinen-Programm ist eine einmalige Sache und reicht nicht aus, in Zukunft die Verlässlichkeit des Unterrichts sicherzustellen. Sie versuchen aber, uns zu zeigen, dass dieses so ist. Im Gymnasialbereich wird zum 1. Februar kein einziger Lehrer eingestellt. Lassen Sie mich das an einer Zahl genau festmachen.
Sie haben für die Haushaltsberatungen 2003 vorgeschlagen, 410 Lehrer weniger auszubilden. Das ist natürlich eine geniale „Schwerpunktsetzung“, wenn 600 bis 700 Lehrerinnen durch die Pensionierungswelle ausscheiden werden. Wie wollen Sie eigentlich garantieren, dass Unterricht noch entsprechend stattfindet? Können Sie mir das sagen, Herr Woestmeyer?
Es ist ziemlich verantwortungslos, wenn Sie damit so umgehen. Ich kann die große Sorge der Eltern, der Schülerinnen und Schüler und natürlich auch die der Kolleginnen und Kollegen verstehen, die die Petition unterschrie
ben haben, weil sie nicht wollen, dass Sie die Schulpolitik so an die Wand fahren. Wir werden mit aller Kraft die Volkspetition unterstützen, und zwar nicht Hand in Hand mit irgendwelchen Organisationen, sondern Hand in Hand mit denen, die betroffen sind und die unter Ihrer Schulpolitik zu leiden haben. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Bemerkung muss zu diesem Punkt doch noch gemacht werden.
Sie sprechen an, dass sich Herr Woestmeyer nicht so darstellen sollte, wie Sie es ihm gerade vorgeworfen haben. Ich muss Ihnen dann aber auch die Frage stellen: Frau Goetsch, warum haben Sie Ihren Einfluss in den letzten vier Regierungsjahren – Sie sind jetzt Fraktionsvorsitzende – bei Ihrem Kollegen Herrn Zuckerer und anderen nicht dahin gehend deutlich gemacht, indem Sie dem gesamten Parlament die festgestellten Lehrerbedarfe in dieser Stadt in den Haushaltsberatungen vorgelegt haben, damit diese solide finanziert werden?
(Beifall bei der CDU, der FDP und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Burkhardt Müller- Sönksen FDP: Richtig!)
Wir wollen uns doch einmal die Zahlen, die Sie ganz bewusst herauskitzeln wollten, aus dem Gedächtnis rufen.
Am 1. August 2002 hatte die Freie und Hansestadt Hamburg 13 923 Lehrerstellen, davon waren 13 745 durch Rotgrün finanziert und – der Haushaltsplan hat Gesetzescharakter – vom Parlament beschlossen worden.
Das ergibt eine Differenz von 178 Lehrerstellen, die Sie auch festgestellt haben. Sie hatten aber nicht den Mut, diese im Haushaltsplan vom Parlament einzuwerben, weil nämlich dann Ihre Konsolidierungsgenossen von Rotgrün nicht hätten verkünden können, dass der entsprechende Haushalt zurückgefahren wurde.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Richtig!)
Wir haben alle noch Frau Hajduk im Ohr, die hier heruntergeleiert hat, dass der Betriebshaushalt der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeglichen sei. Wir haben alle noch im Ohr, dass Rotgrün im letzten Jahr vor unserer Regierungsübernahme den Haushalt konsolidiert hat. Mit solchen Buchhaltertricks 200 Lehrerstellen nicht zu finanzieren, werden natürlich die Haushaltsgrundsätze und die Wahrheit und Klarheit mit Füßen getreten und dagegen verstoßen.
Aber die Dreistigkeit besteht nicht darin, dass Sie diese Tricks angewendet haben, sondern dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler dieser Stadt im Herbst letzten Jahres das Regierungsmandat nicht erteilt haben und Sie, Frau Goetsch, die die Kenntnisse hatte und heute Fraktionsvorsitzende sind – damals waren Sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende –, sich nicht damit herausreden können, dass Sie es nicht besser gewusst haben.