Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Status und die Dauer des Aufenthaltes für sie selber und ihre Familien geben muss. Aber Voraussetzung, dass die Menschen, die wir wollen, auch selbst zu uns kommen wollen, unsere Metropole also wächst, ist, dass unsere Stadt so attraktiv wird, dass wir diese Menschen national und international anziehen. Das Potenzial dafür ist da, und wir werden dieses Potenzial durch ein entsprechendes Investitionsprogramm „Wachsende Stadt“ weiter stärken.

Flächenmäßig gibt es große Entwicklungsmöglichkeiten gerade an der Elbe. Andere Metropolen, wie Barcelona, Toronto, Kopenhagen, Vancouver oder Lissabon, haben es vorgemacht, wie attraktiv die Flächenentwicklung am Wasser für die Menschen ist. Das Areal der HafenCity, Flächen am Rand der HafenCity, entlang der Elbe, von Rothenburgsort bis Övelgönne, aber insbesondere auf der südlichen Elbseite bieten sich dafür an. Ich meine, wir müssen die Elbe nicht als etwas Trennendes verstehen, sondern als etwas Verbindendes, an deren Nord- und Südufern gemeinsame riesige Entwicklungschancen für unsere Stadt schlummern. Auch das wirtschaftliche Potenzial ist da. Der Hafen weist seit Jahren Zuwachsraten aus und die Hafenwirtschaft und ihre Dienstleister sind nicht nur traditionell, sondern aktuell einer der wichtigsten Pfeiler für Wirtschaft und Arbeitsplätze in Hamburg. Der weitere Ausbau von Altenwerder, die Beibehaltung der Flächenreserven in Moorburg und die Option einer weiteren Elbvertiefung sind für uns von größter Bedeutung. Gemeinsam mit den Nachbarländern müssen wir erreichen, dass Hamburg Welt-Endhafen bleibt für diese Region und als Drehscheibe für den Welthandel, insbesondere für den osteuropäischen Raum.

Unsere Stadt hat ebenfalls das Potenzial, herausragender Standort modernster Dienstleistungen zu sein. Das gilt für den kreativen Bereich von Medien über Betriebe der New Economy bis hin zu Werbeagenturen und Firmen im Designbereich. Die angebliche Magnetwirkung oder Subventionsanreize anderer Städte lassen uns nicht resignieren, sondern sind für den Senat Ansporn, so gut zu sein, dass bestehende Firmen hier bleiben und neue Firmen hinzukommen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dazu bedarf es neben zielgenauer Existenzgründungshilfen, der Zusammenfassung bestehender Programme, der Vereinfachung von Genehmigungsabläufen vor allem zweierlei:

Erstens: Kulturelle Veranstaltungen, Events, Festspiele, Ausstellungen und Museen brauchen höchstmögliche Kreativität und Strahlkraft. Wir brauchen den Glanz und die Originalität, um in der Welt noch mehr als bisher auf Hamburg positiv aufmerksam zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Zurufe von Barbara Duden und Erhard Pumm, beide SPD, und Krista Sager GAL)

Dass Sie aufheulen, kann ich verstehen, denn diesen Glanz bringen Sie bestimmt nicht, Herr Pumm.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Olympia-Bewerbung Hamburgs ist in diesem Zusammenhang nicht nur von sportlicher Bedeutung, sondern ein äußerst wichtiges Signal in diese Richtung.

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

(Zuruf von Krista Sager GAL)

Ich verstehe diese Bewerbung nicht als reine Pro-formaAngelegenheit, sondern als eine riesige Chance für die Stadt, allein schon durch ein kluges Gestalten der Bewerbung, Hamburg deutschland- und weltweit positiv darzustellen und wichtige Projekte zu beschleunigen. Dazu gehört auch die HafenCity, die die Möglichkeiten bietet, eine einmalige Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Kultur und Sport citynah und zur City werdend zu gestalten. Unser Bemühen ist, die jetzt ins Auge gefassten Planungszeiträume von bis zu 20 Jahren deutlich zu verkürzen. Das muß einfach schneller gehen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Zur Attraktivität, um als Magnet zu fungieren, gehört heute aber auch insbesondere eine herausragende Hochschullandschaft. Wenn das Wort von der Wissensgesellschaft mit Leben erfüllt werden soll, müssen die Hamburger Hochschulen neben ihrer Breitenwirkung verstärkt Profil zeigen, zum Beispiel in den Bereichen Nanowissenschaften, Biotechnologie, Medizin, aber auch bei Medien, Logistik, Außenhandel und Luftfahrt. Wir wollen Exzellenzbereiche stärken und Hamburg zum Medien- und Medizinzentrum des Nordens ausbauen. Wir wollen ein leistungsfähiges UKE und das Zusammenwachsen von Biowissenschaften und Medizintechnik. Für den Masterplan des UKE soll innerhalb der ersten 100 Tage des neuen Senats der offizielle Startschuss gegeben werden.

Große Forschungseinrichtungen, wie das DESY mit seinen Projekten, verdienen unsere Aufmerksamkeit genauso wie eine Reihe kleinerer renommierter Forschungseinrichtungen, wie zum Beispiel das Bernhard-Nocht-Institut oder das Heinrich-Pette-Institut, die dann noch besser profiliert werden können, wenn die Umsetzung der Forschungsergebnisse durch einen erheblich verbesserten intelligenten Technologietransfer von kleineren und mittleren Firmen endlich besser genutzt werden kann. Das hilft den Firmen und dient zur Finanzierung weiterer Forschung. Der Senat will bei der Umstrukturierung der Hochschulen große Schritte vorangehen. Mehr Wettbewerb, stärkeres privates Engagement und größere Autonomie der Hochschulen sind dabei die zentralen Begriffe für uns.

Bedingungen zu schaffen, dass in Hamburg investiert wird und nach Hamburg gezogen wird, setzt aber selbstverständlich voraus, dass es hierzu einer soliden Basis bedarf. Diese Basis im industriellen, gewerblichen und handwerklichen Bereich darf niemals aus den Augen verloren werden. Wer von der Zukunft träumt und die Basis, die wir hier haben, und die Gegenwart vernachlässigt, macht einen großen Fehler. Die Möglichkeit von diesen Betrieben, auch und gerade im handwerklichen Bereich, sich im Standort weiterzuentwickeln, hat daher für uns eine wichtige und entscheidende Bedeutung.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der Grund dafür, dass diese Betriebe ins Umland abwandern, liegt nicht nur unbedingt an den höheren Preisen und öffentlichen Belastungen der Metropole, sondern an der mangelnden Entwicklungsmöglichkeit in unserer Stadt. Gewerbe und Industrie gehören zum Leben der Stadt. Es ist eine Illusion, zu glauben, Wirtschaft könne immer nicht störend sein und alles, was auch nur zu geringsten Belastungen führt, gehöre nicht in die Stadt, sondern ins Um

land. Wir bekennen uns zu der Wirtschaft in der Stadt, auch wenn es Belastungen geben mag.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir werden daher mit Nachdruck die Pläne von Airbus Deutschland zur Schaffung neuer Produktionsmöglichkeiten und die damit erforderlichen Rahmenbedingungen weiter unterstützen.

(Zuruf von Krista Sager GAL)

Die Chance Hamburgs, einer der drei international profilierten Standorte in diesem Bereich zu werden, wird genutzt. Dabei wollen wir, dass bestehende Einrichtungen, sowohl Betriebe als auch Hochschulen, an diesen Investitionen partizipieren können. Was die zukünftige Chance von Betrieben angeht, werden wir uns nach den vergangenen Entscheidungen der Stadt für große Investitionen vorwiegend jetzt um die kleineren und mittleren Firmen kümmern. Fast 70 Prozent der Beschäftigten arbeiten in mittelständischen Unternehmen. Die mittelständische Wirtschaft braucht und verdient unsere größte Unterstützung.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir wollen, dass die Investitionen, die in Hamburg getätigt werden, auch die Großinvestitionen, die ich angesprochen habe, dann auch dazu führen, dass direkt in Hamburg Arbeitsplätze geschaffen werden und diese Arbeitsplätze auch einhergehen mit einem Wohnungsangebot für die Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten. Wenn wir in Hamburg schon viel Geld für Investitionen ausgeben, dann wollen wir auch, dass die Arbeitsplätze direkt in unserer Stadt geschaffen werden und die Menschen, die hierher kommen, auch in Hamburg wohnen und hier ihre Steuern zahlen. Nur so macht es Sinn.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, täuschen wir uns nicht. All dieses geht nur im Zusammenhang mit einer vernünftigen Verkehrspolitik. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Grundsatz, dass Verkehr im Sinne einer gerechten Güterabwägung zwischen den Interessen der Wirtschaft auf der einen Seite und den Interessen, insbesondere auch den Sicherheitsbedürfnissen der Wohnbevölkerung gestaltet werden muss. Fließender, möglichst schneller Wirtschaftsverkehr bei möglichst geringer Belastung der Bevölkerung sind die Pole, zwischen denen die Entscheidungen gefällt werden müssen. Es muss selbstverständlich viel Rücksicht genommen werden. Rücksichtnahme bedeutet aber nicht, dass diejenigen, die in einer Metropole mit all ihren Annehmlichkeiten wohnen, erwarten können, in Sachen Verkehr habe man – die eigenen Interessen selbstverständlich ausgenommen – den Anspruch auf eine eher dörfliche Idylle. Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dabei ist der Koalition bewusst, dass viele Entscheidungen, die wir entsprechend dem Koalitionsabkommen anstreben und durchsetzen werden, neben aller Freude auch Proteste hervorrufen werden.

(Barbara Duden SPD: Vor allen Dingen bei Ihren Bezirksfraktionen!)

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

A C

B D

Wir suchen den Dialog mit jedem. Unser Ziel heißt aber auch, dass wir die Dinge, die wir wollen, auch tatsächlich durchsetzen werden.

Meine Damen und Herren! Sie können sicher sein, dass wir bei allem Bekenntnis zum Wachstum, zu Investitionen und zum Zuzug dafür sorgen werden, dass Hamburg eine menschliche und lebenswerte Stadt bleibt. Wir wissen, dass eine Stadt mit viel Grün, sauberen oder sauber werdenden Gewässern, Naturschutz, Tier- und Pflanzenvielfalt für das Lebensgefühl jedes Einzelnen, aber auch für den Charme und die Ausstrahlung der Metropole von größter Bedeutung ist.

All diese Ziele werden aber nur erreicht werden können, wenn sich das gesellschaftliche Miteinander dieser Stadt an klaren Vorgaben orientiert. Für den Senat gilt deshalb der Grundsatz: Wir werden die vom Staat zu vollziehenden oder in Auftrag gegebenen Hilfen auf diejenigen und nur diejenigen konzentrieren, die wirklich Hilfe brauchen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gleichzeitig werden wir die Rahmenbedingungen für die verbessern, die leistungsstark und leistungswillig sind. Dabei geht es nicht nur um individuelle Stärken, sondern auch um die jetzt schon vorhandenen Stärken der Stadt. Hamburg ist jetzt schon profiliert als eine Stadt mit einem wichtigen Hafen an zwei Meeren, als Logistiktor zur Ostsee, als Stadt mit einer besonderen Kompetenz im Asienund vor allem im Chinahandel, als Multimediazentrum und E-Commerce-Metropole. Diese Stärken gilt es auszubauen.

Gleichzeitig gilt es aber auch, diese Stärken wirksam zu nutzen, um den Schwachen dann auch helfen zu können.

Die Koalition bekennt sich ausdrücklich zum Sozialstaatsprinzip. Dies nicht nur aufgrund der rechtlichen Vorgaben, sondern weil für uns Solidarität und Nächstenliebe entscheidende Klammern sind, die auch für das menschliche Zusammenleben unerlässlich sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Don- nerwetter!)

Aus diesem Grundsatz resultieren öffentliche Aufgaben, die aber nur dann vom Staat selbst vollzogen werden müssen, wenn nicht freie-gemeinnützige oder private Träger bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Dem Grundsatz der Subsidiarität kommt für die Koalition auch hier höchster Stellenwert zu. Gleich, ob die Hilfe von nichtstaatlichen oder staatlichen Einrichtungen gewährt wird: Öffentliche Unterstützungen sollen nur die erhalten und nur so lange erhalten, wie sie sich aus eigener Kraft nicht helfen können. Selbsthilfe hat Vorrang vor Staatshilfe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Nicht der Einstieg und das lange Halten in öffentlichen Hilfsmaßnahmen ist unser Ziel, sondern – wenn nötig – eine zeitlich begrenzte Unterstützung. Sie sollte aber das Ziel haben – und dieses darf man nicht aus den Augen verlieren –, dass diese Menschen möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen können und nicht wie Marionetten am Gängelband staatlicher sogenannter Hilfsangebote hängen. Eigenhilfe und Selbständigkeit sind hier das Wichtigste. Unter diesem Aspekt werden wir alle Hilfsmaßnah

men ohne Tabus unter die Lupe nehmen. Maßstab ist dabei nicht das fiskalische Ziel, Geld zu sparen, sondern der oben genannte Grundsatz öffentlicher Hilfsleistungen verbunden mit dem Ziel, dort zu helfen, wo wirklich Hilfe gebraucht wird, nach entsprechender Überprüfung noch konsequenter und stärker zu entwickeln.

Der Grundsatz der Notwendigkeit, dass der Staat den wirklich Schwachen hilft, ist der wesentliche Grund dafür, dass wir den Bereich Sicherheit und Geborgenheit der Menschen besonders ernst nehmen. Es sind im Wesentlichen nicht die Starken, die von Verbrechen und Gewalt bedroht werden, sondern es sind die Schwachen, die unsere Hilfe brauchen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es sind Kinder und Jugendliche, die bedroht werden, es sind alte und behinderte Menschen, die Angst haben. Wer reich und stark ist, braucht den Staat weniger an seiner Seite, weil er sich durch teilweise kostspielige Schutzmaßnahmen eher selbst zu helfen weiß. Anders verhält es sich bei denjenigen, die sich dieses nicht leisten können.

Wer beispielsweise abends als Serviererin in der Gastronomie arbeitet und nach der Arbeit den Heimweg antritt, hat nicht das Einkommen, um mit der Taxe nach Hause zu fahren, sondern ist auf Busse und Bahnen angewiesen oder muss auf dunklen Fußwegen nach Hause gehen. Diese Menschen, die nicht das finanzielle Polster haben, um sich Sicherheit kaufen zu können, wie in diesem Beispiel gezeigt wird, brauchen einen starken Staat, um sie zu schützen. Dafür werden wir sorgen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)