Die CDU- und die FDP-Fraktion beantragen eine Überweisung an den Innenausschuss. Wer möchte diesem Überweisungsbegehren zustimmen? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen gibt es keine. Damit ist das mit Mehrheit angenommen worden.
Ich rufe nunmehr die Punkte 31 und 32 der Tagesordnung auf: Anträge der Koalitionsfraktionen: Zweckentfremdungsverordnung und verbesserte Bürgerinformation.
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Zweckentfremdungsverordnung – Drucksache 17/2030 –]
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Verbesserte Bürgerinformation über Erhaltungsverordnungen – Drucksache 17/2031 –]
Zu der Drucksache 17/2030 liegt Ihnen als Drucksache 17/2157 ein Änderungsantrag der GAL-Fraktion vor.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben zu diesem Tagesordnungspunkt zwei Anträge. Einmal die Zweckentfremdungsverordnung und dann die Erhaltungsverordnung. Ich will zunächst zur Zweckentfremdung kommen.
Der Koalitionsvertrag beinhaltet eine Aussage zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. In diesem Zusammenhang ist es für uns wichtig, weitere Schritte zur Entbürokratisierung einzuleiten. Ein Beitrag hierzu könnte die Novellierung der nicht mehr zeitgemäßen Zweckentfremdungsverordnung sein.
Die Zweckentfremdungsverordnung aus dem Jahre 1971 war damals zum Erreichen wohnungspolitischer Ziele ein richtiges Instrument. Sie verhinderte, dass ganze Stadtteile zulasten von Wohnraum mit Arzt- und Rechtsanwaltspraxen sowie Büronutzung aller Art überzogen wurden. Unter diesem Gesichtspunkt ist sie auch heute noch für einige Stadtteile sinnvoll. Aus bundesrechtlichen Gründen kann
die Zweckentfremdungsverordnung jedoch nur auf das gesamte Gemeindegebiet angewandt werden. Das ist insofern nicht mehr zeitgemäß, weil in vielen Stadtteilgebieten inzwischen Problemlagen entstanden sind, die es gilt aufzulösen. Gerade in Stadtteilen, in denen eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe entscheidend zur Revitalisierung beitragen kann, schafft die Zweckentfremdungsverordnung überflüssige Genehmigungserfordernisse. Deshalb wäre es sinnvoll, sie für bestimmte Stadtteile aufzuheben oder im Umkehrschluss für einzelne Stadtteile einzuführen.
Ich meine, meine Damen und Herren, dass unser Antrag klar formuliert ist und wir auf die Änderung der GAL verzichten können.
Wir brauchen im Bundesrecht zunächst eine so genannte Stadtstaatenklausel, also eine Öffnungsklausel, die wir dann inhaltlich an den von uns definierten Bedarfen für jedes Gebiet im Einzelfall anpassen können. Wie diese Klausel im Einzelnen auch immer aussehen wird, da vertraue ich auf das Verhandlungsgeschick des Senats.
Insofern gilt es, vorerst abzuwarten, ob und welche Möglichkeit uns der Bund einräumt. Danach können wir uns damit auch gerne inhaltlich im zuständigen Fachausschuss beschäftigen. Von daher werden wir den Änderungsantrag der GAL nicht mittragen.
Ich komme nun zur Erhaltungsverordnung. Wie Sie dem Antrag entnehmen können, ist eine formelle Beteiligung der Bürger bei eigenständigen Erhaltungsverordnungen nach Baugesetzbuch nicht vorgesehen. Die Information der Bürgerinnen und Bürger erfolgt lediglich über Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses und die Feststellung im Gesetz- und Verordnungsblatt.
Meine Damen und Herren! Die Erhaltungsverordnung ist auf die hohe Qualität des städtebaulichen Erscheinungsbildes ausgerichtet und soll besonders schützenswerte Gebiete in ihrer Struktur erhalten. Für die Betroffenen bedeutet das allerdings, dass größere und auch kleinere Bauaktivitäten, wie Abbruch, Änderung, zum Beispiel Neuoder Anbau, für die Bauanträge gestellt werden müssen, unter Genehmigungsvorbehalt stehen. Jede Änderung des baulichen Zustandes, wie zum Beispiel der Farbton eines Außenwandanstriches, der Ausbildung von Fenstern und Türen, ist genehmigungspflichtig. Hinzu kommt, dass sich der Wert der Immobilie und der Grundstücke reduzieren kann.
Sie sehen, meine Damen und Herren, dass eine Erhaltungsverordnung stark in die Rechte der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner eingreift und nicht immer in deren Interesse sind. Wir meinen daher, dass die Betroffenen vor Erlass einer Erhaltungsverordnung umfassend über Inhalt und Umfang informiert werden müssten. Die jetzige Gesetzeslage – ich habe es eingangs dargestellt – gibt das nicht her. Es werden zwar in der Praxis in Einzelfällen Diskussionsveranstaltungen durch die bezirklichen Gremien durchgeführt, das allerdings reicht nach unserer Auffassung als Goodwill-Aktion nicht aus. Von daher sollte eine klarere und bessere Regelung getroffen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Noch immer gibt es auf dem Hamburger Wohnungsmarkt eine Unterversorgung mit größeren Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung. Noch immer gibt es Leute, die nicht die Wohnung finden, die ihrem Geldbeutel angepasst ist und die ihre Familie aber braucht. Deswegen unterstützt die SPD alle Aktivitäten, Wohnraum für diese breiten Schichten der Bevölkerung zu schützen, und lehnt es deswegen ab, wenn Wohnraum in Hamburg zweckentfremdet wird.
Hinzu kommt, dass wir doch durchaus den Hamburger Wohnungsmarkt als einen Markt ansehen müssen. Die Zweckentfremdungsverordnung ist nur dadurch legitimiert, dass diese Grundannahme einer mangelnden Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung zutrifft. Wenn wir jetzt sagen, in bestimmten Bereichen Hamburgs gibt es das gar nicht mehr, dann droht die gesamte Zweckentfremdungsverordnung zu kippen. Das jedenfalls können Sie einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom Januar 2002 entnehmen. Dort wird ausdrücklich gesagt, dass es in Hamburg eine Mangellage gibt und deswegen die Zweckentfremdungsverordnung berechtigt ist. Wir möchten eigentlich verhindern, dass diese irgendwie angezweifelt wird und dadurch wieder ein Klagegrund entsteht, um die gesamte Verordnung zu kippen. Deswegen lehnen wir beide Anträge ab.
Anders sieht es mit verbesserten Bürgerinformationen über die Erhaltungsverordnung aus. Hier muss man sagen, dass die Abgeordneten der Koalition wahrscheinlich selber ein Informationsbedürfnis haben. Sie schreiben darin, dass die Erhaltungsverordnungen alle fünf Jahre erneuert werden müssen. Das stimmt überhaupt nicht. In den Antworten des Senats auf meine Kleine Anfrage wird das sauber getrennt. Die Erhaltungssatzungen gelten seit 1995, also seit acht Jahren, und gelten unbegrenzt, bis sie aufgehoben werden. Nur die Umwandlungsverordnung, die wichtig ist, gilt nur für fünf Jahre. Wenn man das dann darauf bezieht, dann ist das alles in Ordnung.
Wir meinen, dass der Antrag eigentlich überflüssig ist, aber da er in die Richtung geht, die wir durchaus unterstützen, nämlich die Information der Bevölkerung, haben wir überhaupt nichts dagegen und beschließen ihn mit, denn wir haben bisher drei Erhaltungsverordnungen in Hamburg. In allen drei Gebieten ist intensivst diskutiert worden. Da haben Parteien informiert, da gab es Leserzuschriften – selbst ich habe da Flugblätter verteilt –,
ja, man tut ja, was man kann, um die Bevölkerung schlau zu machen. Insofern ist dieser Antrag nicht falsch, aber dass Sie das institutionalisieren, also in geltendes Recht gießen wollen, das ist überflüssig. Das tun wir doch alle, auch als konkurrierende Parteien vor Ort. In Eimsbüttel ist es jedenfalls passiert, in Mitte und in Nord auch.
Ich freue mich allerdings, dass Sie die Erhaltungsverordnung jetzt auch relativ positiv sehen. Ich habe mich in
Archiven schlau gemacht. Am 17. April 2002, während der Haushaltsberatungen, hat der Kollege Pramann von der Schill-Fraktion das noch etwas kritischer gesehen und hat da seine Fragezeichen gemacht. Wenn Sie in der Beziehung inzwischen auch zu einer anderen Meinung gekommen sind, würde mich das sehr freuen.
Wir meinen, dass es in allen Stadtteilen weiterhin bezahlbare Wohnungen geben muss und beides – Zweckentfremdungsverordnung und Erhaltungssatzung – sind wichtige Grundpfeiler für einen Schutz der Mietwohnungen. Deswegen meinen wir, dass beides so weiter bestehen muss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Polle, ich kann Sie beruhigen, wir werden beiden Anträgen zustimmen. Allerdings muss ich Ihnen doch ein wenig widersprechen, was Sie über die Zweckentfremdungsverordnung gesagt haben. Das ist aus meiner Sicht typisches sozialdemokratisches Gedankengut. Sie denken gleich daran, dass wir ganz pauschal die Zweckentfremdungsverordnung abschaffen wollen. Nein, davon sprechen wir nicht, es geht hier um Flexibilisierung in bestimmten Gebieten. Ich werde Ihnen dazu sicherlich auch noch ein paar Gründe nennen können, warum wir gerade dieses wollen.
1971 ist dieses Gesetz erlassen worden. Der damalige Hamburger Senat hat die Möglichkeit genutzt und dadurch die Zweckentfremdungsverordnung erlassen. Ich denke, da ist es auch ein Stück weit konsensfähig, denn im ursprünglichen Sinne, zum Schutz des Mieters und zum Schutz von ausreichendem Wohnraum hat die Zweckentfremdungsverordnung hier gewisse Berechtigungen. Aber nun ist dieses Gesetz und die Situation zwischenzeitlich mehr als 30 Jahre her und es ist durchaus der Zeitpunkt, auch einmal kritisch über die Zweckentfremdungsverordnung nachzudenken. Die Zweckentfremdungsverordnung, meine Damen und Herren, darf nämlich kein Instrumentarium sein, das in eine stadtkulturelle Sackgasse führt, da gerade die verschiedenen großen bereits entwickelten Stadtteile von einer Vernetzung von Wohnen und Arbeiten leben. Gerade unter dem leitenden Bild der wachsenden Stadt ist diese positive Mischkultur zu fördern und auszubauen. Wer diese Entwicklung aufhält, meine Damen und Herren, bremst erheblich diese positive Entwicklung eines Wohngebietes.
Grundlegend sei gesagt, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum prinzipiell nichts Gutes ist, wenn sie dazu führt, innerstädtische Wohnquartiere zu verdrängen. Aber wir wollen hier einfach Ausnahmen gestatten, Einrichtungen unterzubringen, die der Betreuung und Entwicklung eines Wohngebietes durchaus dienen können. Dabei denke ich zum Beispiel an Verwaltungsbüros der Wohnungsunternehmen, Stadtteilbüros, Spielwohnungen, Müttertreffs, aber auch an Läden und Werkstätten, meine Damen und Herren, die Arbeitsplätze in dieses Quartier bringen. Gerade von Ihnen, meine Damen und Herren, kommt ja das Unwort 2002 „Ich-AG“.