„Herr von Beust, ändern Sie das Kita-Gesetz!... Herr von Beust, öffnen Sie Ihr Herz für die Kinder in sozialen Brennpunkten!“
Der Grund – so die CDU-Politiker Krüger und Fischer – für die Besorgnis über das neue Kita-Gesetz, das im April verabschiedet werden soll, ist, dass in sozialen Brennpunkten wie Neuwiedenthal und Kirchdorf-Süd besonders viele Kinder eine Ganztagsbetreuung verlieren und Jungen und Mädchen, bei denen nicht beide Elternteile berufstätig sind, auf einen Vierstundenplatz zurückgestuft würden. Herr Krüger sagt in dem Brief wortwörtlich und er muss es wissen, denn er ist nicht nur CDU-Bezirkspolitiker, sondern gleichzeitig Leiter des Deutschen Roten Kreuzes in Harburg, einem Kita-Träger in dem Bereich:
„Wenn die Hälfte der Hortkinder sich zukünftig im Süderelbe-Einkaufszentrum aufhält, muss früher oder später die Polizei sich um sie kümmern.“
In der „Welt am Sonntag“ fordern die jugendpolitischen Sprecher von CDU und Schill-Fraktion, das Kita-Gesetz solle nun gründlich nachgebessert werden. So sähen insbesondere die Expertinnen Bettina Pawlowski und Marcus Weinberg einen dringenden Handlungsbedarf. Und die „Welt am Sonntag“ ist nun wirklich nicht eine meiner Lieblingszeitungen, wie das immer von mir behauptet wird, wenn es um die „taz“ geht.
Marcus Weinberg von der CDU drängt in der „Welt am Sonntag“ darauf, den sozialen Kriterien mehr Gewicht einzuräumen.
„Der Bedarf nach pädagogischen und sozialen Gesichtspunkten muss stärker berücksichtigt werden, auch der Bedarf nach Sprachförderung muss bei der Vergabe eine größere Rolle spielen.“
Sein Fachkollege Stephan Müller von der Schill-Partei sieht darüber hinaus noch Mängel bei den Gutscheinen, mit denen Eltern sich künftig ihren Kita-Platz aussuchen können. Er sagt weiterhin:
„Wir brauchen den Vermerk der Muttersprache. Es macht keinen Sinn, wenn auf dem Schein die Staatsangehörigkeit eines Kindes steht.“
Weinberg geht das nicht weit genug. In demselben Artikel führt er aus, dass wir ein massives Ausbauprogramm brauchen.
Er sagt, mit dieser Forderung stünde er nicht alleine, große Teile der CDU würden ihn dabei unterstützen, insbesondere der CDU-Landesvorsitzende Fischer.
(Beifall bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: So schlecht war die Substanz, die er hinter- lassen hat, auch nicht!)
So viel zur Prosa und Pressearbeit. Vor uns liegt nunmehr der Änderungsantrag zum Kita-Gesetz, in dem es heißt, die Bürgerschaft möge beschließen, in Paragraph 3 Absatz 1 nach dem Wort „Buches“ das Wort „Sozialgesetzbuch“ einzuführen.
Was Sie hier vorlegen, sind auf der einen Seite Sonntagsreden, zum Teil auch geprägt von einem gewissen Maß von Sachkenntnis, aber auf der anderen Seite gibt es keine Veränderungen. Die Muttersprache in den Gesetzestext auf
zunehmen, wie Herr Müller es angeregt hat, hätte passieren können. In einem einschlägigen Paragraphen wird genau dieser Punkt geregelt. Somit legen Sie heute ein Gesetz der verpassten Chancen vor, Herr Senator, und das wissen Sie auch.
Wir, die Eltern, aber auch Kita-Träger wissen, ohne den Ausbau hat das von Ihnen propagierte Nachfragesystem überhaupt keine Chance.
Wir wissen, die Eltern wissen, aber auch die Kita-Träger wissen, ohne Investitionsmittel zum Umbau werden eher Plätze in den Stadtteilen abgebaut als in den anderen Stadtteilen aufgebaut. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Sie tragen mit Ihrem Gesetzentwurf darüber hinaus die Verantwortung dafür, dass Sie eine Reihe von Kindern – und das sind nicht wenige – insbesondere in den von der CDU-Kollegin Lydia Fischer und dem CDU-Kollegen Krüger genannten Stadtteilen, um die sich anscheinend Manfred Silberbach kümmern wollte, von Bildungschancen ausschließen. Wir sollten den Wilhelmsburgern sagen, sie sollen sich in der Urlaubszeit demnächst an Herrn Silberbach wenden und nicht an den Bürgermeister.
Es geht darüber hinaus auch um die Frage der Sprachförderung. Ich hätte die Zitatensammlung der letzten drei Wochen fortführen können. Sowohl Müller als auch Weinberg, als auch Manfred Silberbach sagen, dass im Bereich der Sprachförderung mehr getan werden muss. Man braucht nur ins Archiv hineinzusehen. Darum, Herr MüllerSönksen: Nachlesen und denken, dann entsprechende Gesetze machen und nicht nur ein kleines Wörtchen ändern.
Sie versäumen es, in Ihrem Gesetzentwurf die Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern nachhaltig zu regeln. Noch heute arbeiten zu viele Hilfskräfte, und zwar 20 bis 40 Prozent, so genannte sozialpädagogische Assistenten, im System.
Sie haben die Chance versäumt, in dieser Frage etwas Neues zu regeln. Betroffen sind durch Ihre verfehlte Politik im Wesentlichen Eltern und Kinder, die gezwungenermaßen mehr Gruppen und mehr Kitas wechseln müssen, weil Sie Ihren Gesetzestext nicht an die Realitäten von Arbeitszeit, Arbeitslosigkeit und Erziehungszeit angepasst haben. Das ist falsch und das ist fatal für diese Stadt.
Ich sage Ihnen noch eines, was überhaupt kein Geld gekostet hätte. Sie behandeln die Eltern weiterhin wie in einem Obrigkeitsstaat. Anstatt die Eltern als politische Partner zu betrachten, anstatt den Eltern Mitbestimmungsrechte im vorschulischen System einzuräumen, versäumen Sie es, an dieser Stelle eindeutige gesetzliche Regelungen vorzunehmen. Sie nehmen, Herr Senator Lange, die Eltern gar nicht ernst.
(Beifall bei der SPD und bei Dr. Verena Lappe GAL – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Subjektförde- rung!)
Berufstätige – darüber werden wir uns in den nächsten Monaten wahrscheinlich noch einmal das eine oder andere Mal auch an dieser Stelle...