Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

(Ingo Egloff SPD: Und gekürzt hat!)

Ich gebe Ihnen Recht, Herr Egloff, gekürzt haben wir sie, weil wir sie an anderer Stelle brauchten und an dieser Stelle in der Vergangenheit nicht genug Mittel abgerufen waren. Es gab große Haushaltsreste, sonst hätten wir es nicht gemacht. Da werden wir sicherlich umsteuern und uns stärker engagieren müssen.

Um diese Märkte zu erschließen, braucht es darüber hinaus auch sprachlicher Unterstützung des Hamburger Handwerks. Ich könnte mir vorstellen, dass Kooperationen mit der Hamburger Universität möglich sein werden und dass dieses von der Politik entsprechend begleitet werden muss.

Seit zwei Jahren fördert der Bund in Zusammenarbeit mit den Bundesländern die Errichtung von Kompetenzzentren. Das Handwerk hat dieses Angebot aufgegriffen und ist dabei, bundesweit ein vernetztes System von Kompetenzzentren zu schaffen und so abzustimmen, dass Doppelarbeit bundesweit möglichst vermieden wird.

Das Hamburger Kompetenzzentrum wird zwei Geschäftsbereiche haben: den Technologietransfer und die berufliche Weiterbildung.

Zum Technologietransfer: Ich möchte darauf hinweisen, dass das Hamburger Handwerk plant, drei Schwerpunktbereiche einzurichten.

Der erste Schwerpunkt sind Schweißtechnik und Materialprüfung. Das halte ich für besonders wichtig, weil das Handwerk damit die clusterorientierte Wirtschaftspolitik des Hamburger Senats unterstützt, denn diese Bereiche sind für unsere Werftindustrie und auch für die Luftfahrtindustrie von besonderer Bedeutung.

Der zweite Schwerpunkt wird die Informationstechnologie sein. Hier geht es um deren Anwendung in der Produktion, im Marketing und im Vertrieb in kleinen und mittleren Unternehmen, und zwar nicht nur in Unternehmen des Handwerks, sondern auch in der kleinen und mittelständischen Industrie des Handels und sonstiger Gewerbezweige, die dann ebenfalls vom Handwerkskompetenzzentrum profitieren können.

Der dritte Bereich wird Energie- und Umwelttechnik sein. In Hamburg vorhandene Kompetenz wird weiter verstärkt, das ZEWU in diese Säule des Kompetenzzentrums eingebunden.

Meine Damen und Herren! Das ist für mich Mittelstandsförderung par excellence; besser kann es gar nicht laufen.

(Beifall bei der FDP und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur zweiten Säule des Kompetenzzentrums sagen, und zwar zur beruflichen Weiterbildung. Es gibt bereits einige Institutionen der beruflichen Weiterbildung im Hamburger Handwerk. Sie sind aber räumlich über die ganze Stadt verteilt und werden nunmehr in der Schlachthofstraße zusammengefasst.

Man muss Weiterbildung in der Tat von der überbetrieblichen Erstausbildung unterscheiden. Diese wird auch in Zukunft, so wie es heute bereits der Fall ist, von den Innungen verantwortet und durchgeführt werden.

Nur wenn diese den Anspruch nicht erfüllen, muss gehandelt werden. Es geht nämlich um die Argumente der Friseurinnung. Die Argumente, die Sie vorgetragen haben, sind ja nur vordergründig. In Wahrheit geht es der Innung darum, dass sie sagt, in der Stadt gibt es genug Friseurmeister, mehr Wettbewerb brauchen wir nicht, also wollen wir die Ausbildung ein bisschen einschränken. Die Handwerkskammer handelt zu Recht, indem sie dieses an sich zieht

(Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Es liegt ein Antrag vor, der die betriebliche Ausbildung aufhebt!)

ja, um den Marktzugang zu beschränken, deshalb sagt die Kammer,

(Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Lieber ein kaputter Betrieb als einer, der ausbildet, oder was?)

„dieses organisieren wir jetzt zentral“.

(Zuruf von Wolf-Gerhard Wehnert SPD)

Ach, Herr Wehnert, versuchen Sie doch nicht immer dauernd dazwischen zu rufen. Das bringt doch nichts.

Wir unterstützen die Kammer in ihrer Aktivität. Für uns ist das ein schönes Beispiel von Subsidiarität, wie sie sein sollte und wie sie nicht von allen Kammern gehandhabt wird.

Wer das als Angriff auf die Berufsschulen versteht, der liegt völlig falsch und hat nichts verstanden. Die weitgehende Spezialisierung in vielen, vielen Wirtschaftsbereichen, aber auch im Handwerk, führt dazu, dass heute viele kleine und mittlere Unternehmen das gesamte Spektrum, was an Praxis innerhalb einer Ausbildung gefordert wird, nicht mehr vermitteln können. Deshalb ist insbesondere das Handwerk – aber auch andere Branchen – dazu übergegangen, überbetriebliche Weiterbildung in der Erstausbildung zu organisieren, damit diese Fertigkeiten vermittelt werden und kleine und mittlere Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich ausbilden können, denn die sind die Hauptträger der Ausbildung in Deutschland. Für Großunternehmen, die für ihre Auszubildenden Lehrwerkstätten unterhalten, ist das kein Problem, aber ein kleines Unternehmen kann sich die nicht leisten. Deshalb diese Ergänzung in der überbetrieblichen Erstausbildung.

Herr Wehnert, ich finde es spannend, dass Sie eine Anhörung durchführen lassen wollen. Aber wenn Sie eine Anhörung nur deshalb machen wollen, weil Sie die Drucksache nicht richtig gelesen haben, dann hört für mich der Spaß auf, dafür brauchen wir keine Kosten zu produzieren.

(Ingo Egloff SPD: Was haben Sie eigentlich für ein Parlamentsverständnis?)

Personalkosten des Kompetenzzentrums, Herr Egloff – das hätten Sie Herrn Wehnert vielleicht einmal sagen können –, werden von dieser Förderung, die der Senat vorhat, überhaupt nicht gefördert.

(Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Dann haben wir ja Glück gehabt!)

Sie haben nicht richtig hingeguckt. Sie haben gelesen „Personalkosten bei der Entwicklung des Vorhabens“. Das ist etwas ganz anderes als „laufende Personalkosten des Kompetenzzentrums“. Hier werden nur reine Investitionen gefördert und sonst gar nichts.

Herr Kerstan, ich wollte Ihnen etwas sagen.

(Jens Kerstan GAL: Das ist ja nett!)

(Rose-Felicitas Pauly FDP)

Sie haben Recht, die Bundesregierung hat hier wirklich etwas Vernünftiges gemacht, aber es besteht kein Anlass, sie deshalb über den grünen Klee zu loben. Das geht eher nach dem Motto „Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn“. Wir ergreifen diese Gelegenheit und schießen Hamburger Mittel zu, damit dem Handwerk geholfen wird.

Das Kompetenzzentrum soll berufliche Weiterbildung und Wissensvermittlung bezüglich neuer Technologien anbieten, und zwar nicht nur für das Handwerk, sondern auch für andere Branchen. Die Teilnehmer an den Bildungsmaßnahmen kommen zu 40 Prozent aus mittelständischen Betrieben anderer Bereiche, eben nicht aus dem Handwerk. Es ist nicht nur ein Angebot an die Hamburger, sondern an den gesamten norddeutschen Raum. 40 Prozent der Teilnehmer an den Lehrgängen kommen aus Norddeutschland.

Die FDP begleitet das Hamburger Handwerk gern auf diesem neu zu beschreitenden Weg und wir wünschen dem Hamburger Handwerk dazu viel Glück.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Senator Lange.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass der Mittelstand die tragende Säule unserer Wirtschaft und auch unserer gesamten Gesellschaft ist. Das Handwerk in unserer Stadt ist ein zentraler Bereich der mittelständischen Wirtschaft. Frau Ahrons hat auf die Zahlen hingewiesen: fast 13 000 Betriebe, 140 000 Beschäftigte. Da reden Sie, Herr Wehnert, von irgendeiner Kammer.

(Wolf-Gerhard Wehnert SPD: Es gibt ja auch Innun- gen!)

Man wird in der Handwerkskammer begeistert sein von der Art und Weise, wie Sie vor dem Parlament über die Handwerkskammer reden.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Dass der Landesfachausschuss für Berufsbildung das Unternehmen unterstützt, ist Ihnen entgangen. Die Unkorrektheit der Zahlen bezüglich des Personals hat Frau Pauly Ihnen gerade nachgewiesen. Sie ergehen sich lieber in Vorurteilen über militärische Gepflogenheiten und Grundprinzipien. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass die Engländer das Hackenknallen schon vor 200 Jahren bei der Marine abgeschafft haben – das ist nämlich nicht so gut an Bord – und die deutsche Marine hat das gar nicht erst eingeführt. Fragen Sie einmal bei Herrn Neumann nach, beim deutschen Heer mag es sein, dass man das noch macht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Wolf-Dieter Scheurell SPD: Bei Ihnen wären die Soldaten von Bord gegangen!)

Herr Kerstan, was Sie gesagt haben, war etwas differenzierter. Frau Pauly brachte das Beispiel vom „Huhn und dem Korn“. Allenfalls hat die jetzige Bundesregierung ein liegen gebliebenes Korn aufgepickt, denn was hier angewandt wird, sind die Richtlinien für die Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten vom 9. März 1988.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass insbesondere das Handwerk in ganz besonderem Maße in der beruflichen Ausbildung engagiert ist. Wir wissen aber auch, dass sich das Handwerk in einem tiefgreifenden Strukturwandel befindet und dass damit große Herausforderungen verbunden sind. Der Senat hilft dem Handwerk und dem Mittelstand, diesen Strukturwandel zu meistern und eine Entwicklung zu fördern, die das Handwerk auf die weltweit neuen Rahmenbedingungen einstellt und zukunftssicher macht.

Was wollen wir erreichen? Hamburg braucht schlagkräftige Einrichtungen, die den mittelständischen Unternehmen passgenau die Dienstleistungen erbringen, die zur Bewältigung dieser schwierigen Aufgaben notwendig sind. Mit der Errichtung eines Kompetenzzentrums des Hamburger Handwerks wollen wir genau diese unverzichtbaren Dienste für die kleinen und mittleren Unternehmen nachhaltig stärken, zukunftsorientiert weiterentwickeln und in entscheidenden Bereichen neu aufbauen.

Insgesamt geht es darum, das Hamburger Kompetenzzentrum einzurichten und neu zu etablieren. Hiermit zeigt das Hamburger Handwerk große Verantwortung und beweist erneut seine im Bundesgebiet herausragende innovative Kraft. Es ist eine zentrale Maßnahme zur Stärkung des Strukturwandels und der permanenten Entwicklung einer mittelständischen Wirtschaft. Das gesamte Investitionsvolumen in Höhe von 50 Millionen Euro ist erwähnt worden. Davon stellt die Regierung rund 12,4 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist angesichts der allgemeinen Situation sehr viel Geld, das aber gut angelegt ist.

Auf den Standortvorteil in der Nähe der Technischen Universität Hamburg-Harburg ist schon hingewiesen worden, ebenso auf die wesentlichen Bereiche, die in diesem Kompetenzzentrum vonstatten gehen sollen. Es sind die Schweiß-, Füge- und Kunststofftechnik, Energie- und Umwelttechnik sowie die Informationstechnologie – alles zukunftsweisende Technologien – und der ganz besonders wichtige Bereich der Qualifizierung und Personalentwicklung.

Das Bundesprogramm insgesamt, um das hier auch geht, weil der Bund mit 50 Prozent dabei ist, sieht vor, dass an einzelnen Standorten Zentren mit inhaltlichen und fachlichen Schwerpunkten – so genannte Leuchttürme – entstehen. Auf diese Art und Weise soll insgesamt über das ganze Bundeswerk verteilt ein Netzwerk mit abgestimmter Arbeitsteilung entwickelt werden, sodass an jedem Standort auf Leistungen und Ergebnisse aller Kompetenzzentren zurückgegriffen werden kann, also eine bundesweite Vernetzung entsteht.

Unser Hamburger Zentrum wird schwerpunktmäßig auf den Ostseeraum ausgerichtet sein und entspricht damit in besonderem Maße der EU-Osterweiterung und den großen Zukunftschancen im alten Raum der Hanse.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, dem Dringlichen Senatsantrag heute in beiden Lesungen zu entsprechen, damit wir fristgerecht die notwendigen Bundesmittel einwerben können. Selbstverständlich wird der Senat die weiteren Details in Ausschussberatungen erläutern.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Herr Wehnert.