Da wird dann offenbar, dass eine vernünftige Idee, unter solchen Bedingungen eingeführt, zur liberalen Ideologie wird und für die Eltern das Problem verdoppelt, ohne es wirklich zu lösen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gegen ein nachfrageorientiertes System ist nichts einzuwenden, man muss es aber vernünftig machen und an Vernunft fehlt es hier. Ein Gutscheinsystem ohne Ausbau geht nicht, Frau Pawlowski
(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: Haben Sie endlich mal die Courage und sagen Sie uns, wo das Geld herkommen soll!)
und Sie schaffen es wahrscheinlich sogar, beim sozialpädagogischen Bedarf und den berufstätigen Eltern Lücken zu hinterlassen; beides werden Sie hinbekommen.
Das Kita-Gutscheinsystem, so wie Sie es einführen, ist außerdem unterfinanziert. Die Nebenbemerkung des Senators heute über die Notstopfmaßnahme macht das deutlich.
Herr Müller, Ihre Bemerkung, die Zahl 7700 sei eine Halbierung, die Sie geschafft hätten, ist lächerlich. Sie rechnen sich hier schön.
Es gibt Studien, die den empirischen Bedarf feststellen. Wir haben die ISKA-Studie gemacht, Sie haben eine Nachfolgestudie gemacht und diese haben einen bestimmten Bedarf festgestellt. Die ISKA-Studie hat nach dem Bedarf gefragt, sie hat noch nicht einmal danach gefragt, unter welchen Kosten, und Ihre Studie hat etwas mehr differenziert. Auch zu unseren Zeiten standen die 15 000 nicht auf Wartelisten, genauso wenig wie es jetzt 15 000 Gutscheinnachfragen gibt, aber es gibt einen weiteren Bedarf. Es gibt Eltern, die es sich nicht leisten können und gar keinen Antrag stellen, und es gibt Eltern, die es irgendwie privat lösen. Aber es gibt einen höheren Bedarf als diese 7700, glauben Sie mir das. Empirie und Antragstellung sind zwei paar verschiedene Schuhe, das würde ich an Ihrer Stelle als Argument so nicht mehr gebrauchen.
Zur Unterfinanzierung: Gestern war der Senator sehr sparsam in seinen Bemerkungen, die Andeutungen waren noch wolkiger als heute. Wir müssen uns natürlich erst einmal ganz genau angucken, wie sich das über
haupt entwickelt, welchen Kostendeckungsgrad Sie in diesem System haben. Welche Verschiebungen gibt es zwischen den Stadtteilen – der Kollege Böwer hat schon darauf hingewiesen –, welche Verschiebungen gibt es zwischen Ganztagsbetreuung und Teiltagsbetreuung? All dies kann Strukturen in den Stadtteilen ändern und in Wilhelmsburg zum Beispiel für ziemlich große Probleme sorgen.
Herr Schinnenburg, was Sie hier gerade angeführt haben, die 5 Millionen Euro als Zuwachs zu beschreiben, kommt mir arg merkwürdig vor. Es waren 5 Millionen Euro Absenkung für das nächste Jahr vorgesehen und dass Sie die Zurücknahme der Absenkung als Zuwachs bezeichnen, ist haushälterisch eine Milchmädchenrechnung.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Burkhard Müller-Sönksen FDP: Sozialdemokra- ten können nicht rechnen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, das ist mittlerweile schon die dritte Runde zum Thema Kita. Es ist erfreulich, dass das Interesse so groß ist. Auf der anderen Seite habe ich bei einigen Wortbeiträgen das Gefühl, dass nichts von dem klargeworden ist, was in dieser Stadt eigentlich passiert.
(Ingo Egloff SPD: Stimmt! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie haben es nicht verstanden! Ich erkläre es Ihnen gerne!)
Frau Dr. Hilgers, sinngemäß haben Sie Folgendes gesagt: Es gebe Eltern, die keinen Antrag gestellt hätten, die aber laut Studie einen Antrag hätten stellen müssen. Wenn Eltern keinen Antrag stellen, dann stellen sie keinen Antrag. Überlassen Sie doch den Eltern die Entscheidung, ob sie eine Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen oder nicht.
Der zweite Punkt, den Herr Böwer noch einmal angesprochen hat, sind die Angebote, die über die Vereinigung liefen. Wenn ein Träger günstige Angebote schafft, dann kritisieren Sie diese Angebote, Herr Böwer, und sagen, das könne nicht sein, sondern dieser Träger müsse mit hohen Kosten belastete Angebote für die Menschen schaffen. Lassen Sie doch den Trägern die Flexibilität, in speziellen Segmenten gewisse Angebote für die Familien in dieser Stadt zu machen. Das ist doch gut so für eine flexible Entwicklung im Bereich der Kindertagesbetreuung.
jetzt gebe es mehr Bürokratie, weil die Menschen jetzt mehrere Anlaufstellen hätten. Wie war es denn in der Vergangenheit? In der Vergangenheit sind sie zur Kita gegangen und haben ein Gespräch mit der Kita geführt. Dann hat man sich geeinigt, sie sind zum Bezirksamt gegangen und haben dort ein Gespräch geführt und haben unter Umständen einen Platz auf der Warteliste bekommen. Das wird heute alles gar nicht mehr erwähnt, es wird nur noch über das neue System gesprochen, aber die Frage ist auch, wie es im alten System war. Dort
mussten sie, wenn sie berufstätig waren, zehn, elf, zwölf Monate oder länger warten und dann sind sie wieder zur Kita gegangen und haben mit zwei Stellen kommuniziert. Jetzt stellen sie einen Antrag und bekommen einen KitaGutschein und mit diesem Gutschein können sie flexibel und autonom mit den Kitas verhandeln und ihre Kindertagesbetreuung entwickeln. Das ist für mich eine Flexibilisierung des gesamten Systems und keine Schaffung von neuen Bürokratien.
Zwei Punkte noch, die überhaupt nicht angesprochen wurden, die Senkung der Elternbeiträge und die Förderung von Berufstätigen. Wir werden tatsächlich bald ein System haben, das wir vorher nicht hatten, weil vorher die Eltern auf eine Warteliste gesetzt wurden und teilweise auch Berufstätige auf der Warteliste standen. Die mussten warten, was passiert, und dann haben sie nach zehn Monaten einen Platz bekommen. Jetzt werden wir unter Umständen in kurzer Zeit bereits ein System haben, mit dem die Berufstätigen in dieser Stadt einen Kita-Platz bekommen. Diese „Neuheit“ ist auch mit dem systemischen Ansatz verbunden. Insoweit ist vieles, was von der Opposition gesagt wurde, nur Spekulation.
Einen letzten Satz noch zu den Elternbeiträgen, da das noch gar nicht erwähnt wurde. Wir haben die Elternbeiträge um 10 Prozent gesenkt. Vor wenigen Jahren gab es Riesenproteste in dieser Stadt, weil Sie die Elternbeiträge so weit erhöht haben, dass einige Eltern ihre Kinder sogar aus der Kita abgemeldet haben. Das war das Ergebnis Ihrer Politik. Das neue System wird im Jahre 2004 stabilisiert werden, das wird das Ergebnis unserer Familienpolitik sein.
Frau Präsidentin! Es hat natürlich niemand etwas dagegen und das befürworten wir allemal, dass Berufstätige einen Kita-Platz bekommen. Aber Sie haben keine stichhaltigen Argumente
und lassen eine ganze Gruppe hinten rüberfallen und die stehen einfach auf der Straße. Eine verantwortliche Systemumsteuerung kann man so nicht machen. Wir sind alle für die Systemumsteuerung, aber Sie haben anscheinend das handwerkliche Zeug nicht dazu.
dann sollte dieser Mut zum Chaos lieber Mut zur Verantwortung sein, um den Menschen in dieser Stadt gerecht zu werden.
Wenn wir schon bei den Baustellen in dieser Stadt sind und die Baustelle Kita hier genannt wurde, dann dürfen wir die Baustelle Schule nicht vergessen, weil die mindes
tens genauso groß ist. Wir haben so viele offene Baustellen, dass man nicht sagen kann, wie der Pressesprecher der Schulbehörde, das seien alles nur Randphänomene. Da scheint es irgendwie eine Fehlwahrnehmung zu geben. Es wird alles schöngeredet und der letzte Mist wird in dieser Stadt noch glänzend gemacht. Lassen Sie mich ein paar Punkte ansprechen.
Im Schulgesetz ist die vorschulische Sprachförderung vorgesehen, die flächendeckend eingeführt werden soll. Es ist finanziell aber nichts dazu da. Wir haben gerade mitbekommen, dass sie im Kita-Bereich hinten und vorne nicht klappt – offene Baustelle.
Dann lassen Sie mich zu dem Senats-Arbeitszeitmodell kommen. Ich betone Senats-Arbeitszeitmodell, denn wenn Herr Lange – modern – uns vorwirft, wir wären unmodern, dann muss man sagen, dass gerade wir dieses Arbeitszeitmodell auf den Markt geworfen haben, weil das eine wichtige Umsteuerung wäre. Wenn Sie aber handwerklich dieses Instrument so umsetzen, dass es zu diesem Chaos führt, dann ist das wirklich diese handwerkliche Stümperei. Ich will das auch belegen:
Sie geben am 1. Januar einen Bericht in Kurzfassung, dann eine Langfassung am 8. April, immer mit anderen Zahlen. Dann gibt es am 10. Juni eine Mitteilung an die Bürgerschaft mit wieder anderen Zahlen und dann wollen Sie das mit dreimal verschiedenen Zahlen und unterschiedlichen Bedarfsgrundlagen am 1. August das Modell einführen. Derselbe Mist wie bei der Kita. Es ist einfach keine saubere Arbeit bei Ihnen in der Behörde und Sie arbeiten stümperhaft. Das ist das Problem.
Dann kommen Sie in den Schulausschuss, sagen in elf Schulen wäre eine Modellrechnung durchgeführt worden, gehen in die Offensive, sagen wir hurra, wunderbar, aber auf Nachfrage bleiben die Berechnungsgrundlagen geheim. Wieder dasselbe. Die Zahlen sind geheim, die Berechnungen sind geheim, in den Kleinen Anfragen bekommt man unterschiedliche Aussagen. Das ist das, was wir hier vorwerfen. Das ist Chaos und keine Verantwortung.
Ich bin nun wirklich nicht diejenige, die Proteste auf dem Rücken der Kinder unterstützt, aber wenn es so unklar ist und Eltern, Kinder und Kollegen verunsichert werden, dann haben wir denselben Zirkus wie bei der Kita. Die machen das doch nicht alles aus Spaß in der Schule oder sind alle instrumentalisiert durch die Gewerkschaften. Jetzt ruft gestern der Staatsrat auch noch zum „Jahr des Sports“ auf. Sie wissen ganz genau, dass in den Schulen das Chaos herrscht und die dritte Sportstunde gar nicht durchgeführt wird, sondern das zum Teil in Fangspielen und an Kletterwänden ausgetragen wird. Das ist auch Chaos und hat wirklich nichts mit einem Konzept zu tun.
Ich will zum Schluss noch eine andere Baustelle nennen. Wenn Sie uns heute wieder das 50-Millionen-InvestitionsProgramm als Schwerpunkt Bildung verkaufen, dann sollten Sie sich einmal die Zahlen anschauen. 70 Prozent werden da vom Bund für Ganztagsschulen finanziert und nicht von Hamburg. Insofern ist der Schwerpunkt Bildung bei der Investition auch wieder so ein Vortäuschungsmanöver. Ich will jetzt gar nicht noch die Baustelle Berufsbildungszentrum aufmachen, ich will die Baustelle Weiterbildung, VHS nicht aufmachen. Ich kann nur sagen, dass Sie mir wirklich langsam vorkommen, als hätten Sie die Großwetterlage nicht gesehen, sind mit Ihrem Gummi