Protocol of the Session on June 25, 2003

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(Zurufe von der SPD: Oh!)

die Ihnen sehr nahe stehen, die ganze Stadt auf und sorgen völlig unnötig für Ängste und Sorgen bei den betroffenen Schülern, Eltern und auch bei den Lehrern. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass das verantwortungslos ist.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

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Schauen wir uns doch einmal die Fakten an. Sie schimpfen über das Lehrerarbeitszeitmodell. Es gab vor einem Jahr für alle Beamten eine Arbeitszeiterhöhung von 38,5 Stunden auf 40 Stunden. Diese haben sie alle angenommen. Die Polizisten sind nicht auf die Straße gegangen und die übrigen Beamten auch nicht, nur die Lehrer blieben noch ein weiteres Jahr völlig verschont und haben nicht eine Minute mehr arbeiten müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaatli- cher Offensive)

Jeder angehende Lehrer weiß, dass er statt der üblichen 46 Wochen im Jahr nur 38 Wochen arbeitet, was zu einer Wochenarbeitszeit von 46,5 Stunden führt, das heißt zu einem täglichen Arbeitseinsatz von über 9,15 Stunden. Das wäre bei einem normalen Arbeitnehmer von 8 bis 18 Uhr. Das müssen Sie sich einmal vor Augen halten. Jeder muss wissen, der diesen Beruf ergreift, dass er eine geballte Arbeitszeit hat und dass er nicht nach 38 Stunden die Füße hochlegen kann.

Die Behörde hat durch die elf Schulen, die berechnet wurden, nachgewiesen, dass lediglich 46 Prozent eine oder zwei Stunden zu drei Viertel mehr arbeiten müssen, was dieser Anpassung überhaupt erst genügen würde. Warum gehen die 54 Prozent der Lehrer, die diese Erhöhung nicht einmal mitmachen müssen, nicht auf die Straße und beschweren sich, dass sie jetzt weniger arbeiten müssen?

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Unverantwortlich finde ich es auch von den Lehrern, die einfach blau machen,

(Christian Maaß GAL: Wer macht denn da blau?)

weil sie Angst davor haben, etwas mehr arbeiten zu müssen. Das haben Sie mit Ihren ganzen Aktionen, fünf bis sechs Stunden mehr arbeiten zu müssen, was bei keinem einzigen Lehrer zutrifft, überhaupt in die Welt gesetzt. Das ist ein theoretischer Fall bei reinem Sportunterricht und der ist nicht zutreffend, bei keinem Lehrer der Stadt.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meiner Meinung nach sollte die Verbeamtung der Lehrer wirklich noch einmal überdacht werden, denn das geht nicht, dass Lehrer ihre Macht missbrauchen. Die haben einen klaren Bildungsauftrag in der Stadt und den haben sie auszuführen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Farid Müller GAL: Sie empfinden das aber nicht so!)

Dieses neue Lehrerarbeitszeitmodell schafft Transparenz und Gerechtigkeit unter den Lehrkräften, weil alles bewertet wird. Es waren sehr kluge Köpfe darin, unter anderem auch viele Schulleiter, die wussten, wovon sie sprechen und die ihre Kompetenz eingebracht haben. Worauf bezieht sich denn Ihr Chaos? Etwa auf die Tatsache, dass wir die 27 Jahre alten Lehrpläne ersetzen?

(Ingo Egloff SPD: Wann machen Sie denn das?)

Oder vielleicht darauf, dass wir jetzt die Schulabschlüsse standardisieren und mit Elementen versehen, die sie vergleichbar machen? Oder liegt das Chaos darin, dass die Lehrer jetzt einen Paragraphen 49 haben, den sie

anwenden können, wenn sie wirklich sehr störende Schüler haben, diese zu sanktionieren und auch noch wissen, dass die Politik hinter dem steht, was sie machen? Oder dass die Kinder ab dritter Klasse jetzt alle ein Noten- und Berichtszeugnis bekommen? Ist das Chaos? Ich sehe das anders.

Die Schulgebietsgrenzen sind aufgehoben und es gibt einen bestimmten Prioritätenkatalog, nach dem sie angewendet werden. Ist das Chaos? Sprachförderprogramme wurden eingesetzt und sie sorgen auch dafür, dass die Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen nicht zur Schule kommen. Das sehe ich überhaupt nicht als Chaos, sondern als eine Innovation, die Sie verschlafen haben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Oder wollen Sie das als Chaos bezeichnen, dass wir diese bodenlose Ungerechtigkeit der IR-Klassen abgeschafft haben, dass wir jetzt ein anderes Konzept erarbeiten, in dem alle Kinder, die Förderung bedürfen, auch gefördert werden. Da nehme ich Ihr Chaos gerne in Kauf, wenn Sie es so bezeichnen wollen.

Das Abitur nach acht Jahren kann nicht zu Chaos führen, wenn Schüler endlich nicht mehr eineinhalb Jahre hinter allen Studenten weltweit hinterherhinken, sondern ungefähr zeitlich angepasst werden. Oder vielleicht beunruhigt Sie auch die Tatsache, dass Sie erstmals wissen, wie viele Lehrer wir im nächsten Jahr haben, und zwar ausfinanzierte, nicht wie Sie im Wahljahr 500 zusätzliche Lehrer eingestellt haben, nur damit es ein bisschen hübscher in der Statistik aussieht, die Sie aber nicht finanziert hatten.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das stimmt nicht!)

Ich kann verstehen, dass Sie so viel Transparenz und Innovation beängstigt, denn diese Stadt wurde jahrzehntelang in einer Gutsherrenart verwaltet, wo Sie es nicht nötig hatten, irgendetwas bekannt zu geben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Glocke)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende. Es bekommt der Abgeordnete Woestmeyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Chaos in Kita und Schule, von dem Sie hier reden, ist wohl eher das Chaos, das Sie sich wünschen, als ein tatsächliches Chaos. Es bewegt sich was in dieser Stadt, und zwar auch und vor allem im Bildungsbereich. Dann frage ich Sie: Was war denn vorher? Stillstand war vorher. Die Anforderungen an Bildung sind aber gestiegen und die Bürger erwarten mehr als noch vor einigen Jahren. Deshalb gibt diese Bürgerkoalition jeden fünften Euro ihres Haushaltes für Bildung aus, aber eben nicht unreflektiert und nicht zur Schäfchenpflege, sondern nach den Grundsätzen von Gerechtigkeit und Transparenz, an den Bedarfen orientiert und nicht am Klüngel orientiert und auch mal mit Standhaftigkeit gegen Gewerkschaftsproteste. Das hätten Sie nie gekonnt, das hätten Sie nie gewollt, das hätten Sie auch nie können wollen, weil Ihre bildungspolitischen Grundsätze auch jetzt noch so diffus sind, wie Sie es schon zu Frau Raabs und Frau Papes Zeiten gewesen sind.

Glauben Sie denn ernsthaft, nur weil Sie von Chaos reden, würden die Leute auch Chaos empfinden?

(Christian Maaß GAL: Das war Herr Lange!)

Na, Sie haben mit Ihrer wunderbaren Alliteration mit Kindern, Chaos, Kita – sprachlich ist das ganz hübsch – zum Thema aber relativ wenig zustande gebracht. Wenn ich von Chaos rede, meine ich das Chaos, von dem Sie reden. Wenn Sie von Chaos reden, heißt das noch nicht, dass die Leute Chaos empfinden. Glauben Sie denn ernsthaft, es würde sich jemand nach der alten rotgrünen Schulpolitik zurücksehnen?

(Ingo Egloff SPD: Ja!)

Die Proteste höre ich wohl in der Stadt, aber nie habe ich den Satz gehört, ach wie schön war es doch zu Frau Raabs oder zu Frau Papes Zeiten, ach wie sehr wünsche ich mir die zurück. Nie habe ich das gehört, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Auf Frau Raabs Missstandsverwaltungspolitik konnten wir verzichten und wir können auch jetzt darauf verzichten. Auf Frau Papes Trallala-Politik können wir ebenfalls verzichten. Die Bürger möchten, dass sich in Bildung etwas bewegt und wir sind diejenigen, die in Bildung etwas bewegen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Ingo Egloff SPD: Fragt sich nur, in welche Richtung!)

Die Bürger sehen die Themen: Lehrerstellenplan, Schulgesetz, Arbeitszeitmodell, Kita-Gutscheine. Das sind alles keine Themen, die man mal eben so geräuschlos über die Bühne bringt. Aber nur weil sich die Besitzstandswahrer einer Gewerkschaft in pawlowschen Reflexen üben, müssen Sie nicht Glauben machen, die Bürger würden auf Ihr schlichtes „Wir sind die Guten und die sind die Bösen“ reinfallen. Sie werden es weit von sich weisen. Aber im Grunde verhalten Sie sich hier populistisch, meine Damen und Herren. Sie arbeiten an dieser Stelle mit Stimmungen, lassen andere Stimmungen verstärken, Sie warten auf den Moment, wo keiner mehr hinterfragt, dass Sie eigentlich keine Konzepte haben und zaubern hier auch nicht mit eigenen Konzepten herum, sondern bleiben dabei zu behaupten, hier sei Chaos und dann würde Ihnen das schon helfen.

Ein Beispiel: In dieser Woche hat die GEW in einer Pressemitteilung verbreitet, nicht die Lehrer seien Schuld, wenn sie sich entschieden, keine Klassenfahrten mehr zu machen, sondern die Regierung sei daran Schuld. Fakt ist aber, dass beispielsweise eine siebentägige Klassenreise mit sieben Fünfteln der Wochenarbeitszeit von 46,5 Stunden verrechnet wird, also mit einer 65- StundenWoche abgegolten wird. Klar, Lehrer sind bei Klassenfahrten 24 Stunden im Einsatz, aber haben Sie früher sieben Mal 24 Stunden Freizeitausgleich bekommen? Nein. Bekommt der Arzt im Bereitschaftsdienst das so ausgeglichen? Nein. Entscheidet die Regierung über Klassenfahrten? Ebenfalls nein. Darf die GEW so etwas behaupten? Von mir aus, also kein klares Nein. Aber wenn sich GAL und SPD auf diese Stimmungsmache aufschwingen wollen, dann ist das zutiefst populistisch, meine Damen und Herren, und das könnt ihr alleine machen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Lappe für noch zweieinhalb Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mütter, Väter und Eltern dieser Stadt spüren ganz deutlich, was das Senatshandeln leitet und das ist nichts weiter als Ideologie. Das merkt man in den Schulen, das merkt man in den Kitas, das merkt man am familienpolitischen Konzept.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Kalter Kaffee!)

Es geht nämlich nicht um die Bedürfnisse der Menschen dieser Stadt, der Eltern dieser Stadt, sondern es geht um ganz andere Dinge. Es geht auch nicht um wissenschaftliche Erkenntnis oder besseres Wissen. Die Verantwortung für Familie und Kinder wird individualisiert, auf die Familien zurückgeworfen und bestenfalls erhalten die Unterstützung, bei denen irgendetwas schief gelaufen ist. Das kann nicht die Familienpolitik der Zukunft sein und schon gar nicht die, die die Missstände im demografischen Wandel beseitigen hilft.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Sie verringern die Hilfen, Sie erhöhen die Repression und den Druck auf die Eltern und Kinder. Das wird mit Sicherheit nicht dazu führen, dass Hamburg ein attraktiver Standort für Familien und für Frauen werden kann, die noch überlegen, ob sie Kinder bekommen wollen.