Ich glaube allerdings, dass Sie die Brisanz unterschätzen, die in den Veröffentlichungen des „Hamburger Abendblatt“ und auch hinter dem, was danach noch öffentlich geworden ist, tatsächlich steckt. Es ist völlig unwichtig, ob es um 3 Prozent oder um 0,3 Prozent oder um 10 Prozent der Kleingärten geht, die Sie durch Ihre Versuche bedrohen, die wachsende Stadt tatsächlich zum Wachsen zu bringen. Es geht darum, dass Sie sich mit den Leuten nicht auseinander setzen, sondern zu Ungunsten dieser Menschen Entscheidungen über deren Köpfe hinweg treffen. Opfer müssten erbracht werden, hat Herr Müller eben gesagt. Was für eine absurde Vorstellung, mit dem positiv besetzten Slogan „Wachsende Stadt“ von den Leuten – und zwar von einzelnen kleinen Gruppen in dieser Stadt – Opfer zu verlangen. Was ist das für eine Politik!
Wer einen Kleingarten hat, meine Damen und Herren, wandert nicht ins Umland ab. Der bleibt hier, mit seiner Familie, mit seinen Großeltern,
mit seinen Freunden und Freundinnen darum herum. 35 000 Parzellen haben wir mit vielleicht drei-, viermal so viel Menschen. Es teilen sich ja gerne mehrere Personen eine Parzelle. Diese Menschen sind ein stabiles Element in ihrem Quartier, in ihrem Stadtteil. Sie bleiben in dieser Stadt.
Was Sie in all Ihrer Phobie gegen die verdichtete Stadt und die Großsiedlungen, die wir haben, völlig unterschätzen: Die Kleingärten erfüllen seit Jahrzehnten eine wichtige soziale Funktion genau in den Stadtteilen, um die Sie sich gar nicht kümmern mögen oder über die Herr Silberbach gerne sagt, denen könne man nicht mehr helfen. Daran gehen Sie jetzt und reden davon, dass Opfer für die wachsende Stadt erbracht werden müssten. Das ist der reine Hohn.
Sie verunsichern hier ja auch weit mehr als nur diese 3 Prozent Menschen, die auf Parzellen sitzen, die Sie jetzt nennen und auf die Sie zugreifen wollen. Sie verun
sichern eine Vielzahl, mehrere hunderttausend Menschen in dieser Stadt, die ähnlich fest im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Boden sitzen wie die Eigenheimbesitzer. Kleingärten sind kein Bauerwartungsland. Kleingärten sind entweder ausgewiesen als Dauerkleingärten oder sie sind im Außenbereich und deswegen – das kann man gar nicht oft genug sagen – handelt es sich nicht um Bauerwartungsland, auch wenn Sie es jetzt so hinstellen wollen,
auch gerade dann nicht, so müsste man es eigentlich sagen, wenn jetzt plötzlich von der BUG gesagt wird, es gebe in Kleingärten auch Bodenbelastungen und deswegen solle keine weitere Ausweisung als Dauerkleingartenland erfolgen. Dann, meine Damen und Herren, ist es schon gar nicht Bauerwartungsland, denn Bauen können Sie auf vergiftetem Boden auch nicht.
Die ökologische Funktion der Kleingärten selbst streiten Sie ja zum Glück nicht ab. Es ist Ihnen genauso klar wie allen anderen, die ein bisschen mit offenen Augen durch diese Gebiete fahren, dass wir die Kleingärten dringend in der verdichteten inneren Stadt brauchen.
Das Ersatzland im Übrigen, das Sie im Umland anbieten wollen, kehrt die Idee des Kleingartens und seiner sozialen und ökologischen Funktion völlig um, denn niemand möchte sich aus der kleinen Wohnung mit dem Verkehrslärm vor der Tür noch eine halbe oder dreiviertel Stunde in die Bahn setzen müssen, um zu seinem Garten hinzufahren. Dann kann man sich gleich dort eine Wohnung suchen. Dann wandert man ins Umland ab. Das ist doch die bessere und billigere Lösung.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Gut, dass Sie für diese Leute entscheiden, wie sie leben sollen!)
Die Verdichtung der Areale halten wir auch für notwendig, ebenso die Arrondierung von einzelnen Flächen. Wir haben – das wissen Sie aber auch, wenn Sie sich mit dem Thema beschäftigt haben –, Ausgleichsmaßnahmen, die teilweise in Kleingartengebieten erstellt werden sollen. Das ist gut und richtig. Über 500 Quadratmeter Fläche, 538 Quadratmeter durchschnittlich, ist sicherlich für den innerstädtischen Bereich als Parzellengröße zu groß. Das kann man feststellen. Entscheidend ist, wie man dann eine Verdichtung durchführt. Es kommt sehr darauf an, wie man auf die Vereine und auf die Leute zugeht und wie man die jeweiligen Notwendigkeiten bespricht. Dann stößt Politik auf Akzeptanz, aber nicht, wenn Sie sich jetzt an Herrn Kleist oder anderen Vertretern des Vereins abarbeiten.
Die Transparenz halte ich bei diesem wichtigen politischen Thema immer noch für das Entscheidende. Sie haben mit der Ausweisung der ersten und zweiten Tranche Wohnbauflächenerwartungsland und Gewerbeflächenmöglichkeiten von oben herab über die Stadt ein neues Flächenkonzept gestülpt, ohne mit den Leuten zu sprechen. Sie sehen die Reaktion nicht nur in den Walddörfern, auch in anderen Quartieren. Die Bürger und Bürgerinnen wehren sich zu Recht. Hier passiert Ihnen genau das Gleiche. Die Kleingartenpächterinnen und -pächter werden sich dieses Von-oben-Halbheitengesagt-Bekommen nicht gefallen lassen. Das ist kein
Hetzerei fällt nur auf fruchtbaren Boden, wenn schon Misstrauen und Unsicherheit vorhanden sind, Herr Hesse, das wissen Sie doch genauso gut wie wir alle.
Warum gehen Sie denn nicht zu den Leuten hin? Warum legen Sie denn Ihre Pläne hier nicht offen? Und warum stimmen Sie dann nicht wenigstens Einzelpunkten des SPD-Antrages zu, der nichts anderes tut als zu sagen: Lasst uns wissen, was ihr plant und was hier passieren soll. Sie fördern die Abwanderung. Sie bringen die Leute in unseren Quartieren und Stadtteilen, egal, ob in den Walddörfern oder in den innerstädtischen, verdichteten Bereichen, dermaßen in Unruhe, dass man inzwischen überhaupt nicht mehr von einer Aufbruchstimmung in Richtung wachsende Stadt – die Sie ja gerne hätten – reden kann. Sie zerstören inzwischen gewachsene Strukturen.
obwohl sie die Antwort darauf wahrscheinlich zum größten Teil auf dem kleinen Dienstweg selbst hätte einholen können. Ich hätte es für ehrlicher gehalten, wenn das Paradebeispiel für 30 Jahre erfolgreiche Lobbyarbeit, der Nestor des Hamburger Kleingartens hier selbst geredet hätte.
(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Dirk Kienscherf SPD: Kann Herr Mattner ja auch, wenn es um Ladenöffnungszeiten geht!)
Nachdem Sie nun die Antwort auf die Große Anfrage erhalten haben, schreiben Sie einen Antrag, wo Sie gerne die Fachplanung Kleingärten des Senates vorgelegt haben möchten. Mit anderen Worten: Genau die Antworten, die Sie auf die Große Anfrage erhalten haben, möchten Sie noch einmal haben, nur unter einem anderen Namen. Das ist völlig sinnlos.
In Ihrem Antrag sagen Sie überhaupt nicht, was Sie wollen. Frau Dr. Schaal hat hier die Katze aus dem Sack gelassen: Sie wollen genau an der Stelle, wie Sie es in den letzten 30 Jahren getan haben, jegliche Bewegung verhindern. Das wird mit diesem Senat nicht machbar sein.
(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Holger Kahlbohm SPD: Der muss auch weg!)
Gehen wir doch einmal ein bisschen auf die Historie ein, damit uns klar ist, worüber wir uns unterhalten. Der gesamte Schutz des Hamburger Kleingartentums war nach dem Krieg bestimmt sinnvoll, schlicht, um die Selbstversorgung der Bevölkerung in schwierigen Zeiten sicherzustellen. Wenn Sie heute herumgehen, werden Sie nur
noch ganz wenig Gemüse- oder Obstanbau dort finden, sondern sehr viel Blumen und Freizeitgestaltung. Das ist alles wichtig und alles richtig, aber doch zumindest nachdenkenswert, denn die Ressource Fläche, Frau Dr. Schaal, ist im Stadtgebiet knapp und sie wird nicht dadurch vermehrt, dass Sie hier sinnlose Anträge stellen. Wenn wir bei 1925 Hektar eine Überprüfung anbringen, dann ist das nur richtig und sinnvoll. Wenn dann von 35 000 Parzellen nur 1200 – das sind die genannten 3 Prozent – eventuell zu Bauerweiterungsland mutieren, dann ist das wirklich kein Anlass, hier einen Skandal daraus zu machen. Ich sage Ihnen etwas: Die Kleingärten werden nicht am Anfang für die Kriterien des Bedarfes für die wachsende Stadt stehen. Sie stehen aber auch nicht am Ende. Da stehen andere Gebiete.
Und, Frau Möller, eine Funktion hat die Große Anfrage dann ja doch noch erfüllt, nämlich, dass man sie nach Möglichkeit lesen möge. Wenn man nämlich erstens über das Planungsrecht spricht und zweitens über den Kontakt mit den Betroffenen, dann hätte man die Anfrage vielleicht lesen müssen. Ich zitiere:
„Darüber hinaus gibt es viele Kleingartenanlagen, die im Bereich von Baustufenplänen liegen und häufig als Außengebiet, seltener als Dauerkleingärten dargestellt sind. Aufgrund von einschlägigen Gerichtsurteilen ist davon auszugehen, dass in Baustufenplänen als Außengebiet ausgewiesene Kleingartenflächen keine planungsrechtliche Sicherung besitzen.“
Das andere, was das Reden angeht: Es hat eine Anschlussregelung zum 10 000er-Vertrag gegeben, die hier auf Seite zwei beschrieben wird, die Sie sich vielleicht einfach einmal durchlesen sollten. Dann werden Sie feststellen, dass dieser Senat geredet hat und es auch in Zukunft tun wird. Über die Antworten auf die Große Anfrage können wir uns im Ausschuss dann weiter in aller Ausführlichkeit unterhalten. Ihren Antrag werden wir jedenfalls ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe ja nach der Rede von Herrn Niedmers gedacht, es lohne eigentlich gar nicht, nach vorne zu gehen, aber mittlerweile sind so viele Behauptungen im Raum stehen geblieben, auf die man doch eingehen sollte.
Die erste Behauptung und Legende, die hier aufgebaut worden ist: Warum redet Herr Kleist nicht? Herr Kleist ist nicht Mitglied in dem Ausschuss, der diese Große Anfrage und den Antrag gestellt hat, und deshalb redet er dazu nicht.