Herr Dobritz, in einem Punkt muss ich Ihnen Recht geben. Unser Senat macht immer noch den Fehler, den Zusagen der Bundesregierung zu glauben. Wir stellen nur die Dinge ein, die wirklich gesichert sind, aber es sind diese Dinge im Moment eben noch nicht gesichert, weil sie bei Ihnen noch nicht ausgegoren sind. Das ist ja das Problem.
Und, Herr Kerstan, an Ihre Adresse vielleicht noch einmal: Ich erinnere an einen Kanzler Schröder, der 1998 mit dem Versprechen angetreten ist,
Er hat das zu seiner Chefsache gemacht. Was daraus geworden ist, wissen Sie. Und nun erwarten Sie von uns ernsthaft, dass wir in Hamburg die Fehler der Bundesregierung korrigieren und alles in Ordnung bringen, was da vermasselt worden ist. Das schaffen wir nun wirklich nicht.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie haben überhaupt nichts verstanden!)
Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst zum SPD-Antrag aus der Drs. 17/2961. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen?
(Werner Dobritz SPD: Gegen die Interessen Ham- burgs! – Gegenruf von Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Für die Interessen der Menschen!)
Wer schließt sich dem Antrag aus der Drs. 17/2841 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 39 auf, Drs. 17/2774, Antrag der Koalitionsfraktionen: Vorlage eines Wohnungsberichts.
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Vorlage eines Wohnungsberichts – Drs. 17/2774 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser Leitbild "Wachsende Stadt" knüpft an einen tiefgreifenden städtischen Erneuerungsprozess an. Umso wichtiger ist es, Bedingungen und Entwicklung zu erfassen und zu reflektieren. Ein kontinuierlicher Wohnungsbericht ist in diesem Zusammenhang ein sehr sinnvolles Instrumentarium, um langfristig den eingeschlagenen Kurs in der Stadtentwicklung zu dokumentieren und zu überprüfen. Dies schließt sowohl qualitative wie auch quantitative Aspekte mit ein. Zahlreiche deutsche Städte geben bereits regelmäßig einen Wohnungsbericht heraus. Im EU-Kontext erscheint beispielsweise jährlich der Europäische Wohnungsbericht, der wichtige Kernaussagen über die Konjunkturentwicklung auf dem europäischen Wohnungsmarkt enthält. Eine solche Berichterstattung fehlte bislang in Hamburg und fristete im dunklen Kämmerlein ihr Dasein. Welche unangenehmen Gründe es auch immer gegeben hat, hier ist dringend ein transparenter Weg nötig. Insbesondere
für die praktische Umsetzung des Leitbildes "Wachsende Stadt" erfüllt ein umfassender Wohnungsbericht wichtige Funktionen.
In Kleinen und Großen Anfragen hat der Senat in der Vergangenheit Auskunft erteilt. Die Kleine Anfrage des Kollegen Kahlbohm vom 28. April zeigt die bisherige Praxis. In den meisten Fällen wurden dann von der Opposition mit dem gewollten Zeigefinger auf angebliche Schwachstellen oder Versäumnisse ganz spezielle Fragen gestellt, wie auch in diesem Fall. Forderungen der Handelskammer nach einer schnellen Umsetzung des Sofortprogramms "Wohnbau- und Gewerbeflächen" werden als Stigmata benutzt. Die Antwort des Senats belegt, dass Hamburg mit 865 500 Wohnungen und cirka 1,75 Millionen Einwohnern in 2000 einen Spitzenplatz in der Wohnraumversorgung für seine Bevölkerung hat. In 2002 lag die Zahl der Baugenehmigungen 6,5 Prozent höher als im Vorjahr, im Geschosswohnungsbau und bei Zweifamilienhäusern über 10 Prozent.
Im Aufzeigen von Entwicklungen macht der Wohnungsbericht darüber hinaus Tendenzen sichtbar. Anhand einer entsprechenden Aufbereitung der Daten ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik möglich. Das kann nun positiv oder negativ sein, aber auseinander setzen muss man sich schließlich damit. Im Wahrnehmen von gesellschaftlicher Verantwortung und im Geben von Rechenschaft hat deshalb ein öffentlicher Bericht, auf den jeder Hamburger zugreifen kann, eine ganz wichtige Bedeutung. Im Internet ist bereits seit März 2002 ein Gutachten über den Wohnungsmarkt bis 2030 und das Ergebnis in einer Kurzfassung verfügbar. Nicht zuletzt erspart ein aufschlussreicher Bericht mit Blick auf die parlamentarische Papierflut so manche unnütze Anfrage. Aufgrund der Vielzahl der sinnvollen Argumente, die für einen solchen Wohnungsbericht sprechen, unterstützen wir somit diesen Antrag. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Koalition will also den Senat ersuchen, alle drei Jahre einen Wohnungsbericht vorzulegen, um Informationen zur Entwicklung des Wohnungsmarktes zu erhalten und insbesondere, damit der Senat umfassend seine Konzeption zur Wohnungspolitik darlegt. Herr Pramann, wenn Sie schon ausführen, dass es viele Kleine Anfragen gebe, dann frage ich mich, warum Sie die nicht einfach binden lassen. Dann haben Sie doch die Information, die Sie erwarten.
Stattdessen wollen Sie jetzt die Informationen des Statistischen Landesamtes und der Wohnungsbaukreditanstalt zusammenfassen und das Ganze mit der Konzeption des Senates zur Wohnungsbaupolitik garnieren lassen. Wir hätten eigentlich von Ihnen, von der Regierungskoalition erwartet, dass Sie selbst Konzepte entwickeln und Vorgaben an den Senat formulieren und sich dann von diesem über die Umsetzung berichten lassen. Aber Sie haben eben keine Ideen und schon gar keine wohnungspolitischen Konzepte.
Stattdessen soll der Senat die Aufgabe übernehmen. Nur ist auch der in diesem Feld leider ziemlich konzeptlos. Auch scheinen Sie dem Senat nicht recht zuzutrauen, wohnungspolitische Konzepte zu entwickeln und einen Wohnungsbericht zu erstellen. So fordern Sie zwar, alle drei Jahre einen Bericht zu erstellen, wann Sie aber den ersten erwarten, lassen Sie offen:
noch in diesem Jahr, im nächsten oder 2006 nach der Bürgerschaftswahl? Wann denn? Haben Sie die Hoffnung, dass der nächste Senat vielleicht bessere oder überhaupt wohnungspolitische Konzepte hat, weil er rotgrün ist?
Meine Damen und Herren von der Koalition, ich habe Verständnis für diese vorsichtige Zurückhaltung bei der Formulierung Ihres Antrages. Schließlich hatten wir erst in der letzten Woche eine Senatsanhörung zu dem Thema "Wohnungspolitik in Hamburg", aber trotz der intensiven Befragung durch SPD und GAL – die FDP hat da nicht gerade geglänzt, Herr Kollege – konnten wir dem Senat keine Konzepte entlocken. Eben deshalb werden wir diesem Antrag auch zustimmen, denn wir sind äußerst gespannt auf die Konzepte des Senates zur Wohnungspolitik in Hamburg. Weil es aber bis zur Erfüllung Ihres Wunsches noch eine Weile dauern kann, möchte ich Ihnen quasi als Vorgeschmack darauf aus einem anderen druckfrischen Wohnungsbericht berichten, nämlich aus dem Tätigkeitsbericht 2002/2003 des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen, den Sie sicherlich in den letzten Tagen auch erhalten haben.
Dort heißt es: 26,6 Prozent weniger neue Wohnungen insgesamt, 37 Prozent weniger Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebaut, deutlich weniger Bauanträge positiv beschieden als der Senat an Wohnungen für eine wachsende Stadt als notwendig erachtet, Kürzungen des Wohnungsbauprogramms um 500 Wohneinheiten, Zuschussvolumen für die Modernisierungsförderung im Landesprogramm 2002 um die Hälfte zusammengestrichen. Die Liste des Verbandes lässt sich fortsetzen, um die Tendenz aufzuzeigen, Herr Pramann, von der Sie gerne hören wollen. Bei SAGA und GWG schöpfen Sie Dividende zulasten der Investitionen in Instandhaltung und Modernisierung ab. Für über 13 000 Wohnungen, zum großen Teil in Brennpunktgebieten, erhöhen Sie die Darlehenszinsen ebenfalls zulasten von Instandhaltung und Modernisierung. Und: Fast 40 000 Sozialmietern in Hamburg haben Sie über die Zinserhöhung die Mieten angehoben.
Von der Kontinuität, die Sie in Ihrem Antrag für die Wohnungspolitik in Aussicht stellen, also keine Spur, denn unter der sozialdemokratischen Regierung wurde Wohnungspolitik noch an der Stadthausbrücke gemacht und nicht am Gänsemarkt, es war also noch Mieterpolitik und nicht Fiskalpolitik.
Auch von der von Ihnen eingeforderten Nachhaltigkeit lässt Ihre Wohnungspolitik nichts erahnen. Anstatt Konversionsflächen von Bahn, Bundeswehr oder Post zu nutzen, bauen Sie auf der grünen Wiese am Stadtrand zulasten von Umwelt und das auch noch teuer.
Meine Damen und Herren, ein Wohnungsbericht 2003 wäre ein wohnungspolitisches Armutszeugnis und ein Testat über ein verlorenes Jahr für den Wohnungsbau in Hamburg. Ich befürchte, deswegen werden wir so bald keinen Wohnungsbericht erhalten.