Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Christian Maaß GAL: Und null Prozent!)

Jetzt hat Frau Dr. Schaal das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schaube, Sie haben den Falschen angemeckert.

(Berndt Röder CDU: Das macht nichts! Das kann er ja nachholen!)

Leider ist nicht Herr Neumann da, sondern ich.

Über das Thema Graffiti wurde hier schon mehrfach debattiert. Heute liegt nun die Verordnung des Senats zur Bekämpfung von Vandalismus durch Graffiti vor. Herr Schaube, ich glaube, dass Sie das Problem damit nicht in den Griff kriegen werden.

Die Verordnung – das habe ich schon gesagt, als Sie den Antrag stellten – ist reiner Paragraphenfetischismus und nichts weiter als eine Beruhigungspille für die Koalition, die die Verordnung initiiert hat.

Nicht umsonst wird gleich am Anfang der Drucksache die Einigkeit zwischen Senat und Koalition beschworen. Bei so viel Streit zwischen CDU, Schill und FDP ist das auch bitter nötig. Allerdings ist es durchaus nicht so, dass kein Blatt zwischen die Koalitionäre und den Senat passen würde. Der Senat legt eine gegenüber dem Koalitionsersuchen – ich zitiere –

"… leicht modifizierte Beschreibung der verbotenen Handlung vor …"

und steigt damit keineswegs auf diese wortradikalen Forderungen von Ihnen ein, dass jegliche Schmiererei verfolgt werden muss. Der Senat hat sich dabei nicht nur an der Verhältnismäßigkeit orientiert, sondern auch an der schwierigen Vollzugspraxis. Hier liegt nach wie vor der Hund begraben; das haben Sie auch herausgearbeitet, Herr Schaube.

Denn um das Bußgeld erheben zu können, müssen Sie die Täter natürlich erst einmal haben. Das allein ist – wie die Erfahrung lehrt – schwer genug. In diesem Zusammenhang, Herr Kollege Schaube, vermisse ich immer noch einen Erfahrungsbericht aus Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern, von denen Sie die Verordnung abgeschrieben haben. Was hat man dort mit der Androhung von einem Bußgeld von 5000 Euro erreicht? Das wissen wir nicht, das haben Sie uns leider nicht erzählt. Der Senat sagt in seiner Drucksache auch nichts über die normverdeutlichenden Möglichkeiten im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Sie haben das zwar selbst betont, Herr Schaube, aber wir können nichts davon lesen.

Das Graffiti-Problem wird der Senat nicht ohne Prävention und Putzen in den Griff bekommen.

Erstens: Den Heranwachsenden muss klargemacht werden, wo die Grenzen ihres Handels liegen. Das haben Sie auch gesagt. Sie sollen einsehen, dass Schmieren eben nicht cool ist.

Zweitens: Die Tags müssen sehr schnell beseitigt werden, um keine Nachahmer anzulocken. Auch das haben Sie gesagt.

Drittens: Es gilt auch hier: Wer nichts tut, macht mit. Wer Sprayer beobachtet, darf eben nicht wegsehen, sondern muss die Polizei holen. Auch das haben Sie gesagt.

Unsere ständigen Forderungen und Mahnungen scheinen durchaus zu wirken, denn die Koalition beginnt sich tatsächlich für Prävention zu interessieren. Die Polizei, die Sie kurz erwähnt haben – das ist leider etwas untergegangen –, hat vorige Woche eine neue Aktion gestartet: "Stoppt illegale Graffiti. Wählt 110!" Das ist es doch! Warum haben Sie dies denn nicht zur Diskussion angemeldet, um dem Thema ein bisschen mehr Schub zu verschaffen?

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Mein Rat: Bringen Sie das von Ihnen skizzierte Programm – das auch im Internet steht – mit Postern und Anzeigen unter die Leute und verschwenden Sie den Etat für Öffentlichkeitsarbeit nicht für ganzseitige Zeitungsanzeigen und Citylightposter. Das ist Personenkult und keine Prävention. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Lüdemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Graffiti, so sie vom Eigentümer nicht gewollt sind, sind keine Kunst, sondern strafbare Schmierereien. Natürlich ist die Verordnung des Senats nicht die Lösung des gesamten Problems, sondern nur eine Teillösung. Sie gehört zu einem ganzen Handlungskonzept, aber auch dieser Teil ist sehr, sehr wichtig zu regeln und ist gut zu regeln.

Frau Dr. Schaal hat natürlich Recht, dass auch Prävention und die schnelle Beseitigung der Tags dazugehören, damit sich so eine Szene gar nicht erst verfestigen kann. Jeder "Künstler", der sich so bezeichnet und Graffitis irgendwo hinschmiert, scheut natürlich am meisten, dass am nächsten Tag seine "kunstvolle" Arbeit wieder beseitigt ist. Das gehört alles dazu, da sind wir völlig einer Meinung.

Herr Schaube hat es erklärt. Diese Regelung gibt endlich Rechtssicherheit, die wir dringend brauchen, um einen Graffitischmierer auch bestrafen zu können, wenn man ihn denn tatsächlich einmal erwischt hat. Wir sind der Meinung, dass die Strafe, jedenfalls die Sanktion, mit zum gesamten Konzept gehört. Wenn wir uns darauf schon einmal einigen könnten, dann wäre das sehr schön. Es besteht erstmals wirklich die Möglichkeit, jemanden dann auch mit einer Geldstrafe bis zu 5000 Euro zu bestrafen. Es ist gut und erforderlich, dass Hamburg endlich diese Regelung hat, nur ist Hamburg leider da ein Vorreiter. Es ist aber auch schade, dass wir das Problem auf Landesebene regeln müssen, denn es ist kein länderspezifisches, es ist kein Hamburger Problem, sondern ein bundesweites Problem und müsste deswegen eigentlich auch bundeseinheitlich geregelt werden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich will damit sagen, dass wir die Änderung des Strafgesetzbuches brauchen, denn auch Graffitischmierereien müssen im Strafgesetzbuch in den Paragraphen 303 und 304 geregelt werden. Es gab bereits zahlreiche Initiativen aus CDU-regierten Bundesländern und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Änderung des Strafgesetzbuches, um die Rechtssicherheit zu haben, die Probleme zu lösen, die Herr Schaube angesprochen hat, dass man nicht mehr nachweisen muss, es gibt eine Substanzverletzung. Bislang ist diese Rechtssicherheit aber blockiert worden, weil Rotgrün sich dagegen gewehrt hat, dieses zu ändern. Wir könnten gut auf diese Hamburger Regelungsverordnung verzichten, wenn Sie endlich die Blockadepolitik in Berlin auflösen würden. Stimmen Sie einer Änderung des Strafgesetzbuches zu, damit wir endlich bundeseinheitlich Rechtssicherheit bekommen. Sagen Sie Ihren Berliner Kollegen Bescheid, dass wir den Paragraphen ändern müssen. Dann können wir nämlich

gegen die Schmierer auch bundeseinheitlich vorgehen und Hamburg muss dann nicht diese Sonderregelung gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lüdemann, wenn ich mir Ihre Rede anhöre, dann sind wir zumindest schon einmal einig, dass es tatsächlich einen Dreiklang geben muss, zu dem eben nicht nur Repression und Subvention gehören, sondern auch Prävention.

Ich will kurz auf die einzelnen Aspekte dieses Dreiklangs eingehen. Wenn einzelne Aspekte fehlen, dann entstehen eben Disharmonien.

Zunächst zum präventiven Aspekt, der auch hier wieder stark betont worden ist. Man muss sich zunächst einmal die Frage stellen, ob hier wirklich ein Mangel an Repression, an Strafandrohung vorliegt. Da haben wir zwei Punkte, die eigentlich potentielle Straftäter abschrecken. Das erste ist das Strafrecht. Es ist ja keineswegs so, als ob das bestehende Strafrecht Graffiti erlauben würde. Es gibt nur eine gewisse Unsicherheit bei bestimmten Untergründen, auf die gesprüht wird, wenn das Graffiti leicht zu beseitigen ist. In den allermeisten Fällen ist Graffitisprühen auch jetzt strafbar. Zumindest muss derjenige, der sprüht, damit rechnen, dass er sich strafbar macht. Trotzdem hat es offenbar nicht den abschreckenden Effekt, den Sie sich von der Herstellung einer Ordnungswidrigkeit erhoffen.

Das Zweite – das ist wahrscheinlich noch viel gravierender für diejenigen, die sprühen – sind die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche, denn die Kosten, die für die Beseitigung der Graffiti entstehen, sind nicht unerheblich. Es gibt Karrieren von Sprühern, die schon nach wenigen Jahren Schulden in nicht unerheblicher Höhe haben. Auch diese Forderungen, denen sich dann die Jugendlichen gegenübersehen, haben offenbar nicht den abschreckenden Effekt, den sie haben sollten. Das heißt, wir müssen zwischendurch konstatieren, dass Repression als alleiniges Instrument offenbar nicht erfolgreich ist, obwohl wir bereits jetzt ein großes Abschreckungspotenzial haben.

Dann komme ich zu den Subventionen. Es ist erstaunlich, dass der Senat gerade in diesem Bereich zu den Mitteln der Subventionierung oder zur Einführung neuer Subventionen gegriffen hat. Man kann sicherlich darüber reden, dass man die Entfernung von Graffitis fördert. So wie es dieser Senat bisher getan hat, ist es auf jeden Fall ein Flop. Es ist auch in den Medien hinreichend gewürdigt worden, dass die Mittel nicht abgerufen werden.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Und Sie haben keinen Pfennig Geld!)

Was hat der Senat gemacht?

(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive: Dann tun wir lieber gar nichts!)

Die Mittel wurden von nur wenigen Leuten in Anspruch genommen. Man hat einfach die Förderrichtlinien so geändert, dass die wenigen Leute, die das jetzt beantra

gen, einfach noch mehr Fördermittel zugeschanzt bekommen, damit der Topf ein bisschen leerer wird und es nicht ganz so peinlich ist, wenn der Umweltsenator Töpfe aufstellt, die offenbar nicht abgerufen werden.

(Beifall bei der GAL)

Ob aber diese "Subventionitis" wirklich etwas nützt, ist zumindest, wenn man das Stadtbild von heute mit dem Stadtbild zu Zeiten von Rotgrün vergleicht, nicht wirklich evident, dass es sich aufdrängt, dass hier Graffiti verhindert wird.

Dann komme ich zum dritten Punkt, der Prävention. Das ist trotz aller Bekenntnisse, auch eben von Herrn Lüdemann, der Punkt, der bisher zu kurz kommt. Insbesondere möchte ich auf die Arbeit des Vereins HIP HOP HAMBURG e. V. eingehen, dem schlicht in den letzten beiden Jahren sämtliche Mittel gestrichen wurden. Durch diesen Verein wurde versucht, an die Jugendlichen in der Sprüher- und Hip-Hop-Szene heranzukommen und auch in Zusammenarbeit mit den Gerichten und Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen und die Jugendlichen auch tatsächlich dazu anzuhalten, die Schäden, die sie anrichten, wieder zu beseitigen.

Man kann auch hier von anderen Städten lernen. Der Deutsche Städtetag hat jüngst eine Umfrage hierzu gemacht und auch im letzten Jahr veröffentlicht; ich möchte daraus zitieren. Beispielsweise werden in der Stadt Hildesheim bei betroffenen Hauseigentümern durch Mitarbeiter der Jugendwerkstatt die Graffitis unkenntlich gemacht und Projekte zur Prävention unterstützt. Die Stadt Dortmund fördert unter anderem auch ein Projekt zur Wiedergutmachung nach dem Modell des TäterOpfer-Ausgleichs. Man kann also auch von Hildesheim und Dortmund lernen.

(Michael Neumann SPD: Na, selbstverständlich!)

Manchmal liegt das Gute – Sie kommen ja aus der Ecke, Herr Neumann – gar nicht so weit weg. In Hamburg werden dagegen entsprechende Projekte gekürzt, obwohl die erfolgreichen Projekte aus der Bundesrepublik zeigen, dass man hier viel mehr tun müsste.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Herr Abgeordneter, ich unterbreche Sie wirklich sehr ungern. Aber ich habe das Gefühl, dass nur ganz wenige Interesse an der Debatte und dem Redner haben, sondern sehr viele Nebengespräche stattfinden. Also bitte ich Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner hier vorne.

Herr Maaß, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin.

Das Ganze symbolisiert Ihre Abneigung gegen die Jugendkultur, und die wird jetzt deutlich in dem Vorgang um den Bus des FixSterns. Da war es ja so, dass die Sprüher gemeinsam mit HIP HOP HAMBURG auf legale Weise den Bus des FixSterns besprüht und als Kunstwerk gestaltet haben. Ich lasse mich gerne von Ihnen als junger und pubertierender Schnösel beleidigen.