Protocol of the Session on October 29, 2003

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(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das sind ja Geis- terfahrer!)

Das heißt, wir haben hier wirklich ein idiotisches System, welches offenbar von einem Geisterfahrer entwickelt wurde

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

oder von einem Kollektiv von Geisterfahrern.

(Ingo Egloff SPD: Daimler-Benz!)

Meine Damen und Herren! 2004, im kommenden Jahr, wird sich die Wettbewerbssituation für unser hier in Hamburg ansässiges Speditionsgewerbe durch zunehmende

Konkurrenz weiter verschlechtern. Die Bundesregierung hat es versäumt, die zugesagte

(Glocke)

ich komme zum Schluss, Herr Präsident – Kompensation für das deutsche Fuhrgewerbe in Brüssel so rechtzeitig zu beantragen, dass auch tatsächlich die Kompensation gesichert ist. Sie ist es nicht und damit sind Arbeitsplätze gefährdet.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Willfried Maier GAL: Es bleibt doch Zeit!)

Ich könnte jetzt der Abgeordneten Duden für zwei Minuten das Wort geben, aber Senator Mettbach hat sich gemeldet und danach hätten Sie fünf Minuten. Das Wort bekommt Senator Mettbach.

(Barbara Duden SPD: Das war taktisch sehr klug!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Duden, ob das taktisch klug war, ist egal. Ich gönne Ihnen ja drei Minuten mehr. Insofern ist das kein Problem.

Meine Damen und Herren! Das Thema der Maut, eines der traurigsten Kapitel der Bundesregierung in Fragen von wichtiger Verkehrsinfrastruktur, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Nun bin ich allerdings nicht so ganz sicher, ob man das unbedingt Herrn Stolpe in die Schuhe schieben kann oder ob nicht Herr Bodewig der Vater dieses Chaos gewesen ist.

(Uwe Grund SPD: Oder die Wirtschaft vielleicht!)

Aber das spielt im Endeffekt auch keine große Rolle, denn wir haben zunächst einmal festzustellen, dass wir jeden Monat über 150 Millionen Euro Einnahmeverlust haben, die wir dringend für die notwendige Verkehrsinfrastruktur in diesem Land brauchen.

Nun ist es natürlich zunächst einmal nicht selbstverständlich, dass sich Hamburg mit den Problemen des Bundes auseinander setzt, aber wenn man insgesamt einmal verfolgt, welche miesen Tricks in der Frage, was mit der Maut zusammenhängt, gelaufen sind, dann bekommt man zunächst erst einmal graue Haare.

Zunächst hat man sich entschlossen, die Maut einzuführen mit dem Ziel, diese Einnahmen komplett für zusätzliche Verkehrsinfrastruktur zu verwenden. Dann war mit einem Mal nur noch davon die Rede – und so ist es auch gesetzlich festgelegt –, dass der überwiegende Anteil aus den Einnahmen der Verkehrsinfrastruktur zugute kommt. Dieser überwiegende Anteil ist mittlerweile mit knapp 51 Prozent festgelegt. Bis dahin wäre das noch in Ordnung gewesen, wenn dann nicht der Trick von Herrn Eichel gekommen wäre, rechtzeitig den allgemeinen Verkehrshaushalt um die zu erwartenden Einnahmen aus der Maut zu reduzieren und damit letztlich zu einem Nullsummenspiel zu kommen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Darin habt Ihr ja Er- fahrung!)

Das alleine wäre schon schlimm genug, aber dadurch, dass jetzt die Einnahmen der Maut fehlen, wird genau um diesen Anteil der allgemeine Verkehrshaushalt des Bundes abgeschrumpft. Das heißt, letztendlich haben wir

A C

B D

heute weniger Einnahmen, als wir sie ohne Maut vordem gehabt haben.

Nun habe ich gehört, dass geplant ist, die Maut vielleicht im Februar oder März erheben zu können. Nach mir vorliegenden Informationen wird dies aber vermutlich erst im Juli 2004 geschehen. Warten wir es ab, ob zumindest dieser Termin zu halten ist.

Wäre mir hier in Hamburg eine ähnliche Panne passiert, wie dieses dem Bundesminister für Verkehr passiert ist, bin ich absolut sicher, dass die Opposition mich sofort zum Rücktritt aufgefordert hätte oder den Bürgermeister aufgefordert hätte, mich zu entlassen. Ich frage: Warum sind Sie nicht ehrlich und machen das bei Ihrem eigenen Bundesminister?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Antwort ist vermutlich ganz einfach: Wenn man Herrn Stolpe zum Rücktritt auffordern würde

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das wäre der Fünfte!)

und er würde es machen, dann hätte Herr Schröder ein kleines Jubiläum, es wäre in seiner Ära der fünfte Bundesverkehrsminister, den er dann ernennen lassen müsste.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Christian Maaß GAL: Stolpe ist der Letzte, der etwas dafür kann!)

Aber ich möchte für Herrn Stolpe hier auch eine Lanze brechen. Ich gehe davon aus und möchte der Hoffnung auch noch einmal Ausdruck verleihen, dass das Wort eines Bundesministers etwas gilt. Bundesminister Stolpe hat am 14. Oktober 2003 in Hamburg den Fachministern der Länder zugesagt, dass alle Infrastrukturmaßnahmen trotz der Einnahmeausfälle wie geplant durchgeführt werden. Das bedeutet für Hamburg, dass wir damit rechnen können, dass auch wirklich alle Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen angegangen werden. Herr Stolpe, Hamburg nimmt Sie beim Wort.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden für maximal fünf Minuten.

Ja, ich rede immer ganz schnell. Keine Angst.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich zwei Vorbemerkungen machen. Wenn denn die Lkw-Maut der Reinfall dieses Jahrzehnts ist, dann muss man doch deutlich machen, dass auch die schwarze Bundesregierung einen Reinfall des Jahrzehnts zu verkraften und zu verkaufen hatte. Das nannte man damals Transrapid. Das ist das eine.

(Unmutsäußerungen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Martin Woestmeyer FDP: Aber Schröder nach China schicken und denen den Transrapid verkaufen!)

Das andere ist die Tatsache, dass man nicht davon ausgehen kann, dass die zurzeit funktionierenden On-Board

Units nicht diejenigen sind, die von Minister Stolpe abends in Heimarbeit zu Hause fabriziert werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Tatsache ist, dass wir bei der Lkw-Maut auf ein Happy End warten und vermutlich bis zum Sommer 2004 warten müssen. Uns allen wird sicher die Schlussfolgerung gemeinsam einfallen, ja, das ist gründlich in den Sand gesetzt worden, da sind wir einer Meinung. Doch, welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

(Dr. Andreas Mattner CDU: Rücktritt!)

Toll Collect, eine Tochter von Telekom und DaimlerChrysler – das muss man hier noch einmal sagen –, hat den Auftrag bekommen, das Lkw-Maut-System sollte eine Vorreiterrolle in diesem Technologiebereich nicht nur in Europa werden, sondern in der ganzen Welt.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Pauly?

Nein, ich habe fünf Minuten Redezeit. Sie können hinterher noch einmal reden. Dass dieses Vorhaben bei einer Vorlaufzeit von elf Monaten klappen könnte, war ein ambitioniertes Vorhaben. Doch man muss sich vor Augen führen, dass Telekom und DaimlerChrysler zwei Riesen der Industrieszene in Deutschland sind. Hier setzen Sie Deutschlands Ansehen als Hochtechnologiestandort in den Sand. Manfred Stolpe sagte in einem Interview:

"Der 2. November ist eine Frage der Ehre für unsere industriellen Partner."

Das entbehrt natürlich jeden Kommentars, denn wir brauchen hier weder über die Ehre noch über den 2. November im Zusammenhang mit der Lkw-Maut zu diskutieren.

Diskutieren müssen wir über die Frage, was der Vertrag zwischen Toll Collect und dem Ministerium beinhaltet. 17 000 Seiten, wenn auch die meisten technischer Natur, liegen den Parlamentariern vor. Am gleichen Tag fordert Herr Fischer von der CDU, der vermutlich diese 17 000 Seiten schon gelesen hatte, den Rücktritt von Herrn Stolpe oder einen Untersuchungsausschuss oder vielleicht auch beides. Ich habe keinen Grund, von hier aus Herrn Stolpe besonders in Schutz zu nehmen, aber wenn jemand für die Probleme mit der Lkw-Maut nichts kann, dann ist es er.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sollten uns vorrangig mit Hamburger Themen befassen. Auf Hamburg bezogen würde das dann bedeuten, dass wir vielleicht demnächst bei der Auslösung der Höhenkontrolle im Elbtunnel den Rücktritt von Senator Mettbach fordern könnten. Wir können es ja mal versuchen. Da muss man doch sagen, das sind doch in Berlin politische Mitnahmeeffekte der Opposition, bei denen Sie wissen, dass sie in Wirklichkeit viel zu kurz gesprungen sind. Der Schaden, den die deutsche Wirtschaft erleidet, ist der Ansehensverlust. Doch das eigentliche Übel ist, wie Toll Collect in Zukunft diese bahnbrechende Technologie in aller Welt verkaufen will, wenn der Patient in Deutschland noch in den Wehen liegt? Interessant sind vor allem die Teile des Vertrages, die die Haftung und Konventionalstrafen beinhalten.