Protocol of the Session on October 29, 2003

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in der Sache richtig sind und die Sache voranbringen, zustimmen könnte, denn Ihre Kritik an diesem Antrag war im Prinzip nur, dass es Ihnen nicht ausreicht. Dazu sage ich ganz offen, Sie sind frei, Ergänzungsanträge zu stellen, aber wenn ich genau zugehört habe, und das habe ich getan, dann muss ich ganz klar sagen, in Ihrer Verbaldiktion könnte man auch "niedlichen Anträgen" zustimmen, wenn Sie der Sache dienlich sind. Das vorweg gesagt.

Meine Damen und Herren, viel wichtiger ist, wenn wir uns wieder mit der Sache beschäftigen und nicht mit der Frage, was aus welchem Lager kommt, sondern was Hamburg voranbringt, dass wir uns einmal die Frage stellen: Welche Aufgaben und Tätigkeiten gehören heute eigentlich zum Berufsbild des Lehrers, und können Lehramtsstudenten auf diesen Beruf auch optimal vorbereitet werden? Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns in Hamburg ja nicht erst seit den Ergebnissen von PISA intensiv, sondern bereits in der letzten Wahlperiode – Sie haben es angesprochen, Frau Ernst – wurde von der Hamburger Kommission Lehrerbildung, HKL, der gesamte Komplex untersucht und auch ein umfangreicher Bericht erstellt.

In einigen Bereichen dieses weitläufigen Feldes der Lehrerbildung wurden Vorschläge der HKL bereits umgesetzt. So wurde zum Beispiel erstens die Berufseinstiegsphase erstmalig zum Schuljahr 2002/2003 angeboten und bietet als Begleitmaßnahme der Personalentwicklung gezielte Fortbildungsangebote und einen regional organisierten Erfahrungsaustausch für junge Lehrkräfte.

Zweitens: Die Ausbildungszeit im Vorbereitungsdienst wurde, wie von der HKL auch empfohlen, auf 18 Monate verkürzt. Auch dieses ist etwas, das uns hier mit Sicherheit weitergebracht hat.

Dritter Punkt: Wichtige Voraussetzungen für die Verbesserung der Lehrerfortbildung wurden auch und nicht zuletzt durch die Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes und auch durch die Einführung des Lehrerarbeitszeitmodells geschaffen. Zu den neuen Aufgaben der Schulleitung gehört nämlich zum Beispiel die Erstellung, die Auswertung und die Weiterentwicklung einer Fortbildungsplanung. Die einzelnen Lehrkräfte müssen die durchgeführten Fortbildungen also jetzt tatsächlich nachweisen und sie erhalten dafür nach dem neuen Lehrerarbeitszeitmodell auch 30 Zeitstunden pro Jahr angerechnet. Auch dieses bringt uns voran, da die alte Regelung nach Pflichtstunden dies in keiner Weise berücksichtigt hat.

Darüber hinaus muss man ganz klar sagen, dass dieses einige Weichenstellungen sind, aber nicht alle. Deswegen sollten wir bei diesem Thema noch einmal die erste Phase der Lehrerausbildung, nämlich das Studium, etwas näher betrachten. Die HKL kommt in der letzten Periode in Bezug auf die Praxisanteile in dieser Phase der Lehrerausbildung nämlich zu folgendem Ergebnis:

"Fragen nach der Eignung für den Lehrerberuf lassen sich nur vor dem Hintergrund von konkreten Erfahrungen abschätzen, die noch keinen Ernstfall darstellen. Gerade Praktika bieten genau diese Erfahrungen, werden aber nicht entsprechend genutzt."

So steht es auf Seite 33 des Abschlussberichtes der HKL aus dem Oktober 2000. Genau an diesem Punkt, Frau Ernst, setzt der Antrag aus der Koalition an. In erster Linie basieren die Einblicke, die die Jugendlichen zu Beginn des Lehramtsstudiums beziehungsweise die Jungerwachsenen in das Berufsfeld des Lehrers haben,

gerwachsenen in das Berufsfeld des Lehrers haben, nur auf ihren eigenen Beobachtungen aus ihrer eigenen Schulzeit.

Eine hohe Anzahl von Studienabbrüchen zeigt uns allerdings, dass sich viele Jugendliche und Jungerwachsene von ihrem Studium und dem zukünftigen Beruf generell ein falsches Bild machen. Selbstverständlich gibt es im Rahmen des Studiums bereits jetzt im Bereich Grund- und Hauptstudium Schulpraktika. Es gibt Seminare mit Praxisbezug und es gibt ein Sozial- oder ein Betriebspraktikum. Jedoch setzen diese Praxisanteile – und das wissen Sie auch – viel zu spät an, um bereits frühzeitig die Wahl des Studiums beziehungsweise des frühzeitigen Berufs wirklich ganz dezidiert zu entscheiden, zu beeinflussen und zu wissen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Die Durchführung dieses von Ihnen so "niedlich" genannten Orientierungspraktikums, das zu Beginn des Studiums, aber am besten bereits vor dem Studium verpflichtend von den Lehramtsstudenten zu absolvieren ist, könnte also sehr wohl dazu beitragen, die Schulart, für die die Lehrbefähigung angestrebt wird, aus der Sicht des Lehrers besser kennen zu lernen. Gerade die Schulart ist auch etwas, wo wir Wechsel haben beziehungsweise wo es darauf ankommt zu konkretisieren, wo jemand als Lehrer tätig sein möchte.

Dieser von Ihnen als "niedlich", aber inhaltlich wenig abgelehnte Antrag ist in Bayern bereits ein Muss. Ein derartiges Praktikum für Studenten ab Sommersemester 2003 gibt es dort, das ist vorgeschrieben. Wir meinen, dass gerade diese Kleinigkeit sehr sinnvoll ist, da sie neben der Hospitation im Unterricht bei verschiedenen Lehrkräften insbesondere die Struktur der jeweiligen Schule näher bringt. Auch darum geht es hier in diesem Punkt und nicht nur um die Frage, ob ich später als Lehrer glücklich bin.

Darüber hinaus werden auch Nebenpunkte erteilt, wie zum Beispiel Einblick in die Rechts- und die Verwaltungsordnungen. Auch dieses sind Punkte, wie wir meinen, die sehr wichtig sind.

Abschließend, meine Damen und Herren, können wir sagen, dass mit einem derartigen Praktikum, das auch an mehreren verschiedenen Schulen durchgeführt werden kann und damit eine entsprechende Transparenz und Flexibilität von vornherein beinhaltet, natürlich nur ein erster Eindruck vermittelt werden kann, aber es kann dazu beitragen, ein klareres Bild über die realen Anforderungen des zukünftigen Berufs zu erhalten und frühzeitig entsprechende Erfahrungen im richtigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu sammeln. Deswegen, meinen wir, lohnt es sich, auch diesem "niedlichen" Antrag aus inhaltlicher Begründung zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Frau Goetsch hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Lehrerbildung ist ein sehr wichtiges Thema. Ich würde hier gerne noch einmal an einem konkreten Beispiel deutlich machen, wie man diesen Antrag einsortieren muss und wo er Sinn machen würde oder nicht.

Herr Drews, alle Lehramtsstudenten, egal, welches Amt sie anstreben, ob höheres oder Grund- und Mittelstufe,

müssen im ersten Semester eine praxisorientierte Einführung machen. Alle Lehramtsstudenten. Ich selbst habe diese praxisorientierte Einführung von 1992 bis 1997 als Dozentin mit Lehrauftrag gemacht und finde es auch extrem wichtig, dass diese angehenden Kolleginnen und Kollegen ganz schnell mit Schule und Kindern in Berührung kommen, um festzustellen, ob sie überhaupt geeignet sind. Diese praxisorientierten Einführungen werden allerdings nicht von allen Dozentinnen und Dozenten in der Schule mitgemacht. Insofern wäre da der Ansatz.

Ich war, als ich diesen Lehrauftrag zum ersten Mal hatte, die ersten zwei Semester immer wieder enttäuscht, wenn ein, zwei dieser jungen Leute gleich absprangen, weil sie festgestellt hatten, wenn sie direkt an den Kindern waren, dass das doch nicht ihr Beruf ist. Ich habe immer gesagt, ihr müsst euch austesten, ob das auch wirklich euer Beruf ist. Das Gute ist, wenn das relativ schnell festgestellt wird, dass man dann eventuell Diplompädagogik weitermacht oder nur die Fachwissenschaft oder, oder. Insofern d´accord, Praxis ja.

Herr Drews, Sie sprachen schon die HKL an, also die Kommission, die damals ganz speziell auf Wunsch der GAL mit Experten von außen besetzt wurde. Das war ein richtiger Kraftakt, einmal die gesamte Lehrerbildung auf den Prüfstand zu stellen mit einem Kommissionsleiter aus der Schweiz, dem Professor Oelkers, der auch ganz knallhart mit dieser Kommission erarbeitet hat, wo überall die Mängel sind. Der Bericht ist wirklich sehr aufschlussreich. Es ist schon Ende der letzten Legislaturperiode begonnen worden, diese drei Phasen der Lehrerbildung, die sich untereinander nie grün waren – Studium, Referendariat und Schule, das ist immer jeweils eine Bastion für sich gewesen –, einmal zusammenzubringen. Das war wirklich ein richtig guter Prozess.

Der zweite Punkt ist der, dass in dieser Kommission ein Pflichtanteil "Umgang mit kultureller und sozialer Heterogenität" verbindlich war, nämlich genau das, was wir in Schulen vorfinden und was jahrelang nicht verpflichtend, zum Beispiel in meinem Studium, gelehrt wurde, Umgang verpflichtend, was Schulentwicklung bedeutet, und auch Umgang mit Medien und Einsatz und so weiter. Das waren Anteile, um das Lehramtsstudium verbindlich zu machen.

Was ich vermisse – es haben bundesweit dazu Kommissionen getagt –, ist, wie eigentlich der Praxisanteil aussehen soll. Es reicht nicht mal ein Praktikum, es reicht auch nicht mal ein Schnellschuss, wie ein Praktikumssemester – das hatte Hessen vorgeschlagen, das ist nach hinten losgegangen –, sondern Sie müssen eine Kontinuität an Praxis haben, die dann theoretisch immer wieder reflektiert wird an der Uni. Am besten wäre, jeder Student hätte eine Patenschule und würde da regelmäßig den Schulalltag mitbekommen und nicht nur mal hospitieren. Die HKL hat ein halbjähriges Praktikum vorgeschlagen, was dann auch parallel von der Uni mitbetreut wird. Daran muss weiter gearbeitet werden. Ich finde, dass sich Ihr Antrag nicht in diesem Gesamtkontext wiederfindet, sondern das ist so etwas, wo jeder, Klein Erna, sagt, ja, das ist gut, das hört sich gut an, wenn Lehrer erst einmal ein Praktikum machen.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Aber es ist eben nicht im Gesamtkontext von Reformen der Lehrerbildung angesiedelt. Insofern bin ich auch gespannt auf die Anhörung am 11. Dezember. Wir werden

uns bei dem Antrag enthalten, weil er fachlich einfach nicht ausreichend ist. – Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Woestmeyer, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man in diesen Tagen über den Campus der Universität geht, fällt einem eines auf: Baulich tut sich da etwas.

(Christa Goetsch GAL: Ja, das hat Krista Sager angestoßen!)

Mit der Grundsanierung des erziehungswissenschaftlichen Traktes erhalten die Studierenden und Lehrenden des Lehramtes endlich wieder angemessene Räumlichkeiten. Auch inhaltlich – und da ist dann Schluss mit Krista Sager – unterzieht sich die Lehrerausbildung in Hamburg einem wichtigen Reformprozess.

Die Idee und der Wunsch nach mehr Praxisnähe, wie zum Beispiel durch eine vermehrte Anzahl von Praktika, ist zugegeben nicht neu. Hier ist schon die Kommission aus der letzten Legislaturperiode zitiert worden. Ich zitiere eine andere Kommission, nämlich die so genannte "gemischte Kommission Lehrerbildung", 1998 von der KMK eingesetzt, die auch verdeutlicht hat, wie wichtig eine stärkere Anbindung an die Praxis ist.

Unser Antrag, der Antrag der Regierungsfraktionen, soll einen kleinen, aber nicht unerheblichen Beitrag zu diesem Prozess darstellen. Uns geht es bei diesem Antrag, den wir heute beraten, nicht etwa nur darum, die Anzahl der Studierenden, die ihr Studium frühzeitig abbrechen, zu minimieren, sondern wir wollen den Studierenden durch den direkten Praxisbezug schon zum Beginn des Studiums Perspektiven aufzeigen, denn sie sind die Lehrerinnen und Lehrer, die in der Zukunft Hamburgs Schüler zu unterrichten haben.

Frau Goetsch, wenn Sie sagen, dies sei ein niedlicher Antrag, dann muss ich sagen, dass es auch immer wieder niedlich ist, wie Sie das hier vortragen. Entweder Sie üben Kritik an den Reformvorhaben, die wir auf den Weg bringen, und tun so, als wäre der Status quo eigentlich das, was man unbedingt erhalten müsste, damit sich bloß nichts ändert an dem, was Sie uns hinterlassen haben, weil Sie offensichtlich auch ein bisschen Angst haben, Ihre Klientel mit zu viel eigenem Reformeifer zu verschrecken, oder – und das finde ich wiederum sehr niedlich – Sie zitieren hier ebenso die Kommission, kommen zu den gleichen Schlüssen wie wir und sagen dann, daraus müsste man Konsequenzen ziehen. Aber wenn wir eine Konsequenz daraus ziehen und hier solch ein Orientierungspraktikum fordern, dann ist Ihnen das wieder zu wenig, dann kanzeln Sie das als zu niedlich ab. Das wiederum finde ich niedlich. Der spärliche Applaus in Ihrer Fraktion war auch sehr niedlich dazu. Also dann wissen Sie, was Sie davon haben.

(Beifall bei Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Stärkung der Praxisnähe in der Lehrerausbildung ist uns in der Koalition ein wichtiges Anliegen. Auch die Strukturkommission unter Vorsitz des geschätzten Dr. Klaus von Dohnanyi kam zu dem Ergebnis, dass die Lehrerausbildung in Hamburg einen früheren und auch einen stärkeren Praxisbezug braucht. Im Dezember wird

dann der Wissenschaftsausschuss gemeinsam mit dem Schulausschuss über die Reform der Lehrerausbildung beraten. Ich freue mich da auf eine anregende und sachliche Diskussion. Es steht dem aber überhaupt nichts im Wege, diesem Antrag, diesem ersten richtigen und wichtigen Schritt, heute gleich zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 17/3468 federführend an den Wissenschaftsausschuss und mitberatend an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist somit abgelehnt.

Dann lasse ich jetzt in der Sache abstimmen. Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist dieser Antrag mit Mehrheit und vielen Enthaltungen beschlossen worden.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 8, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Verkehrsunfälle mit Kindern im Jahr 2002.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Verkehrsunfälle mit Kindern im Jahr 2002 – Drs. 17/2903 –]