Protocol of the Session on November 12, 2003

Login to download PDF

Aber nicht alles, was in unserem Sinne der Förderung des Ehrenamtes dienen könnte, lässt sich hier auf Landesebene regeln. Da nach unserer Auffassung auf Bundesebene noch genug getan werden muss, stellen wir diesen Antrag, um noch einmal an geeigneter Stelle nachzuhaken. Wie das Geburtstagskind, Herr Dr. Schinnenburg, es in seinem Antrag noch einmal ausdrücklich formuliert hat, wir können nicht warten, bis man sich in Berlin endlich dieses hochwichtigen Themas annimmt und wollen deswegen hier vor Ort die Entscheidung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sodann bekommt der Abgeordnete Rutter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einem Antrag, Drs. 17/689, vom 15. April 2002 hat der Kollege Böwer die Rücknahme der Finanzkürzungen im Bereich Jugend- und Sozialarbeit gefordert. Zu dem Zeitpunkt war gerade unsere Gelddruckpresse ausgefallen und wir

A C

B D

mussten uns also etwas anderes einfallen lassen. Merke: Wenn der Wind nachlässt, greife zum Ruder.

(Christa Goetsch GAL: Meinen Sie ein Paddel?)

Was dabei herausgekommen ist, ist schlicht und einfach, dass wir eine ganze Menge an Initiativen auf den Weg gebracht haben, um über das Ehrenamt einen Ausgleich zu schaffen. Das hat den Nebeneffekt, dass auch das Miteinandergefühl wieder wächst und das wollen wir, das müssen wir. Das war nämlich langsam verschüttet, weil man glaubte, alles mit Geld zuschieben zu können. Manchmal muss man sich eben auch selbst engagieren und so ist es notwendig und richtig gewesen, diese Maßnahmen einzuleiten.

Wenn man das getan hat, stellt man fest, dass hier und da an den Rahmenbedingungen etwas zu ändern und zu verbessern ist. Nun lassen Sie uns bitte nach Möglichkeit nicht erst lange alles perfektionieren, sondern lassen Sie uns den Weg der kleinen Schritte gehen und eines nach dem anderen abarbeiten. Diese Forderungen, die jetzt in unserem Antrag enthalten sind, sind das Nächstliegende und das Notwendigste und das sollten wir möglichst ohne Zeitverzögerung beschließen und darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort erhält die Abgeordnete Dr. Freudenberg.

Wofür sie am meisten schwärmt, wenn es wieder aufgewärmt! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es tut mir Leid, bei diesem Antrag und auch bei dieser Debatte fällt mir zuerst der Sauerkohl von Witwe Bolte ein:

"dass sie von dem Sauerkohle eine Portion sich hole, wovon sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt."

Etwa alle Halbjahr debattieren wir hier die Förderung des Ehrenamtes. Es gibt reichlich Fensterreden und auch heute war es nicht besonders originell. Ich habe nicht den Eindruck, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, dass Sie sich wirklich so besonders um die Förderung des Ehrenamtes bemühen, denn sonst hätten Sie die Arbeit im Ausschuss bisher nicht behindert.

(Beifall bei der GAL und bei Dirk Kienscherf SPD)

Wir hatten eine wirklich interessante Expertenanhörung. Die ist bisher nicht einmal ausgewertet worden. Der sehr differenzierte Antrag der SPD von vor einem halben Jahr ist abgelehnt worden und jetzt greifen Sie die Hauptforderungen, nämlich danach, dass endlich ein Versicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige eingerichtet wird, auf und wir finden das ziemlich schäbig.

Ich denke, wir sollten uns endlich den interessanteren Aspekten der ehrenamtlichen Arbeit zuwenden, nämlich der Frage, welche professionelle Unterstützung ehrenamtlich Tätige brauchen. Ich glaube, das ist für die Leute, die sich so engagieren, wichtiger als irgendwelche Feinheiten des Steuerrechtes. Ich muss auch sagen, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, Herr Schinnenburg, dass ich es schon verwunderlich und auch absurd finde, mit welcher Akribie Sie sich hier um alle Details unseres Steuerrechts kümmern und auch noch die letzten Schmankerl aus einer Gesetzgebung jetzt

wieder ein bisschen ändern wollen, wo doch eigentlich Herr Merz mit seinem Vorstoß, all dieses jetzt mal radikal vom Tisch zu kriegen, ganz erfolgreich ist. Ich kann nur sagen, dass wir ihm dabei viel Erfolg wünschen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 17/3565 an den Sozialausschuss zu?

(Wilfried Buss SPD: Das wird dadurch nicht bes- ser! – Gegenruf von Michael Fuchs CDU: Aber schöner!)

Gegenstimmen? – Das Letztere war die Mehrheit. Die Überweisung ist abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

(Zuruf von Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

Verehrte Frau Abgeordnete, die Abgeordneten waren da, aber auf der anderen Seite des Hauses, was übrigens die Sitzungsleitung ein wenig verwirrt und das Zählen nicht einfacher gestaltet.

Ich lasse jetzt in der Sache abstimmen. Wer möchte den Antrag aus der Drs. 17/3565 annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit so angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 51 auf, Drs. 17/3558, Antrag der SPD-Fraktion: Mehr Eigenständigkeit für Hamburgs Schulen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Mehr Eigenständigkeit für Hamburgs Schulen! – Drs. 17/3558 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Ernst bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburgs Schulen sollen mehr Eigenverantwortung bekommen. Die SPD-Fraktion legt heute einen Antrag vor, der den Senat und die BBS auffordert...

(Unruhe im Hause – Glocke)

Frau Abgeordnete, ich möchte um ein wenig mehr Aufmerksamkeit für Sie bitten. – Vielen Dank.

Danke, Herr Präsident. Die SPD-Fraktion legt heute einen Antrag vor, der den Senat und die BBS auffordert, diesen wichtigen Schritt zu gehen. Erfolgreiche PISA-Länder unterscheiden sich in mehreren Punkten von den deutschen Schulen. Ein Punkt ist jedoch von zentraler Bedeutung. An den Schulen in den PISA-Siegerländern wird mehr vor Ort entschieden. Die Schulen suchen sich die für sie passenden Lehrkräfte selbst aus. Die Schulleitungen sind Dienstvorgesetzte. Die Schulen haben ein eigenes Budget für Sachmittel und Personal, entscheiden eigenständiger, wie sie ihre Mittel verwenden, ob für einen Neigungskurs

oder für Sprachförderung, und die Schulen legen Rechenschaft über ihre Arbeit und die Ergebnisse ab. All diese Faktoren sind entscheidend für gute Schulen, für guten Unterricht, für ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Wer den "Spiegel" dieser Woche liest, sieht, dass dort auch wichtige Anregungen in diese Richtung enthalten sind.

Wir wollen, dass auch in Hamburg die Schulen in mehr Eigenständigkeit entlassen werden. Hamburgs Schulen sind bereit, mehr Verantwortung für die Lernerfolge ihrer Schülerinnen und Schüler zu übernehmen. Geben wir ihnen endlich auch den Spielraum, dafür notwendige Entscheidungen zu treffen. Schulen sollen künftig selbst Lehrerinnen und Lehrer einstellen. In einem ersten Schritt 20 Prozent. Wir wollen, dass Schulen stärker von der Stundentafel abweichen können und dass endlich nicht mehr der 45-Minuten-Rhythmus den Takt einer Schule bestimmt, sondern der für das Lernen erforderliche Rhythmus.

(Beifall bei der SPD)

Schulleitungen müssen gestärkt werden, Dienstvorgesetzte werden. Probleme, die vor Ort gelöst werden können, müssen auch vor Ort gelöst werden und die Verantwortung nicht an andere delegiert werden, an die Schulaufsicht, die Jugendhilfe, die Eltern, die Politik, wie es häufig vorkommt. Die Schulen müssen ihr Selbstverständnis verändern. Sie erbringen eine öffentliche Dienstleistung und sind dafür gegenüber Steuerzahlern rechenschaftspflichtig, aber vor allem auch gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig brauchen wir ein verlässlicheres Wissen über die Leistungsfähigkeit einzelner Schulen, vor allem über die Qualität des Unterrichts. Wir wollen wissen, ob das Lernklima allen Kindern gerecht wird. Es muss Schluss damit sein, dass sich Kinder an Deutschlands Schulen nicht wohlfühlen und den Eindruck haben, dass die Lehrkräfte sich nicht für sie interessieren. Es muss auch Schluss damit sein, dass Schulen und Lehrkräfte, die ihre Kinder optimal fördern, nicht anerkannt werden, sondern in einem allgemeinen Eindruck des Zweifels über Schulen und Lehrkräfte untergehen. Daher schlagen wir vor, in Hamburg externe Schulentwicklungsagenturen einzurichten. Professionelle von außen sollen Schulen begutachten, Hilfestellung und Rat geben, Gutes weitertragen und zum Beispiel machen. Schulen sollen wissen, was sie leisten und die Eltern auch. Das Wissen, wie man der großen und wachsenden Vielfalt von Kindern gerecht werden kann, haben die Lehrerinnen und Lehrer. Machen wir den Schritt und vertrauen ihnen.

Wie ist es denn heute? Eine Mischung aus Gerüchten, positiven Eindrucken, Halbwahrheiten, bitteren Wahrheiten bestimmen doch das Bild einer Schule. Es gibt ein Bild in der Nachbarschaft, bei den Schulen in der Behörde, auch bei der Politik. Objektivität ist es nicht, die wir brauchen. Wir wollen genauer wissen, wie gut es einer Schule gelingt, die Sprachförderung von Migrantenkindern zu betreiben, ob eine Schule Methoden und Instrumente hat, Kinder mit besonderen Begabungen besonders zu fördern, ob Schulschwänzen entgegengetreten wird oder ob es gar nicht auffällt, wie das Klima an der Schule ist, ob der Kontakt zu den Eltern gesucht wird, ob die Lernerfolge der Kinder gut sind oder hinter denen vergleichbarer Schulen hinterherhinken. Das deutsche Schulwesen ist nicht gut angesehen und es gibt nur einen Weg, dieses zu ändern: ständiges Arbeiten an der Ver

besserung, vor allem des Unterrichts, hohe Transparenz über die Leistungsfähigkeit der Schulen und eine Organisationsform, die es ihnen auch möglich macht, gut zu arbeiten.

Die Realität in Hamburg ist leider seit zwei Jahren eine andere. Kommandowirtschaft statt vertrauensvolle Zusammenarbeit, Beratungsresistenz der Behördenspitze statt gemeinsames Ringen um eine Verbesserung Hamburgs Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Top down, Chaos nachbessern, Rechthaberei der Schulbehörde und ihres Präses, von dem niemand weiß, wie lange er noch im Amt ist und ob wir heute nicht vielleicht seine letzte Rede gehört haben.

(Beifall bei der SPD)