Protocol of the Session on January 28, 2004

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Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 59, Antrag der Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive,

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Drucksache 17/4032: Hamburgisches Gesetz zur Einrichtung und Führung eines Korruptionsregisters.

[Antrag der Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Hamburgisches Gesetz zur Einrichtung und Führung eines Korruptionsregisters – Drucksache 17/4032 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/4133 auch ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Hamburgisches Gesetz zur Einrichtung und Führung eines Korruptionsregisters – Drucksache 17/4133 –]

Beide Drucksachen möchte die CDU-Fraktion federführend an den Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Die GAL-Fraktion wiederum möchte diese Drucksachen nur an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Schaube.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Kampf gegen die Korruption zu verstärken. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung und Führung eines Korruptionsregisters legen wir der Bürgerschaft heute eine bundesweit einmalige Initiative vor.

Künftig werden Firmen, denen Korruptionsfälle wie Bestechung, Vorteilsgewährung, aber auch Unterschlagung, Erpressung, Geldwäsche oder Betrugstatbestände nachgewiesen werden, in dieses Register aufgenommen werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Für öffentliche Stellen besteht die Pflicht zur Anfrage ab einem Auftragsvolumen von 10 000 Euro. Ein Unternehmen, in dem durch einen verantwortlich Handelnden einer der genannten Tatbestände erfüllt wird, kann bis zu fünf Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Allerdings sieht unser Gesetzesentwurf auch eine vorzeitige Löschung des Eintrages vor, wenn in dem betroffenen Betrieb wirksame Management- und Controlling-Instrumente etabliert wurden, die geeignet sind, die Korruption auszuschließen.

Ein solches Register fordern seit vielen Jahren bundesweit bekannte Kämpfer gegen Korruption, wie zum Beispiel der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner. Ein Hamburger Antikorruptionsregister wäre zugleich eine effektive, präventive und abschreckende Maßnahme. Die Bundesländer Hessen, NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg haben bereits ein Korruptionsregister eingerichtet und damit nach eigenem Bekunden gute Erfolge erzielt. Diese Register haben jedoch keine gesetzliche Grundlage, sondern wurden auf dem Erlasswege eingerichtet. Ein Erlass ist unserer Ansicht nach jedoch eine rechtsstaatlich unzureichende Grundlage.

Wenn Unternehmen, denen Korruption nachgewiesen wurde, keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen sollen, dann werden einige grundgesetzlich verankerte Rechte betroffen. Ich denke hier an das verbriefte Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder an die Berufsfreiheit nach Artikel 12. Unter Umständen können Ein

griffe in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach Artikel 14 erfolgen.

Da von diesen Grundrechtseingriffen nicht nur juristische, sondern auch natürliche Personen betroffen sind, spricht alles für eine gesetzliche Grundlage.

Unser Antrag ist in Zusammenarbeit mit einer Reihe namhafter Experten, insbesondere mit dem unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, erarbeitet worden. Die Initiative ist kein Schnellschuss, sondern ein wohl abgewogener und gut begründeter Gesetzesentwurf, der mehr Rechtssicherheit und Transparenz in diesem sensiblen Bereich schafft.

Korruption ist ein Standortnachteil. Sauberes und transparentes Verwaltungshandeln, das Beachten rechtsstaatlicher Regeln und der Kampf gegen kriminelle Strukturen sind ein Standortvorteil. Wir wollen diesen Standortvorteil nutzen und alles dafür tun, dass überall in Hamburg Chancengleichheit und freier Wettbewerb gilt.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaatli- cher Offensive)

Dabei wollen wir alle Illusionen über Bord werfen, dass Korruption nur ein Problem in Entwicklungsländern sei. Die Korruption ist leider auch unter uns. Lassen Sie mich dieses mit ein paar Zahlen belegen.

In den zurückliegenden Jahren sind die bekannt gewordenen Fälle von Korruption bedrohlich gestiegen. Im Jahre 2001 wurden bei der Staatsanwaltschaft Hamburg 144 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Jahre 2002 stieg die Zahl auf 204. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Hamburg ist hier kein Einzelfall. Die weltweit führende Nicht-Regierungsorganisation „Transparency International“ erhebt jedes Jahr mittlerweile für 102 Länder die bekannt gewordenen Fälle von Korruption und überträgt diese in einen Korruptionswahrnehmungs-Index. Auf einer Skala von 0 (äußerst korrupt) bis 10 (nicht korrupt) erreichen dabei 70 Länder weniger als fünf Punkte. Deutschland landete in diesem Jahr auf Platz 18 mit einem Indexwert von 7,3 Punkten. Damit wird ein sich seit 1996 abzeichnender Abwärtstrend bestätigt. 1996 lag der Wert für Deutschland noch bei 8,3 Punkten, im vergangenen Jahr bei 7,4 Punkten. Dieses macht deutlich, dass auch bundesweit Handlungsbedarf besteht.

Der jüngste und nicht verabschiedete Bundesgesetzentwurf war jedoch nicht ausgereift. Er sah auch keine volle gesetzliche Regelung vor, sondern nur eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Lassen Sie uns daher nicht auf den Bundesgesetzgeber warten, sondern in Hamburg einen Anfang machen. Ich möchte Sie bitten, schreiben Sie mit uns Rechtsgeschichte. Gehen Sie diesen Schritt im Kampf gegen die Korruption mit uns und stimmen Sie unserem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei Doris Mandel SPD – Erhard Pumm SPD: Sie können es ja schon mal mit Herrn Dreyer be- sprechen!)

Das Wort hat Herr Egloff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt den Entwurf eines Hamburgischen Gesetzes zur Einrichtung und Einführung eines Korruptionsregisters.

Hier gilt das Gleiche, wie bei dem eben hier behandelten Vergabegesetz zur Sicherung der Tariftreue. Nicht derjenige darf belohnt werden, der gegen Gesetze verstößt, und nicht derjenige darf daraus Vorteile ziehen, der sich gesetzeswidrig verhält. Daher ist es richtig, wenn die im Gesetz normierten Verstöße dazu führen, dass dann Firmen im Register eingetragen werden und dieses bei der Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigt wird, indem sie dann an dieser Auftragsvergabe nicht teilnehmen.

Nachdem in den letzten Jahren – und darauf ist eben schon hingewiesen worden – wiederholt in der Öffentlichkeit deutlich wurde, dass in erheblichem Maße gegen Gesetze verstoßen wurde, um öffentliche Aufträge zu erhalten, ist es auch an der Zeit, hier Klarheit zu schaffen. Jeder, der meint, er muss mit unlauteren Mitteln Vorteile ziehen, muss auch die Konsequenzen kennen. Dazu dient dieses Gesetz und das halten wir für richtig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Lassen Sie mich zu dem Änderungsantrag der GAL etwas sagen. Die Ausweitung auf den privaten Bereich, die dort angeführt ist, halte ich für problematisch. Ob dieses rechtlich zulässig ist, ist für mich fraglich. Bei der Meldung von Privaten sehe ich deutlich die Gefahr, dass hier auch Missbrauch betrieben werden kann. Daher denke ich, dass wir in diesem Bereich sehr zurückhaltend sein sollten.

Des Weiteren halte ich es für problematisch, wenn ein Bieter generell für immer ausgeschlossen wird, weil sich hier die Problematik des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stellt. Und was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist, dass im Paragraph 3 die Nummern 4, 5 und 6 gestrichen werden sollen. Für mich ist nicht zu verstehen, dass jemand, der zum Beispiel bewusst keine Sozialversicherungsbeiträge abführt oder die Bestimmungen über tarifvertragliche Entlohnung unterläuft, sich somit rechtswidrige Vorteile verschafft, am Ende belohnt wird. Diese Verstöße wiegen meines Erachtens genauso schwer wie der direkte Versuch der Bestechung oder der Vorteilsgewährung. Daher sollten wir hier mit aller Klarheit dem Rechtsstaat Geltung verschaffen. Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Frau Ahrons.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Korruption ist ein weltweites Übel und leider ist Deutschland davon auch nicht ausgenommen. Die Hamburger Gerichte sind immer wieder mit diesen Korruptions- und Bestechungsskandalen beschäftigt.

Der Kampf gegen die Korruption muss von allen politischen Parteien und Kräften entschlossen geführt werden. Das zeichnet sich hier unter uns allen eigentlich auch ab. Die CDU begrüßt daher ausdrücklich die Initiative der Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive zur Errichtung eines Korruptionsregisters. Allerdings dürfen wir bei diesem wichtigen Thema nicht den Fehler machen, aus reinem Aktionismus ein Gesetz zur Korruptionsbekämpfung im Eilverfahren zu verabschieden. Vielmehr sollten wir das Thema und vor allem den vorliegenden Gesetzentwurf umfassend beraten. Wenn wir einerseits Korrup

tion wirkungsvoll bekämpfen wollen, dann müssen wir andererseits auch ein Gesetz verabschieden, das absolut wasserdicht, also ohne handwerkliche Fehler ist.

Der vorliegende Antrag enthält nicht nur einige Rechtsfehler, sondern auch Regelungen, die wir nochmals gemeinsam mit der Wirtschaft diskutieren sollten. Daher beantragt die CDU-Fraktion die Überweisung des Antrages an den Rechts- und Wirtschaftsausschuss. Die Notwendigkeit zeigt doch der seitenlange GAL-Zusatzantrag, der heute Morgen hier auf den Tisch gekommen ist. Das kann man doch nicht einfach so beschließen. Ich glaube, dass die anderen Länder das Gesetz aus dem Grunde auch nicht gemacht haben.

Außerdem gibt es noch weitere Gründe für die Überweisung an einen Ausschuss. Wie bereits angesprochen, enthält der Antrag zum Teil gravierende Rechtsfehler. Selbst wenn Sie sagen, Herr Schaube, Sie hätten alles mit Experten durchgesprochen. Bereits Paragraph 1 ist verfassungswidrig, da hier eine Behördenzuständigkeit per Gesetz festgelegt werden soll. Nach Artikel 57 Satz 2 der Hamburgischen Verfassung werden Behördenzuständigkeiten vom Senat festgelegt. Per Gesetz könnte das Register also nur bei zuständiger Behörde eingerichtet werden. In der Begründung zu Paragraph 1 sprechen die Antragsteller von der Kommunalaufsicht, die es in Hamburg schlichtweg nicht gibt. In unserer Stadt gibt es keine Kommunen, sprich: Gemeinden. Hamburg ist bekanntlich eine Stadt und Kommune in einem, Artikel 4 Absatz 1 der Hamburgischen Verfassung.

In den nachfolgenden Paragraphen befinden sich ebenfalls erhebliche Fehler, die vor einer Beschlussfassung im Parlament in den Ausschusssitzungen überarbeitet werden müssen. So gibt es zum Beispiel den in Paragraph 2 verwendeten Begriff „öffentliches Auftragsverfahren“ im rechtstechnischen Sinne gar nicht. Genauso wenig kann ein Register Informationen beschaffen. Ferner ist die vonseiten der Wirtschaft an dieser Gesetzesinitiative geäußerte Kritik nicht unbegründet und sollte vonseiten der Bürgerschaft vor Verabschiedung des Gesetzes hinreichend geprüft und mit Unternehmern erörtert werden. Das kann allerdings wiederum nur in den Ausschüssen erfolgen. Wir dürfen keinesfalls die Unternehmen in Kollektivhaft nehmen, sondern müssen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten genau prüfen, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen überhaupt in das Korruptionsregister aufgenommen wird.

(Erhard Pumm SPD: Das ist wie in Flensburg! – Gegenruf von Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wenn’s man so wäre wie in Flensburg!)

Aus unserer Sicht kann die Eintragung eines Unternehmens nur bei einer endgültig rechtskräftigen Verurteilung eines gesetzlichen Unternehmensvertreters infrage kommen, wobei sich dann natürlich die Frage stellt, ob auch dann ein Unternehmen in das Korruptionsregister aufgenommen werden muss, wenn ein Mitarbeiter auf eigene Faust gehandelt hat. Aus unserer Sicht sollte es hier auch einen Mechanismus geben, der in einem Fall dann nicht zur Eintragung führt, wenn das Unternehmen die entsprechenden Konsequenzen zieht.

Wir sollten vor Verabschiedung des Gesetzes beraten, ob wir nicht gemeinsam mit der Wirtschaft eine Initiative gegen Korruption starten. Die Wirkung einer solchen gemeinsamen Initiative könnte aus Sicht unserer Fraktion noch

(Erhard Pumm SPD: Hatte die Handelskammer schon einrichten lassen!)