Sie haben sich völlig aus der Mitverantwortung für ein bezahlbares Gesundheitssystem gestohlen. Sie haben überhaupt nichts dazu beigetragen und darum sollten Sie von der FDP im Nachhinein auch schweigen.
Wir Grünen sind mit dieser Praxisgebühr, wie sie jetzt im Gesetz steht, überhaupt nicht glücklich, denn sie belastet nur die Patienten, ohne die unsinnigen und teuren Strukturen im ambulanten Bereich anzugehen. Aber das hat die Ärztelobby mit Erfolg verhindert.
In dieser Form wurde die Praxisgebühr von einer großen Koalition eingeführt, nämlich von der SPD, der CDU und vor allem von der CSU. Sie ist faktisch das Ergebnis einer großen Koalition im Vermittlungsausschuss gewesen. Dieses Beispiel zeigt uns, wohin es führt, wenn SPD und CDU Dinge aushandeln, ohne dass andere viel dazu beitragen können.
(Dr. Michael Freytag CDU: In Berlin regieren Sie aber schon! Sie wollen die Leute für dumm ver- kaufen!)
Wir Grünen wollen dagegen ein Hausarztmodell und keine Praxisgebühr beim Besuch des Hausarztes. Wir sind aber mit der Praxisgebühr einverstanden, wenn ein Patient zuerst primär zum Facharzt geht. Das konnten wir nicht durchsetzen. Wir haben es leider auch nicht durchsetzen können, dass Sozialhilfeempfänger von dieser Praxisgebühr befreit sind.
Die neue, höhere Eigenbeteiligung an den Medikamentenkosten und die Praxisgebühr überfordern Kranke mit sehr geringem Einkommen. Wir sollten uns überlegen, ob wir Darlehenslösungen finden können, denn diese finanziellen Belastungen treten am Anfang des Jahres geballt auf.
Deshalb sind wir auch für eine Überweisung dieses Antrages an den Gesundheitsausschuss, damit wir dort
Alle diese Fragen sind der FDP völlig egal, sie interessiert bei der Praxisgebühr nur die Belastung der Ärzte und der Praxen. Das ist nicht richtig.
Es ist doch einfach absurd, wenn Sie, Herr Schinnenburg, in Ihrem Antrag und auch in Ihrer Rede beklagen, dass das arme Praxispersonal damit überlastet sei, Überweisungen zu schreiben; eine Überweisung nach der anderen müssten diese armen Praxismitarbeiterinnen schreiben. Wie laufen eigentlich diese Praxen? Ich erwarte, dass der überweisende Arzt in jedem Einzelfall mit dem Patienten in Ruhe bespricht, ob eine Überweisung Sinn macht, wozu sie gut sein soll und dass nicht einfach die Mitarbeiterinnen stapelweise ohne Sinn und Verstand die Überweisungen allein schreiben, obwohl dies eigentlich der Arzt zu tun hat.
Wir wollen, dass das Gesundheitssystem bezahlbar bleibt. Wir sagen, das geht nur mit dem Hausarztmodell,
mit einer Positivliste, mit integrierter Versorgung und leider auch nur mit Budgetierung, denn wir haben vor allem auch ein Ausgabenproblem im Gesundheitssystem. Hier müssen wir uns überlegen, was wir machen. – Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich musste mir erst einmal die Augen reiben, als ich die Überschrift des Antrages las. Hat die FDP plötzlich ein soziales Herz? Sie will die Praxisgebühr abschaffen. Das ist eine hervorragende Idee, denn die Praxisgebühr ist ein Betrug an den Versicherten.
Es fängt schon mit dem Namen an. Richtigerweise muss dieses unglückliche Gebilde "Kassengebühr" heißen, weil es die Krankenkassen und nicht die Arztpraxis finanziell entlastet, wie der Name suggeriert. Diese Namensgebung trägt nur zur Rufschädigung eines Berufsstandes bei und sie ist gegenüber dem Bürger so unehrlich, wie es die Autoren sind.
Mit dieser so genannten Praxisgebühr haben die beiden großen Parteien – SPD und CDU – endgültig ihre Legitimation als Volkspartei verwirkt. Sie geben mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung bereits einen Vorgeschmack darauf, was uns blühen wird, wenn es zu einer großen Koalition kommen würde. Die sozialen Einschnitte würden in geballter Ladung auf den Bürger zukommen. Denn wenn es beide gemeinsam tun, ist es am Ende keiner gewesen. Es ist wie in der Wirtschaft: Eine Fusion der Großen erdrückt die Kleinen. Dem kleinen Bürger bleibt nur eines: Rette sich wer kann, wer dann noch kann!
Die Praxisgebühr ist in der Tat ein Wolf im Schafspelz. Was sich dahinter verbirgt, ist für keinen der Mitspieler durchschaubar, weder vom Arzt noch vom Patienten. Sogar die Krankenkassen sind nicht in der Lage, sich präzise zur Praxisgebühr zu äußern. Es gibt einen Leistungskatalog mit vielen Sonderregelungen mit circa 80
ich wiederhole 80 – verschiedenen Fallgestaltungen. Die Wirkung von Praxisgebühren – so berichtet die "Ärztezeitung" – wird übrigens in Schweden schon seit Jahren erforscht. Dort hat die Praxisgebühr die Auswirkung, dass gerade die sozial Schwachen den Arzt deutlich seltener aufsuchen, obwohl ihnen hierzu eine kostenlose, qualifizierte Telefonberatung ausdrücklich rät.
Das bedeutet auch für uns, dass die soziale Ungleichheit durch die Praxisgebühr weiter verschärft wird. Die Kostenerstattung – wie sie die FDP fordert – ist für uns jedoch keine Alternative. Auch hier würde ein Bürokratiemonster entstehen, und zwar zulasten – von sozialer Härte gar nicht zu reden – der Versicherten. Nicht jeder Haushalt verfügt über genügend Rücklagen, um seine Gesundheitskosten zunächst einmal auszulegen. Das werden wir nicht zulassen. Wir fordern daher eine ersatzlose Streichung der Praxisgebühren für alle Versicherten. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war doch eine interessante Debatte, man musste nämlich genau hinhören.
Frau Dr. Freudenberg von den Grünen hat ernsthaft gesagt: Wir sind für eine Budgetierung im Gesundheitswesen und dass ärztliche Leistungen rationiert werden. Sie sind dafür, dass Menschen nur so lange behandelt werden, wie die Krankenkassen Geld haben. Das merke ich mir sehr gut. Ich hoffe, auch die Patienten merken sich das. Sie können von mir aus sagen, dass die Budgetierung noch zwei, drei Jahre gebraucht würde, aber diese Aussage ist ein Schlag ins Gesicht für Patienten und Ärzte. Ich kann doch nicht für die Budgetierung sein. Frau Freudenberg, haben Sie das überlegt?
Es gab einige Äußerungen zur Praxisgebühr, ob sie schlimm ist oder nicht. Frau Freudenberg gab zu, dass die Grünen damit nicht so glücklich seien. Na, gut. Herr Petersen sagte, dass dies eine harte Regelung sei, die aber notwendig sei. Herr Wersich verstieg sich darin, dass die Umsetzung der Praxisgebühr reibungslos laufe. Lieber Herr Kollege, rufen Sie doch einmal in den Praxen an, fragen Sie einmal nach. Jeden Tag müssen wir – ganz zu schweigen von den Patienten – nachfragen und sie uns erläutern lassen. Nach wie vor ist die Praxisgebühr für alle Arztpraxen – außer vielleicht für die von Herrn Dr. Petersen – eine ganz enorme Belastung. Ärzte werden mit Dingen belastet, mit denen sie eigentlich gar nichts zu tun haben, nämlich mit Bürokratie.
Anstatt sich um die Behandlung kranker Menschen zu kümmern – oder beispielsweise um die Vorsorge –, müssen sie sich mit Bürokratie beschäftigen. Das ist doch das Schlimme. Hier geht es doch überhaupt nicht um die Lobbyarbeit für Ärzte. Wenn man das nur finanziell betrachtet, dann profitieren die Ärzte sogar davon, denn diese 10 Euro Praxisgebühr wird die einzige nicht budgetierte und damit auch nicht rückrufbare Einnahme des Vertragsarztes sein. Das ist sogar ein kleiner finanzieller Vorteil, aber um den geht es nicht. Es geht einfach nur darum, dass Sie aus ideologischen oder – sagen wir
Wir haben doch ein typisches Beispiel erlebt, wie sich große Koalitionen verhalten. Im Hinterzimmer wird sich auf eine schlechte Lösung geeinigt, die Probleme werden ignoriert – siehe Petersen, siehe Wersich – und aus Not wird einfach auf die Arroganz der Macht zurückgegriffen nach dem Motto: Wir haben im Bundestag und im Bundesrat die Mehrheit, was wollt ihr eigentlich? Die Probleme sitzen wir aus, das können dann andere Menschen aushalten.
Ich hatte meine Rede vorhin bewusst vorsichtig formuliert, um eine Zustimmung zu ermöglichen. Dankenswerterweise haben Sie allen deutlich gemacht, wie sich große Koalitionen verhalten. Sie verhalten sich nicht nur bei Praxisgebühren so, sondern sie verhalten sich überall so. Deshalb sind große Koalitionen eine Gefahr und deshalb lehnen wir sie ab. – Vielen Dank.
Herr Schinnenburg, wir sind für eine Budgetierung schon deshalb, weil die Ausgaben im Gesundheitswesen nur so davongaloppieren.
Das kommt daher, dass die Ärzte verschreiben und verschreiben. Wenn wir immer mehr Ärzte haben, wird auch immer mehr verschrieben.