Protocol of the Session on February 11, 2004

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drei Frauen, auf 50 Prozent kommen – ich habe nie geglaubt, dass Sie auch PISA-geschädigt sind.

Ich wollte Ihnen doch gerne noch einmal sagen, dass wir kein Problem damit haben, engagierte Frauen in den Parteien vorzuweisen. Das ist weder in der SPD der Fall noch in der CDU. Es ist nur so, dass diese Frauen von den Männern weggebissen werden, wenn es um die Plätze geht, und darum geht es.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Das bedeutet eigentlich, dass die Männer auch Fairness im politischen Geschäft lernen müssen, um die Frauen zuzulassen. Es gibt keinen Mangel an Frauen in den Parteien. Mehr als die Hälfte der Mitglieder in den Parteien sind politisch engagierte Frauen. Vielleicht in Ihrer Partei nicht, Herr Frühauf, aber in den Volksparteien ist es sehr wohl der Fall. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Pramann.

Meine Damen und Herren! Zur Klarstellung: Wir haben in Altona in der Bezirksfraktion über 50 Prozent Frauenanteil. – Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaat- licher Offensive und bei Rose-Felicitas Pauly FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage besprochen worden ist.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 83, Drucksache 17/4153, Antrag der CDU-Fraktion: Verbesserung der beruflichen Startchancen von Schülern mit erheblichen Lern- und Leistungsdefiziten durch die Einführung von Praxisklassen an Hauptschulen in Hamburg.

[Antrag der Fraktion der CDU: Verbesserung der beruflichen Startchancen von Schülern mit erheblichen Lern- und Leistungsdefiziten durch die Einführung von Praxisklassen an Hauptschulen in Hamburg – Drucksache 17/4153 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/4217 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Mehr Zeit zum Lernen statt Ausgrenzung: Stärkung von leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern in allen Schulformen – Drucksache 17/4217 –]

Beide Drucksachen möchte die FDP-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Drews hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Stärkung der Hauptschule ist ein vielfach geäußertes Ziel in der Vergangenheit aller politischen Parteien gewesen, aber sie wurde leider in der Vergangenheit nur durch Sonntagsreden bekundet.

(Vizepräsidentin Rose-Felicitas Pauly übernimmt den Vorsitz.)

Umgesetzt wurde viel zu wenig. Diese Tatsache ist dadurch erkennbar, dass wir in Hamburg die letzten Jahre und Jahrzehnte zwei traurige Zahlen zu verzeichnen haben. Die erste Zahl ist, dass die letzten Jahre bis 2001 immer mehr Schülerinnen und Schüler die Hamburger Schulen ohne jeglichen Schulabschluss verlassen haben. Hier hat bis 2001, bis zum Regierungswechsel Hamburg mit circa 13 Prozent über alle Schulformen eine Spitzenposition eingenommen. Dieser Trend ist seit anderthalb Jahren rückläufig. Dem Bürgersenat ist es gelungen, diesen Trend umzukehren. Aber trotz alledem sind Zahlen von gut 11 Prozent noch immer zu hoch.

Das zweite Phänomen ist, dass wir insgesamt zu viele Schülerinnen und Schüler haben, die an Schulen sitzen bleiben, eine Problematik, die sich ebenfalls durch die Haupt- und Realschulen zieht. Hier müssen wir handeln.

Es ist ganz deutlich, dass die Stärkung der Hauptschule allein durch Reden nicht umgesetzt werden kann. Deswegen haben wir uns darauf kapriziert, praktische Beispiele, die in anderen Ländern in Deutschland schon umgesetzt werden, auch hier nach Hamburg zu holen. Es geht bei der Stärkung nicht nur um die Schulform an sich, meine Damen und Herren, sondern es geht darum, die Fähigkeiten, die Kompetenzen und insbesondere die beruflichen Chancen der Schülerinnen und Schüler in der Weise zu stärken, dass es ihnen gelingt, im Anschluss an die Schule eine Berufsausbildung zu ergreifen. Insofern müssen wir hier handeln, und zwar nicht nur im Blick auf die Schulform, sondern auf die Fähigkeit, hinterher eine Lehre beginnen zu können.

Die Ausgangslage, die der Bürgersenat im Jahr 2000 aus rotgrüner Zeit vorgefunden hat, ist nur als katastrophal zu bezeichnen. Aus ideologischen Gründen – das wissen wir aus Äußerungen der SPD-Fraktion – wurde die Hauptschule immer als "Restschule" tituliert, etwas, dass ihr nicht zukommt, wenn man dann letzten Endes nichts für die Schule tut. Die Klagen der Ausbildungsbetriebe sind uns seit Jahren bekannt. Auch dieses ist keine Neuheit.

Es geht letzten Endes darum: Der von der CDU geführte Bürgersenat hat die letzten zweieinviertel Jahre mehrere Initiativen ergriffen, um einleitende Reformen auch tatsächlich umzusetzen. Ich nenne hier exemplarisch vier Beispiele:

Erstens, mit den überarbeiteten Bildungsplänen haben wir verbindliche Standards für die Klassenstufen 6, 8 und 9 an der Hauptschule geschaffen. Diese Standards werden Ausgangspunkt für eine zielgerichtete und vor allem frühzeitige Förderung der Hauptschüler sein.

Zweitens haben wir das Profil der Hauptschule durch eine getrennte Beschreibung der Bildungsaufträge im neuen Schulgesetz geschärft. Auch dieses ist notwendig gewesen, damit die einzelnen Aufträge der Schulen tatsächlich dann im Alltag auch umgesetzt und gelebt werden.

Drittens wurde der Abschluss der Hauptschule aufgewertet wie im Übrigen alle einzelnen Abschlüsse in Hamburg, indem nur noch nach bestandener Abschlussprüfung auch entsprechende Abschlüsse erteilt werden. Das bloße Versetzen in die nächsthöhere Schulform oder das Bestehen einer Klassenstufe alleine führt also nicht mehr dazu, dass ein Abschluss in der Tasche vorhanden ist.

Viertens und letztens wurde in den Klassen 5 und 6 der Hauptschule die Wochenstundenzahl von 28 auf 30 ab dem Schuljahr 2002 erhöht. Hier kann eine Stunde mehr Deutsch und Mathematik unterrichtet werden, um insbesondere die Grundfertigkeiten der Schüler in diesen Kernfächern zu verbessern.

Aber, meine Damen und Herren, ich habe es gerade gesagt: Es geht nicht eben nur um die Kompetenzen und die Fertigkeiten in den Grundkenntnissen. Es geht gerade bei der Hauptschule auch darum, dass die Fähigkeiten zum Besuch einer anschließenden Lehre entsprechend gestärkt werden. Hier gibt es das Projekt "Lernwerk" in Hamburg an nunmehr acht Hauptschulen. Das ist eine Möglichkeit. Das hat allerdings den Nachteil, dass sich dieses Angebot nur an einige wenige, nämlich an den Standorten richtet. Die CDU-Fraktion möchte generell, dass an allen Hauptschulen, wo Bedarf und Nachfrage ist, in Hamburg Praxisklassen eingerichtet werden und es damit eben nicht nur an einigen, zufälligen Standorten zum Tragen kommt, sondern an allen Standorten, und damit etwas ist, um alle Stadtteile in Hamburg zu stärken.

Meine Damen und Herren, Bayern ist ein gutes Beispiel. Ich könnte Zahlen nennen, die Zeit fehlt mir hierzu. Ich möchte aber abschließend zwei Zahlen nennen, die deswegen sinnvoll sind: Es gelingt in Bayern als dem Musterland für diese Praxisklassen im ersten Jahr bis zu 46 Prozent der Absolventen dieser Klassen, Jugendliche direkt in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln, ein Jahr später 52 Prozent. Das heißt, eines ist ganz klar: Die Kompetenzen der Praxisklassen sind sehr hoch, sie werden von Schülerinnen und Schülern angenommen.

Ich möchte ein allerletztes Argument bringen, um dem entgegen zu wirken, was im SPD-Antrag steht und was selbst der Schulsenator manchmal in Diskussionen – jetzt ist er leider nicht anwesend – sicherlich noch vertiefen könnte: Das ist nämlich die Frage der Abschlüsse an Hauptschulen. Praxisklassen sind keine Frage von "Besuch Praxisklassen oder Hauptschulabschluss", sondern es gibt genau vier Möglichkeiten, diesen entsprechenden Abschluss nachzumachen. Die CDU, die ja unverdächtig ist, den Besuch von Schulen ohne Abschlüsse zu ermöglichen, ist, glaube ich, über alle Zweifel erhaben. Erstens gibt es die Möglichkeit externer Prüfungen, zweitens flankierend der Besuch der Hauptschule neben dem Besuch der Praxisklassen, drittens erfolgreich abgeschlossene Berufsvorbereitungsmaßnahmen und viertens eine Berufsausbildung, die Schüler schon haben. Dadurch kann der Hauptschulabschluss natürlich auch erhalten werden. Insofern sagen wir, es ist eine gute Möglichkeit, Kompetenzerwerb zu erzielen, für die spätere Berufsausbildung vorzubereiten und bitten Sie darum, dem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Ernst.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Drews, Ihr Antrag ist ein Angriff auf die Bildungschancen Hamburger Jugendlicher.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Das möchte ich erläutern: Die Einführung von Praxisklassen nach bayerischem Modell bedeutet, ab Klasse 8 einen weiteren Bildungsgang einzuführen, bei dem Ju

gendlichen die Perspektive auf den Hauptschulabschluss völlig genommen wird. Bei Praxisklassen geht es nicht um mehr Praxis – was dieser Begriff ja nahe legt, er kommt ja auch ein bisschen charmant daher –, sondern in Praxisklassen wird der Unterricht reduziert, in Deutsch, in Mathematik, in Religion und Sachkunde, und er wird so sehr reduziert, dass die Perspektive und die Chance, einen Hauptschulabschluss nach KMK-Definition und nach den Anforderungen nicht mehr erreicht werden kann. Das sind Praxisklassen nach bayerischem Modell und das schlagen Sie hier allen Ernstes vor.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal und Luisa Fiedler, beide SPD)

Herr Drews, wenn Sie sagen, Sie seien unverdächtig, hier etwas gegen Abschlüsse zu haben: Ihr Antrag sagt genau dieses. Diese Jugendlichen können den Abschluss nicht mehr machen und sie können ihn auch durch eine externe Prüfung nicht erreichen, weil Sie ihnen vorher die Unterrichtsstunden zusammengestrichen haben, die man braucht, um die Kompetenzen zu erwerben. Deshalb führt Ihre Rede hier wirklich ins Leere.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich frage Sie auch ehrlicherweise, wie Sie dazu kommen, so etwas zu fordern. Was soll daran richtig sein, Unterricht zu streichen für diese Jugendlichen, bei denen wir doch wissen, dass sie in Kernkompetenzen einfach Mängel aufweisen? Deshalb ist es doch richtig gewesen, die Stundentafel auszuweiten, damit die Jugendlichen mehr Kompetenzen haben.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Hallo!)

Ich lasse keine Zwischenfragen zu, Frau Präsidentin.

(Zurufe)

Ja, wir haben uns in Bayern erkundigt. Ich glaube, Sie sind gar nicht in die Materie eingestiegen und deshalb machen Sie hier diesen skandalösen Vorschlag.

Wer heute die Schule ohne einen Hauptschulabschluss verlässt, hat doch überhaupt keine Chance auf Ausbildung und Beruf. Herr Drews, ich will auch historisch noch etwas ausholen, weil Sie immer nur die letzten Jahre betrachten. Wir hatten in der Nachkriegszeit in Deutschland fast 20 Prozent Menschen ohne Hauptschulabschluss.

(Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Die haben alle etwas geleistet in ihrem Leben!)